Buddha
Buddha (Sanskrit, m., बुद्ध, buddha, wörtl.: „der Erwachte“, chinesisch 佛, Pinyin fó, japanisch 仏, ぶつ butsu, vietnamesisch 佛 phật oder 𠍤 bụt) bezeichnet im Buddhismus einen Menschen, der Bodhi (wörtl.: „Erwachen“) erfahren hat, und ist der Ehrenname des indischen Religionsstifters Siddhartha Gautama, dessen Lehre die Weltreligion des Buddhismus begründet.
Im Buddhismus versteht man unter einem Buddha ein Wesen, das aus eigener Kraft die Reinheit und Vollkommenheit seines Geistes erreicht und somit eine grenzenlose Entfaltung aller in ihm vorhandenen Potenziale erlangt hat: vollkommene Weisheit (Prajna) und unendliches, zugleich aber auch begierdeloses, Mitgefühl (Karuna) mit allem Lebendigen. Er hat bereits zu Lebzeiten Nirvana verwirklicht und ist damit nach buddhistischer Überzeugung nicht mehr an den Kreislauf der Reinkarnation (Samsara) gebunden. Das Erwachen ist von transzendenter Natur, mit dem Verstand nicht zu erfassen, ist „tief und unergründlich wie der Ozean“, weshalb sich diese Erfahrung einer Beschreibung mit sprachlichen Begriffen entzieht. Ihre Qualität ist für Menschen, die diese Erfahrung nicht selbst gemacht haben, nicht nachzuvollziehen.
Eine Buddha-Erfahrung tritt nach der buddhistischen Tradition sehr selten auf; daher ist ein Zeitalter, in dem ein Buddha erscheint, ein „glückliches Zeitalter“. Denn es gibt sehr viele „dunkle“ Zeitalter, in denen kein Buddha auftritt und deshalb auch keine Lehre der endgültigen Befreiung befolgt werden kann. Der Buddha des nächsten Zeitalters soll Maitreya sein, während Kashyapa, Kanakamuni und Dipamkara drei Buddhas der Vergangenheit waren. Insbesondere der tantrische Buddhismus (Vajrayana) kennt eine Fülle von Buddhas, die auch transzendente Buddhas, Adibuddhas (fünf Dhyani-Buddhas) oder Tathagatas genannt werden.
Etymologie
Das Wort „Buddha“ bedeutet „der Erwachte“ und ist im Sanskrit und in den von ihm abgeleiteten mittelindischen Sprachen die Stammform des Partizips der Vergangenheit der Verbalwurzel budh („erwachen“). Der Nominativ des Wortes „Buddha“ lautet im Sanskrit Buddhas, in der mittelindischen Pali-Sprache Buddho, und einige Forscher verwenden deshalb diese Formen. Da jedoch in der abendländischen Wissenschaft indische Wörter nach dem Vorbild der einheimischen Lexikographen und Grammatiker nicht in der Nominativ-, sondern in der Stammform gebraucht werden, hat sich allgemein die Form Buddha eingebürgert.[1]
Weil Sanskrit eine indogermanische Sprache ist, findet sich die Verbalwurzel budh bzw. indogermanisch *bheudh mit der Bedeutung „erwachen, beachten, aufmerksam machen“ in abgewandelter Form auch in vielen europäischen Sprachen wieder. So sind beispielsweise das deutsche Wort „Gebot“ und das Wort „Buddha“ linguistisch miteinander verwandt.
