Charles Brauer
Charles Brauer (* 3. Juli 1935 in Berlin; gebürtig Charles Knetschke) ist ein deutscher Theater- und Filmschauspieler, Hörbuchsprecher und ehemaliger Synchronsprecher, dessen Schauspielkarriere sich über 70 Jahre erstreckt. Eine seiner bekanntesten Rollen spielte er zwischen 1986 und 2001 als Hamburger Tatort-Kommissar Peter Brockmöller.
Karriere
Charles Brauer, der 1952 den Geburtsnamen seiner Mutter annahm, spielte mit 11 Jahren im Nachkriegsdrama Irgendwo in Berlin (1946) seine erste Filmrolle. Später nahm er Schauspielunterricht an der Max-Reinhardt-Schule für Schauspiel in Berlin. Prägend war ab 1954 seine Zeit am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg unter Gustaf Gründgens; er gehörte danach 20 Jahre zum Ensemble. Bereits als junger Mann von 25 Jahren schrieb er mit seiner Rolle des Heinz Schölermann, Sohn des Familienchefs Matthias Schölermann (Willy Krüger), Fernsehgeschichte in der ersten deutschen Familienfernsehserie Familie Schölermann. 1964 war Brauer neben Joseph Offenbach als Hadschi Halef Omar und dem ebenfalls jungen Uwe Friedrichsen als Der Schut Hauptsprecher als Kara Ben Nemsi in einer der ersten Hörspiel-Vertonungen des Karl-May-Romans Der Schut.
Von 1984 bis 1987 war der Schauspieler am Württembergischen Staatstheater Stuttgart als Bassa Selim in Mozarts Singspiel Die Entführung aus dem Serail zu sehen. Brauer hatte kleinere Rollen in zwei Schimanski-Tatort-Folgen: Grenzgänger (1981) und Zahn um Zahn (1987). In der 1985 ausgestrahlten Mini-Serie Jenseits der Morgenröte, die kurz nach dem Dreißigjährigen Krieg spielt, war er als Jesuitenpater Pereira zu sehen. Die Serie ist Teil der von der ARD veröffentlichten DVD-Reihe Große Geschichten. In der Fernsehserie Abenteuer Airport schlüpfte er 1990 in mehreren Folgen in die Haut des Zollinspektors Bronnen.
In der ZDF-Serie Unser Lehrer Doktor Specht verkörperte er von 1992 bis 1995 in 29 Folgen den Schuldirektor Julius Hartlaub. Besondere Bekanntheit erlangte Brauer an der Seite von Manfred Krug als singender („Swinging Cops“) Hamburger Tatort-Kommissar Peter Brockmöller in 38 von 1986 bis 2001 ausgestrahlten Folgen der Reihe. Zudem spielte er im Zeitraum 1997 bis 2000 die Rolle des Henry Higgins in dem Musical My Fair Lady am Theater & Philharmonie Essen und im Zeitraum 1998 bis 2004 die Titelrolle in dem Bühnenstück Der Fall Furtwängler.
In der Familienserie Samt und Seide agierte er von 2000 bis 2005 in 113 Folgen als Wilhelm Althofer, Direktor eines Augsburger Textilunternehmens. Ab 2005 war er in zahlreichen Rollen im Fernsehen zu sehen, so unter anderem in Filmen der Reihen Rosamunde Pilcher, Utta Danella und Katie Fforde, im Großstadtrevier sowie in den Krimiserien Morden im Norden, SOKO Köln, Stubbe – Von Fall zu Fall und Der Bulle und das Landei.
Im Oktober 2004 war Brauer in Hamburg und Berlin mit Lesungen aus den Romanen Und Piccadilly Circus liegt nicht in Kumla und Sein letzter Fall des schwedischen Autors Håkan Nesser unterwegs. An der Komödie Düsseldorf war er 2005 als Willie in dem Stück Sonny Boys besetzt. In den Jahren 2007/2008 spielte er im Schauspielhaus Bochum den Big Daddy in Tennessee Williams’ Theaterstück Die Katze auf dem heißen Blechdach und im Anschluss daran bis 2009 den Ezra in Eugene O’Neills Drama Trauer muss Elektra tragen. Im Ernst-Deutsch-Theater in Hamburg war er 2010 als Wladimir in Samuel Becketts Theaterstück Warten auf Godot zu sehen. In Molières Komödie Tartuffe verkörperte er 2012/2013 den Orgon, wiederum am Ernst-Deutsch-Theater. Bei den Salzburger Festspielen 2016 trat er in Shakespeares Theaterstück Der Sturm als Gonsalo auf, ein alter Rat, der ehrlich mit dem König umgeht. Im April/Mai 2018 schlüpfte Brauer am Ernst-Deutsch-Theater in die Rolle des Alex Priest in Simon Stephens’ Bühnenstück Heisenberg, das nur insoweit mit dem berühmten Physiker etwas zu tun hat, als auf Heisenbergs Unschärferelation angespielt wird, wonach der beobachtete Gegenstand sich durch nähere Betrachtung unweigerlich verändert, was auch auf Menschen zutrifft.
