Feinglosit
Feinglosit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“. Es kristallisiert im monoklinen Kristallsystem mit der chemischen Formel Pb2(Zn,Fe)[(As,S)O4]2·H2O,[1] ist also chemisch gesehen ein wasserhaltiges Blei-Zink-Arsenat-Sulfat und das Zn-dominante Analogon des Arsenbrackebuschits.
Feinglosit | |
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Allgemeines und Klassifikation | |
Andere Namen |
IMA 1995-013 |
Chemische Formel | |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Oxide und Hydroxide |
System-Nr. nach Strunz und nach Dana |
8.BG.05 (8. Auflage: VII/B.24) 40.02.08.03 |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | monoklin |
Kristallklasse; Symbol | monoklin-sphenoidisch; 2 oder monoklin-prismatisch; 2/m |
Raumgruppe | P21 (Nr. 4) oder P21/m (Nr. 11) |
Gitterparameter | a = 8,973 Å; b = 5,955 Å; c = 7,766 Å β = 112,20°[1] |
Formeleinheiten | Z = 2[1] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | Vickershärte VHN100 = 263 kg/mm2, entspricht einer Mohshärte von 4–5 |
Dichte (g/cm3) | 6,52 (berechnet),[1] 6,56 (berechnet)[5] |
Spaltbarkeit | keine Angaben |
Bruch; Tenazität | keine Angaben; schneidbar |
Farbe | blass olivgrün,[1] gelb,[6] gelbgrün[7] |
Strichfarbe | weiß |
Transparenz | durchsichtig |
Glanz | Diamantglanz |
Kristalloptik | |
Optischer Charakter | zweiachsig (optische Orientierung unbekannt) |
Feinglosit bildet radiastrahlige kugelige Aggregate, die meist einen Goethit-Kern besitzen. Daneben existieren individuelle Aggregate bis 0,5 mm Durchmesser, die aus sehr kleinen Kristalliten von 5 – 10 µm Länge bestehen. Das Mineral wurde in einem Hohlraum von 2 cm Durchmesser im massiven Chalkosinerz in der Tsumeb Mine, Namibia, gefunden.[1]
Etymologie und Geschichte
Im Jahre 1984 übergab Mark N. Feinglos eine Stufe mit massivem Chalkosin, die einen Hohlraum mit blass olivenfarbenen Aggregaten aus einem ihm unbekannten Mineral ausfüllte, an A. M. Clark vom Natural History Museum, London, zur Identifizierung. Über die Herkunft der Stufe ist lediglich bekannt, dass sie „irgendwann in den 1970er Jahren“ gefunden worden ist. Ursprünglich für Heyit gehalten, zeigten Mikrosondenanalysen, dass es sich um ein Blei-Zink-Arsenat handelt. Weitere Untersuchungen führten zur Feststellung des Vorliegens eines neuen Minerals, welches unter der Nummer „IMA 1995-013“ im Jahre 1995 von der International Mineralogical Association (IMA) anerkannt und 1997 von einem britisch-kanadischen Forscherteam mit A. M. Clark und Alan J. Criddle vom Natural History Museum, London, Andrew C. Roberts und Maurizio Bonardi vom Geological Survey of Canada, Ottawa, sowie Elizabeth A. Moffatt vom Canadian Conservation Institute, Ottawa, im Wissenschaftsmagazin Mineralogical Magazine als Feinglosit beschrieben wurde.[1]
Benannt wurde das Mineral nach dem amerikanischen Medizinforscher und auf Tsumeb-Minerale spezialisierten Mineralsammler Mark N. Feinglos (* 1948) aus Durham, North Carolina/USA, der das Mineral entdeckte.
Das Typmaterial wird am Natural History Museum, London, (Sammlungs-Nr. BM 1984,943) sowie an der Harvard University, Cambridge, Massachusetts (Katalog-Nr. 95.66), aufbewahrt.[2][8]
Klassifikation
In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Feinglosit zur Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort zur Abteilung der „Wasserfreien Phosphate mit fremden Anionen“, wo er zusammen mit Arsenbrackebuschit, Arsentsumebit, Bearthit, Brackebuschit, Bushmakinit, Calderónit, Gamagarit, Goedkenit, Jamesit, Lulzacit, Tokyoit und Tsumebit die „Brackebuschit-Gruppe“ mit der System-Nr. VII/B.24 bildete.
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz'schen Mineralsystematik ordnet den Feinglosit in die Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort in die Abteilung der „Phosphate usw. mit zusätzlichen Anionen; ohne H2O“ ein. Diese Abteilung ist allerdings weiter unterteilt nach der Größe der beteiligten Kationen sowie deren Stoffmengenverhältnis zum Phosphat-, Arsenat- bzw. Vanadatkomplex, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit mittelgroßen und großen Kationen; (OH usw.) : RO4 = 0,5 : 1“ zu finden ist, wo es zusammen mit Arsenbrackebuschit, Arsentsumebit, Bearthit, Brackebuschit, Bushmakinit, Calderónit, Gamagarit, Goedkenit, Tokyoit und Tsumebit die „Brackebuschit-Gruppe“ mit der System-Nr. 8.BG.05 bildet.
Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Feinglosit ebenfalls in die Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“, dort allerdings in die Abteilung der „Wasserhaltigen Phosphate etc.“ ein. Hier bildet er innerhalb der Unterabteilung der „Wasserhaltigen Phosphate etc., mit A2+(B2+)2(XO4) × x(H2O)“ zusammen mit Brackebuschit, Arsenbrackebuschit, Feinglosit und Bushmakinit ebenfalls die „Brackebuschit-Gruppe“ mit der System-Nr. 40.02.08.
Chemismus
Mittelwerte aus sieben Mikrosondenanalysen an Feinglosit aus Tsumeb führten zu Gehalten von 61,4 % PbO, 7,3 % ZnO, 1,8 % FeO, 22,1 % As2O5, 5,3 % SO3 und 2,1 % H2O (aus der Differenz berechnet). Daraus ergab sich (auf der Basis von acht Anionen) die empirische Formel Pb2,09(Zn0,68Fe2+0,18)Σ=0,86[(As0,73,S0,25)Σ=0,98O4]2·H1,76O, die zu Pb2(Zn,Fe)[(As,S)O4]2·H2O vereinfacht wurde. Die Typstufe ist eine eisen- und sulfatreiche Varietät des Feinglosits.
Feinglosit ist das Zn-dominante Analogon des Fe3+-dominierten Arsenbrackebuschits, Pb2Fe3+(AsO4)2(OH). Beide sind Vertreter der Brackebuschitgruppe von M2+-M3+-Oxysalzen (Phosphate, Arsenate, Vanadate, mitunter mit Sulfat-Gehalten) mit der allgemeinen Formel M2+2M3+(TO4)2(OH), in der für M2+ = Ca, Ba, Sr, Ba und für M3+ = Al, Fe und Mn (mitunter auch mittelgroße bis kleine M2+-Kationen wie Zn2+, Fe2+, Cu2+) stehen. Feinglosit ist der einzige Vertreter mit einem Wassermolekül in seiner Idealformel.[9]
Kristallstruktur
Feinglosit kristallisiert monoklin in der Raumgruppe P21 (Raumgruppen-Nr. 4) oder in der Raumgruppe P21/m (Raumgruppen-Nr. 11) mit den Gitterparametern a = 8,973 Å; b = 5,955 Å; c = 7,766 Å und β = 112,20° sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[1]
Feinglosit weist strukturelle Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten mit den anderen Mineralen der Brackebuschitgruppe[9] auf. Eine Beschreibung der Struktur für Feinglosit existiert noch nicht.
Eigenschaften
Morphologie
In der „Tsumeb Mine“ bildet Feinglosit radialstrahlige kugelige bis nierige Aggregate, die meist einen Kern aus Goethit besitzen. Daneben existieren individuelle Aggregate bis 0,5 mm Durchmesser, die aus sehr kleinen Kristalliten von 5 bis 10 µm Länge bestehen.[1] Aus der „Christiana Mine“ ist Feinglosit nur in Form von Pseudomorphosen bekannt.[7]
Physikalische und chemische Eigenschaften
Die Aggregate und Kristallite des Feinglosits sind blass olivgrün, ihre Strichfarbe ist dagegen immer weiß. Die Oberflächen der durchsichtigen Kristalle zeigen einen deutlichen diamantartigen Glanz.[1]
Im reflektierten Licht (Anschliff) ist Feinglosit ganz blass bräunlichgrau und weist ein deutlich geringeres Reflexionsvermögen auf als der mit ihm verwachsene Goethit. Innenreflexe sind häufig; sie sind farblos beim Fehlen von Goethit und ganz blass gelb, wenn im Feinglosit Einschlüsse von Goethit vorliegen. Der Reflexionspleochroismus fehlt. Feinglosit ist nicht merklich anisotrop. Seine Bireflektanz ist sehr schwach, aber messbar.[1]
An den Kristallen des Feinglosits wurde keine Spaltbarkeit festgestellt. Feinglosit weist eine Vickershärte von VHN100 = 253–283 kg/mm2 (Mittelwert 263 kg/mm2) auf, was einer Mohshärte von 4–5 entspricht, und gehört damit zu den mittelharten Mineralen, die sich ähnlich wie die Referenzminerale Fluorit (Härte 4) und Apatit (Härte 5) mit dem Taschenmesser mehr oder weniger leicht ritzen lassen.[1]
Wie gediegen Kupfer ist Feinglosit schneidbar. Gemessene Werte für die Dichte des Feinglosits existieren nicht, die berechnete Dichte für das Mineral beträgt 6,56 g/cm³.[5]
Bildung und Fundorte
