Duale Zahl

Im mathematischen Teilgebiet d​er algebraischen Geometrie i​st der Ring d​er dualen Zahlen über e​inem Körper e​in algebraisches Objekt, d​as eng m​it dem Begriff d​es Tangentialvektors zusammenhängt.

Dieser Artikel beschäftigt s​ich mit kommutativer Algebra. Insbesondere s​ind alle betrachteten Ringe kommutativ u​nd haben e​in Einselement. Für weitere Details s​iehe Kommutative Algebra.

Definition

Die dualen Zahlen bilden eine zweidimensionale hyperkomplexe Algebra über dem Körper der reellen Zahlen. Wie die Komplexen Zahlen wird diese Algebra von zwei Basiselementen erzeugt, der 1 und einer nicht-reellen Einheit, die zur Unterscheidung von der imaginären Einheit der Komplexen Zahlen hier mit bezeichnet wird. Jede Duale Zahl lässt sich also eindeutig als

mit a, b ∈ darstellen, also als Linearkombination aus 1 und . Die Definition einer allgemeinen Multiplikation für Duale Zahlen vervollständigt sich durch eine Definition für das Quadrat der nicht-reellen Einheit, und zwar durch

.

Außerdem i​st wie b​ei den Komplexen Zahlen d​ie zu z konjugierte Zahl

definiert.

Eigenschaften

Wie alle hyperkomplexen Algebren erfüllen auch die Dualen Zahlen das rechts- und linksseitige Distributivgesetz. Wie die Komplexen Zahlen sind sie zudem kommutativ und assoziativ, und zwar zwangsläufig, da es nur ein von der 1 verschiedenes Basiselement gibt, nämlich .

Die Dualen Zahlen bilden also einen kommutativen Ring mit Einselement, der aber – im Unterschied zu – kein Körper ist, sondern ein Hauptidealring mit einem Ideal, nämlich den reellzahligen Vielfachen von . Hauptideal ist es, da es von einem einzigen Element erzeugt werden kann. Wegen sind sie natürlich Nullteiler.

Matrixdarstellung

Da d​ie Multiplikation d​er Dualen Zahlen assoziativ ist, lässt s​ie sich m​it Matrizen darstellen, u​nd zwar w​ie folgt:

,

was für und gerade die nilpotente Matrix

ergibt.

Duale Zahlen und Laguerre-Ebenen

Die klassische reelle Laguerre-Ebene lässt s​ich (analog d​er Beschreibung d​er klassischen reellen Möbius-Ebene über komplexe Zahlen) m​it Hilfe d​er dualen Zahlen beschreiben (W. Benz: Vorlesungen über Geometrie d​er Algebren).

Algebraische Eigenschaften

In der Terminologie der abstrakten Algebra lassen sich die Dualen Zahlen als der Quotient des Polynomringes und des Ideals beschreiben, das durch das Polynom erzeugt wird, also

.

Duale Zahlen über Ringen

Es sei ein Ring. Dann ist der Ring der dualen Zahlen über der Faktorring

ist das Bild der Unbestimmten im Quotienten

Eigenschaften

Es sei ein Körper. ist ein lokaler artinscher Ring, der als Vektorraum über die Dimension 2 hat. Jedes Element hat eine eindeutige Darstellung

mit

Das maximale Ideal wird von erzeugt; der Restklassenkörper ist . und sind als -Moduln isomorph.

Für jeden Ring ist

Duale Zahlen und Derivationen

Es seien ein Ring, zwei -Algebren und ein Homomorphismus von -Algebren. Dann gibt es eine natürliche Bijektion zwischen

den -Algebrenhomomorphismen
die Hochhebungen von unter sind

und

-linearen Derivationen dabei wird die -Modulstruktur auf von induziert.

Bedeutung für die algebraische Geometrie

Für ein Schema sei

Es sei ein Schema und ein -Schema. Das Schema ist das relative Tangentialbündel von über . Dann gibt es eine natürliche Bijektion

für beliebige -Schemata . Ein -wertiger Punkt ist also ein -wertiger Punkt zusammen mit einem Tangentialvektor in diesem Punkt. Man kann sich für einen Körper also als Punkt zusammen mit einem Tangentialvektor vorstellen.

Siehe auch

Literatur

  • Walter Benz: Vorlesungen über Geometrie der Algebren: Geometrien von Möbius, Laguerre-Lie, Minkowski in einheitlicher und grundlagengeometrischer Behandlung. Springer, 1973, ISBN 978-3-642-88670-6, S. 21
  • M. Demazure, A. Grothendieck: Séminaire de Géométrie algébrique du Bois-Marie. Schemas en groupes I, II, III (SGA 3). Lecture Notes in Mathematics 151, 152, 153. Springer-Verlag, Berlin 1970
  • I.L. Kantor, A.S. Solodownikow: Hyperkomplexe Zahlen. B.G. Teubner, Leipzig 1978
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