Bahnstrecke Weißig–Böhla
Die Bahnstrecke Weißig–Böhla ist eine zweigleisige, elektrifizierte Hauptbahn in Sachsen. Sie verläuft durch die Großenhainer Pflege und verbindet die Bahnstrecken Leipzig–Dresden und Berlin–Dresden zwischen den Abzweigstellen Leckwitz bei Weißig und Kottewitz bei Böhla miteinander. Die offizielle Eröffnung nach zweijähriger Bauzeit erfolgte am 3. Dezember 2010, die Betriebsaufnahme für Regelzüge zum Fahrplanwechsel am 12. Dezember 2010.
Abzw Leckwitz–Abzw Kottewitz | |||||||||||||||||||||||||||||||||
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Streckennummer: | 6274 (sä. WB) | ||||||||||||||||||||||||||||||||
Kursbuchstrecke (DB): | 500 | ||||||||||||||||||||||||||||||||
Streckenlänge: | 7,425 km | ||||||||||||||||||||||||||||||||
Spurweite: | 1435 mm (Normalspur) | ||||||||||||||||||||||||||||||||
Streckenklasse: | D4 | ||||||||||||||||||||||||||||||||
Stromsystem: | 15 kV, 16,7 Hz ~ | ||||||||||||||||||||||||||||||||
Höchstgeschwindigkeit: | 160 km/h | ||||||||||||||||||||||||||||||||
Zugbeeinflussung: | PZB | ||||||||||||||||||||||||||||||||
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Das Vorhaben war Teil der zweiten Baustufe des Verkehrsprojekts Deutsche Einheit Nr. 9, die auch den Ausbau zwischen Riesa und dem Abzweig Röderau und den Ausbau zwischen Dresden-Neustadt und Coswig enthielt. Im Rahmen des Vorhabens soll im Fernverkehr zwischen Leipzig und Dresden weitgehend eine Geschwindigkeit von 200 km/h erreicht werden. Im Endzustand ist eine Reisezeit von 45 Minuten zwischen beiden Städten vorgesehen.[1]
Streckenverlauf
Am Beginn der Strecke in Leckwitz bei Weißig wird die Bahnstrecke Leipzig–Dresden über vier im Zweiggleis mit 130 km/h befahrbare Weichen EW 60-2500-1:26,5-fb (2500 m Radius) höhengleich[2] aus der Verbindungskurve ausgefädelt, die Fahrwege von Riesa nach Böhla und zurück verlaufen durch die Stammgleise dieser Weichen. Von dort verläuft die 7,425 Kilometer lange Verbindungskurve nördlich von Strießen, Priestewitz und Kottewitz durch die Großenhainer Pflege. Nördlich von Priestewitz überquert sie die Bahnstrecke Großenhain–Priestewitz und östlich von Kottewitz fädelt sie niveaufrei über mit auf eine Abzweiggeschwindigkeit von 200 km/h ausgelegte Weichen EW 60-7000/6000-1:42-fb (6000/7000 m Radius) in die Strecke Dresden–Elsterwerda (Berlin–Dresden) ein. Das Gleis der Fahrtrichtung Dresden–Leipzig wird dabei auf einem 160 m langen Überwerfungsbauwerk über die Strecke Berlin–Dresden geführt. In ihrem Verlauf überquert die Strecke auch die Bundesstraße 101; insgesamt zählen sechs Eisenbahnüberführungen zur Strecke.[3][4] Die Dämme erreichen eine Höhe von bis zu 9 m.
Geschichte
Hintergrund
Bereits vor der Deutschen Wiedervereinigung gab es Überlegungen für eine Verbindung der beiden Strecken.
