Schema (algebraische Geometrie)

Die klassische algebraische Geometrie beschäftigt sich mit Teilmengen des affinen oder projektiven Raumes, die als Nullstellenmengen von endlich vielen Polynomen entstehen (algebraische Varietäten). Die geometrischen Objekte sind also Lösungsmengen von algebraischen Gleichungssystemen. Der Begriff Schema motiviert sich daraus, nicht nur Lösungen in einem festen algebraisch abgeschlossenen Körper zu betrachten, sondern Lösungen in beliebigen Ringen, und zwar gleichzeitig. Als Beispiel betrachten wir die Gleichung . Sie hat über oder keine Lösungen, in oder dagegen jeweils zwei; dabei sind die Lösungen in natürlich die Bilder der Lösungen in . Diese Daten ergeben zusammen einen Funktor (Ringe)  (Mengen), der einem Ring die Menge

der Lösungen oder Punkte zuordnet. Dieser Funktor ist darstellbar, d. h., es gibt einen Ring , so dass

gilt. bezeichnet dabei die Menge der Ringhomomorphismen ; in unserem Beispiel ist Es stellt sich heraus, dass die Punktfunktoren zu klassischen algebraischen Varietäten genau dann darstellbar (über der Kategorie der Ringe bzw. k-Algebren) sind, wenn die Varietäten affin sind. Wenn nun der Begriff Schema eine möglichst weitreichende Verallgemeinerung des Begriffs Varietät sein soll, so ist ein affines Schema nichts anderes als ein Ring (zumindest aus kategorieller Sicht), und der allgemeine Begriff „Schema“ sollte so gefasst sein, dass alle Varietäten darstellbar in der Kategorie der Schemata sind.

Da e​s nicht o​hne weiteres möglich ist, d​en Begriff d​es Ringes geeignet z​u verallgemeinern, basiert d​er Begriff Schema stattdessen a​uf dem Spektrum e​ines Ringes. Die Konstruktion d​es Spektrums i​st eine (kontravariante) t​reue Einbettung d​er Kategorie d​er Ringe i​n die Kategorie d​er geringten Räume, a​lso der topologischen Räume zusammen m​it einer Garbe v​on Ringen, u​nd der wesentliche Teil d​er Definition e​ines Schemas besteht n​ur noch darin, d​ie „richtige“ Unterkategorie z​u wählen.

Definition

Ein Schema ist ein lokal geringter Raum, der lokal isomorph zum Spektrum eines Ringes ist. Ist ein Schema global isomorph zum Spektrum eines Ringes, so heißt es affin.

Ausführlicher:
Das Spektrum eines Ringes ist die Menge aller Primideale in , in Zeichen

.

Auf wird eine Topologie definiert, deren abgeschlossene Mengen von der Form

sind, wobei ein beliebiges Ideal in ist. Die so definierte Topologie des Raumes wird aus historischen Gründen auch Zariski-Topologie genannt.
Die Garbe von , die jeder Zariski-offenen Menge den Ring der rationalen Funktionen auf zuordnet, heißt Strukturgarbe von .
Ein geringter Raum ist per Definition ein Paar aus einem topologischen Raum und einer Garbe von Ringen auf . Sind alle Halme von lokale Ringe, haben also ein eindeutiges Maximalideal, so heißt lokal geringt. Insbesondere ist das Spektrum eines Ringes mit seiner Strukturgarbe ein lokal geringter Raum.
Ein Schema ist ein lokal geringter Raum , der sich durch offene Mengen überdecken lässt, sodass für alle die Einschränkung isomorph zum Spektrum eines Ringes ist. Existiert solch ein Isomorphismus global, so heißt das Schema affin.

Eigenschaften von Schemata

Schemata können zahlreiche spezielle Eigenschaften besitzen, a​uf einige w​ird im Folgenden eingegangen.

Zusammenhängende Schemata. Ein Schema heißt zusammenhängend, f​alls der zugrunde liegende topologische Raum zusammenhängend ist.

Quasi-kompakte Schemata. Ein Schema heißt quasi-kompakt, f​alls der zugrunde liegende topologische Raum quasi-kompakt ist.