Auch als Synchronsprecher war Brauer tätig und lieh seine Stimme u. a. Adolphe Menjou in Marokko (1930), Basil Rathbone in Frankensteins Sohn (1939), Todd Karns in Ist das Leben nicht schön? (1946), David McCallum in Die Farm der Verfluchten (1957), Stephen Brooks in der Krimiserie FBI (1965–1974), Sal Mineo in Krakatoa – Das größte Abenteuer des letzten Jahrhunderts (1969), Donald Sutherland in Der große Eisenbahnraub (1979) sowie Roy Scheider in In der Stille der Nacht (1982). Charles Brauer ist zudem der Stammsprecher der deutschen Hörbücher des US-amerikanischen Schriftstellers John Grisham.
In den Jahren 1993 und 1994 moderierte Brauer das RTL-Vermisstenmagazin Spurlos, das in Hamburg aufgezeichnet wurde und mit über 5 Millionen Zuschauern sehr erfolgreich war.
Aus Anlass des 80. Geburtstages seines zwischenzeitlich verstorbenen Kollegen Manfred Krug im Februar 2017 erschien die CD Manfred Krug – Seine Lieder; darauf ist Charles Brauer im Duett mit Bill Ramsey mit dem Titel Das Lied mit einem Ton zu hören.
Privates
Brauer war von 1966 bis 1976 mit der Schauspielerin Witta Pohl verheiratet. Aus dieser Ehe gingen zwei Kinder hervor. Brauer war lange Jahre mit der Schauspielerin Lisi Mangold liiert. Heute lebt er mit seiner zweiten Frau, der Bühnenbildnerin Lilot Hegi, und dem gemeinsamen Sohn in der Schweiz in der Nähe von Basel.
Filmografie (Auswahl)
- 1946: Irgendwo in Berlin
- 1948: Und wieder 48
- 1953: Christina
- 1954–1960: Familie Schölermann (Fernsehserie, 110 Folgen)
- 1955: Reifende Jugend
- 1955: Alibi
- 1958: Ist Mama nicht fabelhaft?
- 1961: Am Abend ins Odeon (Fernsehserie, 2 Folgen)
- 1964: Das Gespenst von Canterville (Fernsehfilm)
- 1965: Der Raub der Sabinerinnen (Fernsehfilm)
- 1967: Egmont (Fernsehfilm)
- 1967, 1968: Polizeifunk ruft (Fernsehserie, Folgen Das Mädchen von der Autobahn und Der Spindmarder)
- 1968: Affäre Dreyfus (Fernseh-Mini-Serie)
- 1969: Die Räuber (Fernsehfilm)
- 1969: Nennen Sie mich Alex (Fernsehfilm)
- 1970: Claus Graf Stauffenberg (Fernsehfilm)
- 1970: Hamburg Transit (Fernsehserie, Folge Ticket nach Rio)
- 1970: Maximilian von Mexiko (Fernsehfilm)
- 1972: Der Stoff aus dem die Träume sind
- 1974: Die Verrohung des Franz Blum
- 1974: Die Jungfrau von Orleans (Fernsehfilm)
- 1977: Generale – Anatomie der Marneschlacht
- 1980: Sierra Madre (Fernsehfilm)
- 1981: Ein Zug nach Manhattan (Fernsehfilm)
- 1981: Tatort – Grenzgänger (Fernsehreihe)
- 1982: Derrick – Eine Rose im Müll
- 1982: Ein Fall für zwei – Kratzer im Lack
- 1982: Neonstadt
- 1983: Die Krimistunde (Fernsehserie, Folge 7, Episode: "Knopfdruck für einen Chinesen")
- 1983: Der Androjäger – Ganz einfach, wenn man’s kann
- 1984: Der Millionen-Coup (Fernseh-Mini-Serie)
- 1984: Weltuntergang
- 1985: Wodzeck
- 1985: Zahn um Zahn
- 1985: Jenseits der Morgenröte (Fernsehserie, 6 Folgen)
- 1986: Rosa Luxemburg
- 1986–2001: Tatort; einzelne Folgen siehe Stoever und Brockmöller
- 1987: Christian Rother – Bankier für Preussen (Fernsehserie, Folge Die Armut des Siegers)
- 1989: Affäre Nachtfrost (Fernsehfilm)
- 1989: Untergrund (Fernsehfilm)
- 1990: Derrick – Der Augenblick der Wahrheit
- 1990: Abenteuer Airport (Fernsehserie, 5 Folgen)