Im Bundesverkehrswegeplan 1992 war zunächst sowohl ein Ausbau der Berlin-Dresdner als auch der Dresden-Leipziger Bahn für hohe Geschwindigkeiten vorgesehen.[5] Im Rahmen der Vorentwurfsplanung von 1992/1993 war dabei geplant, auf dem Weg von Leipzig nach Dresden Riesa südlich zu umgehen, bei Medessen die Bestandsstrecke zu kreuzen und bei Böhla in die aus Berlin kommende Strecke einzufädeln.[6]
Nach einer Optimierung wurde der bei Riesa beginnende Neubaustreckenabschnitt verworfen. Stattdessen sollten auf dem rund 13 km langen Abschnitt zwischen Böhla und Radebeul nunmehr nur noch die Strecke Berlin–Dresden für den Schnellverkehr ausgebaut werden und eine Verknüpfung zur Strecke Leipzig–Dresden hergestellt werden. Damit sollten etwa 370 Millionen D-Mark eingespart, Eingriffe in Natur und Landschaft deutlich reduziert und Entmischung des schnellen und langsamen Verkehrs realisiert werden.[5] Laut Bahnangaben von 2008 sei die Verbindungskurve die wirtschaftlichste Lösung, um Fern- und Regionalverkehr zu entmischen, indem der schnelle Fernverkehr im Zulauf auf den Knoten Dresden auf der Ausbaustrecke gebündelt wird und der langsamere Nahverkehr auf der Bestandsstrecke verbleibt. Ferner sollten damit der Fern- und S-Bahn-Verkehr zwischen Dresden-Neustadt und Coswig getrennt werden.[1]
Am 8. Januar 1993 wurde eine Untersuchung für die Verknüpfung der beiden Strecken beauftragt. Im März 1993 wurde die Vorplanung für eine Verknüpfung zwischen Neumedessen (Strecke Leipzig–Dresden) und Böhla (Strecke Berlin–Dresden), einschließlich des Kockelsbergtunnels, bestätigt. Nach dem Planungsstand von Dezember 1995 sollte das Projekt zwischen Mitte 1998 und Anfang 2000 realisiert werden.[5]
Durch das Projekt soll einerseits der Bahnverkehr von Nordwesten auf den Eisenbahnknoten Dresden gebündelt und andererseits der schnelle und langsame Verkehr im Zulauf entmischt werden. Als topografische Hürde ist der beim Oberauer Tunnel beschriebene Höhenzug zu meistern. Beide historische Lösungen beinhalten eine bogenreiche Trassierung zwischen Niederau und Priestewitz bzw. Weinböhla und Böhla, um entweder den Höhenunterschied mit zumutbarer Steigung zu überwinden oder eine kurze Tunnelstrecke zu erreichen. Durch die Einstellung des Regionalverkehres zwischen Radebeul-West und Großenhain über Weinböhla zu Beginn der 1990er Jahre kam man auf die Idee, diese Trasse für den zukünftigen schnellen Güter- und Personenverkehr zu nutzen. Daneben versprach man sich auch eine Entlastung des Bahnknotens Coswig vom Schienenfernverkehr mit Verdichtung des S-Bahn-Takts nach Meißen.
Planung
Das gemeinsame Raumordnungsverfahren für die Südumfahrung Riesa und der Verbindungskurve wurde zunächst nicht eingeleitet. Im März 1995 wurde die Südumfahrung Riesa gestrichen. Im Mai 1995 lagen die Unterlagen für das Raumordnungsverfahren für die Verknüpfung und den anschließend vorgesehenen Neubauabschnitt zur Begradigung im Bereich des Kockelsberges fertig vor. Die Zustimmung der Deutschen Bahn AG stand Anfang 1996 noch aus.[5] Im April 1996 war das Raumordnungsverfahren weiterhin in Vorbereitung.[7]
Ursprünglich war eine Realisierung des Gesamtprojektes VDE Nr. 9 bis 1999 vorgesehen, aufgrund von fehlenden Finanzmitteln verzögerte sich jedoch der Baubeginn der Verbindungskurve. Im Jahr 2001 wurde das erste Baulos zwar ausgeschrieben, in der Folge jedoch zunächst nur archäologische Ausgrabungen durchgeführt und der Baubeginn verschoben. Die Ausschreibung erfolgte erneut im Jahr 2008[3]; die Fertigstellung war dabei für 2011[1] vorgesehen. Insgesamt umfasste das Projekt fünf Baulose.
