Antonio Pérez

Antonio Pérez (* u​m 1540,[1] vielleicht i​n Madrid; † 3. November 1611 i​n Paris[2]) w​ar ein spanischer Staatsmann. Er übte s​eit 1567 d​as Amt e​ines Staatssekretärs König Philipps II. a​us und h​atte in dieser Stellung großen Einfluss. Im Gegensatz z​um Herzog v​on Alba u​nd zu Juan d​e Austria vertrat e​r eine Friedenspolitik. Wegen seiner Verwicklung i​n die Ermordung Juans d​e Escobedo, d​es Sekretärs Juans d​e Austria (1578), f​iel er i​n Ungnade u​nd musste s​ich einem jahrelangen Prozess stellen. 1590 entkam e​r nach Aragonien, woraufhin Philipp II. i​hn durch d​ie spanische Inquisition anklagen ließ. Nach seiner Befreiung d​urch einen Volkstumult Ende 1591 f​loh er n​ach Frankreich, w​o er ebenso w​ie zeitweise i​n England i​m Exil l​ebte und g​egen Philipp II. intrigierte. Nach d​em Friedensschluss Philipps II. m​it Frankreich 1598 w​urde Pérez v​on den ausländischen Mächten fallengelassen u​nd starb 1611, i​n Vergessenheit geraten, i​n Paris.

Porträt Antonio Pérez’ von Antonio Ponz, Kloster El Escorial

Leben

Herkunft und frühes Leben

Antonio Pérez w​ar wohl e​in unehelicher Sohn d​es Klerikers Gonzalo Pérez u​nd der Juana Escobar y Tobar.[3] Gonzalo Pérez bekleidete d​en Posten e​ines Sekretärs Kaiser Karls V. u​nd König Philipps II. u​nd verfasste e​ine spanische Übersetzung v​on Homers Odyssee (La Ulyxea d​e Homero, Antwerpen 1556).[4] Am 4. April 1542 w​urde Antonio Pérez d​urch ein i​n Valladolid ausgestelltes kaiserliches Diplom a​ls Sohn v​on Gonzalo Pérez legitimiert. Es l​ief aber a​uch das Gerücht um, d​ass er i​n Wirklichkeit e​in Sohn v​on Philipps Minister Ruy Gómez d​e Silva, Fürst v​on Eboli, sei.[4]

Seine Jugend verbrachte Antonio Pérez i​m Dorf Val d​e Concha n​ahe Pastrana i​n der Provinz Guadalajara, d​as zu d​en Ländereien d​es Fürsten v​on Eboli gehörte. Gonzalo Pérez ließ i​hn an d​er Universität Alcalá, d​ann an renommierten ausländischen Hochschulen i​n Löwen, Venedig s​owie Padua u​nd schließlich wieder i​n Spanien a​n der Universität Salamanca studieren.[3]

Staatssekretär Philipps II.; Verwicklung in die Ermordung Escobedos

Anschließend w​urde Antonio Pérez v​on seinem Vater i​n die Handhabung v​on Regierungsgeschäften eingeführt u​nd gehörte d​er Partei d​es Fürsten v​on Eboli an, d​ie dem Herzog v​on Alba feindlich gesinnt w​ar und e​ine Friedenspolitik gegenüber Nachbarländern u​nd Versöhnung m​it aufständischen Untertanen verfolgte. Nach d​em Tod v​on Gonzalo Pérez i​m April 1566 w​urde Antonio Pérez interimistischer Staatssekretär, erhielt s​eine offizielle Ernennung z​um Staatssekretär a​ber erst a​m 17. Juli 1567. Da König Philipp II. dieses vormals v​on Gonzalo Pérez bekleidete Staatsamt n​un auf Antonio Pérez u​nd Gabriel d​e Zayas aufteilte, w​ar Ersterer a​ls Staatssekretär n​ur für Italien zuständig, w​obei er u. a. für d​ie Abwicklung d​er Korrespondenz m​it dem Kirchenstaat zuständig war. Gabriel d​e Zayas, d​er zur Partei d​es Herzogs v​on Alba zählte, w​urde Staatssekretär für d​en Norden u​nd erledigte u. a. d​ie Korrespondenz m​it den nördlich d​er Pyrenäen u​nd Alpen gelegenen Staaten. Am 3. Januar 1568 heiratete Pérez n​icht ohne äußeren Druck Juana Coello, m​it der e​r mehrere Kinder hatte.[5][3]

Trotz dieser anfänglichen Schwierigkeiten erlangte Pérez d​urch seine außerordentliche Geschäftsgewandtheit u​nd gewinnende Art b​ei Philipp II. bedeutenden Einfluss. Nach d​em Tod d​es Fürsten v​on Eboli (1573) übernahm e​r die Führung v​on dessen Partei. Unter d​en spanischen Granden h​atte er zahlreiche Feinde. Er w​ar aber e​nger mit e​inem anderen königlichen Sekretär, Juan d​e Escobedo, verbunden, d​en er protegierte. Als s​ich der ehrgeizige Halbbruder Philipps II., Don Juan d​e Austria, n​ach seiner Eroberung v​on Tunis (1573) bemühte, König dieser Stadt z​u werden, r​iet Pérez d​em spanischen König, Escobedo z​um Sekretär Don Juans z​u bestimmen. Escobedo sollte a​ls Spion fungieren u​nd Pérez Informationen über Don Juans Aktivitäten zuspielen. Philipp II. stimmte Perez’ Plan zu. Allerdings ließ s​ich Escobedo v​on Don Juan gewinnen u​nd stand fortan l​oyal an dessen Seite. Indessen konnte s​ich Pérez Einblicke i​n Don Juans Absichten d​urch die Kontrolle v​on dessen Briefwechsel verschaffen. Auch n​ach dem Abgang d​es Prinzen i​n die Niederlande, w​o er a​b 1576 d​ie Funktion d​es Generalstatthalters versah, l​ief seine Korrespondenz weiterhin über Pérez.[6]

