Denis Clerc (Politiker)
Denis Clerc (* 18. Dezember 1935 in Rossens; † 7. April 2012 in Freiburg) war ein Schweizer Politiker (SP) und Staatsrat des Kantons Freiburg.
Leben und Wirken
Seine Eltern sind Olivier Clerc, Landwirt, und Rosa geb. Ducrest. Er ist das zwölfte von 15 Kindern einer Bauernfamilie, die mehrere Geistliche umfasst hat. 1969 heiratete er Geneviève Gobet. Das Paar hat zwei Kinder.
Nach dem Besuch des Kollegiums St. Michael, das er mit der Matura abschloss, studierte er Geisteswissenschaften an der Universität Freiburg, wo unter anderem der Schriftsteller Pierre-Henri Simon, späteres Mitglied der Académie française, lehrte. 1959 legte Clerc sein Lizentiat ab. Indem er gleichzeitig arbeitete, schrieb er seine Doktorarbeit über Albert Béguin, Literaturkritiker und Leiter der Zeitschrift Esprit (1965). Er unterrichtete klassische Literatur am Gymnasium in Romont und am Kollegium St. Michael in Freiburg und arbeitete ein Jahr lang in einem Verlagshaus in Mailand. Nach seiner Rückkehr 1966 interessierte er sich für die Politik in einem Kanton, der aus einer hundertjährigen, vom konservativen Regime auferlegten Lethargie erwachte. Entgegen der Familientradition trat er der Sozialdemokratischen Partei bei. Er wurde deren politischer Sekretär und einer der Redaktoren des freiburgischen Parteiorgans Travail.
Aufgrund dieser Aktivitäten zum Kandidaten für den Grossen Rat und für den Staatsrat aufgestellt, wurde Clerc in den kantonalen Wahlen von Ende 1971 in den einen wie in den anderen Rat gewählt. Mit Jean Riesen gehörte er zu den beiden ersten Sozialdemokraten in der Regierung. Zunächst leitete er die Polizei- und Gesundheitsdirektion, dann wurde er nach einer internen Reorganisation Vorsteher der Gesundheits- und Sozialfürsorgedirektion. Er hatte gegen die erklärte Gegnerschaft der Ärztegesellschaft zu kämpfen, die sich jeder institutionellen Beziehung mit dem Staat und den Krankenkassen widersetzte. 1976 verlor er ganz knapp seinen Sitz, als er 235 Stimmen weniger erhielt als der Freisinnige Hans Baechler. Von 1978 bis 1982 leitete er die kantonale Sozialdemokratische Partei und unterrichtete zugleich am Institut de français moderne der Universität Freiburg. Die Partei gewann 1978 die Gemeindewahlen in der Stadt Freiburg und anschliessend die eidgenössischen Wahlen von 1979 (bestes Ergebnis der SP bei Nationalratswahlen mit 30,7 % und Einzug Otto Pillers in den Ständerat). Unter seiner Leitung lancierte die SP Freiburg eine Initiative für die Volkswahl der Staatsräte, die mehr als 40 % der Stimmen gegen einen Gegenentwurf erhielt, der die Vertretung einer Partei, die im Grossen Rat keine Mehrheit hatte, beschränken wollte. Als einzige Person seit der Einführung der Volkswahl der Staatsräte wurde er 1981 wiedergewählt und kehrte auf «seine» Stelle an der Spitze der Gesundheits- und Sozialfürsorgedirektion zurück, von der er 1991 zurücktrat. Da er mit dem linken Flügel seiner Partei im Konflikt stand, trat er 1989 aus der SP Freiburg aus.
Die Verantwortung für den Gesundheits- und Sozialbereich, der bisher einzig auf die Unterstützung durch Kindesliebe und private Wohltätigkeit hoffen konnte, gab ihm die Gelegenheit, den Staat auf gesetzliche Weise für Gerechtigkeit und institutionelle Solidarität zwischen den Individuen sorgen zu lassen. So brachte er zahlreiche neue oder totalrevidierte Gesetze durch, die den «Freiburger Sozialstaat» schafften: Krankenversicherung (1982), Spitäler (1983), Sonderheime für Behinderte oder Schwererziehbare (1986), Familienzulagen (1976, 1990), Sozialhilfe (1991) und Mutterschaftszulagen (1991). Schliesslich lancierte er 1989 mit Mediplan die Reorganisation der Spitäler, indem er vorschlug, die Akutpflege auf drei öffentliche Einrichtungen zu konzentrieren. Dies führte zu heftigem Widerstand in den Regionen, der sich rasch der Logik und Notwendigkeit beugen musste. Dank des Gesetzes von 1982 wurden zwischen 1981 und 1992 insgesamt 55 Altersheime renoviert oder neu gebaut. Das Gleiche galt für die Sonderheime für Behinderte oder Schwererziehbare. 1983 schaffte er im Rahmen des Psychosozialen Zentrums den ersten Familienplanungsdienst. 1974 wurde das Wasserschutzgesetz nach langen parlamentarischen Debatten verabschiedet.
Diese durchgeführten Aktionen, deren Zweckmässigkeit heute unbestritten sind, brachten ihm politische Feinde ein, zumal er wenig Rücksicht nahm. So gaben ihm 1988 bei der Wahl zum Staatsratspräsidenten nur 50 Grossräte die Stimme. Der christdemokratische Präsident des Grossen Rats empfand das Bedürfnis, sich dafür in der Sitzung zu entschuldigen. Auch innerhalb seiner Partei regte sich zunehmend Widerstand gegen Denis Clerc, der mit seinen Kollegen Félicien Morel, Jean Riesen und ein paar anderen eine vom Mitterrand’schen Modell des «Bruchs mit dem Kapitalismus» inspirierte Tendenz bekämpfte und der schliesslich zu seinem Austritt führte.
Nach seinem Ausscheiden aus dem Staatsrat (1991) kämpfte Denis Clerc in der Communauté romande du pays de Fribourg für die strikte Anwendung des Territorialitätsprinzips im Sprachbereich, zu dessen Aufnahme in die Kantonsverfassung er beigetragen hatte. Mit seinem Kollegen Morel und dem Richter Curty kritisierte er die Wahl von zwei neuen deutschsprachigen Richtern in das Bezirksgericht Saane (29. November 1990). Ein Entwurf zur Revision des Schulgesetzes, der seiner Meinung nach das Territorialitätsprinzip verletzte, wurde 2000 vom Volk abgelehnt; von fast allen politischen Kreisen befürwortet, war der Entwurf vom Lehrkörper bekämpft worden. Als bissiger und ironischer Chronist hatte sich Denis Clerc nicht vollständig aus der Politik verabschiedet und meldete sich regelmässig in einer Kolumne der Liberté zu Wort. Seine Memoiren tragen den Titel «Les lacets rouges» (2007).
Literatur
- Georges Andrey, Hubertus von Gemmingen (Übersetzung): Der Freiburger Staatsrat: 1848–2011; Geschichte, Organisation, Mitglieder. Hrsg.: John Clerc, Jean-Pierre Dorand, Nicholas Gex. Paulus, Freiburg 2012, ISBN 978-3-7228-0815-4.
- Marianne Rolle / AW: Clerc, Denis. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
Weblink
- Publikationen von und über Denis Clerc (Politiker) im Katalog Helveticat der Schweizerischen Nationalbibliothek