Die Planung sah vor, 17 Brücken und Durchlässe sowie 7 km Bahndamm neu zu errichten. Die Streckengeschwindigkeit liegt vorerst bei 160 km/h, wobei eine weitere Anhebung auf 200 km/h in der Planung berücksichtigt wurde.[8] Derzeit ist die Strecke wie die Anschlussstrecken nur mit Punktförmiger Zugbeeinflussung ausgestattet.[9]
Die Strecke war Gegenstand des Planfeststellungsabschnitts 2103 des Projekts, für den am 7. November 2001 der Planfeststellungsbeschluss erging. Am 24. Juli 2003 wurde die Finanzierungsvereinbarung geschlossen.[10]
Bau und Eröffnung
Vor Beginn der eigentlichen Bauarbeiten führte das Landesamt für Archäologie im Jahr 2002 Ausgrabungen durch. Im Verlauf der künftigen Trasse konnten Reste alter Ansiedlungen gesichert werden. Es wurde Schmuck aus der Römischen Kaiserzeit sowie Scherben und Holzpfosten gefunden, die auf Grundrisse ehemaliger Häuser schließen lassen.[4] Der eigentliche Baubeginn im ersten Baulos erfolgte im Jahr 2008.[11]
Die Bauarbeiten begannen im August 2008.[10]
Das Projekt gliedert sich in zwei Teilabschnitte[8]:
- Der Bauabschnitt 1 umfasste die Errichtung der Abzweigstelle Leckwitz (zwischen März und Dezember 2009) und die Errichtung des neuen Bahnkörpers (zwischen September 2009 und Mai 2010).
- Der Bauabschnitt 2 schloss die Errichtung der Abzweigstelle Kottewitz (zwischen Dezember 2009 und Dezember 2010), die Errichtung von ESTW-A in Weißig und Böhla sowie Rekultivierungsmaßnahmen ein.
Bis Anfang Dezember 2009 war der Bahndamm auf einer Länge von rund 5,5 km weitgehend fertiggestellt. Der Bau des letzten Abschnitts, mit der Einfädelung in die Berlin-Dresdner Strecke, wurde seit Mitte Dezember 2009 im Zuge einer einjährigen Vollsperrung des Streckenabschnitts Großenhain–Radebeul-Naundorf realisiert.
Die Bauarbeiten wurden am 5. Dezember 2010 abgeschlossen.[10] Symbolisch eröffnet wurde die Strecke am 3. Dezember 2010, die Gesamtinbetriebnahme erfolgte zum Fahrplanwechsel am 12. Dezember 2010. Nachdem der schnellfahrende Reiseverkehr zwischen Leipzig und Dresden planmäßig einige Jahre nahezu vollständig über die Verbindungsstrecke Weißig–Böhla geführt wurden, war die Strecke zwischen 2017 und 2019 durch den Umbau im Bereich des Kreuzungsbauwerkes Radebeul und der Strecke DEK/6251 (Radebeul Abzw Az–Radebeul West) praktisch ungenutzt.
Kosten
Die Gesamtkosten für die Verbindungskurve inklusive der Planungskosten betragen 89,3 Millionen Euro. Davon wurden bis Dezember 2008 etwa drei Millionen Euro für Grunderwerb und eine vorgezogen realisierte Straßenüberführung verausgabt.[11]
2008 wurden die geplanten Kosten der Verbindungskurve mit 100 Millionen Euro beziffert.[1]
Technik
Der Abzweig Leckwitz wird aus dem Elektronischen Stellwerk (ESTW-Z) Priestewitz gesteuert, dazu wurde in Weißig ein ESTW-A errichtet. Im ESTW-Z Priestewitz wurde dazu ein zweiter Fahrdienstleiterbedienplatz eingerichtet. Für die Abzweigstelle Kottewitz an der Strecke Dresden–Elsterwerda (Berlin–Dresden) wurde das ESTW-A Kottewitz im Bereich des ehemaligen Bahnhofs Böhla errichtet.
