Brustkorb
Der Brustkorb oder Thorax (altgriechisch θώραξ ‚Brustpanzer‘, Plural Thoraces) der Wirbeltiere ist in der Anatomie ein Abschnitt des Rumpfes. Die Wand des Brustkorbs wird von Brustwirbelsäule, Brustbein und Rippen (knöcherner Thorax) sowie von Muskulatur gebildet. Er umschließt die Brusthöhle (Cavum thoracis) und, aufgrund der Kuppelform des Zwerchfells, auch den oberen (bei Tieren vorderen) Teil der Bauchhöhle. Die am Thorax außen und innen ansetzende Atemmuskulatur ermöglicht die Atmung bei landlebenden Wirbeltieren.
Anatomie
Der Brustbeinwinkel (Angulus sterni) liegt beim Menschen in Höhe der 2. Rippe. Die knorpelige Spitze der 11. Rippe kann seitlich, die der 12. Rippe hinten getastet werden. Der untere Winkel (Angulus inferior) des Schulterblatts (Scapula) liegt in Höhe der 7. Rippe und des 7. Zwischenrippenraumes (Interkostalraum).
Im Inneren des Brustkorbs (intrathorakal) liegt die Brusthöhle. Sie ist durch eine Scheidewand (Mediastinum) in zwei Pleurahöhlen geteilt. Im Mediastinum liegen das Herz, der Thymus, große Blutgefäße (Brustteil der Aorta, Hohlvenen, Lungengefäße), Luft- und Speiseröhre, verschiedene Nerven (Nervus phrenicus, Nervus vagus, Grenzstrang), Lymphknoten, Ductus lymphaticus dexter und Ductus thoracicus. Seitlich des Mediastinum liegen die Lungen. Aufgrund der Wölbung der Zwerchfellkuppel liegen auch einige Organe des Oberbauchs noch innerhalb des Thorax („intrathorakal“).
Klinische Aspekte
Die Untersuchung des Brustkorbinneren erfolgt durch Perkussion, Röntgen-Thorax und andere bildgebende Verfahren oder Thorakoskopie.
Verletzungen des Brustkorbs führen zu Hämatothorax (Blutansammlung), Pneumothorax (Luftansammlung), Spannungspneumothorax oder Chylothorax (Lymphansammlung). Bei einer starken Kompression des Brustkorbs kann es zu einer traumatischen Asphyxie kommen. Schwierig ist die Unterscheidung eines nicht durch eine Herzerkrankung bedingten Thoraxschmerzes von einer echten Angina Pectoris. Das Absaugen von Flüssigkeiten aus dem Thorax wird Thorakozentese genannt.
Zu Fehlbildungen des Brustkorbs gehören vertikal verlaufende Ein- oder Ausstülpungen (Kielbrust, Trichterbrust), quer verlaufende Einschnürungen (Glockenthorax, Harrison-Furche)[1] sowie Brustkorbasymmetrien, etwa ein Rippenbuckel bei Skoliose oder Verdrehungen des Brustbeins (Harrenstein-Deformität). Einen unvollständigen Schluss des Thorax beim Embryo nennt man Thorakoschisis.
Die Bezeichnung Brustfieber, die man in älteren Dokumenten als Todesursache finden kann, bezeichnet verschiedene fieberhafte Erkrankungen der Thoraxorgane, wie etwa Lungenentzündung und Pleuritis.[2]
Thoraxchirurgie
Die Thoraxchirurgie (Brustkorb-Chirurgie) umfasst die Prävention und Diagnostik einschließlich der instrumentellen Untersuchungsverfahren sowie postoperative Behandlung chirurgischer Erkrankungen und Fehlbildungen der Lunge, der Pleura, des Bronchialsystems, des Mediastinums und der Thoraxwand, insbesondere im Rahmen der Tumorbehandlung. Früher befasste sie sich auch mit dem inzwischen eigenständigen Gebiet der Herzchirurgie. Sie erfolgt zumeist als Thorakotomie, also mit Eröffnung des Thorax, welche mit der Erfindung Sauerbruchs[3] von 1904 (eine Unterdruckkammer, in der sich Patient und Chirurg befanden, während der Kopf des Patienten außerhalb der Kammer beatmet wurde)[4] häufiger angewendet werden konnte. Immer mehr an Bedeutung gewinnen videoassistierte minimalinvasive Operationstechniken wie die Thorakoskopie: Sie ermöglichen minimale Hautschnitte, die ein deutlich reduziertes operatives Trauma im Vergleich zu offenen Operationen hervorrufen.
