Engelsburg
Die Engelsburg (italienisch Castel Sant’Angelo oder Mausoleo di Adriano) in Rom wurde ursprünglich als Mausoleum für den römischen Kaiser Hadrian (117–138 n. Chr.) und seine Nachfolger errichtet und später von verschiedenen Päpsten zur Kastellburg umgebaut. Seit 1901 wurde das Gebäude nicht mehr als Burg verwendet. Seit dem 13. Februar 1906 ist die Engelsburg ein Museum.
Geschichte
Der Bau wurde noch zu Lebzeiten Hadrians begonnen und im Jahr 139 unter Antoninus Pius beendet. Vorangegangen war der Bau der heutigen Engelsbrücke als Pons Aelius Hadrianus im Jahre 133. Die Engelsburg war als Mausoleum für den Kaiser gedacht. Das Grabmal war in der Spätantike unter dem Namen Hadrianeum bekannt. Heute wird die Bezeichnung Hadrianeum für den Tempel des Hadrian an der Piazza di Pietra verwendet.
Im Mausoleum des Hadrian wurden folgende Persönlichkeiten beigesetzt:
- Kaiser Hadrian selbst und seine Frau Sabina
- Kaiser Antoninus Pius und seine Frau Faustina
- Kaiser Lucius Verus
- Kaiser Mark Aurel
- Kaiser Commodus
- Kaiser Septimius Severus und
- Kaiser Marcus Aurelius Antoninus Bassianus, besser bekannt als Caracalla.
Das Grabmal hatte die Form eines flachen Zylinders (64 m Durchmesser, 20 m hoch) aus Peperin (Vulkangestein) und opus caementicium (römischer Beton), bedeckt mit römischem Travertin, einem Kalkstein aus Tivoli, der auf einem mit Marmor verkleideten quadratischen Sockel (je nach Angabe 84–89 m Seitenlänge, 10–15 m hoch) errichtet wurde. Die Oberseite des Zylinders war vermutlich als Garten mit Zypressen gestaltet. In der Mitte stand wahrscheinlich ein kleiner runder Tempel. An der Spitze stand eine Quadriga, die Hadrian als Sonnengott zeigte. Es gibt aber auch andere Rekonstruktionen, die von einem hohen Kegel aus Stein statt Garten und Tempel ausgehen.
In der Mitte des Mausoleums befand sich die Grabkammer, über der folgende von Hadrian selbst verfasste Inschrift angebracht war:
- ANIMULA VAGULA BLANDULA
- HOSPES COMESQUE CORPORIS
- QUAE NUNC ABIBIS IN LOCA
- PALLIDULA RIGIDA NUDULA
- NEC UT SOLES DABIS IOCOS.
- Kleine Seele, schweifende, zärtliche,
- Gast und Gefährtin des Leibs,
- Die du nun entschwinden wirst dahin,
- Wo es bleich ist, starr und bloß,
- Und nicht wie gewohnt mehr scherzen wirst…
- Grabkammer
- Antike Rampe zur Grabkammer
- Grabkammer
- Grabkammer
- Blick von oben zur Grabkammer
Der architektonische Stil mag ungewöhnlich erscheinen, aber es gab damals ähnliche Bauten, wie das Mausoleum des Kaisers Augustus auf dem Marsfeld, von dem heute nur mehr eine Ruine übrig ist, oder das Grabmal der Caecilia Metella an der Via Appia Antica. Der Stil geht auf noch ältere Grabbauten der Etrusker zurück.
Als die Stadtmauer von Kaiser Aurelian (die Aurelianische Mauer) unter den Kaisern Honorius (395–423) und Arcadius (395–408) vom Magister militum (Heermeister) Stilicho verstärkt wurde, integrierte man das solide gebaute Mausoleum als Zitadelle in die Befestigungen.
Im 6. Jahrhundert erkannte der Gotenkönig Totila die Bedeutung der Burg zur Kontrolle der Stadt und baute sie als Stützpunkt aus.