Buddha Shakyamuni
Von der Geburt bis zur Familiengründung
Siddhartha Gautama lebte um 500 v. Christus in Nordindien; als sein Geburtsort gilt Lumbini. Sein Vater Suddhodana war Oberhaupt einer der regierenden Familien in der kleinen Adelsrepublik der Shakya im Norden von Indien im heutigen indisch-nepalischen Grenzgebiet. Hinweise auf den Königsstand von Buddhas Vater sowie auf den Prunk und die Zeremonien an dessen Hof, denen man besonders in späteren Texten begegnet, sind höchstwahrscheinlich Übertreibungen; es ist jedoch wahrscheinlich, dass die Familie zumindest dem Adel angehörte. Seine Mutter hieß Maya und starb sieben Tage nach der Geburt des Kindes. Die Eltern nannten ihren Sohn Siddhattha (in Pali) bzw. Siddhartha (in Sanskrit), was „der sein Ziel erreicht hat“ bedeutet. Der Beiname Shakyamuni bezieht sich auf seine Herkunft und bedeutet „der Weise aus dem Geschlecht von Shakya“. Nach der Geburt Siddharthas wurde vorausgesagt, dass er entweder ein Weltenherrscher oder aber, wenn er das Leid der Welt erkennt, jemand werden würde, der Weisheit in die Welt bringt. Er lebte in einem Palast, wo ihm alles, was zum Wohlleben gehörte, zur Verfügung stand und wo er der Überlieferung nach von allem weltlichen Leid abgeschirmt wurde. Sein Vater sah in ihm den idealen Nachfolger und wollte verhindern, dass Siddhartha sich von seinem Reich abwendete. Daher wurde ihm nur selten gestattet, den königlichen Palast zu verlassen, und wenn, wurden die Straßen zuvor frei von Alten, Kranken und Sterbenden gemacht.
Von den Ausfahrten bis zum Erwachen
Siddhartha wurde von der indischen Gottheit Brahma darauf hingewiesen, dass er in seinem letzten Leben versprach, sein nächstes Leben zu nutzen, um die Menschheit vom Leid zu befreien.
Eines Tages sah er sich aber doch der Realität des Lebens und dem Leiden der Menschheit gegenübergestellt und erkannte die Sinnlosigkeit in seinem bisherigen Leben: Die Legende berichtet von Begegnungen mit einem Greis, einem Fieberkranken, einem verwesenden Leichnam und schließlich mit einem Mönch, woraufhin er beschloss, nach einem Weg aus dem allgemeinen Leid zu suchen. (Allerdings ist es bei der „Biographie“ des Buddha sehr schwierig, Legenden von Fakten zu trennen.) Mit 29 Jahren, bald nach der Geburt seines einzigen Sohnes Rahula („Fessel“), verließ er sein Kind, seine Frau Yasodhara und seine Heimat und wurde auf der Suche nach der Erlösung ein Asket. Sechs Jahre lang wanderte der Asket Gautama durch die Gangesebene, traf berühmte religiöse Lehrer, studierte und folgte ihren Systemen und Methoden und unterwarf sich selbst strengen asketischen Übungen. Da ihn all dies seinen Zielen nicht näher brachte, gab er die überlieferten Religionen und ihre Methoden auf, suchte seinen eigenen Weg und übte sich dabei vor allem in der Meditation. Er nannte dies den „Mittleren Weg“, weil er die Extreme anderer religiöser Lehren meidet.
Siddhartha Gautama „erreichte“ in seinem 35. Lebensjahr das vollkommene Erwachen (Bodhi). Dies geschah am Ufer des Neranjara-Flusses bei Bodhgaya (nahe Gaya im heutigen Bihar) unter einer Pappelfeige, die heute als Bodhi-Baum, „Baum der Weisheit“, verehrt wird. Ein Ableger eben jenes Feigenbaumes wurde der Legende nach in Sri Lanka eingepflanzt, während der indische Baum verdorrte. Von dort wurde später wiederum ein Ableger entnommen und an die ursprüngliche Stelle in Indien (nahe dem 1931 ausgegrabenen Tempelbezirk von Sarnath) gepflanzt.
