Baltic Pipe
Die Baltic Pipe (deutsch etwa Ostsee-Rohr, Baltische Röhre) ist eine geplante Erdgasleitung von Dänemark durch die Ostsee nach Polen. Damit soll norwegisches Erdgas transportiert werden. Bei Bedarf kann Erdgas auch von Polen in Richtung Dänemark gepumpt werden. Das Baltic Pipe Project ist eins von acht Gas-Pipeline-Teilprojekten im Rahmen des Baltic Energy Market Interconnection Plan (BEMIP), der im November 2008 Europäischen Kommission angenommen wurde.
Ziele
Volkswirtschaftlich geht es um die Vernetzung der Energieversorgungssysteme der Europäischen Union. Damit soll die Energieversorgung in deren Regionen stabilisiert werden, indem z. B. saisonale, geographische und klimatische Schwankungen ausgeglichen werden können. Der Transport des Erdgases kann in beide Richtungen erfolgen.
Geopolitisch geht es um die Erschließung von in der EU vorhandenen eigenen Energiequellen für die Mitgliedsstaaten. Diese sollen damit weniger abhängig von Erdgas- und Erdölimporten aus Nicht-EU-Ländern, so z. B. aus Russland und deren Transit durch Belarus und die Ukraine gemacht werden. Die Gasimporte aus Russland machen in Polen 2017 circa 68 Prozent der Gasgesamtimporte aus.[1] Im Jahr 2022 läuft der Vertrag zwischen Polen und dem russischen Gaslieferanten Gazprom aus. Bis dahin soll Baltic Pipe in Betrieb genommen werden.[2] Dem Projekt wird von Polen soviel Bedeutung beigemessen, dass man in Kauf nimmt, dass das Erdgas aus den norwegischen Schelfgebieten teurer ist als sibirisches Gas.[3]
Partner, Finanzierung
Partner sind der dänische Gas- und Stromübertragungsnetzbetreiber Energinet.dk, die Polnische Erdölbergbau und Gas-Aktiengesellschaft PGNiG und der polnische Gasnetzbetreiber Gaz-System SA.
Die Gesamtkosten von geschätzt zwei Milliarden Euro werden sich Dänemark und Polen teilen. In Dänemark rechnet man damit, dass sich die dänischen Investitionen allein durch die Durchleitungsgebühren, die Polen zu tragen hat, nach 15 Jahren amortisiert haben werden.[3]
Das Projekt wird von der Fazilität "Connecting Europe Facility" der Europäischen Union kofinanziert. Mit der Subventionsentscheidung 2017 werden Maßnahmen zur Vorbereitung einschließlich Genehmigungen bis zu maximal 33,1 Millionen Euro unterstützt. Mit der Subventionsentscheidung 2018 werden Maßnahmen zur Stärkung der Landesgastransportsysteme in Polen und Dänemark für den Bedarf des Baltic-Pipe-Projekts bis zu maximal 18,3 Millionen Euro unterstützt.[4]
Verlauf
Die Baltic Pipe ist ein Abzweig von der bereits bestehenden Trasse Europipe II, die von Norwegen durch die Nordsee nach Niedersachsen in Deutschland führt. Westlich von Dänemark schließt sie in der Nordsee an der bestehenden Leitung an und wird zum dänischen Festland und darüber geführt, bis sie von Dänemark durch die Ostsee nach Polen führt.
Die Baltic-Pipe-Projekt wird eine Länge von etwa 900 Kilometern[2] haben. Es besteht aus fünf Komponenten:
- Nordsee-Offshore-Pipeline, die das norwegische Gasnetz in der Nordsee mit dem dänischen Gasübertragungsnetz verbindet
- Onshore Dänemark: Ausbau des bestehenden dänischen Übertragungsnetzes von West nach Ost
- Kompressorstation in Dänemark im östlichen Teil von Seeland
- Ostsee-Offshore-Pipeline zwischen Dänemark und Polen durch die Ostsee
- Onshore Polen: Ausbau des polnischen Gasübertragungsnetzes
Die direkte Untersee-Pipeline (oben Nummer 4) zwischen dem dänischen Ort Faxe auf der dänischen Insel Seeland und dem polnischen Niechorze-Pogorzelica in der Woiwodschaft Westpommern wird 275 Kilometer lang. Die Baukosten sollen sich auf 335 bis 350 Millionen Euro belaufen und sind u. a. neben anderen Unwägbarkeiten auch vom endgültigen Durchmesser der Rohre abhängig.
Die Baltic Pipe und die von Deutschland und Russland gebaute Nord-Stream-Pipelines werden sich nordöstlich von Rügen bzw. südwestlich der Insel Bornholm kreuzen. Der genaue Verlauf der Rohre an dieser Stelle wird noch geklärt.[3]
Realisierung
Im November 2007 wurde der Kooperationsvertrag zwischen der Energinet.dk, Gaz-System und der PGNiG unterzeichnet. 2017 und 2018 gab es Subventionszusagen der EU. Am 9. Juli 2017 unterzeichneten die Premierminister Beata Szydło und Lars Løkke Rasmussen ein Memorandum über den Bau der Pipeline. Am 30. November 2018 gab die polnische Regierung bekannt, dass sich Polen und Dänemark auf staatlicher Ebene vertraglich auf den Bau der Erdgasleitung geeinigt haben[2] und damit die Investitionsentscheidung gefallen sei. Die Fertigstellung soll im ersten Halbjahr 2022 erfolgen, die ersten Gaslieferungen im Oktober 2022.[5]
Einzelnachweise
- Baltic Pipe Polish diversification project. Präsentation des polnischen Wirtschaftsministeriums, abgerufen am 3. Dezember 2018 (PDF-Datei, englisch).
- Polen und Dänemark bauen Erdgaspipeline. Märkische Oderzeitung vom 3. Dezember 2018, S. 5.
- Dietrich Schröder: Konkurrenz zu Nord Stream. Märkische Oderzeitung vom 12. Dezember 2018, S. 6.
- Finanzielle Unterstützung durch die EU. Baltic Pipe Project, abgerufen am 3. Dezember 2018.
- Zeitleiste des Projekts. Baltic Pipe Project, abgerufen am 6. Januar 2022.