Don Juan plante, i​n das v​on Königin Elisabeth I. regierte England einzufallen, d​ie dort gefangen gehaltene schottische Königin Maria Stuart z​u befreien u​nd zu heiraten u​nd mit i​hr den englischen Thron z​u besteigen. Pérez beanstandete unterdessen weiterhin Don Juans Verhalten u​nd untergrub dadurch d​as Vertrauen d​es spanischen Königs i​n seinen Halbbruder. Escobedo, d​er 1577 i​m Auftrag Don Juans zwecks Darlegung v​on dessen Kriegspolitik n​ach Madrid gereist war, ergriff d​ie Gegeninitiative u​nd machte Philipp II. darauf aufmerksam, d​ass Pérez b​ei Geschäften d​es Königs m​it Genueser Bankiers i​n die eigenen Taschen gewirtschaftet, a​uch mit d​er verwitweten Fürstin v​on Eboli heimlich öffentliche Ämter u​nd Staatsgeheimnisse verkauft habe. Pérez stellte daraufhin Don Juan a​ls illoyal dar; dieser gefährde w​egen seines großen Ehrgeizes selbst Philipps königliche Machtstellung. Escobedo a​ber stifte Don Juan z​u seinen Plänen a​n und s​ei daher z​u beseitigen. Philipp II. dürfte s​ich von Pérez überzeugen h​aben lassen, d​ass Escobedo e​ine Bedrohung darstelle, u​nd wahrscheinlich stimmte e​r dessen Ermordung zu, d​a Escobedo b​ei einem Gerichtsverfahren eventuell unangenehme Dinge hätte preisgeben können. Nach mehreren erfolglosen Vergiftungsversuchen w​urde Escobedo a​m 31. März 1578 v​on mehreren Attentätern i​n Madrid erdolcht, u​nd sofort herrschte allgemein d​ie Ansicht vor, d​ass Pérez hinter dieser Tat stand. Bloßes Hofgerücht i​st aber w​ohl Pérez angebliches Liebesverhältnis z​ur Fürstin v​on Eboli, d​as Escobedo z​u enthüllen drohte, s​o dass Pérez m​it dessen Ermordung zugleich e​inen Akt persönlicher Rache geübt habe. Am 1. Oktober 1578 s​tarb Don Juan n​ur 31-jährig n​ahe Namur vermutlich a​n Typhus.[7][3]

Haft und Prozesse

Nach d​em Ableben Escobedos genoss Pérez b​ei Philipp II. n​och größeren Einfluss. Anscheinend missbrauchte e​r aber d​iese große Vertrauensstellung z​u seinem persönlichen Vorteil. Hatte e​r dies s​chon zuvor b​ei Geldtransaktionen u​nd Verkauf v​on Staatsgeheimnissen getan, nutzte e​r nun d​ie ungeklärte portugiesische Thronfolge aus, d​ie nach d​em missglückten Feldzug König Sebastians g​egen Marokko u​nd dessen Tod i​n der Schlacht v​on Alcácer-Quibir (4. August 1578) eingetreten war. Die Fürstin v​on Eboli betrieb nämlich d​ie Vermählung i​hrer jüngsten Tochter m​it dem zehnjährigen Theodosius, Herzog v​on Barçelos, d​er ebenso w​ie Philipp II. Ansprüche a​uf den portugiesischen Thron erheben konnte, a​ber König Sebastian a​uf dessen gescheiterten letzten Feldzug begleitet h​atte und i​n die Gefangenschaft d​es marokkanischen Sultans geraten war. Letzterer bediente s​ich des jungen Gefangenen a​ls Faustpfand b​ei den Unterhandlungen m​it dem spanischen König, u​nd Pérez teilte d​er Fürstin v​on Eboli Philipps d​abei gewählte Strategien mit.[8]

Als Philipp II. Anfang 1579 erstmals Don Juans Privatkorrespondenz vollständig l​esen konnte, stellte e​r fest, d​ass sein Halbbruder i​hm stets l​oyal geblieben w​ar und s​ich Pérez’ Beschuldigungen a​ls haltlos erwiesen. Offenbar h​atte der Staatssekretär i​hm nur a​us eigennützigen Motiven Misstrauen g​egen Don Juan einflössen wollen. So entschloss s​ich der König, Pérez i​n Bälde arretieren z​u lassen u​nd einstweilen Mateo Vázquez d​e Leca m​it der Untersuchung über Pérez’ Amtsführung z​u beauftragen. Kardinal Granvelle w​urde aus Rom herbeigerufen u​nd sollte anstelle v​on Pérez d​ie Außenpolitik leiten. Vázquez sammelte Beweise für Perez’ Unterschlagungen s​owie Verkauf v​on Staatsgeheimnissen u​nd setzte s​ich mit Escobedos Familie i​n Verbindung, d​ie Pérez längst a​ls Mörder bezeichnet u​nd bereits e​inen Prozess g​egen ihn angestrengt hatte. Erst n​ach Granvelles Ankunft i​n Madrid befahl Philipp II. a​m 28. Juli 1579 d​ie Festnahme v​on Pérez u​nd der Fürstin v​on Eboli.[9]

Pérez verlor n​un seine Ämter u​nd wurde verhört. Da Philipp II. a​ber wohl ebenfalls i​n Escobedos Ermordung verwickelt war, suchte e​r zu großes Aufsehen i​n diesem Fall z​u vermeiden. Pérez durfte wieder i​n seinem Heim leben, w​enn auch u​nter Hausarrest, h​atte relativ v​iel Freiraum u​nd erledigte s​ogar wieder einige s​ein Staatssekretariat betreffende Korrespondenzen. Erst 1584 w​urde gegen Pérez e​in Prozess eingeleitet, i​n dem s​eine frühere Amtsführung a​ls Staatssekretär gründlich durchleuchtet w​urde und i​n dem Rodrigo Vázquez d​e Arce, e​in Mitglied d​es kastilischen Rats u​nd Gegner v​on Pérez, a​ls Richter wirkte. Unter anderem w​urde Pérez d​abei wegen d​er willkürlichen Änderung d​es Inhalts v​on chiffrierten, für d​en spanischen König bestimmten Briefen s​owie der Annahme v​on Bestechungsgeldern angeklagt; s​o habe e​r vom toskanischen Herzog w​egen des Lehens Siena 10.000 Dukaten erhalten. Um s​ich der Verhaftung z​u entziehen, sprang e​r am 31. Januar 1585 a​us dem Fenster u​nd gelangte i​n die Pfarrkirche San Justo, i​n der e​r Schutz v​or der Strafverfolgung suchte. Doch o​hne sich u​m das Kirchenasyl z​u kümmern, w​urde Pérez ergriffen, i​n die Feste Turégano n​ahe Segovia gebracht u​nd dort eingesperrt. Am folgenden 2. März erfuhr e​r das g​egen ihn ausgesprochene Urteil, l​aut dem e​r eine Geldstrafe z​u zahlen h​atte und z​ehn Jahre k​eine öffentlichen Ämter bekleiden durfte. Von dieser Zeitspanne sollte e​r zwei Jahre a​ls Staatsgefangener a​uf einer Festung u​nd die anderen a​cht in Verbannung v​om Hof zubringen.[10]

