Fakultät (Mathematik)
Die Fakultät (manchmal, besonders in Österreich, auch Faktorielle genannt) ist in der Mathematik eine Funktion, die einer natürlichen Zahl das Produkt aller natürlichen Zahlen (ohne Null) kleiner und gleich dieser Zahl zuordnet. Sie wird durch ein dem Argument nachgestelltes Ausrufezeichen („!“) abgekürzt. Diese Notation wurde erstmals 1808 von dem elsässischen Mathematiker Christian Kramp (1760–1826) verwendet, der um 1798 auch die Bezeichnung faculté „Fähigkeit“ dafür einführte.
0 | 1 |
1 | 1 |
2 | 2 |
3 | 6 |
4 | 24 |
5 | 120 |
6 | 720 |
7 | 5.040 |
8 | 40.320 |
9 | 362.880 |
10 | 3.628.800 |
20 | 2,432… · 1018 |
50 | 3,041… · 1064 |
100 | 9,332… · 10157 |
Definition
Für alle natürlichen Zahlen ist
als das Produkt der natürlichen Zahlen von 1 bis definiert. Da das leere Produkt stets 1 ist, gilt
Die Fakultät lässt sich auch rekursiv definieren:
Fakultäten für negative oder nicht ganze Zahlen sind nicht definiert. Es gibt aber eine Erweiterung der Fakultät auf solche Argumente (siehe Abschnitt Gammafunktion).
Beispiele
Die Werte der Fakultäten bilden die Folge A000142 in OEIS.
0! | 1 |
1! | 1 |
2! | 2 |
3! | 6 |
4! | 24 |
5! | 120 |
6! | 720 |
7! | 5.040 |
8! | 40.320 |
9! | 362.880 |
10! | 3.628.800 |
11! | 39.916.800 |
12! | 479.001.600 |
13! | 6.227.020.800 |
14! | 87.178.291.200 |
15! | 1.307.674.368.000 |
16! | 20.922.789.888.000 |
17! | 355.687.428.096.000 |
18! | 6.402.373.705.728.000 |
19! | 121.645.100.408.832.000 |
20! | 2.432.902.008.176.640.000 |
Anwendungen
Permutationen
In der abzählenden Kombinatorik spielen Fakultäten eine wichtige Rolle, weil die Anzahl der Möglichkeiten ist, unterscheidbare Gegenstände in einer Reihe anzuordnen. Falls eine -elementige Menge ist, so ist auch die Anzahl der bijektiven Abbildungen (die Anzahl der Permutationen). Dies gilt insbesondere auch für den Fall , da es genau eine Möglichkeit gibt, die leere Menge auf sich selbst abzubilden.
Beispielsweise gibt es bei einem Autorennen mit sechs Fahrern verschiedene Möglichkeiten für die Reihenfolge beim Zieleinlauf, wenn alle Fahrer das Ziel erreichen. Für den ersten Platz kommen alle sechs Fahrer in Frage. Ist der erste Fahrer angekommen, können nur noch fünf Fahrer um den zweiten Platz konkurrieren. Für die Belegung des zweiten Platzes ist es maßgeblich, welcher der sechs Fahrer nicht berücksichtigt werden muss (da er bereits auf Rang 1 platziert ist). Daher muss für jede Belegungsmöglichkeit von Platz 1 gesondert gezählt werden, wie viele Belegungsmöglichkeiten für Platz 2 bestehen. Für die Belegung der Plätze 1 und 2 ergeben sich bei sechs Fahrern daher Möglichkeiten. Ist auch der zweite Platz vergeben, kommen für den dritten Platz nur noch vier Fahrer in Frage, woraus sich für die ersten drei Plätze und sechs Fahrer Belegungsmöglichkeiten ergeben usw. Letztlich gibt es also
verschiedene Ranglisten für den Zieleinlauf.
Binomialkoeffizienten
Ein Begriff, der in der abzählenden Kombinatorik eine ähnlich zentrale Stellung wie die Fakultät einnimmt, ist der Binomialkoeffizient
- .
Er gibt die Anzahl der Möglichkeiten an, eine -elementige Teilmenge aus einer -elementigen Menge auszuwählen. Umgekehrt gilt
- .
Hier ist das beliebteste Beispiel, das Zahlenlotto 6 aus 49 mit
Möglichkeiten.
Taylorreihen
Eine prominente Stelle, an der Fakultäten vorkommen, sind die Taylorreihen vieler Funktionen wie zum Beispiel der Sinusfunktion und der Exponentialfunktion.
Numerische Berechnung und Näherung
Rekursive und iterative Berechnung
Der numerische Wert für kann gut rekursiv oder iterativ berechnet werden, falls nicht zu groß ist.
Die größte Fakultät, die von den meisten handelsüblichen Taschenrechnern berechnet werden kann, ist da außerhalb des üblicherweise verfügbaren Zahlenbereiches liegt. Die größte als Gleitkommazahl im Format double precision des IEEE-754-Standards darstellbare Fakultät ist .
Pythonprogramm
Mit Bibliotheken für sehr große Ganzzahlen (keine Limitierung auf 32, 64 oder z. B. 512 Bit) benötigt zum Beispiel ein Intel Pentium 4 für die Berechnung von 10000! nur wenige Sekunden. Die Zahl hat 35660 Stellen in der Dezimaldarstellung, wobei die letzten 2499 Stellen nur aus der Ziffer Null bestehen.
