Atmosphäre des Mars
Die Atmosphäre des Mars ist sehr dünn. Ihre Dichte beträgt ca. 1,2 % der Dichte der Erdatmosphäre.[1] Der mittlere atmosphärische Druck auf Nullniveau beträgt 6 hPa (0,006 Bar). Das sind nur 0,6 % des mittleren Luftdrucks auf der Erde mit 1013 hPa (1,013 Bar) und entspricht etwa dem Druck, der in der Stratosphäre der Erde in 32 km Höhe herrscht.
Der extrem niedrige atmosphärische Druck liegt in der Nähe des Tripelpunkts von Wasser. Das heißt, flüssiges Wasser kann auf der Marsoberfläche nur in Tiefebenen (das sind hauptsächlich die Nordhalbkugel und Hellas Planitia) und nur bei hohen Temperaturen kurzzeitig für wenige Stunden existieren. Am tiefsten Punkt der Marsoberfläche in Hellas Planitia erreicht der Druck maximal etwa 12 hPa (0,012 Bar).[2] Das ist deutlich unter der Armstrong-Grenze von 63 hPa (0,063 Bar), bei der Wasser bei menschlicher Körpertemperatur siedet, deshalb kann ein Mensch auf dem Mars nicht ohne einen Druckanzug oder eine Druckkabine überleben.
In ihrer chemischen Zusammensetzung besteht die Marsatmosphäre, wie auch die der Venus, hauptsächlich aus Kohlenstoffdioxid, in kleineren Mengen aber auch aus anderen Gasen wie Argon, Stickstoff und Sauerstoff. Im Jahre 2003 wurden auch Spuren von Methan in der Gashülle des Planeten nachgewiesen.[3] Man konnte bisher nicht eindeutig erklären, wie dieses Gas in die Atmosphäre gelangte.
Obwohl die Atmosphäre des Mars so dünn ist, ist der Himmel des Mars nicht schwarz. Wegen des hohen Staubanteils in der Atmosphäre wird das Licht stark gestreut. Der Taghimmel erscheint hell und Sterne sind nicht zu sehen. Die Farbe des Taghimmels variiert von orangerot über rosa und violett bis blau in der Nähe der auf- und untergehenden Sonne.
Aufbau
Die Marsatmosphäre ist wie folgt aufgebaut:
- Untere Atmosphäre
- Mittlere Atmosphäre: In dieser Stufe befindet sich der Jetstream des Mars.
- Obere Atmosphäre, auch Thermosphäre genannt: Hier herrschen die höchsten Temperaturen der Marsatmosphäre, die durch die Sonneneinstrahlung entstehen. Hier beginnen sich die Gase aufzutrennen und bilden nicht mehr das gleichmäßige Gasgemisch, das in den unteren Atmosphärenschichten zu finden ist.
- Exosphäre: Beginnt in etwa 200 Kilometern Höhe über der Marsoberfläche. Hier geht die Atmosphäre des Planeten in den Raum über. Es gibt keine feste Obergrenze der Atmosphäre, sie geht fließend in den Weltraum über.
Zusammensetzung
Kohlenstoffdioxid
Der Hauptbestandteil der Marsatmosphäre ist Kohlenstoffdioxid (CO2). Das Gas macht rund 95,9 % der Lufthülle des Planeten aus. Während des Winters (der jeweiligen Hemisphäre) befinden sich die Pole des Mars vollständig im Dunkeln und die Temperaturen sinken so stark, dass bis zu 25 % des in der Atmosphäre enthaltenen CO2 zu Trockeneis gefrieren. Sind die Polkappen des Mars wieder dem Sonnenlicht ausgesetzt, sublimiert das CO2 wieder und wird in die Atmosphäre abgegeben.
Argon
Im Vergleich zu anderen Atmosphären des Sonnensystems weist die Marsatmosphäre einen hohen Anteil am Edelgas Argon auf. Im Gegensatz zum CO2 ändert das Argon während der Winter seinen Aggregatzustand nicht und der absolute Anteil in der Atmosphäre bleibt konstant.