- 1991: Die Jüdin von Toledo (Fernsehfilm)
- 1992–1995: Unser Lehrer Doktor Specht (Fernsehserie)
- 1993: Wolffs Revier (Fernsehserie, eine Folge)
- 1994–1997: Frauenarzt Dr. Markus Merthin (Fernsehserie)
- 1994: Die Kommissarin (Fernsehserie, eine Folge)
- 1995: Für alle Fälle Stefanie (Fernsehserie, eine Folge)
- 1996: Willi und die Windzors (Fernsehfilm)
- 1997: Frauenarzt Dr. Markus Merthin (Fernsehserie, 17 Folgen)
- 2000: Als Großvater Rita Hayworth liebte
- 2000–2005: Samt und Seide (Fernsehserie, 113 Folgen)
- 2001: Als Großvater Rita Hayworth liebte
- 2002: Unser Papa, das Genie (Fernsehfilm)
- 2003: Lotti auf der Flucht (Fernsehfilm)
- 2004: Liebe ist die beste Medizin
- 2005: Rosamunde Pilcher – Über den Wolken
- 2006: Der See der Träume (Fernsehfilm)
- 2008: Utta Danella – Das Geheimnis unserer Liebe
- 2008: Hilfe, meine Schwester kommt! (Fernsehfilm)
- 2008: Echte Wiener – Die Sackbauer-Saga
- 2010: Wer zu lieben wagt (Fernsehfilm)
- 2010: Echte Wiener 2 – Die Deppat’n und die Gspritzt’n
- 2013: Großstadtrevier – Swingtime (Fernsehserie)
- 2013: Nur mit Euch! (Fernsehfilm)
- 2013: Morden im Norden – Auf Herz und Nieren
- 2013: SOKO Köln – Ein Fall für Camilla
- 2013: Stubbe – Von Fall zu Fall: Tödliche Bescherung
- 2015: Kreuzfahrt ins Glück (Fernsehserie, Folge Hochzeitsreise nach Montenegro)
- 2016: Der Bulle und das Landei – Goldrausch
- 2016: Zorn – Wie sie töten (Krimiserie)
- 2017: Das letzte Mahl
- 2018: Katie Fforde: Mama allein zu Haus
- 2019: Großstadtrevier – Duell auf der Rennbahn (Gastrolle)
Auszeichnungen (Auswahl)
- 2001: Goldene Kamera zusammen mit Manfred Krug für Tatort
- 2001: Goldene Schallplatte für die Songs des NDR–Tatort
- 2004: Hörbuchpreis „Der Osterwold“ des Hamburger Hörverlages
Tonträger
- 1964: Der Schut. Hörspiel nach Karl May, LP, Philips 840 490 QY (Stereofassung).
- 1998: John Grisham – Der Regenmacher (Hörbuch), ISBN 3-455-30113-4
- 1999: John Grisham – Der Partner (Hörbuch), ISBN 3-455-30131-2
- 2000: Nobiltà. von Donna Leon, Hörbuch, CD, ISBN 3-88698-760-4.
- 2000: Tatort – Die Songs.zusammen mit Manfred Krug (Audio-CD – 2000), Warner.
- 2000: John Grisham – Das Testament (Hörbuch), ISBN 3-453-17300-7
- 2001: John Grisham – Die Firma (Hörbuch), ISBN 3-453-19858-1
- 2001: John Grisham – Die Bruderschaft (Hörbuch), ISBN 3-453-18881-0
- 2002: John Grisham – Der Richter (Hörbuch), ISBN 3-453-21504-4
- 2003: John Grisham – Die Schuld (Hörbuch), ISBN 3-550-09070-6
- 2003: John Grisham – Das Urteil (Hörbuch), ISBN 3-550-09080-3
- 2003 Sándor Márai – Die Fremde (Hörbuch), gemeinsam mit Marlen Diekhoff und Katja Riemann, ISBN 3-89903-129-6
- 2004: John Grisham – Die Liste (Hörbuch), ISBN 3-550-09117-6
- 2004 John Griesemer – Rausch (Hörbuch), ISBN 978-3-86604-590-3
- 2004 Sándor Márai – Die Fremde (Hörbuch), ISBN 3-89903-223-3
- 2005: John Grisham – Die Begnadigung (Hörbuch), ISBN 3-89830-918-5
- 2005: Joseph Conrad – Herz der Finsternis (Hörbuch), ISBN 978-3-86604-589-7
- 2005 Joseph Conrad – Freya von den sieben Inseln (Hörbuch); ISBN 978-3-936384-59-8
- 2006: Der Schut. Wiederveröffentlichung der 1964er Fassung auf CD (Stereo), Karussell 06025 1702758.