Im 15. Jahrhundert wurde die Engelsburg zur Festung unter den Päpsten Alexander VI. und Nikolaus V. umgebaut. Zugleich richteten sich die Päpste prächtig ausgestattete Wohnungen ein, wobei die Sala Paolina aus dem 16. Jahrhundert zum schönsten Papstgemach zählt, das heute noch zu besichtigen ist. Alexander VI. errichtete die vier Bastionen und die päpstlichen Gemächer. Sixtus V. richtete die Schatzkammer ein, in der sich auch ein Teil des Geheimarchivs befand.
Die Engelsburg diente in späteren Jahren auch als Gefängnis der Inquisition. Benvenuto Cellini und Alessandro Cagliostro waren beispielsweise Gefangene der Engelsburg.
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts vernachlässigten die Päpste den Ort, bis die Burg im 19. Jahrhundert von den Soldaten der französischen Republik beschlagnahmt wurde. Im Jahre 1870 ging die Befestigung in den Besitz des italienischen Staates über und diente als Festung und Gefängnis. Die Säle wurden zum Teil als Museum eingerichtet und die Burg wurde dem Publikum zugänglich gemacht. Im 20. Jahrhundert wurde sie restauriert.
Fluchtburg und Gefängnis der Päpste
Ab dem 10. Jahrhundert war die Engelsburg im Besitz der Päpste und diente als Zufluchtsort bei Gefahr. Während des Pontifikats Johannes XIII. (965–972) besetzten die Crescentier, die zeitweise die Stadt Rom und die Päpste kontrollierten, die Engelsburg – zu dieser Zeit als domus oder castrum Crescenti bezeichnet. Im Juli 974 wurde Papst Benedikt VI., ein Parteigänger des Kaisers Otto I., durch einen vom crescentinischen Gegenpapst Bonifatius VII. angestifteten Priester erdrosselt. Im April 984 ließ Bonifatius auch den Gegenpapst Johannes XIV. einkerkern und wahrscheinlich verhungern oder ermorden. Johannes starb am 20. August 984 in der Engelsburg. Wenige Jahrzehnte später übernahm sie im Jahr 1012 Papst Benedikt VIII. wieder in allein päpstlichen Besitz. 1084 verschanzte sich hier Papst Gregor VII. vor Kaiser Heinrich IV. Der 1277 unter Papst Nikolaus III. erbaute Passetto di Borgo oder Corridoio di Borgo ist ein oberirdischer, in die Mauer integrierter und etwa 800 m langer Verbindungsgang zum Apostolischen Palast in der Vatikanstadt. Während der großen Plünderung Roms, des Sacco di Roma, durch die Truppen von Kaiser Karl V. im Jahr 1527 diente er Papst Clemens VII. als Fluchtweg vor den Soldaten des Kaisers.[1] Danach verschanzte er sich für einen Monat in der Burg. Ebenso floh Pius VII. vor Napoleon Bonaparte. 1561 wurde Kardinal Carlo Carafa in der Engelsburg durch Erdrosseln hingerichtet.
Herkunft des Namens
Den heutigen Namen erhielt die Anlage im Jahr 590, als in Rom die Pest wütete. Papst Gregor I. der Große soll über dem Grabmal die Erscheinung des Erzengels Michael gesehen haben, der ihm das Ende der Pest verkündete, indem er das Schwert des göttlichen Zorns in die Scheide steckte. Da die Pest wirklich zu Ende ging, erinnert heute noch die Statue des Engels auf der Spitze des Gebäudes an diese Episode. Von 1577 bis 1752 stand dort oben ein von Raffaello da Montelupo geschaffener Engel aus Marmor, der heute im Innenhof, dem Cortile dell’Angelo, zu sehen ist. Dieser wurde 1752 durch die heutige, von Peter Anton von Verschaffelt entworfene Figur aus Bronze ersetzt.[2] Außerdem wurde dem Erzengel eine um 610 von Papst Bonifatius IV. eingebaute Kapelle gewidmet.