Wasser
Der Wassergehalt der Marsatmosphäre ist großen jahreszeitlichen Schwankungen ausgesetzt. Durch die Sublimierung des Kohlenstoffdioxids während des Marssommers werden Spuren von Wasser auf der Oberfläche freigelegt. Ein großer Teil dieser Wassereisvorkommen wird durch Stürme aufgewirbelt und so in die Marsatmosphäre transportiert, wodurch sich in der Atmosphäre Cirrus-Wolken aus Wassereis bilden können. Diese wurden erstmals durch den NASA-Rover Opportunity im Jahr 2004 nachgewiesen.[4]
Methan
Im Jahre 2003 konnten mittels erdgestützter Teleskope und 2004 durch das Planetary Fourier Spectrometer (PFS) an der Raumsonde Mars Express Spuren von Methan (etwa 0,01 ppm) und Formaldehyd (0,13 ppm) nachgewiesen werden.[5] Die Konzentration von Methan unterliegt jahreszeitlichen Schwankung mit einem Maximum im Sommer.[6] Methan verbleibt etwa 340 Jahre in der Atmosphäre des Mars, Formaldehyd nur 7,5 Stunden. Methan wird durch ultraviolette Strahlung abgebaut, da die dünne Atmosphäre des Mars nicht vor dieser Strahlung schützt. Dabei oxidiert Methan zu Wasser und Kohlendioxid.
Um die Menge des Methans in der Atmosphäre zu erklären, genügt eine Produktion von 150 Tonnen pro Jahr. Bei der Umsetzung zu Formaldehyd müssten jedoch 2,5 Millionen Tonnen aus „Methanquellen“ stammen.[7] Als Quellen kommen aktiver Vulkanismus, Kometeneinschläge oder auch methanproduzierende Mikroorganismen in Betracht. Es könnte aber auch durch eine geothermische Reaktion, die Serpentinisierung (dabei beteiligte Komponenten sind Wasser, Kohlendioxid und das Mineral Olivin, das häufig auf dem Mars vorkommt), entstehen. Formaldehyd kann durch Höhenstrahlung aus Gasen und Eis entstehen. Es wird jedoch angezweifelt, dass ein abiotischer Prozess so viel Methan erzeugen kann, da es dazu Regionen mit hoher geologischer Aktivität bedarf.
Das Methan ist nicht gleichmäßig verteilt, sondern weist ein Muster etwas erhöhter Konzentrationen auf. Offensichtlich wird oder wurde der Nachschub an Methan kurzfristig unterbrochen, bevor es sich gleichmäßig in der Atmosphäre verteilen konnte. Bei der biologischen Erzeugung von Methan auf der Erde, die für etwa 90 bis 95 % des gesamten Methanvorkommens verantwortlich ist, entsteht fast immer Ethan als Begleitgas. Im Gegensatz dazu wird während einer vulkanischen Entstehung Schwefeldioxid freigesetzt. Die Messung dieser Gase in der Marsatmosphäre könnte eine Klärung bringen. Dies könnte durch das Mars Science Laboratory erfolgen.
2009 wurde über Methaneruptionen auf dem Mars berichtet.[8]
Goro Komatsu von der Universität Gabriele d’Annunzio in Pescara präsentierte im September 2010 seine Entdeckung von geologischen Strukturen von etwa 1 km Durchmesser auf Satellitenbildern von der Chryse-Tiefebene, die Methangas produzierenden Schlammvulkanen auf der Erde gleichen.[9] Eine primäre Quelle für das Gas ist damit jedoch noch nicht gefunden.
Potenzielle Nutzung durch den Menschen
Die Atmosphäre könnte zukünftig eine wichtige Ressource für bemannte Marsmissionen sein.
