Bahnstrecke Afula–Nablus
Die Bahnstrecke Afula–Nablus war eine Zweigstrecke der Jesreeltalbahn in der Spurweite 1050 mm der Hedschasbahn, deren ursprüngliche Intention es war, eine Verbindung von deren Netz nach Jerusalem herzustellen, die aber über Nablus hinaus nie weitergeführt wurde.
Afula–Nablus | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Streckenlänge: | 36 km | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Spurweite: | 1050 mm | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Staaten: | Israel, Paläst. Auton.-geb. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Geschichte
Bau
Seit 1908 projektiert, aber erst 1912 begonnen, sollte eine in Afula von der Bahnstrecke Haifa–Dar’a nach Süden abzweigende Strecke bis Jerusalem führen. Die Stadt hatte damals ausschließlich durch die J&J-Linie Jaffa–Jerusalem Schienenanschluss. Deren Konzessionärin war die französische Société du Chemin de Fer Ottoman de Jaffa à Jérusalem et Prolongements (J & J), so dass die französische Regierung wegen der drohenden Konkurrenz bei der Hohen Pforte, Regierung des Osmanischen Reichs, in Istanbul intervenierte. Die Regierungen vereinbarten daraufhin, dass die Hedschasbahn südlich nicht über Nablus hinausgeführt werden sollte. Der schon 1908 von Meißner-Pascha unterbreitete Vorschlag, die Bahn von Afula aus mit Lod an der J&J-Linie Jaffa-Jerusalem zu verbinden, wurde zu diesem Zeitpunkt nicht ausgeführt.
1913 waren 17 km der Strecke bis Dschenin fertiggestellt; bei Eintritt des Osmanischen Reiches in den Ersten Weltkrieg 1914 war Nablus fast erreicht, die Bahn bis Sileh (heute Silat eẓ-Ẓahr) in Betrieb. Insgesamt war die Strecke 36 km lang.
Erster Weltkrieg
Mit dem Kriegseintritt des Osmanischen Reiches war es mit der Rücksichtnahme auf französische Interessen vorbei. Allerdings war es jetzt vordringlich, den Bahnbau in Richtung Suezkanal vorzutreiben, primäres Angriffsziel der osmanischen Armee. So war Sileh als zunächst südlichster Punkt, der von Norden mit der Eisenbahn zu erreichen war, wichtiger Umschlagpunkt für die Truppen der Mittelmächte und deren Versorgung auf dem Weg nach Süden zur Sinai- und Palästinafront.
Die Osmanische Militärbahn in Palästina nahm die Bahnstrecke Afula–Nablus, auch Samarienbahn, zwar zum Ausgangspunkt ihres Bahnbaus, trieb die neue Strecke aber aus den Bergen Samariens westwärts in die Scharonebene hinab, wo der Bahnbau technisch einfacher zu bewerkstelligen war. Den unterhalb des Patriarchenweges (heute Landstraße 60) an der Samarienbahn einsam gelegenen Bahnhof al-Maṣʿūdiyya ostwärts verlassend nahm die Strecke eine 180°-Kurve im westwärts abfallende Einschnitt eines Zuflusses des Nablus und folgte im weiteren Verlauf dessen Tal (Wadi az-Zaymar, auch Wadi asch-Sche'ir) über Anabta nach Tulkarm. Durch die scharfe Kurve ersparte sich die Militärbahn im Nordsüdverkehr einen zeitraubenden Richtungswechsel. Von Tulkarm führt die Strecke südwärts weiter über einen Abschnitt der J&J-Linie ab Lod bis in den Sinai. Als Teil der Nachschubstrecke Damaskus – Sinai hatte die Bahnstrecke Afula–Nablus nun für drei Jahre ihre höchste Bedeutung.
Mandatszeit
Vom Sultanat Ägypten kommend trieb britisches Militär bei der Eroberung Palästinas mit den britischen Militärbahnen in Palästina Bahnstrecken in Normalspur (1435 mm) nach Norden voran. Eine der Strecken mündete am Bahnhof Lod in die J&J-Linie. Alle eingenommenen Strecken in 1050 mm-Spur, die deutsche und osmanische Soldaten während des Krieges südlich von Tulkarm errichtet hatten, spurten die Briten auf 1435 mm um, so auch die Militärbahn Maṣʿūdiyya–Sinai im Abschnitt zwischen Lod und Tulkarm (heute Ostbahn genannt), und verlängerten sie nach Norden bis Haifa.
