Baby-Notarztwagen
Ein Baby-Notarztwagen (kurz: Baby-NAW oder BNAW; auch Neugeborenen-Notarztwagen) ist in Deutschland ein speziell auf die Rettung von Neu- und Frühgeborenen angelegter Notarztwagen, der vor allem für Verlegungsfahrten vorgesehen ist. Diese Fahrzeuge kamen ab Mitte der 1970er Jahre vereinzelt auf. Heute sind sie kaum noch im Einsatz, da normale Rettungsfahrzeuge mit mobilen Inkubatoren ausgestattet werden können und besser als früher abgefedert sind.[1][2]
Geschichte
Bis Mitte der 1970er Jahre hatte die Bundesrepublik Deutschland die höchste Säuglingssterblichkeit aller Industrienationen. Dies resultierte daraus, dass die meisten Entbindungen in Frauenkliniken stattfanden, während die Säuglinge oder Frühgeburten in einem Kinderkrankenhaus, welches sich nur selten im selben Haus befand, behandelt werden mussten. So wurde in den 1970er Jahren von der Björn-Steiger-Stiftung ein Fahrzeug entwickelt, welches speziell für diese Transporte konzipiert wurde. Das erste dieser Fahrzeuge wurde 1974 in den Dienst gestellt. Durch Öffentlichkeitsarbeit der betreibenden Hilfsorganisationen wird die Notwendigkeit und die Existenz solcher Fahrzeuge immer bekannter, so dass inzwischen eine Vielzahl von Baby-Notarztwagen existiert.[3]
Heute sind Baby-Notarztwagen unter anderem in den größten deutschen Städten wie München,[4] Hamburg,[5] Köln[6] und Leipzig[7] stationiert, aber auch in kleineren Städten wie Nürnberg,[8] Datteln,[9] Lübeck[10], Gelsenkirchen[11], Kiel,[12] Kassel[13] und Ulm[14].
Einsatzgebiete
Der Baby-NAW ist in den meisten Fällen im örtlichen Rettungsdienst eingebunden. Besetzt wird dieser von einem Notfallsanitäter als Transportführer und einem Rettungsassistenten oder Rettungssanitäter als Fahrer. In der Regel wird der Transport noch mit einem in Neonatologie erfahrenen Kinderarzt, sowie einem in neonatologischer Intensivmedizin erfahrenen Kinderkrankenpfleger begleitet. Der Baby-NAW wird nach problematischen Geburten, zum Inkubatortransport in neonatologischen Zentren, bei Hausgeburten oder Frühgeburten sowie schwer verletzten Säuglingen eingesetzt. Er legt oft erheblich größere Strecken zurück als ein regulärer Notarztwagen.
Ausstattung
Es gibt für Säuglings-Notarztwagen, im Gegensatz zu Rettungswagen, keine einheitlichen Ausstattungsvorschriften. In jedem Fall findet sich im Fahrzeug jedoch ein Transportinkubator, der auf einer Fahrtrage montiert ist. Diese ist bestenfalls auf einem schwingungsfreien Tragetisch mit aktivem Federungssystem gelagert, das optimal auf das Gewicht des Inkubators und der verbauten Technik abgestimmt ist. Bei den neueren Fahrzeugen befindet sich der Inkubator quer zur Fahrtrichtung in Fahrzeugmitte, am „ruhigsten“ Platz im Fahrzeug. Um dies zu ermöglichen, sind umfangreiche Sonderanfertigungen nötig. Das Ein- und Ausladen findet dann durch die Seitentür statt – im Gegensatz zum Rettungswagen, bei dem dies durch die Hecktür erfolgt. Die Folgetonhorn-Anlage ist so verbaut, dass weniger Lärm zum Patienten vordringt.
Zur Überwachung der Vitalfunktionen (Temperatur, EKG, Pulsoxymetrie und Blutdruck) wird ein mobiler Überwachungsmonitor eingesetzt. Zusätzlich steht, nebst Absaugpumpe, ein spezielles transportables Beatmungsgerät für Säuglinge zur Verfügung, dieses benötigt eine Sauerstoff- und Druckluftversorgung. Zur Medikamentenapplikation stehen mehrere Spritzenpumpen bereit. Die für Früh- und Neugeborene besondere medizinische Ausstattung (wie Säuglingsbeatmungsbeutel, Intubationsbesteck, Venenverweilkanülen und Besteck für den intraossären Zugang) und spezielle Medikamente werden in einem Kinder-Notfallkoffer oder Kindernotfallrucksack bevorratet. Da das Fahrzeug meist im örtlichen Rettungsdienst eingebunden ist, befindet sich auch ein Notfallkoffer für Erwachsene auf dem Fahrzeug.
Finanzierung
Der größte Teil der in Deutschland vorhandenen Baby-Notarztwagen wurde und wird nach wie vor ausschließlich über Spenden finanziert. Öffentliche Sonderbezuschussung fällt in der Regel aus, da es sich hier um ein Zusatzfahrzeug handelt und nicht zwingend notwendig ist. Rettungsorganisationen wie zum Beispiel das Deutsche Rote Kreuz, Arbeiter-Samariter-Bund oder die Björn Steiger Stiftung kämpfen mit Hilfe von Mitgliedern jedes Jahr erneut um den Erhalt von Baby-NAW.
Weblinks
Einzelnachweise
- Mainpost: Baby-Notarztwagen wurde ausgemustert
- Johanniter wechseln auf mobile Technik (Memento vom 18. August 2016 im Internet Archive)
- Baby-Notarztwagen (1974). Björn-Steiger-Stiftung. Archiviert vom Original am 27. Juni 2015. Abgerufen am 25. Juni 2015.
- Baby-Notarztwagen München
- Bundesfreiwilligendienst auf dem Baby-ITW (Memento vom 29. August 2017 im Internet Archive)
- Sonderfahrzeuge Berufsfeuerwehr Köln
- Baby-NAW Leipzig
- Neugeborenen-Notarzt-Dienst
- Baby-NAW Datteln (Memento vom 24. September 2015 im Internet Archive)
- Einsatzfahrzeug: Florian Lübeck 01/81-01 (a. D./1) - BOS-Fahrzeuge - Einsatzfahrzeuge und Wachen weltweit. Abgerufen am 18. März 2018.
- Baby-NAW Gelsenkirchen
- https://www.kiel.de/de/gesundheit_soziales/feuerwehr/ausruestung_technik/fuhrpark/sonderfahrzeuge_rettungsdienst.php
- https://www.asb-nordhessen.de/unsere-leistungen/baby-notarztwagen
- https://www.uniklinik-ulm.de/frauenheilkunde-und-geburtshilfe/aktuelles-veranstaltungen/aktuelles/detailansicht/news/ein-neuer-babynotarztwagen-baby-muck-fuer-das-deutsche-rote-kreuz-ulm.html?tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&cHash=1bafaada131db10af7b4941e4024a067