Dreschen
Dreschen bezeichnet den mechanischen Prozess des Herauslösens der Körner bei der Ernte von Druschfrüchten. Aus dem dabei entstehenden Gemisch aus Stroh, Spreu und Körnern wird zuerst das Stroh (Lang- und Kurzstroh) abgesiebt, danach werden Spreu und Körner getrennt. Ähnlich verläuft das Ausdreschen der Samen von Hülsenfrüchtlern von den Hülsen, unter anderem durch Ausreiten. Hierzu zieht ein Pferd ein Gewicht über das Getreide.
Geschichte
Seit der frühesten Getreideverarbeitung im Neolithikum stellt sich die Frage nach den Geräten zum Ausdreschen.[1][2] Das einfachste Hilfsmittel ist der Dreschstock.[3] Dreschstöcke sind erstmals in der Siedlung von Egolzwil 3 zur Zeit der Egolzwiler Kultur (um 4200 v. Chr.) belegt.[4] Auch der Dreschschlitten ist ein sehr altes Gerät, das sich archäologisch durch die eingesetzten Kratzer aus Feuerstein belegen lässt. Die ältesten Abbildungen von Dreschschlitten stammen aus Uruk (4. Jahrtausend v. Chr.). In Mittel- und Nordeuropa lässt sich seine Verwendung nicht belegen.
Das „Ausreiten“ durch Rinder ist durch Darstellung in Ägypten und in der Ilias belegt:
Wie wenn ein Mann ins Joch breitstirnige Stiere gespannet,
weiße Gerste zu dreschen auf rundgeebneter Tenne;
leicht wird zermalmt das Getreide vom Tritt der brüllenden Rinder.<ref>Homer: Ilias, 20, 495</ref>
Der Dreschflegel ist gegenüber dem Dreschstock eine Verbesserung hinsichtlich des Kraftaufwandes, da die Rotation des Flegels mit weniger Kraft zu bewerkstelligen ist als das Schlagen mit einem Dreschstock. Dreschflegel sind bereits im Alten Reich Ägyptens nachgewiesen, unter anderem als Attribut der Fruchtbarkeit auf Abbildungen des Osiris. Sie wurden – auch in Teilen Europas – bis zur Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts verwendet.
Der Dreschblock (auch Dreschwalze genannt) vereinfacht die Arbeit weiter. Er ist eine konische Walze, die von einem Pferd im Kreis über das Getreide gezogen wird.[5][6] Ein solches Gerät wird im Museumsdorf Cloppenburg gezeigt und erläutert.[7]
In der Neuzeit wurden diese Geräte durch Dreschmaschinen ersetzt, was letztlich zur Entwicklung des mobilen Mähdreschers führte. Dieser verfügt heute über verschiedene Erntevorsätze je nach zu erntender Frucht.
Ablauf
Egal ob mit Dreschstock, Schlitten, Walze, Flegel oder durch Ausreiten – es kommt darauf an, die trockene Frucht aus den Ähren, den Spelzen oder den Hülsen zu lösen. Das geschieht auf einer halbwegs ebenen, glatten Unterlage, z. B. einem mit Steinplatten ausgelegten Dreschplatz unter freiem Himmel oder der Tenne eines Bauernhauses. Danach wird mit Forken das Langstroh abgenommen. Das übrig gebliebene Gemisch aus Kurzstroh, Früchten und Staub muss gereinigt werden. Das geschieht per Hand durch Windsichten mit Hilfe einer Worfel oder in einer Rotationsworfelmaschine (auch Windfege oder Staubmühle genannt). Bei letzterer wird durch den erzeugten Wind das leichte Stroh und der Staub weggepustet. Die schweren Früchte fallen durch Siebe nach unten und rutschen über eine schräge Ebene in einen Behälter, aus dem sie mit der Schaufel in einen Sack gefüllt werden können.
Druschfrüchte
In erster Linie werden die verschiedenen Getreidearten (Gerste, Weizen, Roggen, Mais, Triticale) oder Rispen (Hafer) als Druschfrüchte bezeichnet. Weitere Druschfrüchte sind Leguminosen (Bohnen, Erbsen) und Ölpflanzen (Raps, Sonnenblumen, Soja).
Im weiteren Sinne sind auch sämtliche Samen von Ackerfrüchten, wie beispielsweise von Gras, Hanf, Tabak oder verschiedenen Zwischenfrüchten Druschfrüchte.