Architektur und Innenausstattung
Insgesamt lässt sich das Bauwerk in seiner heutigen Gestalt in fünf Ebenen einteilen. Von der untersten Ebene führt eine 122 m lange Rampe schraubenförmig aufwärts. In der zweiten Ebene gibt es das Gefängnis und Lagerräume für Weizen und Öl. Die dritte Etage ist die militärische mit zwei Innenhöfen. Vom Cortile dell’Angelo aus gelangt man in die päpstlichen Gemächer und ins Museum.
Die wichtigste Ebene ist die vierte. Hier findet man das Papstappartement, eine Raumfolge mit manieristischen Fresken von Perino del Vaga, Giulio Romano und anderen Künstlern aus der Schule Raffaels sowie die Säle Pauls III., Clemens VII., Clemens VIII. und Leos X. Auch die Loggien von Giuliano da Sangallo und Donato Bramante sowie die Sala del Tesoro (Schatzkammer) sind hier zu sehen. Clemens VII. ließ hier für sich ein Privatbad – genannt La Stufa – einrichten. Dieser kleine Raum ist reich mit Darstellungen weltlicher Themen (Nymphen, Putten, Meeresgetier) in Freskotechnik bemalt. Das Badewasser floss ursprünglich aus einer nackten Venusfigur aus Bronze in die gemauerte Wanne. Diese Figur wurde später entfernt[3]. Ganz oben kommt man schließlich auf die Terrasse, wo neben dem Bronzeengel die sogenannte Armsünderglocke (Campana della Misericordia) zu sehen ist, die an die Vergänglichkeit des Schönen und die Grausamkeit der Welt erinnert.
Im Museum (Museo di Castel Sant’Angelo) werden seit 1901 in 58 Sälen neben der Geschichte des Bauwerks auch Waffen, Möbel und Gebrauchsgegenstände gezeigt.
Sonstiges
In der Oper Tosca von Puccini begeht die Protagonistin Selbstmord, indem sie sich von der Engelsburg stürzt, was dem Bauwerk im frühen 20. Jahrhundert zu neuer Bekanntheit verhalf.
Im Roman Illuminati (2000) von Dan Brown traf sich in der Engelsburg einst die Geheimgesellschaft der Illuminati, hier versteckte sich auch der Attentäter.
Literatur
- Heinz-Joachim Fischer: Rom. Zweieinhalb Jahrtausende Geschichte, Kunst und Kultur der Ewigen Stadt. DuMont, Köln 2001, ISBN 3-7701-5607-2, S. 351–352.
- Anton Henze, Kunibert Bering, Gerhard Wiedmann: Kunstführer Rom. 5., neu bearbeitete Auflage. Reclam, Stuttgart 1994, ISBN 3-15-010402-5, S. 88–91.
- Willy Pocino: Le curiosità di Roma. Storie, aneddoti e segreti legati a luoghi, tradizioni e monumenti esistenti o scomparsi di una città irripetibile (= Tradizioni italiane. 31). Newton & Compton, Rom 2004, ISBN 88-541-0010-2.
- Tina Squadrilli: Castel Sant'Angelo. Una storia lunga diciannove secoli. Misteri, segreti, curiosità e personaggi di uno dei più famosi monumenti del mondo (= Quest'Italia. 284). Newton & Compton, Rom 2000, ISBN 88-8289-462-2.
Weblinks
Einzelnachweise
- Darauf bezieht sich ein Graffito in der Sala delle Prospettive in der Villa Farnesina: 15A28 - was sol ich schreiben und nit lachen die la(nz)knecht habenn den babst laufen machen
- Homepage der Engelsburg, abgerufen am 21. März 2018.
- Willy Pocino, Le Curiosità di Roma, Seite 94