- 2006: John Grisham – Der Gefangene (Hörbuch), ISBN 3-86604-296-5
- 2007: Joseph Conrad – Der Nigger von der Narzissus (Hörbuch); ISBN 978-3-86648-005-6
- 2008: John Grisham – Berufung (Hörbuch), ISBN 978-3-86604-885-0
- 2009: John Grisham – Der Anwalt (Hörbuch), ISBN 978-3-8371-0132-4
- 2010: John Grisham – Das Gesetz (Hörbuch), ISBN 978-3-8371-0457-8
- 2010: Theodor Fontane : Ein Sommer in London (Hörbuch), ISBN 978-3-89964-236-0
- 2011: John Grisham – Das Geständnis (Hörbuch), ISBN 978-3-8371-0903-0
- 2012: John Grisham – Verteidigung (Hörbuch), ISBN 978-3-8371-1542-0
- 2013: John Grisham – Das Komplott (Hörbuch), ISBN 978-3-8371-2138-4
- 2013: Robert Louis Stevenson: Die Schatzinsel (Hörbuch), Random House Audio, ISBN 978-3-8371-2066-0
- 2014: John Grisham – Die Jury (Hörbuch), ISBN 978-3-8371-2511-5
- 2014: John Grisham – Die Erbin (Hörbuch), ISBN 978-3-8371-2480-4
- 2015: John Grisham – Anklage (Hörbuch), ISBN 978-3-8371-2481-1
- 2016: John Grisham – Der Gerechte (Hörbuch), ISBN 978-3-8371-3193-2
- 2017: Manfred Krug – Seine Lieder. CD, Künstlerhafen GmbH, 0012-2KHA LC52209
- 2017: John Grisham – Bestechung (Hörbuch) ISBN 978-3-8371-3790-3
- 2018: John Grisham – Forderung (Hörbuch), ISBN 978-3-8371-3195-6
- 2019: John Grisham – Das Bekenntnis (Hörbuch), ISBN 978-3-8371-4538-0
- 2020: John Grisham – Die Wächter (Hörbuch), ISBN 978-3-8371-4611-0 (ungekürzt: Audible)
- 2020: John Grisham – Das Manuskript (Hörbuch), ISBN 978-3837152944 (ungekürzt: Audible)
- 2021: John Grisham – Der Polizist (Hörbuch), Random House Audio, ISBN 978-3-8371-5539-6 (ungekürzt: Audible)
- 2021: Charles Dickens: Eine Weihnachtsgeschichte (A Christmas Carol), Hörbuch, Random House Audio, ISBN 978-3-8371-5681-2
- 2021: John Grisham – Das Talent (Hörbuch), Random House Audio, ISBN 978-3-8371-5872-4
- 2021 selbiges als ungekürzter Hörbuch-Download, ISBN 978-3-8371-5874-8
Literatur
- Hermann J. Huber: Langen Müller’s Schauspielerlexikon der Gegenwart. Deutschland. Österreich. Schweiz. Albert Langen • Georg Müller Verlag GmbH, München • Wien 1986, ISBN 3-7844-2058-3, S. 108.
- C. Bernd Sucher (Hrsg.): Theaterlexikon. Autoren, Regisseure, Schauspieler, Dramaturgen, Bühnenbildner, Kritiker. Von Christine Dössel und Marietta Piekenbrock unter Mitwirkung von Jean-Claude Kuner und C. Bernd Sucher. 2. Auflage. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1999, ISBN 3-423-03322-3, S. 88.
Weblinks
- Literatur von und über Charles Brauer im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Charles Brauer in der Internet Movie Database (englisch)
- Charles Brauer bei filmportal.de
- Charles Brauer bei crew united
- Charles Brauer in der Deutschen Synchronkartei
- Charles Brauer bei der Agentur Dietrich
- Charles Brauer, Vita auf charlesbrauer.de, abgerufen am 11. Oktober 2021