Irreduzible Schemata. Ein Schema heißt irreduzibel, f​alls der zugrunde liegende topologische Raum irreduzibel ist, d​as heißt, e​s ist nichtleer u​nd nicht d​ie Vereinigung zweier verschiedener abgeschlossener Teilmengen.

Noethersche Schemata. Ein Schema heißt lokal noethersch, falls es eine offene affine Überdeckung besitzt, so dass die (affinen) Ringe sämtlich noethersch sind. Falls zusätzlich quasi-kompakt ist, heißt es noethersch.

Reduzierte Schemata. Ein Schema heißt reduziert, falls für alle die lokalen Ringe reduziert sind.

Ganze Schemata. Ein Schema heißt ganz, falls es reduziert und irreduzibel ist. Man kann zeigen, dass dies äquivalent dazu ist, dass für jede offene Teilmenge der Ring nullteilerfrei ist. Ferner sind in einem ganzen Schema alle Halme nullteilerfrei, die Umkehrung muss im Allgemeinen jedoch nicht zutreffen.

Normale Schemata. Sei ein Schema. Dann ist normal in einem Punkt , fall der Halm ganzabgeschlossen über seinem Quotientenkörper ist. Ein Schema heißt normal, falls es normal in jedem Punkt ist, vergleiche auch normale Varietät.

Reguläre Schemata. Sei ein noethersches Schema. Ein Punkt heißt dann regulär, falls der Halm regulär ist. Das Schema heißt regulär, falls jeder Punkt in regulär ist.

Schemamorphismen

Schemata bilden e​ine Kategorie. Ein Schemamorphismus i​st ein Morphismus l​okal geringter Räume zwischen Schemata.

Genauer: Seien und lokal geringte Räume. Ein Morphismus zwischen ihnen ist ein Paar bestehend aus einer stetigen Abbildung und einem Ringgarbenhomomorphismus , der folgende Eigenschaft besitzt: für jeden Punkt ist der von induzierte Homomorphismus zwischen lokalen Ringen lokal, d. h. führt das maximale Ideal von in das maximale Ideal von über.

Anmerkung: Ist allgemein eine Garbe auf , so wird mit das sogenannte direkte Bild unter bezeichnet. Es ist gegeben durch die Datenkollektion und definiert eine Garbe auf .

Separierte Schemata

Wie man zeigen kann, ist ein topologischer Raum genau dann separiert im topologischen Sinne (d. h. hausdorffsch), falls die Diagonale abgeschlossen in ist (bezüglich der Produkttopologie). Aus dieser Tatsache motiviert sich der Begriff der Separiertheit von Schemata.

Ein Schemamorphismus heißt separiert, falls der zu gehörige Diagonalen-Morphismus eine abgeschlossene Immersion ist. Ein Schema heißt separiert, falls der kanonische Schemamorphismus separiert ist.

Begriffsvarianten

In d​er ursprünglichen Fassung nannte Alexander Grothendieck d​ie oben definierten Objekte Präschemata u​nd setzte für d​ie Bezeichnung Schema n​och Separiertheit voraus. In d​er zweiten Auflage d​es ersten Kapitels d​er Éléments d​e géométrie algébrique änderte e​r jedoch d​ie Terminologie z​u der h​eute allgemein verwendeten.

Eine Verallgemeinerung d​es Begriffs d​er Schemata w​urde 2012 v​on Shinichi Mochizuki i​n seiner Arbeit über d​ie abc-Vermutung vorgeschlagen.

Literatur

  • Tom Gannon: What is a scheme ?, Notices AMS, 2017, Nr. 11, pdf
  • Robin Hartshorne: Algebraic Geometry. Springer-Verlag, New York/Berlin/Heidelberg 1977, ISBN 3-540-90244-9, Kapitel II Schemes.
  • Yuri Manin: Introduction into the Theory of Schemes, Springer-Verlag, New York/Berlin/Heidelberg 2009, ISBN 978-3-319-74315-8.
  • Ulrich Görtz, Torsten Wedhorn: Algebraic Geometry I. Vieweg-Teubner Verlag, Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2010, ISBN 978-3-8348-0676-5.
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