Dietmar Koschmieder
Dietmar Koschmieder (* 6. November 1955[1] in Lörrach) ist Geschäftsführer der Tageszeitung junge Welt und aktives Mitglied der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP), für die er mehrfach bei Wahlen antrat.
Leben
Koschmieder ist ehemaliger Lehrer.[2] Als Kommunist wurde er jedoch mit Berufsverbot belegt. Er ließ sich zum Wirtschaftsredakteur umschulen und machte deswegen 1990 ein Praktikum im Verlag Junge Welt.[3] 1991 wurde er Wirtschaftsredakteur der jungen Welt und war bis 1994 das einzige Redaktionsmitglied aus Westdeutschland.[4] Ab 1992 war er Betriebsrat[5] und wurde 1995 als Leiter des Wirtschaftsressorts Betriebsratsvorsitzender.[6] Nach der Bekanntgabe des Konkurses der jungen Welt im April 1995 gründete er zusammen mit Kollegen einen „Aktionsausschuss“,[7] um die Zeitung durch einen „verspäteten Management-Buy-out“[8] zu retten. Das war erfolgreich: Nach acht Tagen Pause, am 13. April 1995 erschien die junge Welt wieder, im neugegründeten Verlag 8. Mai GmbH und mit Koschmieder als genossenschaftlich gewähltem Geschäftsführer.[9]
1997 setzte Koschmieder im Streit um die politische Ausrichtung der jungen Welt den Chefredakteur Klaus Behnken ab,[10] woraufhin es seitens der Belegschaft zur Solidarisierung mit Klaus Behnken und zur Besetzung der Redaktionsräume kam.[11] Im selben Gebäude auf einer anderen Etage produzierte Koschmieder mit drei ihm gegenüber loyal gebliebenen Redakteuren Notausgaben.[12] „Der Streit hatte sich um das Thema Antisemitismus sowie die vom Verlag befürwortete Ausrichtung auf Ostthemen zentriert.“[13]
Im Rahmen des Benno-Ohnesorg-Kongresses, der vom 30. Mai bis 1. Juni 1997 an der Technischen Universität veranstaltet wurde,[14] wurde eine öffentlichen Podiumsdiskussion beider Fraktionen organisiert. Im Verlauf dieser Diskussion zwischen den Podiumsdiskutanten Jürgen Elsässer und Koschmieder drückte ein Mitglied der Besetzerfraktion Koschmieder ein Stück Kirschtorte ins Gesicht.[15] Die Redakteure um Klaus Behnken gründeten danach die Wochenzeitung Jungle World.
Seit Beginn seiner Zeit als Geschäftsführer gilt Koschmieder als die für die Blattlinie der jungen Welt entscheidende Person.[16] Koschmieder verteidigte 2008 die niedersächsische Landtagsabgeordnete der Partei Die Linke, Christel Wegner, gegen Kritik, nachdem sie den Mauerbau und das Ministerium für Staatssicherheit der DDR gerechtfertigt hatte.[17] Er trat medial außerdem in Erscheinung im Streit um die „Danke“-Titelseite der Jungen Welt im Jahre 2011 zum Mauerbau,[18][19] 2012 im Kontext der wirtschaftlichen Krise der Jungen Welt[20] und 2016 im Rahmen der Expansion der Jungen Welt in die Schweiz.[21]
Dietmar Koschmieder lebt in Berlin. Er ist Mitglied der DKP[22][23][24] und war mehrfach Kandidat der Berliner DKP bei Wahlen,[25][26] so 2016 als ihr Spitzenkandidat bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus.[27]
Preise
2008 wurde ihm, gemeinsam mit den Cuban Five, der Preis für Solidarität und Menschenwürde des Vereins Bündnis für Soziale Gerechtigkeit und Menschenwürde verliehen.
Einzelnachweise
- Gegenddarstellung: Dietmar Koschmieder Junge Welt 6. November 2015
- Landeswahlleiterin Berlin: Wahl zum Abgeordnetenhaus am 18. September 2016, Landeslisten, Liste Nr. 126
- Die Wessis kommen, junge Welt, 9. Februar 2022 (kostenpflichtig)
- Michael Wögerer: "Koschmieder, du bist verrückt", Unsere Zeitung, 12. Februar 2017
- Frank Stur: Die Überlebenschance scheint gefunden, Neues Deutschland, 15. Dezember 1992
- Klaus Fischer: Einzigartige Zwischenzeit, junge Welt, 16. April 2005
- Michael Wögerer: "Koschmieder, du bist verrückt", Unsere Zeitung, 12. Februar 2017
- Arne Kapitza: Transformation der ostdeutschen Presse. Westdeutscher Verlag, Opladen 1997, S. 168.
- Klaus Fischer: Einzigartige Zwischenzeit, junge Welt, 16. April 2005
- Claudia Globisch: Radikaler Antisemitismus: Inklusions- und Exklusionssemantiken von links und rechts in Deutschland Springer, Wiesbaden 2013, S. 178.
- Ivo Bozic: Wie man einen Dschungel pflanzt, Jungle World, 27. Juni 2007; Hm Redakteure fristlos entlassen, Neues Deutschland, 3. Juni 1997.
- Claudia Globisch: Radikaler Antisemitismus: Inklusions- und Exklusionssemantiken von links und rechts in Deutschland Springer, Wiesbaden 2013, S. 178.
- Claudia Globisch: Radikaler Antisemitismus: Inklusions- und Exklusionssemantiken von links und rechts in Deutschland Springer, Wiesbaden 2013, S. 178.
- http://infopartisan.net/archive/bok/
- Nach dem Kongreß: Erklärung zum Benno-Ohnesorg-Kongreß des RefRat mit Gegendarstellung auf infopartisan.net.
- Florian Kain: DKP-Einfluss: "Junge Welt" entlässt Chefredakteur Die Welt, 16. November 2011
- Solidarität, Genossen! In: taz, 22. Februar 2008; Dokumentationsseite zur Auseinandersetzung um Christel Wegner; Stecker gezogen. In: Junge Welt, 22. März 2008, S. 10.
- Carsten R. Hoenig: Die Linke sagt danke, 13. August 2011
- Mauer im Kopf: Linke Tageszeitung "junge Welt" bedankte sich für Mauerbau und Stasiknast. In: Deutschlandfunk, 20. August 2011.
- Martin Niewendick: junge Welt vor dem Aus?, Ruhrbarone, 5. Oktober 2012
- Orthodoxie am Kiosk, WOZ vom 19. Mai 2016.
- Mauer im Kopf Linke Tageszeitung "junge Welt" bedankte sich für Mauerbau und Stasiknast Deutschlandfunk 20. August 2011
- DKP-Einfluss: "Junge Welt" entlässt Chefredakteur Die Welt von Florian Kain 16. November 2011
- Ivo Bozic: Wie man einen Dschungel pflanzt, Jungle World, 27. Juni 2007.
- 2009 Platz 13 (Memento vom 20. September 2009 im Internet Archive)
- DKP tritt zur Abgeordnetenwahl 2011 an (Memento vom 20. September 2016 im Internet Archive) DKP Friedrichshain-Kreuzberg 18. April 2011
- Landeswahlleiterin Berlin: Wahl zum Abgeordnetenhaus am 18. September 2016, Landeslisten, Liste Nr. 12