Sein Leben als Lehrer
Nach dem Bodhi-Erlebnis hielt Gautama, der Buddha, im Wildpark bei Isipatana (dem heutigen Sarnath) nahe Benares vor einer Gruppe von fünf Asketen, seinen früheren Gefährten, seine erste Lehrrede. Diese fünf wurden damit die ersten Mönche der buddhistischen Mönchsgemeinschaft (Sangha). Von jenem Tage an lehrte und sprach er 45 Jahre lang vor Männern und Frauen aller Volksschichten, vor Königen und Bauern, Brahmanen und Ausgestoßenen, Geldverleihern und Bettlern, Heiligen und Räubern. Die bis heute in Indien bestehenden Unterscheidungen durch die Kastenordnung nahm er als Gegebenheit hin, betonte aber ihre Unwesentlichkeit für das Beschreiten des Wegs, den er lehrte.
Buddha soll mit 80 Jahren verstorben und ins Parinirvana eingegangen sein.
Die Nachwirkungen seines Lebens
Auf dem ersten buddhistischen Konzil („der Fünfhundert“), das sich unmittelbar nach dem Verlöschen des Erleuchteten in einer Höhle bei Rajagriha (Rājagṛha, Pali: Rājagaha) zusammenfand, soll Ānanda, der für sein hervorragendes Gedächtnis bekannt war, die Lehrreden wiedergegeben haben. Mahakashyapa trug das Abidharma vor und Upali die Mönchsregeln.
Die Überlieferung berichtet, auf diesem Konzil sei ein Kanon der Lehre (Dharma) und einer der Ordensdisziplin (Vinayapitaka) zusammengestellt worden. Ein Text, der darüber berichten soll, Kāśyapasaṃgīti-sūtra ist im chinesischen Kanon erhalten (Taishō Nr. 2027).
Aus religionsphänomenologischer Sicht verkörpert Gautama als religiöse Autorität den Typus des „Stifters“, des „Mystikers“ und den des „Lehrers“.[2] Der amerikanische Universalhistoriker Jerry H. Bentley wies wie bereits viele andere Wissenschaftler vor ihm auf eklatante Parallelen im Leben Jesu und Buddhas hin.[3]
Drei Arten von Buddhas
Es werden drei Arten von Buddhas unterschieden:
Samyaksambuddha
Der „Vollkommene Vollständig-Erwachte“ (pali: sammásambuddha) bezeichnet einen Menschen, der die zur Befreiung und Vollendung führende Lehre, nachdem sie der Welt verloren gegangen ist, aus sich selbst heraus wiederentdeckt, selbst verwirklicht und der Welt lehrt und auf Grund seiner umfangreichen Fähigkeiten und Verdienste zahlreiche Menschen zur Befreiung führen kann.
„Da erkennt ein Mensch in den zuvor ungehörten Dingen selber die Wahrheit und erlangt darin die Allerkenntnis und in den Kräften die Meisterschaft. Diesen Menschen bezeichnet man als ‚Vollkommen-Erleuchteten‘.“
Die allen Buddhas eigentümliche, jedes Mal wieder von ihnen aufs Neue entdeckte und der Welt enthüllte Lehre bilden die Vier Edlen Wahrheiten (sacca) vom Leiden, seinem Entstehen, seinem Erlöschen und des zur Befreiung vom Leiden führenden achtfachen Pfades.
Der zur Verwirklichung des Samyaksambuddha führende Weg ist (nach ursprünglicher Lehre) der Weg des Bodhisattva.
Pratyekabuddha
Der „Einzel-Erwachte“, (pali: paccekabuddha) bezeichnet einen Menschen, der zwar auch die zur Erlösung führende Lehre von sich heraus wiederentdeckt und eigenständig verwirklicht, sie jedoch nicht verkündet, andere Menschen nicht belehrt, sie nicht zur Befreiung führt.