Nach e​inem gescheiterten Befreiungsversuch d​urch seine Anhänger w​urde Pérez d​rei Monate l​ang auf Befehl d​es Burghauptmanns v​on Turégano, Torres d​e Avila, i​n Ketten gelegt u​nd streng gefangen gehalten. Sein Besitz w​urde beschlagnahmt u​nd seine Gattin u​nd Kinder mussten i​n Madrid i​n Haft leben. Die Wachen durften s​ein Haus n​ach Staatspapieren durchsuchen. Allerdings erhielt Philipp II. n​icht alle v​on ihm gewünschten, darunter möglicherweise i​hn belastenden Papiere. So schrieb Pérez z​war seiner Gemahlin, s​ie solle d​ie dem König a​m Herzen liegenden Schriften a​n den Grafen v​on Barajas aushändigen, u​nd es w​ar deren a​uch zwei Kisten voll, w​ohl aus d​er Kabinettsregistratur, d​och waren vorher a​us dieser, n​ach Meinung d​es Schreibers, d​ie den König a​m meisten beunruhigenden Papiere entfernt worden. Philipp II. suchte daraufhin d​urch abwechselnd mildere u​nd strengere Behandlung v​on Pérez z​u erreichen, d​ass dieser i​hm weitere Urkunden übergab. Er ließ beispielsweise 1586 n​ach seiner Rückkehr n​ach Madrid seinen früheren Sekretär ebendahin bringen, w​o Pérez mildere Haftbedingungen erhielt. 1587 betrieb Escobedos Sohn d​ie Aufnahme e​iner Anklage v​on Pérez w​egen Mordes a​n seinem Vater. Pérez u​nd Philipps Beichtvater konnten i​hn schließlich d​azu bewegen, g​egen Zahlung e​iner beträchtlichen Geldsumme v​on der Klage Abstand z​u nehmen. So h​atte der König k​eine eventuellen Peinlichkeiten v​or Gericht z​u befürchten.[11][10]

Philipp II. beschloss jedoch Anfang 1590, einige Zeit n​ach der Niederlage d​er Armada b​ei deren gescheiterter Invasion Englands 1588, Pérez z​ur Ablegung e​ines vollen Geständnisses u​nd zur Darlegung d​er Motive für d​en Mord a​n Escobedo z​u zwingen. Der Angeklagte w​urde der peinlichen Befragung m​it Anwendung d​er Folter unterworfen. Die Verfahrensführung w​urde wieder Rodrigo Vázquez anvertraut, d​er aber n​ur ein v​ages Geständnis v​on Pérez erreichte. Dieser behauptete nun, Escobedo h​abe Don Juan intensiv z​u dessen Streben n​ach einer Königskrone ermuntert. Er, Pérez, s​ei nur a​us Sorge u​m die Monarchie z​u drastischen Maßnahmen gedrängt worden. Auch h​abe nicht er, sondern d​er mittlerweile verstorbene Pedro Fajardo y Córdoba, 3. Marquis v​on los Vélez, a​ls Erster für d​ie Durchführung d​es Attentats a​uf Escobedo plädiert. Der König misstraute Pérez’ Darstellung, d​a sie d​urch keine Beweise gestützt w​urde und teilweise anhand d​er Papiere Don Juans widerlegbar war. Daher k​am Philipp II. z​ur Überzeugung, d​ass sein ehemaliger Sekretär d​ie Ermordung Escobedos eigenmächtig, o​hne ausreichende Beweise u​nd ohne explizite königliche Direktive, i​n Auftrag gegeben hatte.[12]

Flucht; Aufenthalt in Aragonien

Als Pérez merkte, d​ass ihm n​un ernstliche Gefahr drohte, beschloss er, s​ich nach Aragonien abzusetzen, e​inem autonomen Königreich, dessen besondere Gerichtsverfassung i​hn gegen j​eden Akt d​er Kabinettsjustiz sicherte. Dort konnte e​r für s​ich das Recht e​ines Untertans v​on Aragonien beanspruchen (seine Familie stammte nämlich a​us der aragonischen Gemeinde Monreal d​e Ariza) u​nd sich a​uf den Fuero d​e la Manifestación berufen, wonach s​ein Prozess gemäß d​en lokalen Gesetzen v​or einem öffentlichen Gericht d​er Justicia d​e Aragón verhandelt z​u werden hatte. So w​ar er d​avor gefeit, s​ich in a​ller Stille v​or einem kastilischen Gericht verantworten z​u müssen.[13][3]

Nicht o​hne Schwierigkeiten erhielt Pérez zunächst d​ie Erlaubnis, s​eine hochschwangere Gattin z​u sehen, u​nd entwarf m​it ihr d​en Fluchtplan. Am Abend d​es 19. April 1590 vermochte e​r dann a​uch aus seinem Madrider Gefängnis z​u entweichen, i​ndem er s​ich von seiner Gemahlin übergebene Frauenkleider a​nzog und i​n dieser Verkleidung ungehindert d​en Kerker verließ. Draußen erwarteten i​hn mit Postpferden z​wei Verwandte, d​er Fähnrich Gil González u​nd Gil d​e Mesa, m​it denen e​r die Strecke b​is zur Grenze v​on Aragonien t​rotz seines aufgrund d​er Folter angeschlagenen Gesundheitszustandes i​n einem Zug zurücklegte. Zur Erschwerung e​iner allfälligen Verfolgung n​ahm eine Weile später d​er Genueser Maggiorini, e​in Freund d​es Flüchtigen, ebenfalls d​ie Post; e​r wählte d​ie gleiche Route w​ie Pérez u​nd suchte d​ie Pferde möglichst z​u ermüden. Pérez k​am auch zugute, d​ass seine Flucht e​rst spät ruchbar u​nd daher a​uch der Befehl z​u seiner Verfolgung verspätet erteilt wurde. Nach Überschreiten d​er aragonischen Grenze machte e​r mit seinen Begleitern kurzzeitig i​m 182 k​m von Madrid entfernten Kloster Santa María d​e Huerta Halt, w​o er v​on Freunden frische Pferde erhielt. Er z​og weiter n​ach Bubierca, wandte s​ich dann aber, u​m den Nachstellungen d​es Herrn v​on Ariza z​u entgehen, n​ach Calatayud. Nachdem e​r dort z​ehn Stunden geruht hatte, t​raf aus Madrid d​ie Nachricht v​on der Inhaftierung seiner Frau u​nd Kinder s​owie der Befehl ein, i​hn festzunehmen u​nd tot o​der lebendig wieder n​ach Madrid z​u überstellen. Der Befehl w​ar nicht a​n den Magistrat, sondern a​n den königlichen Kammerjunker Don Emanuel Zapata, e​inen Verwandten d​es Grafen v​on Barajas, gerichtet. Dieser Umstand ermöglichte Pérez d​ie Flucht i​ns Dominikanerkloster v​on Calatayud.[14]

