Daniele Manin
Daniele Manin (* 13. Mai 1804 in Venedig; † 22. September 1857 in Paris) war maßgeblich an der Revolution von 1848 in Venedig beteiligt, wo unter seiner Führung die von Österreich unabhängige Republik Repubblica di San Marco proklamiert wurde. Rekurrierend auf die ehemalige – bis 1797 bestehende – Republik Venedig wird Manin von einigen Autoren auch mit dem Beinamen „Der letzte Doge“ versehen.
Die Revolution in Venedig stand im Zusammenhang mit den liberalen und radikaldemokratischen Aufständen für ein unabhängiges Italien und war Teil der Märzrevolutionenen gegen die herrschenden Fürstenhäuser und die restaurationspolitische Ordnung seit dem Wiener Kongress von 1815.
Leben
Manin war der Enkel eines Rechtsanwalts jüdischer Herkunft. Seine Großeltern, Samuele Medina di Verona und Allegra Moravia Medina, waren konvertierte Juden, die mit der Taufe 1759 wie üblich den Namen des Taufpaten Bischof Lodovico Manin, eines Bruders des letzten Dogen von Venedig, Ludovico Manin (1789 bis 1797), annahmen. Daniele Manin studierte Rechtswissenschaften an der Universität Padua. Er wurde dort bereits mit 17 Jahren promoviert und ließ sich in seiner Vaterstadt als Rechtsanwalt nieder.
Daniele Manin war sehr angesehen, sprach neben Venezianisch Italienisch, Latein, Griechisch, Hebräisch, Französisch und Deutsch. Er arbeitete an der Vorbereitung der Eisenbahnverbindung nach Venedig (Ferrovia ferdinandea) mit, wirkte eifrig für die politische Bildung seines Volkes, unterstützte den Anführer der Nationalbewegung, Giuseppe Mazzini, kritisierte die über große Teile Norditaliens herrschende österreichische Regierung öffentlich und betrieb die Gründung der Società Nazionale Italiana mit. Am 21. Dezember 1847 überreichte er der lombardischen Generalkongregation eine Petition, worin von der österreichischen Regierung gefordert wurde, dem Königreich Lombardo-Venetien Unabhängigkeit zu gewähren. Er wurde deshalb am 18. Januar 1848 verhaftet, aber am 17. März nach heftigen Protesten in Venedig und der Nachricht vom Aufstand in Mailand freigelassen. Daniele Manin hielt danach eine Rede, worin er u. a. sagte, dass bewaffneter Aufstand mitunter nicht nur ein Recht sei, sondern unter gewissen Umständen „zur Pflicht“ werde. Er drängte darauf, sich von der österreichischen Fremdherrschaft frei zu machen. Seine Haltung war umstritten und es ist auch nicht völlig klar, ob er wirklich einen bewaffneten Aufstand wollte. Daniele Manin lehnte es ab, dem vom Podestà Giovanni Correr einberufenen beratenden Ausschuss beizutreten, der helfen sollte, „den Unvorhersehbarkeiten des Augenblicks“ zu begegnen. Er zog sich schmollend zurück und wurde am Morgen des 22. März 1848 mit der Nachricht vom Aufstand der Arsenalarbeiter aus dem Bett geholt. Er kam erst hinzu, als das Arsenal schon von venezianischen Patrioten besetzt war. Militärgouverneur Feldmarschall Graf Sigismund Ferdinand von Zichy kapitulierte 22. März 1848, 18.00 Uhr, und zog mit den Truppen ab. Am folgenden Tag wurde die Republik proklamiert und Daniele Manin zum Ministerpräsidenten und Minister des Äußern ernannt. Nachdem im Mai 1848 in der Lombardei und in Venetien ein Plebiszit zugunsten des Anschlusses an das Königreich Sardinien-Piemont ausgegangen war, trat Daniele Manin am 3. Juli 1848 zugunsten von Jacopo Castelli zurück mit der Begründung, er könne nicht als Untertan einem König dienen. Am 4. Juli 1848 wurde der Beschluss gefasst, sich dem Königreich Sardinien-Piemont anzuschließen. Am 11. August 1848 erhielt Daniele Manin angesichts der Belagerung Venedigs durch österreichische Truppen vom demokratisch gewählten venezianischen Stadtparlament „unbegrenzte Vollmachten“. Er hielt die innere Ordnung aufrecht, begeisterte die Einwohner zum Widerstand gegen die österreichischen Truppen und hielt die Stadt gegen die Österreicher bis zum August 1849. Am 23. August wurde die Stadt erobert und damit die anderthalb Jahre existierende Stadtrepublik zerschlagen.