Thoraxdrainagen
Als Thoraxdrainage wird ein Schlauch oder eine Kanüle bezeichnet, die eine Verbindung vom Inneren des Brustkorbs mit dem Äußeren des Körpers herstellt. Bereits seit dem Altertum ist die Drainage von Pleuraempyemen bekannt.[5] Im Jahr 1856 führte der Hamburger Kinderarzt Gotthard Bülau eine Unterdruckdrainage für die Behandlung tuberkulöser Empyeme ein. Diese Bülau-Drainage trug später bei allen brustkorberöffnenden Operationen entscheidend zur Vermeidung postoperativer Komplikationen bei.[6] Unter dem Begriff Thoraxdrainage sind Mediastinaldrainagen, Pleuradrainagen und Herzbeuteldrainagen zusammengefasst. In der Regel münden diese Drainagen in Auffanggefäßen, die an einer Absaugvorrichtung, einem Wasserschloss oder einem Heimlichventil angeschlossen sind. Die Größe variiert nach Typ und Funktion bis zu 36 Charrière.
Literatur
- Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.): Chirurgie historisch gesehen. Anfang – Entwicklung – Differenzierung. Mit einem Geleitwort von Rudolf Nissen. Dustri-Verlag Dr. Karl Feistle, Deisenhofen bei München 1973, ISBN 3-87185-021-7, S. XII f. und 153–203 (Chirurgie der Brust- und Halsorgane), hier: S. 153–191.
- Heinz Pichlmaier, Friedrich Wilhelm Schildberg: Thoraxchirurgie – Die Eingriffe an der Brust und in der Brusthöhle. Springer, Berlin / Heidelberg 2005.
- Claus Engelmann: Der lange Weg zur Thoraxchirurgie. Lengerich 2008.
- Rosa Böttger, Sönke von Weihe, Margret Liehn, Masaki Nakashima: Thoraxchirurgie. In: Margret Liehn, Brigitte Lengersdorf, Lutz Steinmüller, Rüdiger Döhler: OP-Handbuch. Grundlagen, Instrumentarium, OP-Ablauf. 6., aktualisierte und erweiterte Auflage. Springer, Berlin / Heidelberg / New York 2016, ISBN 978-3-662-49280-2, S. 329–348.
Bedeutende Thoraxchirurgen
Weblinks
Einzelnachweise
- Marcus Schiltenwolf, Dierk F. Hollo: Begutachtung der Haltungs- und Bewegungsorgane. Begründet von Gerhard Rompe und Arnold Erlenkämper. Thieme, 2013, ISBN 978-3-13-167446-3, S. 433.
- Brustfieber. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Band 3, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig/Wien 1885–1892, S. 531.
- R. Zenker: Sauerbruch und die Entwicklung der Thoraxchirurgie. In: Münchner medizinische Wochenschrift. Band 117, 1975, S. 1815–1818.
- Ernst Kern: Sehen – Denken – Handeln eines Chirurgen im 20. Jahrhundert. ecomed, Landsberg am Lech 2000, ISBN 3-609-20149-5, S. 164.
- Christoph Weißer: Thoraxchirurgie. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1397.
- Ernst Kern: Sehen – Denken – Handeln eines Chirurgen im 20. Jahrhundert. ecomed, Landsberg am Lech 2000, ISBN 3-609-20149-5, S. 165.