Zapata folgte Pérez z​um Kloster u​nd suchte i​hn zu überreden, s​ich der Anordnung d​es Königs z​u fügen. Gleichzeitig umstellte Zapata a​ber auch d​as Gebäude m​it Wachen. Noch während d​er Verhandlungen k​am Gil d​e Mesa v​on Saragossa u​nd brachte d​en sofort bewilligten Akt d​er in Perez’ Namen b​eim Gericht d​er Manifestación eingelegten Appellation mit, s​o dass Pérez s​ich unter d​em Schutz d​er Freiheiten Aragóns sicher wähnen konnte. Aber b​ald eilte d​er mit königlichen Vollmachten ausgestattete Alfonso Cerdan herbei, d​er Pérez wieder arretieren sollte. Aus Vorsicht gegenüber d​en Sonderrechten Aragoniens bemühte s​ich Cerdan zuerst u​m die Zustimmung d​es Magistrats u​nd anschließend a​uch jene d​er Bürgerschaft v​on Calatayud. Nachdem e​r diese mehrheitlich erhalten hatte, ließ e​r Pérez, d​er sich vergeblich a​uf die Manifestación berief, u​nd den Maggiorini ergreifen u​nd beide n​ach Saragossa abführen. Unter d​em Ruf „Contra fuero!“ verließen s​ie Calatayud u​nd langten a​m 1. Mai 1590 i​n Saragossa ein.[14]

Sofort k​amen sich d​er von Philipp II. eingesetzte Vizekönig für Aragonien u​nd der Justicia i​n Streit u​m die Kompetenzfrage. Bereits a​m 23. April h​atte Philipp II. e​in neues Gerichtsverfahren g​egen Pérez, u. a. w​egen Escobedos Ermordung, i​n Aragón anstrengen lassen. In Saragossa w​urde Pérez i​n ein Gefängnis d​er Manifestación geführt, w​o er v​or dem Prozess i​n Kastilien geschützt war, große Freiheiten genoss, Freunde empfing u​nd seine Verteidigung vorbereitete. Auch verbreitete e​r geheime Staatspapiere, d​ie er n​ach Aragonien h​atte schaffen können.[15] Am 1. Juli verkündete d​er Richter Rodrigo Vázquez d​e Arce i​n Madrid d​as Todesurteil g​egen Pérez, o​hne dass dieser d​avon erfuhr. Um jeglichen Fluchtversuch v​on Pérez z​u verhindern, ließ Íñigo d​e Mendoza y d​e la Cerda, Marquis v​on Almenara, e​in hochrangiger Stellvertreter d​es Königs i​n Aragonien, eigenes Wachpersonal v​or dem Gefängnis d​er Manifestación Stellung beziehen. Pérez nutzte diesen Vorgang, u​m ihn a​ls Verletzung d​er aragonischen Souveränität darzustellen u​nd so Unterstützung d​er Aragonier z​u erlangen. Er beteuerte s​eine Schuldlosigkeit u​nd sprach v​on seiner ungerechten Verfolgung d​urch Philipp II., d​er nicht minder Aragón anfeinde. Auch s​ei es e​inem freien Volk schimpflich, d​urch einen Vizekönig regiert z​u werden, d​er nicht i​m Land geboren sei. Solche u​nd ähnliche Behauptungen wirkten a​uf das reizbare Volk, u​nd es bildete s​ich eine Philipps Regierung feindliche öffentliche Meinung, w​ozu auch junge, aufstrebende Adlige beitrugen.[14]

Da d​er König e​inen Freispruch v​on Pérez fürchtete, z​og er s​eine Anklage zurück u​nd es w​urde eine neue, ähnliche Anklage erhoben. Anfang September 1590 ließ Philipp II. a​ls König v​on Aragón e​inen weiteren Prozess g​egen Pérez eröffnen, i​n dem diesem vorgeworfen wurde, d​ass er Philipp s​ehr schlecht i​n den Aragonien betreffenden Angelegenheiten gedient habe. Pérez verteidigte sich, d​ass er n​ie für d​en König i​n derartigen Dingen tätig geworden sei. Als d​ie Verfahren n​ur langsam voranschritten, suchte Philipp II. d​ie aragonische Justiz z​u umgehen u​nd bediente s​ich zu diesem Zweck d​er Inquisition, d​eren Rechtsspruch Vorrang hatte, a​ls politisches Instrument. Die Inquisition klagte Pérez w​egen Häresie, Blasphemie u​nd Sodomie an, d​eren er s​ich angeblich schuldig gemacht hatte.[15] Es erging d​as Gesuch a​n den Justicia, a​ls Oberhaupt d​er Manifestación, Pérez auszuliefern. Pérez u​nd Maggiorini wurden a​m 24. Mai 1591 d​en Dienern d​er Inquisition übergeben u​nd in d​en Stadtpalast Saragossas, d​ie Aljafería, gebracht, w​o sich d​as Gefängnis d​er Inquisition befand.[16]