Druscharten bei Dreschmaschinen
Mit dem Aufkommen des Mähdreschers wurde es möglich, die zu dreschende Frucht gleichzeitig zu ernten und zu dreschen, der Mähdrusch. Es ist weiterhin möglich, den Mähdrescher nicht mit einem Schneidwerk, sondern einem Pickup zu versehen, der bereits geschnittenes, aber noch nicht gedroschenes Getreide aufnimmt. Diese Form wird als Schwadendrusch bezeichnet. Als Hockendrusch bezeichnet man das Dreschen von Getreidebunden mit einem Standdrescher, beim Standdrusch wird meist loses Getreide in den Drescher eingelegt und ausgedroschen. Standdrusch, Hockendrusch und Schwadendrusch sind bei der Grassamenernte zeitaufwändiger und unwirtschaftlicher als Mähdrusch.[8]
Umgangssprache
Umgangssprachlich wird der Begriff für schlagen wie zum Beispiel Bälle dreschen oder Kinder verdreschen und in bestimmten feststehenden Formulierungen wie Phrasen dreschen verwendet.
Literatur
' Franz Olck: Dreschen. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band V,2, Stuttgart 1905, Sp. 1700–1706.
- Heinrich Beck, Günter Wiegelmann: Dreschen. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 6, Walter de Gruyter, Berlin/New York 1986, ISBN 3-11-010468-7, S. 180–184.
- Alfons Eggert: Dreschen. Eine kleine Geschichte des Getreidedrusches. Ardey, Münster 1997, ISBN 3-87023-086-X
- Hermann Kaiser: Flegel – Göpel – Dreschmaschinen. Wie Schwerarbeit erleichtert wurde und Arbeitsplätze verloren gingen. (= Materialien & Studien zur Alltagsgeschichte und Volkskultur Niedersachsens; Heft 28). Museumsdorf Cloppenburg, Cloppenburg 1997, ISBN 3-923675-66-6
- Johann Georg Krünitz: Die Dreschkunst sowohl älterer als neuerer Zeiten, mechanisch beschrieben und öconomisch betrachtet. Pauli, Berlin 1776 (Digitalisat)
- Jutta Meurers-Balke, Jens Lüning: Experimente zur Verarbeitung von Spelzgetreide. Experimentelle Archäologie in Deutschland. Archäologische Mitteilungen aus Nordwestdeutschland, Beiheft 4, 1990, S. 93–112.
- Ralf Vogeding: Lohndreschbetriebe und Maschinendrusch. Eine volkskundliche Untersuchung zur Mechanisierung einer landwirtschaftlichen Arbeit in Westfalen, 1850-1970. 1989 (Volltext als PDF)
- Horst Eichhorn: Der Mähdrescher in der Grassamenernte. In: Landtechnik. Band 16, Nr. 21, 1961, ISSN 0023-8082, S. 752–758.
Weblinks
Einzelnachweise
- Jutta Meurers-Balke 1985: Experimente zum Anbau und zur Verarbeitung prähistorischer Getreidearten. Archäologische Informationen 8, S. 8–17.
- Jutta Meurers-Balke, Jens Lüning 1990: Experimente zur frühen Landwirtschaft. Ein Überblick über die Kölner Versuche in den Jahren 1978–1986. Experimentelle Archäologie in Deutschland. Archäologische Mitteilungen aus Nordwestdeutschland, Beiheft 4, S. 82–92.
- Christmann, E. 1985: Wiedergewinnung antiker Bauerngeräte. Philologisches und Sachliches zum Trierer und zum rätischen Dreschsparren sowie zum römischen Dreschstock. In: Trierer Zeitschrift 48, S. 139–155.
- Jens Lüning: Die Bandkeramiker. Erste Steinzeitbauern in Deutschland. Bilder einer Ausstellung beim Hessentag in Heppenheim / Bergstraße im Juni 2004. 2005, S. 89.
- "Dreschwalze besteht Feuertaufe" - Ein Nachbau wird zum Dreschen gezeigt.
- Nachbau eines Dreschkegels in Aperberg
- Eine Zeichnung eines Dreschblocks findet sich auch auf der Internetseite "Dreschen und Reinigen" (Memento des Originals vom 24. August 2011 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. . Dort wird diese Erfindung dem Mühlenbauer Andrew Meikle zugeordnet.
- Eichhorn, S. 754, Abb. 4