„Da erkennt ein Mensch in den zuvor ungehörten Dingen selber die Wahrheit, aber er erlangt nicht darin die Allerkenntnis und in den Kräften nicht die Meisterschaft. Diesen Menschen bezeichnet man als ‚Einzel-Erleuchteten‘.“
Sravakabuddha
Der „als Hörer-Erwachte“ (pali: savakabuddha) oder Arhat, bezeichnet einen Menschen, der die zur Befreiung führende Lehre und Praxis als Schüler eines Sammasambuddha oder ebenfalls Sravakabuddha erfährt und voll verwirklicht. Er ist wiederum in der Lage, den Dhamma/Dharma anderen Menschen zu lehren und sie zur Befreiung zu führen.
„Wer gerade auf dem Wege ist, Begehren nach formhaftem Dasein, Begehren nach formlosem Dasein, Eigendünkel, Zerstreutheit und Verblendung restlos zu verlieren, das Ziel der vollkommenen Heiligkeit zu verwirklichen, oder wer Begehren nach formhaftem Dasein, Begehren nach formlosem Dasein, Eigendünkel, Zerstreutheit und Verblendung restlos überkommen hat: diesen Menschen bezeichnet man als ‚Vollkommen Heiligen (arahāt)‘“
Siehe auch
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Literatur
- Andreas Gruschke: Das Leben Buddhas. Herder, Freiburg im Breisgau 2002, ISBN 3-451-26934-1.
- Hans Wolfgang Schumann: Der historische Buddha. Leben und Lehre des Gotama. Hugendubel, Kreuzlingen 2004, ISBN 3-89631-439-4.
- Volker Zotz: Buddha. 6. Auflage. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2001, ISBN 3-499-50477-4.
- Hellmuth Hecker: Das Leben des Buddha. 2. Auflage. 2004. Nicht im Buchhandel erhältlich, sondern bei: Buddhistisches Seminar, Katzeneichen 6, 95463 Bindlach, Deutschland beziehbar.
- Salomon Lefmann (Übers.): Lalitavistara: Erzählung von dem Leben und der Lehre des ÇÂKYA Simha. Dümmlers Verlagsbuchhandlung, Berlin 1874 Bd. 1, Digitalisat
- E. B. Cowell (transl.): The Buddha-Karita of Ashvaghosa. In Max Müller (Hrsg.): Sacred Books of the East. Vol. XLIX.' Clarendon, Oxford 1894 Digitalisat (PDF 14,8 MB)
- William Woodville Rockhill: The life of the Buddha and the early history of his order, derived from Tibetan works in the Bkah-Hgyur and Bstan-Hgyur, followed by notices on the early history of Tibet and Khoten. Trübner, London 1884 Digitalisat (PDF 13,8 MB)
- Samuel Beal Asvaghosa (transl.): The Fo-sho-hing-tsan-king, a life of Buddha. Clarendon, Oxford 1883. Digitalisat
- Charles Willemen (transl.), Buddhacarita: In Praise of Buddha's Acts. Numata Center for Buddhist Translation and Research, Berkeley 2009. ISBN 978-1-886439-42-9 Digitalisat (Memento vom 27. August 2014 im Internet Archive) (PDF; 1,5 MB)
- Hajime Nakamura: Indian Buddhism: a survey with bibliographical notes. Motilal Banarsidass, 1980, ISBN 978-81-208-0272-8.
- Ernst Waldschmidt: Die Legende vom Leben des Buddha: in Auszügen aus den heiligen Texten. Aus dem Sanskrit, Pali und Chinesischen übersetzt. Wegweiser-Verlag, Berlin 1929. Nachdruck: Dharma-Ed., Hamburg 1991.
- Guang Xing: The concept of the Buddha: its evolution from early Buddhism to the trikāya theory. RoutledgeCurzon, London / New York 2005
Weblinks
Anmerkungen
- Helmuth von Glasenapp: Die fünf Weltreligionen: Brahmanismus, Buddhismus, Chinesischer Universismus, Christentum, Islam.
- Günter Lanczkowski: Einführung in die Religionsphänomenologie. Darmstadt 1978.
- J. H. Bentley: Old World Encounters: Cross-cultural contacts and exchanges in pre-modern times. Oxford University Press, 1993 ISBN 0-19-507639-7