Andreas Wigand

Andreas Wigand (* 10. November 1606 i​n Fulda; † 13. Juni 1674 i​n Jena[1]) w​ar ein deutscher Geistlicher u​nd Theologe, d​er durch seinen Austritt a​us dem Jesuitenorden u​nd seine Konversion z​ur lutherischen Kirche e​ine publizistische Kontroverse auslöste.

Titelblatt der Wiederruffs-Predigt Andreae Wigandi, Jena 1671

Leben

Wigand studierte a​m päpstlichen Kolleg d​es Hochstifts Fulda. 1626 t​rat er i​n Trier i​n den Jesuitenorden ein.[2] Anschließend studierte e​r Mathematik b​ei Athanasius Kircher i​n Würzburg. Mit Kircher g​ing er w​egen des Dreißigjährigen Kriegs 1631 n​ach Frankreich u​nd blieb a​uch später m​it ihm i​m Briefwechsel. 1642 erlangte e​r in Mainz d​en Magistergrad i​n Philosophie.[3] Er w​ar als Domprediger u. a. i​n Mainz, Würzburg, Speyer u​nd Worms tätig u​nd als Rhetorik- u​nd Theologieprofessor i​n Fulda, Molsheim u​nd Erfurt. In Erfurt w​ar er Akademischer Geheimer Rat.

Am 1. Junijul. / 11. Juni 1671greg., Christi Himmelfahrt n​ach lutherischem Kalender,[4] s​tand sein Konversionsentschluss fest, u​nd zwei Tage später verließ e​r unbemerkt d​ie Erfurter Jesuitenniederlassung u​nd reiste n​ach Jena.[5] Am 9. Juli desselben Jahres h​ielt er i​n der Stadtkirche Jena i​n Anwesenheit d​es Herzogs Bernhard v​on Sachsen-Jena s​eine Wiederruffs-Predigt, i​n der e​r die Gründe für s​eine Konversion darstellte. Die Predigt w​urde in großen Auflagen gedruckt u​nd mit e​iner in Mainz gedruckten anonymen Widerlegung v​on jesuitischer Hand – Wigand vermutete Vitus Erbermann a​ls Autor[6] – beantwortet. Es folgten e​ine Apologie Wigands u​nd weitere Antworten d​er Gegenseite. An d​er Kontroverse beteiligte s​ich auch d​er zur katholischen Kirche konvertierte Landgraf Ernst v​on Hessen-Rheinfels.[7]

In Jena w​urde Wigand Konsistorialrat d​er Landeskirche u​nd Professor d​er Universität.

Am 15. Februar 1672 heiratete er, 65-jährig, Christophora Anna Herbert,[8] w​as von seinen Gegnern a​ls eigentliches Motiv seiner Konversion dargestellt wurde.

1673 leitete e​r die heimliche Trauung Herzog Bernhards m​it Maria Elisabeth v​on Kospoth, d​urch die dieser, t​rotz seiner ungeschiedenen Ehe m​it Marie Charlotte d​e la Trémoille, d​as Liebesverhältnis z​u legitimieren suchte.[9]

Andreas Wiegand w​urde nach seinem Tod i​n der Universitätskirche Jena beigesetzt. Die Inschrift d​es Epitaphs n​ennt seine Frau a​ls Stifterin.