So wäre etwa die Nutzung einer Einrichtung denkbar, die das Kohlenstoffdioxid in der Atmosphäre in elementaren Kohlenstoff und Sauerstoff aufspalten kann. So müsste der Sauerstoff für die Atemluft der Astronauten oder als Treibstoffkomponente nicht aufwendig von der Erde mitgenommen werden. Ein entsprechendes Experiment mit der Bezeichnung MOXIE, das aus Kohlenstoffdioxid bei großer Hitze Kohlenstoffmonoxid und Sauerstoff erzeugt, wurde im Rahmen der Rovermission Mars 2020 durchgeführt, die im Februar 2021 auf dem Mars landete. Die ersten fünf Gramm Sauerstoff konnten am 20. April 2021 produziert werden.[10]
Dieselbe Mission nutze die Marsatmosphäre auch um Flüge durchzuführen. Dazu brachte sie den 1,8 kg schweren Helikopter Ingenuity („Einfallsreichtum“) zur Marsoberfläche. Dieser bestritt seinen ersten autonomen Flug am 19. April 2021 und machte in der Folge zahlreiche Fotos der Umgebung, die genutzt wurden um die Fahrten des Marsrovers vorzubereiten.[11][12][13][14]
Geschichte
Es ist mittlerweile nachgewiesen, dass sich die Marsatmosphäre in der Vergangenheit erheblich verändert hat.[15] Es sei sogar möglich, dass vor etwa 3,5 Milliarden Jahren riesige Ozeane aus Wasser auf dem Mars existiert haben.[16]
Beobachtungen der oberen Marsatmosphäre durch die Raumsonde MAVEN wurden genutzt, um die Verlustraten von Gas aus der oberen Atmosphäre in den Weltraum für ein Marsjahr zu bestimmen. Die Verlustraten für Wasserstoff und Sauerstoff reichen aus, dass ∼2–3 kg/s ins All entweichen. Allein dieser Verlust wäre im Laufe der Geschichte des Planeten signifikant. Darüber hinaus waren die Verlustraten in der frühen Geschichte aufgrund der solaren extremen UV-Strahlung und der aktiveren Sonne größer. Der Verlust von Gasen in den Weltraum war wahrscheinlich der wichtigste Prozess, der zur Veränderung des Klimas auf dem Mars führte von einer frühen, wärmeren Umgebung zu dem heutigen kalten, trockenen Klima.[17]
Weblinks
Einzelnachweise
- Deutsche Gesellschaft für Luft-und Raumfahrt: Jahrbuch. 2002 (books.google.de).: „Die Mars-Atmosphäre besitzt eine Dichte von 0,016 kg/m³ (Erde 1,293 kg/m³)“
- Robert M. Haberle, Christopher P. McKay, James Schaeffer, Nathalie A. Cabrol, Edmon A. Grin, Aaron P. Zent, Richard Quinn: On the possibility of liquid water on present-day Mars, Journal of Geophysical Research, Band 106, Nr. El0, 25. Oktober 2001, S. 23,317-323,326.
- Manfred Lindinger: Überraschungsfund auf dem Mars: Curiosity findet Methan. 16. Dezember 2014, abgerufen am 3. September 2018.
- Mars Exploration Rover Mission: Press Release Images: Opportunity. In: mars.nasa.gov. Abgerufen am 14. August 2016.
- Mars Express confirms methane in the Martian atmosphere. ESA, 30. März 2004, abgerufen am 18. September 2009 (englisch).
- Alexandra Witze: Mars scientists edge closer to solving methane mystery. In: Nature. Band 563, 25. Oktober 2018, S. 18–19, doi:10.1038/d41586-018-07177-4 (nature.com [abgerufen am 10. Juni 2020]).
- Martin Baucom: Life on Mars? American Scientist, abgerufen am 26. Februar 2007 (englisch).
- Michael J. Mumma, Geronimo L. Villanueva, Robert E. Novak, Tilak Hewagama, Boncho P. Bonev, Michael A. DiSanti, Avi M. Mandell, Michael D. Smith: Strong Release of Methane on Mars in Northern Summer 2003. In: Science. Band 323, Nr. 5917, 20. Februar 2009, S. 1041–1045, doi:10.1126/science.1165243, PMID 19150811.
- Thorsten Dambeck: Lösung für Methan-Rätsel. In: Spiegel Online. 24. September 2010, abgerufen am 11. Oktober 2010.
- NASA's Perseverance Mars Rover Extracts First Oxygen From Red Planet. In: NASA’s Mars Exploration Program. 21. April 2021, abgerufen am 26. April 2021.
- Taking Flight on Another World. NASA, abgerufen am 22. April 2021 (englisch).
- Mars Helicopter to Fly on NASA’s Next Red Planet Rover Mission. NASA, 11. Mai 2018, abgerufen am 30. April 2019.
- DLR Mars-Helikopter „Ingenuity“. Abgerufen am 18. Februar 2021.
- NASA's Mars helicopter is now scouting new sites for Perseverance rover to study. Abgerufen am 21. September 2021.
- mars.nasa.gov: NASA's MAVEN Reveals Most of Mars' Atmosphere Was Lost to Space. Abgerufen am 1. August 2020 (englisch).
- National Geographic (2010, mit Quellenangabe ddp): Mars einst von riesigem Ozean bedeckt (Memento vom 14. April 2015 im Internet Archive)
- B. Jakosky, D. Brain, M. Chaffin: Loss of the Martian atmosphere to space: Present-day loss rates determined from MAVEN observations and integrated loss through time. In: Icarus. Band 315, 3. Juni 2018, S. 146–157 (colorado.edu [PDF; 2,0 MB]).