Als sehr seltene Mineralbildung konnte Feinglosit bisher (Stand 2016) nur von zwei Fundpunkten beschrieben werden.[10][11] Seine Typlokalität ist die weltberühmte Cu-Pb-Zn-Ag-Ge-Cd-Lagerstätte der „Tsumeb Mine“ (Tsumcorp Mine) in Tsumeb, Region Oshikoto, Namibia. Der genaue Fundpunkt innerhalb der Tsumeb Mine ist nicht bekannt. Ein zweiter Fundort befindet sich in der „Christiana Mine“ bei Agios Konstandinos (St. Constantin, Kamariza) unweit Lavrion, Attika, Griechenland.[1][11] Ein weiterer, bisher allerdings nur durch eine analysierte Probe bekannter, Fundort ist der Tagebau Vouves auf der griechischen Insel Thasos (siehe Thasos (Bergbau und Metallgewinnung)).[12]
Feinglosit entsteht als typische Sekundärbildung in der komplexen, in Carbonatgesteinen sitzenden Cu-Pb-Zn-Erzlagerstätte der „Tsumeb Mine“.[2] Blei, Zink, Eisen, Arsen und Schwefel stammen dabei aus der Zersetzung ehemaliger sulfidischer Erzminerale. Auf der Typstufe wird Feinglosit neben Chalkosin und Goethit auch von Wulfenit und Anglesit begleitet. Ein zweites Vorkommen mit Kristallen von weniger als 1 mm Größe fand sich auf einer Stufe mit Arsendescloizit und dem neuen, unbekannten Blei-Arsenat GS 7. Schließlich sind reich mit Feinglosit mineralisierte Stufen auf Material gefunden worden, welches wahrscheinlich aus der 3. Oxidationszone stammt. Die winzigen, gelben Kristalle sind typischerweise mit Gips verwachsen.[6][13]
Aus der „Christiana Mine“ kennt man Feinglosit in gelbgrünen Pseudomorphosen nach idiomorphen Skorodit-Kristallen, nach nadeligem Adamin-Olivenit sowie nach Thometzekit. Die ehemaligen Adamin/Olivenit-Nadeln sind bis zu 2 mm lang und weisen Durchmesser bis zu 0,3 mm auf, während die pseudomorphosierten Skorodit-Aggregate bis zu 4 mm groß sind.[7] Eine Reihe von untersuchten „Feinglosit“-Proben unterschiedlicher Ausbildung (Pseudomorphosen und Krusten) und Farbtönungen hat sich allerdings ausnahmslos als Chenevixit erwiesen.[14]
Verwendung
Feinglosit ist aufgrund seiner Seltenheit lediglich für Mineralsammler interessant.
Siehe auch
Literatur
- Feinglosit, In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF, 66 kB)
- A. M. Clark, Alan J. Criddle, Andrew C. Roberts, Maurizio Bonardi, Elizabeth A. Moffatt: Feinglosite, a new mineral related to brackebuschite, from Tsumeb, Namibia. In: Mineralogical Magazine. Band 61, 1997, S. 285–289 (rruff.info [PDF; 311 kB]).
Weblinks
Einzelnachweise
- A. M. Clark, Alan J. Criddle, Andrew C. Roberts, Maurizio Bonardi, Elizabeth A. Moffatt: Feinglosite, a new mineral related to brackebuschite, from Tsumeb, Namibia. In: Mineralogical Magazine. Band 61, 1997, S. 285–289 (rruff.info [PDF; 311 kB]).
- Feinglosit, In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF, 66 kB)
- Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 454.
- Mindat – Mineralbeschreibung Feinglosit
- Joseph A. Mandarino: Abstracts of New Mineral Descriptions (Department). In: The Mineralogical Record. Band 28, 1997, S. 483–486.
- Georg Gebhard: Tsumeb. 1. Auflage. GG Publishing, Grossenseifen 1999, S. 294 + 323.
- Branko Rieck: Seltene Arsenate aus der Kamariza und weitere Neufunde aus Lavrion. In: Lapis. 24 (Heft 7/8), 1999, S. 68–76.
- Catalogue of Type Mineral Specimens – F. (PDF 73 kB) In: docs.wixstatic.com. Commission on Museums (IMA), 12. Dezember 2018, abgerufen am 29. August 2019.
- Mindat – Beschreibung der Brackebuschitgruppe
- Mindat – Anzahl der Fundorte für Feinglosit
- Fundortliste für Biehlit beim Mineralienatlas und bei Mindat
- Commons-Bildbeschreibung: Yellowish crystals of the extremely rare mineral feinglosite associated to also yellowish helmutwinklerite, both minerals typical of Tsumeb, but in this case from Vouves, Thasos Island, Macedonia Department, Greece. Both in a matrix of massive adamine. Specimen analyzed by SEM/EDS
- Georg Gebhard: Tsumeb. 1. Auflage. GG Publishing, Reichshof 1991, S. 226.
- Joachim Gröbner, Uwe Kolitsch: Neufunde von Laurion aus den Jahren 2001 und 2002. In: Der Aufschluss. Band 53, 2002, S. 363–371.