Biały Słoń
Biały Słoń (deutsch „Weißer Elefant“; ukrainisch Білий Слон/Bilyj Slon, russisch Белый слон/Bely slon) ist die Bezeichnung eines polnischen astronomischen und meteorologischen Observatoriums, das sich auf dem Gipfel des Pop Iwan in 2028 m Höhe[1] im Tschornohora-Gebiet der Karpaten bei dem Dorf Dsembronja befindet. Dieses Gebiet gehörte zwischen den Weltkriegen zur Zweiten Polnischen Republik und gehört heute zur Ukraine. Biały Słoń, das im Sommer 1938 fertiggestellt wurde, war das höchstgelegene Gebäude in Polen, das dauerhaft belegt war. Das im Stil des Konstruktivismus errichtete Gebäude hatte 43 Zimmer sowie einen Konferenzraum. Der Turm trug eine Kupferkuppel mit 10 Metern Durchmesser.[2][3]
Errichtung
Die Empfehlung zum Bau des Biały Słoń geht auf eine Gruppe einflussreicher Warschauer Astronomen zurück, die General Leon Berbecki, Direktor der „Luftgestützten Kampfgas-Verteidigungs Liga“ für die Unterstützung des Projekts gewinnen wollten. Ebenfalls unterstützt wurde das Projekt durch General Tadeusz Kasprzycki, Minister für Militärangelegenheiten.[4]
Der Bau begann im Sommer 1936. Die Mauern wurden aus Sandstein errichtet, der in der Umgebung verfügbar war. Da es keine Straßen zum Transport gab, wurden alle Materialien durch lokale Arbeiter mithilfe von Pferden herantransportiert, unterstützt vom 49. Huzulen-Schützen-Regiment. Die Kosten des Baus beliefen sich auf eine Million Złoty.[4]
Die Architektur orientierte sich an der Burg Przemyśl, der Grundriss war L-förmig, ergänzt mit einem Turm. Biały Słoń hatte fünf Stockwerke, auf die sich 43 Räume verteilten. Die oberen Stockwerke standen Astronomen und Meteorologen zur Verfügung, die meisten waren am Staatlichen Meteorologischen Institut bzw. dem Astronomischen Observatorium der Universität Warschau angestellt; zu den Wissenschaftlern gehörten auch Włodzimierz Zonn, Jan Gadomski und Eugeniusz Rybka. Die unteren Stockwerke dienten als Unterkünfte des Karpaten-Regiments des Grenzschutzkorps der polnischen Armee. Insgesamt waren jedoch nicht mehr als zwanzig Personen dort wohnhaft.[2]
Juli 1938 bis September 1939
Die Eröffnung fand am 29. Juli 1938 statt.[5] Der offizielle Name bedeutete Observatorium des Staatlichen Meteorologischen Instituts, jedoch bürgerte sich bald der Name Biały Słoń aufgrund der weißen Wände ein. Das Observatorium war mit einem speziell gefertigten Astrografen mit 62 cm Durchmesser und einem Spiegelteleskop der englischen Firma Grubb Parsons ausgestattet. Es verfügte über eine eigene Energieversorgung durch zwei Dieselgeneratoren und eine Zentralheizung; das Öl hierfür wurde in Fässern von Boryslaw herangebracht. Dem Militär standen zwei spezielle Radiotelephone zur Verfügung.
Das Observatorium befand sich in einer entlegenen, einsamen Gegend. Das nächste Geschäft und eine Poststelle waren in Żabie, 20 km entfernt, ein Arzt 50 km und die nächste Bahnstation in Kołomyja waren 120 km entfernt. Eines der Hauptprobleme war die Versorgung mit Wasser, welches aus dem 6 km entfernten Fluss geholt wurde.[4]
1939 und danach
Am 18. September 1939, nach der sowjetischen Besetzung Ostpolens, verließ das Personal das Observatorium und die wichtigsten Instrumente wurden mit nach Ungarn genommen.[5]
Am Monatsende übernahm die Rote Armee das Gebäude und nutzte es als meteorologische Station. Im Sommer 1941 wurde es von der Wehrmacht in Besitz genommen und den ungarischen Truppen überlassen, die es bis 1944 als Unterkunft nutzen. Nach 1945 verfiel das verlassene Gebäude, wenngleich es während des Krieges nicht beschädigt wurde.
Mitte der 1990er Jahre wurde ein Wiederaufbau durch Wissenschaftler der Nationalen Polytechnischen Universität Lwiw und der Technischen Universität Warschau vorgeschlagen; im Oktober 1996 fanden Konferenzen hierzu in Lwiw und Jaremtsche statt, jedoch bislang ohne Ergebnis.[5]
Referenzen
- Institut für Naturwissenschaften, Geographie und Naturgeschichte – Die höchsten Gipfel der ukrainischen Karpaten und deren geomorphologischen Regionen, doroga.ua, abgerufen am 11. Januar 2015
- Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 12. Dezember 2009 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Pip Iwan auf doroga.ua, abgerufen am 11. Januar 2015
- http://www.atomnet.pl/~geodeta/1997/24text.htm (Memento vom 15. März 2010 im Internet Archive)