Die Bahnstrecke Afula–Nablus und die von ihr in al-Maṣʿūdiyya abzweigende Reststrecke bis Tulkarm blieben damit Torsi, die nie über eine lokale Zubringerfunktion hinauswuchsen. Die Fahrt von Tulkarm nach Nablus war langwierig wegen der Steigung, vieler enger Kurven und weil im Bahnhof Maṣudiyya die Züge die Richtung wechseln mussten.[1] Die Strecken waren in ihrem Verkehrsaufkommen so unbedeutend, dass die Palestine Railways, denen diese Strecken nun unterstanden, den Verkehr zeitweise einstellten. 1944 wurde der Güterverkehr zwischen Afula und Nablus noch einmal aufgenommen, aber schon 1946 mangels Bedarfs erneut eingestellt.[2]
Gegenwart
Nach der Erklärung der Unabhängigkeit Israels am 14. Mai 1948 eröffneten einmarschierende Armeen benachbarter arabischer Staaten den internationalen Krieg um Israels Unabhängigkeit. Die Invasoren und Israels Armee erkämpften dabei in Gefechten gegeneinander bestimmte territoriale Linien und fixierten diese als so genannte Grüne Linie in den Waffenstillstandsabkommen von 1949 der Länder Ägypten, Libanon, Jordanien und Syrien mit Israel. Die Kriegsgegner schlossen nicht Frieden, einigten sie sich weder auf anerkannte Grenzen, noch nahmen sie diese überschreitenden Verkehr oder diplomatische Beziehungen auf.
Die Grüne Linie, dann bis 1967 de facto die geschlossene Grenze zwischen Israel und Jordanien, zerschnitt auch die Samarienbahn und das nördliche Ende der Strecke Maṣʿūdiyya–Sinai. Die auf jordanischem Gebiet gelegenen Streckenteile, die ohnehin schon seit 1946 stillgelegt waren, hätten ohne Verkehr über die Grüne Linie oder erst noch herzustellenden Anschluss an die Hedschasbahn im Osten nur als Inselbetrieb wieder in Gang genommen werden können. Der Eisenbahnverkehr wurde auf jordanischer Seite dann nicht wieder aufgenommen. Die Anlagen wurden in der Folgezeit weitgehend abgebaut. Bestehen blieb der Tunnel im Streckenabschnitt zwischen Silat eẓ-Ẓahr und Maṣʿūdiyya, heute eine lokale Touristenattraktion.[3]
Literatur
- Paul Cotterell: The Railways of Palestine and Israel. Tourret Books, Abington 1986. ISBN 0-905878-04-3
- Uwe Pfullmann: Die Bagdad- und Hedjazbahn im Ersten Weltkrieg 1914–1918. In: Jürgen Franzke (Hrsg.): Bagdadbahn und Hedjazbahn. Deutsche Eisenbahngeschichte im Vorderen Orient. Nürnberg 2003. (ISBN 3-921590-05-1), S. 125–138.
- Walter Rothschild: Arthur Kirby and the last years of Palestine Railways: 1945–1948, Berlin: Selbstverlag, 2009, zugl. King’s College London Diss., 2009. OCLC 495751217
Einzelnachweise
- Naval Intelligence Division, Palestine and Transjordan, London, New York und Bahrain: Paul Kegan, 2006, S. 370. ISBN 978-0-7103-1028-6.
- Walter Rothschild, Arthur Kirby and the last years of Palestine Railways: 1945–1948, Berlin: Selbstverlag, 2009, zugl. King's College Diss., 2009, Fußnote 711 auf S. 170.
- Ibrahim Abdelhadi: Tulkarm Aims to Renovate Century-Old Ottoman Train Tunnel. In: Al-Monitor. Palestine Pulse vom 15. August 2017. Wiedergegeben in: HaRakevet, Nr. 119 (2017), S. 14f.