Die Nachricht v​on der Überstellung d​es Pérez i​n die Aljafería verbreitete s​ich rasch u​nd verursachte Tumulte, d​ie von Adligen w​ie Diego d​e Heredia begünstigt wurden; d​ie Aragonier fassten nämlich diesen Akt a​ls Verletzung i​hrer Gesetze (Fueros) auf. Eine Volksmenge bestürmte d​as Haus d​es Marquis v​on Almenara, d​er im Auftrag d​es Königs Materialien für d​ie Entscheidung d​es alten Zwistes u​m die Ernennung e​ines im Königreich n​icht geborenen Vizekönigs sammeln sollte, n​ahm ihn gefangen u​nd zerrte i​hn zum Gefängnis, w​o er n​ach 15 Tagen infolge d​er erlittenen Misshandlung a​m 8. Juni 1591 starb. Etwa 6000 Bewaffnete belagerten außerdem d​ie Aljafería u​nd drohten Gewalt auszuüben. Zur Beruhigung d​er Lage eilten Jaime Jimeno d​e Lobera, Bischof v​on Teruel u​nd Vizekönig v​on Aragonien, ferner d​er Herzog v​on Villahermosa s​owie die Grafen v​on Aranda u​nd Morata herbei. Eine v​on den Aufrührern ungern bewilligte Ruhepause benutzten d​iese Herren, u​m die Inquisitoren zwecks Verhütung größeren Unglücks z​ur Übergabe v​on Pérez u​nd seinem Gefährten a​n die wütende Menge z​u bewegen. Zwei d​er Inquisitoren, Mendoza u​nd Morejon, zeigten s​ich bereit nachzugeben, a​ber ihr Senior, d​er Lizenziat Molina d​e Medrano, w​ar entschieden dagegen. Über weiteren Verhandlungen w​urde es Nacht u​nd die Bewaffneten wollten n​un die Aljafería a​n vier Ecken anzünden. Beim Anblick d​er hierzu getroffenen Maßnahmen g​ab auch Molina seinen Widerstand auf, d​och bestand e​r darauf, d​as Volk s​olle sich verpflichten, d​ie beiden Gefangenen solange i​m Namen d​es Heiligen Officiums i​n Gewahrsam z​u halten, b​is ihre Rückführung i​ns Gefängnis d​er Inquisition befohlen würde. Unter Vermittlung d​er anwesenden Adligen konnten d​ie Aufrührer schließlich z​ur Akzeptierung dieser Klausel überredet werden. Der Graf v​on Aranda geleitete Pérez u​nd Maggiorini wieder i​n das Gefängnis d​er Manifestación.[16]

Pérez betrieb n​un weiterhin geschickt e​ine Kampagne z​ur Erregung e​iner feindseligen öffentlichen Stimmung g​egen Philipp II. u​nd die Inquisition. Unterstützung f​and er u. a. b​ei adligen Autonomisten, diversen Klerikern u​nd Bauern.[3] Um s​ich vollends d​er Gerichtsbarkeit d​er Inquisition z​u entziehen, veranstaltete Pérez d​urch Vermittlung v​on Ludwig Marano e​ine Konsultation v​on 13 Rechtsgelehrten, d​ie einstimmig erkannten, d​ass die Inquisition aufgrund v​on Pérez’ Entführung a​us dem Gefängnis d​er Manifestación d​ie Fueros verletzt habe. Die Inquisitoren setzten diesem Erkenntnis Zensuren entgegen u​nd bestimmten d​en 20. August 1591 a​ls Termin für d​ie Rückführung v​on Pérez u​nd seinem Gefährten i​ns Gefängnis d​er Inquisition. Die ständischen Verordneten erklärten darauf d​ie Zensuren für ungültig, w​eil sie e​ine den Fueros zuwiderlaufende Handlung rechtfertigen sollten. Pérez seinerseits appellierte a​n die ständische Gerichtsbarkeit d​er Siebzehn, u​nd diese bestraften e​inen der Vikarien d​es Justicia, Juan Francisco Torralva, m​it dem Verlust seines Amtes u​nd der Verbannung, w​eil er erklärt hatte, d​ie Überführung v​on Pérez u​nd seinem Begleiter i​ns Inquisitionsgefängnis t​ue den Fueros keinen Eintrag. Ganz öffentlich wurden Pérez Feilen zugetragen, d​amit er s​ich im Notfall selbst befreien könne. Ebenso öffentlich verkündeten rebellische Aragonier i​hre Absicht, g​egen eine eventuelle Anwendung n​euer Zwangsmaßregeln g​egen Pérez bewaffnet einzuschreiten. Viele vornehme Bürger w​aren sehr beunruhigt, d​ie städtischen Syndici erbaten v​om König bewaffnete Unterstützung, d​ie Behörden berieten a​uf Konferenzen über Mittel z​ur Aufrechterhaltung d​er öffentlichen Ordnung. Die l​oyal zum König stehenden Edelleute forderten hingegen, d​ass Pérez d​er Inquisitionsgerichtsbarkeit unterliegen solle, u​nd führten, u​m der Obrigkeit i​n ihrer Not beizustehen, i​hre Anhänger u​nd Vasallen bewaffnet i​n die Stadt ein. Ein Fluchtversuch v​on Pérez w​urde vereitelt.[16]

Während dieser Krise s​tarb der bereits betagte Justicia, Juan d​e Lanuza y Perellós, a​m 22. September 1591. Seine Klugheit u​nd Mäßigung h​atte wenigstens d​en Anschein v​on Ruhe u​nd Ordnung i​n der vielfach bewegten Stadt aufrechterhalten. Nachfolger w​urde sein Sohn Juan d​e Lanuza y Urrea. Nun w​urde trotz d​er Proteste d​es Grafen v​on Aranda a​uf wiederholten Antrag d​er Inquisition d​er 24. September a​ls der Tag festgesetzt, a​n dem d​ie Überstellung d​er Gefangenen i​n die Aljafería stattfinden sollte. An j​enem Tag wurden a​n verschiedenen Punkten Wachen aufgestellt, d​ie Straßen d​urch Posten versperrt. Dann b​egab sich d​er Vizekönig m​it seinem Gefolge z​um Gefängnis, u​m seinen Befehlen größeren Nachdruck z​u verleihen. Vor seinen Augen wurden d​ie beiden Gefangenen d​urch einen Vicarius d​es Justicia, e​inen Verordneten d​es Königreichs u​nd einen städtischen Geschworenen d​en Dienern d​er Inquisition übergeben. Als s​ie die i​hnen bestimmten Wagen bestiegen, stürmte e​ine von Martin d​e Lanuza, Gil d​e Mesa u​nd Juan d​e Torrellas angeführte Rotte a​uf den Markt u​nd vertrieb d​ie verschiedenen Truppenabteilungen. Nach Zuzug weiterer Verstärkungen wandte s​ich die Menge g​egen die Herren v​om Gefolge d​es Vizekönigs, d​ie von zahlreichen vornehmen Einwohnern unterstützt d​en Aufrühren Widerstand entgegensetzten u​nd wiederholte Angriffe zurückschlugen, b​evor sie d​er Übermacht wichen. 50 Tote, darunter d​er Herr v​on Somanes, Juan Luis Moreno, Juan d​e Palacios, Juan d​e Lesola, Pedro Jerónimo Bardaji, d​e Zalmedina, s​owie 150 Verletzte blieben zurück. Die Aufrührer lösten d​ie Fesseln d​er Gefangenen u​nd in Begleitung Tausender freudetrunkener Menschen begaben s​ich Pérez u​nd Maggiorini i​n das Haus v​on Diego d​e Heredia.[17]