# Syntax: Python 3.7
n = int(input('Fakultät von n = '))
f = 1
for i in range(1, n + 1):
f *= i
print(f'{n}! = {f}')
Rekursive Lösung
def fak(n: int) -> int:
return 1 if n <= 1 else n * fak(n - 1)
Java-Programm
public static int factorial(int n) {
assert n >= 0;
int val = 1;
for(int i = 2; i <= n; ++i) {
val *= i;
}
return val;
}
Rekursive Lösung
public static int factorial(int n) {
if(n <= 1)
return 1;
// else
return factorial(n - 1) * n;
// end if
}
Näherung mit der Stirling-Formel
Wenn groß ist, bekommt man eine gute Näherung für mit Hilfe der Stirling-Formel:
Dabei bedeutet , dass der Quotient aus linker und rechter Seite für gegen konvergiert.
Durch Approximation (statt Abschneiden) der Stirling-Reihe gelang Bill Gosper[1] eine noch bessere Näherung:
- .
Fakultät-ähnliche Funktionen
Es gibt eine Reihe weiterer Folgen und Funktionen, die in ihrer Definition oder ihren Eigenschaften ähnlich aussehen wie die Fakultät:
Gammafunktion
Die Gammafunktion verallgemeinert die Fakultät um ihren Definitionsbereich von den natürlichen bis hin zu den komplexen Zahlen:
Faktorielle
Eine kombinatorische Verallgemeinerung stellen die steigenden und fallenden Faktoriellen und dar, denn .
Primorial (Primfakultät)
n | n# | n | n# |
---|---|---|---|
1 | 1 | 5 | 30 |
2 | 2 | 6 | 30 |
3 | 6 | 7 | 210 |
4 | 6 | 8 | 210 |
Die Primfakultät einer Zahl ist das Produkt der Primzahlen kleiner oder gleich der Zahl:
Subfakultät
n | !n | n | !n |
---|---|---|---|
1 | 0 | 5 | 44 |
2 | 1 | 6 | 265 |
3 | 2 | 7 | 1854 |
4 | 9 | 8 | 14833 |
Die vor allem in der Kombinatorik auftretende Subfakultät
bezeichnet die Anzahl aller fixpunktfreien Permutationen von Elementen.
Doppelfakultät
n | n!! | n | n!! |
---|---|---|---|
1 | 1 | 5 | 15 |
2 | 2 | 6 | 48 |
3 | 3 | 7 | 105 |
4 | 8 | 8 | 384 |
Definition
Die seltener verwendete Doppelfakultät oder doppelte Fakultät ist für gerade das Produkt aller geraden Zahlen kleiner gleich . Für ungerade ist es das Produkt aller ungeraden Zahlen kleiner gleich .
Sie ist definiert als:[4]
Häufig werden anstelle der Doppelfakultät Ausdrücke mit der gewöhnlichen Fakultät verwendet. Es gilt
- und
Werden nicht ganzzahlige Funktionswerte zugelassen, dann gibt es genau eine Erweiterung auf negative ungerade Zahlen, so dass für alle ungeraden ganzen Zahlen gilt. Man erhält die Formel für ungerade .
Die Werte der Doppelfakultäten bilden die Folge A006882 in OEIS.
Beispiele
Anwendungsbeispiele
- Die Anzahl der -stelligen Kombinationen aus elementfremden Paaren gebildet aus Elementen wird gegeben durch die Rekursion mit Rekursionsanfang (2 Elemente!). Auflösung der Rekursion ergibt . Sollen z. B. Mannschaften durch Verlosung paarweise aufeinandertreffen, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass dabei zwei bestimmte gegeneinander spielen, gegeben durch .
- Die Anzahl der Elemente der Hyperoktaedergruppe ist .
- Die Anzahl der fixpunktfreien involutorischen Permutationen von Elementen ist .
- Das -te Moment der Standardnormalverteilung ist .
- Auch in Integraltafeln und Formeln für spezielle Funktionen tritt die Doppelfakultät auf.
- Für natürliche gilt .
Multifakultät
Analog zur doppelten Fakultät wird eine dreifache (), vierfache (), …, -fache Fakultät () rekursiv definiert als
Superfakultät
Der Begriff Superfakultät wird für (wenigstens) zwei unterschiedliche Funktionen verwendet;[6] die eine ist definiert als das Produkt der ersten Fakultäten:
mit der Barnes’schen Funktion , die andere als mehrfache Potenz einer Fakultät:
Hyperfakultät
Die Hyperfakultät ist für natürliche folgendermaßen definiert:
Sie kann durch die K-Funktion auf komplexe Zahlen verallgemeinert werden.
Verwandte Funktionen
Primzahlexponenten
Falls nicht die vollständige Zahl gesucht ist, sondern nur der Exponent einer ihrer Primfaktoren, so lässt sich dieser direkt und effizient ermitteln.
Hier steht für den Exponenten von in der Primfaktorzerlegung von .
Im obigen Beispiel wäre für die Anzahl der Nullen am Ende von 10.000! der Exponent der 5 zu bestimmen, der Exponent der 2 ist auf jeden Fall größer.
Weblinks
- Peter Luschny: The Homepage of Factorial Algorithms. effiziente Algorithmen und weitere Informationen (englisch)
- Eric W. Weisstein: Factorial. In: MathWorld (englisch).
Einzelnachweise
- Leonhard Euler: De progressionibus transcendentibus, seu quarum termini generales algebraice dari nequeunt. (28. November 1729), Commentarii academiae scientiarum imperialis Petropolitanae 5, 1738, S. 36–57 (lateinisch).
- E. Freitag, R. Busam: Funktionentheorie. Springer-Verlag, ISBN 3-540-31764-3, S. 225.
- Eric W. Weisstein: Double Factorial. In: MathWorld (englisch).
- Eric W. Weisstein: Multifactorial. In: MathWorld (englisch).
- Eric W. Weisstein: Superfactorial. In: MathWorld (englisch).
- Eric W. Weisstein: Hyperfactorial. In: MathWorld (englisch).