Daniele Manin wurde zusammen mit 39 anderen Führern der Revolution am 24. August ausgewiesen. Im Pariser Exil arbeitete er als italienischer Sprachlehrer und Journalist. Dort gab er zunehmend seine radikaldemokratische Haltung auf und forderte in Zeitschriftenartikeln eine Mäßigung der Nationalbewegung und den Anschluss der oberitalienischen Territorien an das Königreich Sardinien-Piemont. Kurz vor seinem Tod gründete er am 1. August 1857 den Italienischen Nationalverein, in dem sich die zahlreichen zersplitterten Strömungen der italienischen Nationalbewegung zusammenschlossen.
Manin starb am 22. September 1857 in Frankreich. Nach dem Anschluss Venetiens an das Königreich Italien wurden seine Gebeine 1868 nach Venedig übergeführt und an der Nordfassade des Markusdoms feierlich beigesetzt. Am 22. März 1875 wurde auf dem dann so genannten Campo Manin gegenüber seinem ehemaligen Wohnhaus sein Standbild enthüllt. Bereits 1861 war eine Statue Manins in Turin errichtet worden.
Literatur
- Adolfo Bernardello: Venezia 1848: arte e rivoluzione. In: Società e storia 96 (2002) 279–288.
- Giorgio Candeloro: Storia dell´Italia moderna, Bd. III: La Rivoluzione nazionale, 1846–1949, 2. Auflage, Mailand 1991.
- Pietro Galletto: La vita di Daniele Manin e l'epopa veneziana del 1848–49. Treviso 1999.
- Paul Ginsborg: Daniele Manin and the Venetian Revolution of 1848/49, Cambridge 1979.
- Maria Laura Lepscky Mueller: La famiglia di Daniele Manin. Venezia 2005.
- Vincenzo Marchesi, Storia documentata della rivoluzione e della difesa di Venezia negli anni 1848–49, tratta da fonti italiane ed austriche Venice, Venedig: Istituto Veneto di Arti Grafiche 1913.
- Sergio Marinelli, Giuseppe Mazzariol, Fernando Mazzocca (Hrsg.): Il veneto e l'Austria. Mailand 1989.
- Alessandro Pascolato, Manin e Venezia nel 1848-49, Mailand: Alfieri & Lacroix 1916.
- Volker Reinhardt (Hrsg.): Die großen Familien Italiens (= Kröners Taschenausgabe. Band 485). Kröner, Stuttgart 1992, ISBN 3-520-48501-X.
- Simonetta Soldani: Annäherung an Europa im Namen der Nation. Die italienische Revolution 1846-1849. In: Dieter Dowe, Heinz-Gerhardt Haupt, Dieter Langewiesche, et al. (Hrsg.): Europa 1848. Revolution und Reform, Bonn 1998, S. 125–166.
- Eugen Semrau: Österreichs Spuren in Venedig. Mit Beiträgen von Antonio A. Rizzoli und Miguel Herz-Kestranek. Wien/Graz/Klagenfurt 2010.
- Constantin von Wurzbach: Manin, Daniel. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 16. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1867, S. 373–377 (Digitalisat).
- Alvise Zorzi: Österreichs Venedig. Das letzte Kapitel der Fremdherrschaft 1798 bis 1866. Aus dem Ital. v. Heinz-Georg Held und Claudia Piras. Düsseldorf/Hildesheim 1990 (Original unter dem Titel Venezia Austriaca. Rom/Bari 1985).