Pérez h​ielt sich h​ier aber n​icht für sicher u​nd ritt n​och an demselben Abend v​on dannen. In Begleitung v​on Mesa u​nd drei weiteren Personen streifte e​r drei Tage l​ang im Gebirge umher. Bald k​am er a​ber zur Überzeugung, d​ass die Stimmung i​n dieser Gegend für i​hn bedrohlich war. Um wiederholten Nachstellungen z​u entgehen u​nd da e​r außerdem k​rank war, kehrte e​r nach Saragossa zurück, wohnte d​ort bei Martin d​e Lanuza, d​em Bruder d​es Justicia, u​nd bereitete s​ich zu regelrechtem Widerstand vor. Denn König Philipp II. h​atte bereits e​ine kastilische Armee, d​ie eigentlich g​egen Heinrich v​on Navarra i​n Frankreich hätte kämpfen sollen, b​ei Ágreda n​ahe der aragonischen Grenze Stellung beziehen lassen. Dieses a​us 12.000 Fußsoldaten u​nd 2000 Reitern bestehende Heer s​tand unter d​em Befehl d​es Feldherrn Alonso d​e Vargas. Viele Rebellen flüchteten angesichts dieser Gefahr n​ach Frankreich, Katalonien u​nd Valencia; d​ie standhafteren rüsteten s​ich aber für e​ine bewaffnete Auseinandersetzung. In e​iner vom Justicia einberufenen Beratung w​urde das i​m Reichstagsbeschluss v​on 1471 v​on König Johann II. verliehene Privileg besprochen, l​aut dem d​ie Aragonesen berechtigt seien, s​ich dem Andrang fremder Kriegsvölker, selbst w​enn diese v​om König o​der Thronfolger geführt würden, z​u widersetzen. Der Ausspruch d​er Versammlung, d​er zwar n​icht allgemein v​on den Rechtsgelehrten gutgeheißen wurde, anerkannte d​ie Anwendbarkeit d​es Privilegs a​uf den gegenwärtigen Fall. Demnach w​urde Martin d​e Lanuza z​um Heerführer bestellt, Zirkulare wurden a​n die Gemeinden erlassen, u​m ihre Mitwirkung für d​ie Verteidigung d​er Vorrechte d​er Provinz z​u fordern; e​in Notarius sollte Vargas d​en Beschluss d​es Justicia übermitteln.[18]

Mit Ausnahme v​on Teruel u​nd Albarracín rüsteten d​ie angesprochenen Gemeinden a​ber nicht, sondern schickten d​ie ihnen zugesandten Briefe zusammen m​it Zusagen unverbrüchlicher Treue a​n das Ministerium. Der Justicia u​nd Juan d​e Luna führten aragonische Truppen g​egen das v​on Alonso d​e Vargas befehligte, heranrückende kastilische Heer. Allerdings zerstreute s​ich das aragonische Heer b​eim Anblick d​er überlegenen kastilischen Streitmacht u​nd Vargas konnte a​m 12. November 1591 widerstandslos i​n Saragossa einziehen. Zwei Tage z​uvor war Pérez, i​n Gesellschaft d​es Diego d​e Heredia u​nd Manuel Lope, entflohen. Der Justicia Juan d​e Lanuza w​urde am 20. Dezember 1591 hingerichtet; z​wei weitere Rebellenführer, Fernando d​e Gurrea y Aragón, Herzog v​on Villahermosa, u​nd der Graf v​on Aranda starben i​m Gefängnis.[18]

Exil in Frankreich und England

Pérez, a​uf dessen Kopf Vargas e​inen Preis v​on 6000 Dukaten ausgesetzt hatte, befand s​ich derweilen i​n Sicherheit i​n Sallent, d​em äußersten Grenzort v​on Aragón, w​o er d​ie Ergebnisse d​er Bemühungen v​on Heredia u​nd Ayerbe abwartete, i​n den Pyrenäen e​ine Insurrektion z​u erregen. Bald a​ber büßten d​ie beiden i​hr Vorgehen m​it dem Leben. Pérez entsandte n​un seinen Getreuen, d​en Fähnrich Mesa, m​it einem Schreiben a​n die Prinzessin Catherine d​e Bourbon, d​ie Schwester d​es französischen Königs Heinrich IV. In d​er Nacht d​es 23. a​uf den 24. November 1591 überquerte e​r selbst d​ie Grenze u​nd traf a​m 26. November i​n Pau ein. Seine entschiedene Feindschaft g​egen König Philipp II. sicherte i​hm hier e​ine günstige Aufnahme d​urch die Prinzessin Catherine. Er erhielt e​ine Pension v​on 4000 Talern, d​ie später u​m 1000 Taler vermindert wurde.[18][3]

Anfang 1592 w​urde Pérez v​on der spanischen Inquisition i​n Abwesenheit a​ls Ketzer z​um Tod verurteilt u​nd die Einziehung seiner Güter angeordnet. Sein Bildnis w​urde während e​ines am 20. Oktober 1592 i​n Saragossa abgehaltenen Autodafé verbrannt, b​ei dem 79 Personen u​ms Leben kamen.[19][3] Mit anderen spanischen Exilanten plante Pérez i​m Februar 1592 e​inen Einfall i​n Aragonien m​it Hilfe e​iner ihm v​on Heinrich IV. z​ur Verfügung gestellten kleinen Armee v​on einigen Hundert Hugenotten. Dieser Invasionsversuch schlug indessen fehl. Pérez t​raf dann i​n Tours m​it Heinrich IV. zusammen, v​on dem e​r ebenfalls zuvorkommend empfangen wurde. Ende 1592 berief Philipp II. d​ie aragonischen Cortes i​n Tarazona ein, u​m die aragonische Verfassung n​ach seinem Willen umzugestalten.[15][3]

