Bonner Bürgerverein
Der Bonner Bürgerverein war ein 1862 gegründeter Geselligkeitsverein in Bonn, der 124 Jahre bestand und sich 1986 aufgelöst hat. Das Vereinshaus befand sich von 1909/10 bis 1969 an der Poppelsdorfer Allee/ Ecke Kronprinzenstraße (heute: Prinz-Albert-Straße) hatte. Es war von 1949 bis 1965 Spielstätte des Bonner Stadttheaters.
Vorgeschichte
Nach 1848 gärte es auch im aufgeklärten Bonner Bildungsbürgertum. Insbesondere in der Lese, dem intellektuellen Zentrum am Rheinufer, diskutierten die Studenten über die religionskritischen Werke ihrer ehemaligen Bonner Kommilitonen Karl Marx, Friedrich Nietzsche und Heinrich Heine, deren Schriften allesamt auf dem Index der katholischen Kirche standen. Sie wurden so kontrovers diskutiert, dass eine nicht geringe Anzahl streng katholischer Lese-Mitglieder (zusammen mit den Klerikern und den Professoren der Religionswissenschaften an der Universität) sich der konfessionellen Auseinandersetzungen überdrüssig zurückzogen, unter Protest ihren Austritt erklärten und sich Bestrebungen anschlossen, einen weniger politisch-kritischen Verein zu gründen.
1862 resultierten diese Bestrebungen in der Gründung des Bonner Bürgervereins, einer Gesellschaft zur gemeinnützigen Belehrung, geselligen Unterhaltung und kulturellen Fortbildung, durch eine Anzahl christlicher Bürger, Handwerksmeister, gewerblicher Mittelständler, Manufaktur-Eigner, Geistlicher, Theologiestudenten und Religionslehrer.
Bonner Bürgervereinshaus
1907 fand ein Architektenwettbewerb für den Neubau eines Gesellschaftshauses des Bonner Bürgervereins statt. Aus ihm ging das Kölner Architekturbüro Schreiterer & Below mit dem 1. Preis siegreich hervor. Zu den weiteren Preisträgern gehörte der Kölner Architekt Heinrich Mattar. Ausgeführt wurde jedoch der Entwurf des Regierungsbaumeisters Karl Thoma (1857–1923), der einen pompösen Gebäudekomplex vorsah. Er entstand am Beginn der Poppelsdorfer Allee / Ecke Kronprinzenstraße (die heutige Prinz-Albert-Straße) in unmittelbarer Nähe zur Unterführung der Eisenbahngleise. Heute steht auf diesem Grundstück das Hotel Bristol. Das Gebäude wurde 1909/10 fertiggestellt.[1] Das neue Gesellschaftshaus war ein viergeschossiger Monumentalbau[2] mit einer zwischen Historismus, Jugendstil und Neoklassizismus unentschlossenen Fassade, überdimensionierten Fensterbändern in den Obergeschossen (durch die dahinterliegenden Säle) und einem voluminösen Mansarddach.
Das Gebäude beherbergte im Erdgeschoss Restaurationsräume mit Gartencafé (einer Terrasse zur Poppelsdorfer Allee) und im rückwärtigen Teil drei Kegelbahnen. An der Kronprinzenstraße befand sich eine große Treppe mit dem Portal zum Großen Festsaal; dem späteren Nachkriegs-Theatersaal. In den Obergeschossen waren Clubräume, Gesellschafts- und Konferenzräume sowie Leseräume mit Bibliothek. Das Kellergeschoss bestand aus gemauerten Tonnengewölben mit sich kreuzenden Durchdringungen und beinhaltete eine kühle Lagerstätte für Bierfässer sowie Gerüchten zufolge 100.000 Weinflaschen.
Das Bonner Bürgervereinshaus überstand die Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg relativ unversehrt und eröffnete nach einigen Umbauten 1949 als Theatersaal der städtischen Bühnen, die vorher von 1945 bis 1949 in der Aula des unzerstörten städtischen Clara-Schumann-Gymnasiums gespielt hatten.[3] Am 1. September 1949 fand die erste konstituierende Sitzung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Großen Saal des Bonner Bürgervereins statt.[4] 1965 war der Neubau des Bonner Stadttheaters am Rheinufer bezugsfertig, sodass das Bürgervereinshaus fortan überwiegend leerstand.
Aufgrund der gesellschaftlich-kulturellen Entwicklung verlor der Freizeitverein an Attraktivität. Einzig das Restaurant überlebte. In den jetzt mehr und mehr freiwerdenden Gewölbekellern wurden die Jazz-Keller „Rainbow-Dance-Club“ und „The Swinging-Pool“ eingerichtet. Die Bonner „Beat-Szene“[5] übernahm 1963 letztlich die Kellergewölbe und schuf in diesen den „Bus Stop“. Dieser Name rührt daher, dass der Clubeingang direkt vor der Bus-/Straßenbahnhaltestelle Kronprinzenstraße war und der Eingangsbereich mit alten Bussitzen möbliert war.[6] Später wurde der Name als eine Referenz auf einen Top-Hit der Beatgruppe The Hollies verstanden. Besonders mit dem „1600 Club“ (eine Anspielung auf die Sittenpolizei und den Jugendschutz) wurde der Keller zu einem der bedeutendsten Treffpunkte der über 16-jährigen Jugendlichen aus dem Bonner Raum. Hier konnten sich die Teenies austoben und bis zur Sperrstunde abtanzen, um in heißen Sommernächten anschließend eine kühle Dusche im Kaiserbrunnen (gegenüber der Kaiserhalle) zu nehmen. Später wurde auch die ehemalige Nachtbar Tabu für Beat-Konzerte genutzt. Die letzte große Musikveranstaltung im Großen Saal der Bonner Bürgervereins war das Gastspiel der international bekannten britischen Beatband The Kinks.
Das Vereinshaus wurde am 22. März 1969 gesprengt und abgerissen.[7] Bis 1972 wurde an dieser Stelle nach einem Entwurf des Bonner Architekten Ernst van Dorp das Hotel Bristol erbaut. Der Verein löste sich 1986 auf.[1]
Einzelnachweise
- Gerhard Kirchlinne: Die Bonner Südstadt: Eines der prächtigsten Gründerzeitviertel Deutschlands. Bonn 2015, ISBN 978-3-00-050248-4, S. 125.
- http://www.europese-bibliotheek.nl/Books/Bonn_am_Rhein_in_alten_Ansichten_Band1/101-120560/4
- Das Viertel zwischen Poppelsdorfer Allee, Bonner Talweg und Königstraße (mit der städtischen Galerie Zur Kerze) war bis Mitte der 1960er Jahre ein kulturelles Zentrum.
- Archivlink (Memento des Originals vom 18. Mai 2014 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Archivlink (Memento des Originals vom 29. November 2014 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
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- Ein Aufschrei und fünf Zentner Dynamit, General-Anzeiger, 21. Oktober 2014.