Zur Nutzung der projektierten Fahrgeschwindigkeiten von 200 km/h ist ein linienförmig wirkendes Zugbeeinflussungssystem erforderlich. Vorgesehen ist die Ausrüstung mit ETCS. Nachdem es Mitte 2015 Meldungen bezüglich der Vorbereitungen zur Ausrüstung der Strecke gab,[12] wurde im Jahr 2016 weiterhin nur von der Notwendigkeit gesprochen.[13]
Die Überhöhung liegt bei bis zu 100 mm.
Weblinks
- Darstellung der Infrastruktur auf der OpenRailwayMap.
Einzelnachweise
- Ralf Rothe, Seckin Kurkut: Verkehrsprojekte Deutsche Einheit Ausbaustrecke Leipzig – Dresden und S-Bahn Dresden – Coswig. In: Eisenbahntechnische Rundschau. Nr. 7/8, 2008, ISSN 0013-2845, S. 456–461.
- Deutsche Bahn AG (Hrsg.): DB investiert 80 Millionen Euro in moderne Fernbahngleise zwischen Radebeul West und Weißig. Presseinformation vom 3. Dezember 2010.
- D-Dresden: Bauarbeiten für Eisenbahnlinien. Ausschreibung 2009/S 12-016850 vom 20. Januar 2009 im Elektronischen Amtsblatt der Europäischen Union
- Auf Schienen in die Vergangenheit - Archäologie an der Bahntrasse Weißig–Böhla (PDF; 539 kB), Landesamt für Archäologie Sachsen
- Planungsgesellschaft Bahnbau Deutsche Einheit (Hrsg.): Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Schiene Nr. 9. ABS Leipzig - Dresden: Bilanz 1995. 13-seitige Broschüre, Dresden, Januar 1996, S. 2–5 sowie Anlagen 1 und 3.
- Bundesministerium für Verkehr (Hrsg.): Verkehrsprojekte Deutsche Einheit: Projekte, Planungen, Gesetze, Argumente. Bonn, August 1993, S. 86–88.
- Bundesministerium für Verkehr: Verkehrsprojekte Deutsche Einheit. Sachstand: April 1996. Broschüre (50 A4-Seiten), Bonn 1996, S. 18.
- Deutsche Bahn AG: Faktenblatt: Eisenbahnstrecke Leipzig–Riesa–Dresden. VDE 9 Ausbaustrecke Leipzig–Dresden. Bauabschnitt Weißig - Böhla., Datenblatt (2 Seiten), 10. Juni 2009
- STREDA.X ISR-Viewer der Deutschen Bahn (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)
- Deutscher Bundestag (Hrsg.): Unterrichtung durch die Bundesregierung: Verkehrsinvestitionsbericht für das Berichtsjahr 2013. Band 18, Nr. 5520, 7. Juli 2015, ISSN 0722-8333, S. 56 (bundestag.de [PDF; 85,0 MB]).
- Antwort des sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Dietmar Pellmann, Fraktion DIE LINKE: "Ausbau der Eisenbahnstrecke zwischen Riesa und Dresden". Drucksache 4/13861 des Sächsischen Landtages.
- Seckin Kurkut, Wolfgang Förster: VDE 9 ABS Leipzig–Dresden: 4-gleisiger Ausbau zwischen Coswig (b. Dresden) und Dresden-Neustadt. In: Eisenbahntechnische Rundschau. Band 64, Nr. 9, 2015, ISSN 0013-2845, S. 35–40.
- Ausbau der Strecke Riesa - Dresden? (Nicht mehr online verfügbar.) In: community.bahn.de. Deutsche Bahn AG, 24. März 2016, archiviert vom Original am 29. September 2016; abgerufen am 11. Mai 2017.