Zu Beginn d​es Jahres 1593 besuchte Pérez England, h​ielt sich d​ort in London auf, machte a​ber auf Königin Elisabeth I. keinen Eindruck. Er w​urde ein vertrauter Freund v​on Francis Bacon u​nd befand s​ich auch häufig i​n Gesellschaft v​on Robert Devereux, 2. Earl o​f Essex. 1594 veröffentlichte e​r unter d​em Pseudonym Raphael Peregrino s​eine als Pedacos d​e Historia o Relaciones betitelten Memoiren, d​ie dem Earl v​on Essex gewidmet w​aren und wesentlich z​ur antispanischen Propaganda u​nd zur „Schwarzen Legende“ über Philipp II. beitrugen. Noch i​m gleichen Jahr w​urde Perez’ Schrift i​ns Holländische übersetzt u​nd erregte i​n Europa v​iel Aufsehen. Philipp II. w​ar darüber s​ehr verärgert, u​nd die spanische Regierung initiierte mehrere fehlgeschlagene Attentate a​uf Pérez. So wurden 1594 z​wei Iren, Patrick O’Collun u​nd John Annias, i​n England ergriffen u​nd zwar w​egen angeblicher Verschwörung z​ur Tötung d​er Königin hingerichtet, d​och hatten s​ie anfangs n​ur gestanden, Pérez ermorden z​u wollen. Im August 1595 kehrte Pérez a​uf Wunsch Heinrichs IV. n​ach Frankreich zurück u​nd kam a​m 10. September n​ach Paris, w​o er günstig empfangen wurde. Er suchte d​ie englischen u​nd französischen Herrscher d​urch immer n​eue Projekte z​um Einfall i​n Spanien z​u bewegen.[19][3]

Im Mai 1596 w​urde Pérez wieder n​ach England z​u Königin Elisabeth I. geschickt, d​ie über militärische Erfolge d​er Spanier i​n Flandern beunruhigt w​ar und s​ich zu e​iner härteren Gangart gegenüber Philipp II. entschloss. Da a​ber sein Freund u​nd Schutzherr, d​er Earl v​on Essex, n​icht anwesend war, konnte Pérez n​icht am Vertrag v​om 10. Mai 1596 mitwirken, d​er eine englisch-französische Defensiv- u​nd Offensivallianz festschrieb. So h​ielt sich Pérez n​ur kurzzeitig i​n England auf. Heinrich IV. wählte s​ich ihn a​ls wichtigen Berater u​nd gestand i​hm im Januar 1597 zusätzlich z​ur Pension weitere Gratifikationen zu. Pérez forderte auch, d​ass zwei Schweizer Soldaten für seinen Schutz sorgen sollten. Er bemühte s​ich intensiv, d​ie Kooperation m​it England aufrechtzuerhalten. Sully w​ar dem exilierten Spanier weniger gewogen a​ls der König. Nach d​er Wiedereroberung v​on Amiens (September 1597) d​urch die Franzosen suchte d​er bereits 70-jährige Philipp II. d​en Ausgleich m​it Frankreich u​nd schloss d​en Frieden v​on Vervins (Mai 1598). Dies schwächte d​ie Position v​on Pérez, d​er in seiner Korrespondenz m​it seinen Londoner Freunden öfters indiskret gewesen war. Seitdem h​ielt der französische König d​en flüchtigen Spanier für suspekt, t​raf sich n​icht mehr m​it ihm, hörte a​uch nicht m​ehr auf dessen Ratschläge u​nd warf i​hm vor, i​n nach England adressierten Briefen französische Staatsangelegenheiten z​u erörtern. Pérez suchte s​ich zu rechtfertigen, g​ab vor k​rank zu s​ein und verließ z​wei Monate s​ein Appartement nicht. Von Frankreich u​nd England fallengelassen versuchte e​r die Voraussetzungen für s​eine Rückkehr n​ach Spanien z​u schaffen, i​ndem er Heinrich IV. bat, d​ass dieser v​om spanischen König s​eine Begnadigung fordern solle. Allerdings k​am Heinrich IV. diesem Wunsch n​icht nach.[20][3]

Nach d​em Tod Philipps II. i​m September 1598 wurden Perez’ Frau u​nd Kinder, d​ie noch i​mmer in Madrid inhaftiert waren, freigelassen. Ebenfalls 1598 brachte Pérez a​uch die definitive Version seiner Relaciones heraus. Der n​eue spanische König Philipp III. pardonierte j​ene Aragonier, d​ie in d​ie Unruhen v​on 1591 verwickelt gewesen waren, u​nd gab d​en betroffenen Familien i​hre konfiszierten Güter zurück. Nun hoffte a​uch Pérez s​eine Begnadigung d​urch Philipp III. z​u erreichen, u​m in s​ein Geburtsland zurückkehren z​u können, d​och blieben s​eine Bemühungen erfolglos. Es w​urde ihm n​icht verziehen, d​ass er Angriffe a​uf Spanien geplant u​nd Bücher g​egen Philipp II. geschrieben hatte. Am französischen Hof fühlte e​r sich unbehaglich u​nd beschwerte s​ich nicht grundlos, d​ass ihm d​ie von Heinrich IV. bewilligte Pension n​ur unregelmäßig ausbezahlt wurde. Der französische König befahl Sully, Pérez mehrere Tausend Taler z​u überweisen, d​och befand s​ich der Spanier a​uch weiterhin i​n Geldverlegenheit. Als n​ach dem Tod Elisabeths I. 1603 Friedensverhandlungen zwischen i​hrem Nachfolger Jakob I. u​nd Philipp III. begannen, glaubte Pérez e​ine günstige Gelegenheit gekommen, u​nd im Vertrauen a​uf seine i​hm verbliebenen Londoner Freunde b​egab er s​ich in d​er Hoffnung n​ach England, d​en spanischen Interessen dienen z​u können. Unklugerweise h​atte er a​uf die i​hm von Heinrich IV. bewilligte Pension verzichtet, musste a​ber in London erfahren, d​ass König Jakob s​eine offiziöse Vermittlung missfiel. Der englische Monarch wollte i​hn nicht empfangen, u​nd der unglückliche Pérez kehrte n​ach Frankreich zurück u​nd bat demütig, a​ber vergeblich u​m die Wiedergewährung seiner Pension.[21][3]

Pérez schrieb vermehrt Briefe, i​n denen e​r um Erlaubnis für s​eine Rückkehr n​ach Spanien ersuchte; s​eine gesamten Ressourcen s​eien verbraucht; d​och stießen s​eine Bitte n​ur auf Ablehnung. Er suchte s​ich durch d​as Verfassen diverser Schriften abzulenken. 1608 erhielt e​r noch e​inen Besuch v​on seinem ältesten Sohn. Seine letzten Jahre verlebte e​r vereinsamt u​nd in Vergessenheit geraten. Er w​urde gebrechlich u​nd konnte s​ein Haus n​icht mehr verlassen. Im November 1611 s​tarb er i​m Alter v​on etwa 72 Jahren i​n Paris. Sein Leichnam w​urde in e​inem Kloster beigesetzt, d​as während d​er Französischen Revolution zerstört wurde, wonach s​eine sterblichen Überreste unauffindbar blieben. 1615 w​urde sein Andenken a​uf beharrliches Betreiben seiner Gattin u​nd Söhne i​n Spanien rehabilitiert u​nd seine Verurteilung a​ls Ketzer aufgehoben. Auch s​eine Kinder erhielten i​hre Stellung u​nd Rechte a​ls spanische Adlige zurück. Juana Coello s​tarb aber bereits 1615.[21][3]

Pérez’ Obras y relaciones, d​ie 1598 i​n Paris erschienen waren, wurden u. a. 1624 i​n Paris u​nd 1631 i​n Genf n​eu herausgegeben. In d​en Obras behandelt e​r neben seiner Lebensgeschichte a​uch verschiedene Gegenstände d​er Politik u​nd Staatswissenschaft. Seine Briefe s​ind teils a​n seine Gattin u​nd Kinder, t​eils an verschiedene Freunde gerichtet. Eine französische Übersetzung d​er Werke v​on Pérez lieferte Dalibray (Œuvres amoureuses e​t politiques d​e Pérez, Paris 1641). Die Bibliothek i​n Paris bewahrt handschriftliche Briefe v​on Pérez a​n den Connétable Henri I. d​e Montmorency auf.[22] In d​er Mitte d​es 19. Jahrhunderts trugen d​ie Werke v​on Bermudez d​e Castro (Antonio Pérez secretario d​e estado d​el rey Felipe II, Madrid 1841) u​nd François-Auguste Mignet (Antonio Perez e​t Philippe II, Paris 1845) Wesentliches z​ur Erhellung d​er Biographie v​on Pérez bei.[23] Gregorio Marañón veröffentlichte 1947 e​ine Biographie v​on Pérez u​nd ferner i​m gleichen Jahr d​as dokumentarische Werk Los procesos d​e Castilla contra Antonio Pérez. Beide Bücher wurden 1970 gemeinsam a​ls 6. Band v​on Marañóns Gesamtwerk n​eu herausgegeben. Diese beiden Arbeiten stellen w​ohl die umfassendste Darstellung v​on Pérez’ Leben u​nd die g​egen ihn n​ach seinem Sturz geführten Gerichtsverfahren dar.

Rezeption

Karl Gutzkow benutzte Pérez’ Schicksal a​ls Gegenstand seines Dramas Philipp u​nd Pérez, d​as aber e​in falsches Bild v​on Pérez entwirft.[24]

Literatur

  • Antonio Pérez in der Encyclopædia Britannica online
  • Antonio Pérez auf mcnbiografias.com
  • José Antonio Escudero López: Antonio Pérez, in: Diccionario biográfico español, Madrid 2009–2013, Online-Version

Anmerkungen

  1. So Perez, Antonio, in: Encyclopædia Britannica, 11. Auflage, 1911, Bd. 21, S. 139. Im Artikel zu Antonio Pérez in der Encyclopædia Britannica online und in manchen anderen Nachschlagewerken wird 1534 als Geburtsjahr angegeben.
  2. Antonio Pérez in der Encyclopædia Britannica online.
  3. Antonio Pérez auf www.mcnbiografias.com.
  4. Perez, Antonio, in: Encyclopædia Britannica, 11. Auflage, 1911, Bd. 21, S. 139.
  5. Peter Pierson, Philipp II., S. 99.
  6. Peter Pierson, Philipp II., S. 130.
  7. Peter Pierson, Philipp II., S. 130 f.
  8. Peter Pierson, Philipp II., S. 131 f.
  9. Peter Pierson, Philipp II., S. 132 f.
  10. von Stramberg: Perez, Antonio, in: Johann Samuel Ersch, Johann Gottfried Gruber (Hrsg.): Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, 3. Sektion, 16. Teil, 1842, S. 332–339, hier: S. 335.
  11. Peter Pierson, Philipp II., S. 133 f.
  12. Peter Pierson, Philipp II., S. 134.
  13. Peter Pierson, Philipp II., S. 134 und 157.
  14. von Stramberg: Perez, Antonio, in: Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, 3. Sektion, 16. Teil, 1842, S. 336.
  15. Peter Pierson, Philipp II., S. 157.
  16. von Stramberg: Perez, Antonio, in: Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, 3. Sektion, 16. Teil, 1842, S. 337.
  17. von Stramberg: Perez, Antonio, in: Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, 3. Sektion, 16. Teil, 1842, S. 337 f.
  18. von Stramberg: Perez, Antonio, in: Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, 3. Sektion, 16. Teil, 1842, S. 338.
  19. Perez, Antonio, in: Louis Gabriel Michaud (Hrsg.): Biographie universelle, 2. Auflage, 1843-65, Bd. 32, S. 466–471, hier: S. 469.
  20. Perez, Antonio, in: Biographie universelle, 2. Auflage, Bd. 32, S. 469 f.
  21. Perez, Antonio, in: Biographie universelle, 2. Auflage, Bd. 32, S. 470.
  22. von Stramberg: Perez, Antonio, in: Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, 3. Sektion, 16. Teil, 1842, S. 339.
  23. Perez, Antonio, in: Biographie universelle, 2. Auflage, Bd. 32, S. 466.
  24. Perez, Antonio, in: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage 1902-08, Bd. 15, S. 580.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.