Veröffentlichungen

  • von Wigand:
    • Sermo Revocatorius, Das ist: Widerrufs-Predigt Andreae Wigandi, Auf unterschiedlichen Thum-Cantzeln, als Mäintz, Würtzburg, Speyer, Worms, Erfurth, wie auch zu Fulda und anderwerts gewesenen Predigers, Philosophiae in Franckreich und Mäintz ins vierdte mahl, hernach aber SS. Theologiae zu Fulda, Molsheim und Erfurth Professoris Publici, der Theologischen Facultät daselbsten Decani und Pro-Decani, Consilii Secreti Academici Assessoris: Darinn seines von dem Pabstthum Abfalles, und aus dem Jesuiten Orden Austrits motiva, bewegliches Bedencken, und erhebliche Ursachen eingeführet, erkläret und der gantzen Welt fürgestellet und kund gemachet werden, Zu Jena in der Haupt-Kirchen vor der allda versamleten Christlichen Gemeine, insonderheit in Gegenwart ... Bernharden, Hertzogen zu Sachsen ... Den 9. Iulii im Jahr 1671. war der dritte Sontag nach Trinitatis, und das Evangelium vom verlohrnen Schaff, gehalten, Permissu & Consensu Collegii Theologici in illustri Academia Ienensi. Jena 1671 (Digitalisat)
    • Apologia, Das ist: Schutz-Rede/ und Verantwortung Andreae Wigandi Theologi & Concionatoris, Der Maintzischen und Ober-Rheinischen Jesuiter Schmach-Wiederlegung/ Wie auch Des Herrn Landgraff Ernsten zu Hessen/ Uber seine Wiederruffs-Predigt an den Freyherrn von Boyneburg Abgangenem Bedencken Entgegen gesetzt: in Druck verfertigt/ und in drey Theil getheilt. Im Ersten Wird der Mäintzischen Jesuiter Scommatische Widerlegung/ Im Andern Des Herrn Landgraff Ernsten Bedencken beantwortet/ Im Dritten Werden des Wigandi motiva gründlich erkläret .... Jena 1672 (Digitalisat)
  • über Wigand:
    • Sermo Revocatorius, Das ist: Wiederruffs-Predigt Andreae Wigandi: Darinne seines von dem Pabsthumb leydigen Abfalles, und auß dem Jesuiten-Orden ärgerlichen Außtritts ungründliche Motiva, unbewegliches Bedencken, und unerhebliche Ursachen eingeführet, erkläret, aber nicht bewiesen, und der ganzen Welt fürgestellet, und kund gemachet werden. Zu Jena in der Haupt-Kirchen vor der allda versammleten Christlichen Gemeine etc. den 9. Julii im Jahr 1671, war der 3. Sonntag nach Trinitatis, und das Evangelium vom verlohrnen Schaff, gehalten. Permissu & consensu Collegii Theologici in Illustri Academia Jenensi. Jetzund verbessert, vermehrt und wiederlegt. Mainz 1671 (Digitalisat)
    • Ernst von Hessen-Rheinfels: Wohlgemeintes unmasgebliches Bedencken über den Abtritt des gewesenen Jesuiters Patris Andreae Wigands, welcher sich seithero kurtzem nach Jena unter Chur- und Fürstl. Sächs. Schutz begeben hat, an den Frh. v. Boyneburg. Rheinfels 1671
    • Andreae Wigands und seiner Liebsten Naunburgischen Bier-Annen Buhlschafft. Anno 1671. Spottschrift (Digitalisat)
    • Deß Fürstlichen Hessen-Rheinfelsischen Secretarii gründliche Widerlegung deß zweyten Theils der so genannten Apologiae deß jüngsthin auß dem Jesuiter-Orden getrettenen Andreae Wigands, welcher sich jetzo zu Jena aufhält. Rheinfels 1672
    • Warhaffte Widerlegung Der ungegründten Ursachen/ Die Andreas Wigand Mit Unwarheit/ Schmähung/ und Aergernüß in seiner Verantwortungs-Schrifft zum andernmahl vorwendet: Warumb er nicht allein aus seinem Orden/ sondern auch von der Catholischen Religion abgetretten. Mainz 1672 (Digitalisat)
    • Johannes Schlemm: Christlich und Seelig vollbrachter Kampf und Lebenslauff Des ... Herrn Andreae Wigandi, der H. Schrifft Licentiati und des Hochlöbl. Ober-Consistorii alhie gewesenen Adsessoris, Vormahls Im Pabstthum hochverordneten Thumpredigers zu Mäintz/ Würtzburg/ Speyer/ Worms/ Erfurt [et]c. ...: Wie derselbige am 17. Iunii ... zur Erden bestattet wurde/ Erkläret und dargethan aus dem Spruch Pauli 2. Tim. IV. Ich habe einen guten Kampf gekämpffet etc. Jena 1674 (Digitalisat)
    • Heinrich von der Lith: Dancksagungs-Rede/ Welche Bei Hochansehnlicher und Volckreicher Leich-Begängnüß Des Weiland HochEhrwürdigen/ Großachtbahrn und Hochgelahrten Herrn Andreae Wigandi, Der Heil. Schrifft weitberühmten Licentiati, auch hiesiges Hochlöbl. Fürstl. Sächs. Ober-Consistorii hochverordneten Assessoris, In der CollegienKirche Der Weltberühmten Universität Jena ablegte M. Heinrich von der Lith. Jena 1675 (Digitalisat)
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Einzelnachweise

  1. Daten und Geburtsort nach dem Epitaph; Sterbeort nach Jakob Dominikus: Erfurt und das Erfurtische Gebiet. Gotha 1793, S. 476
  2. Wiederruffs-Predigt S. 15
  3. John Edward Fletcher: A Study of the Life and Works of Athanasius Kircher, ′Germanus Incredibilis′. Leiden 2011, S. 251–252
  4. In den lutherischen Territorien galt damals staatlich und kirchlich noch der Julianische Kalender.
  5. Wiederruffs-Predigt S. 20–23
  6. Apologia, Teil II, S. 3. Der Autor der Warhafften Widerlegung gibt sich als Jugendfreund und Mitbruder Wigands zu erkennen (Vorrede an den günstigen Leser). Erbermann schrieb auch offen gegen Wigand (Lutherische Schrifft-Folter, 1672)
  7. s. Lit.
  8. Landesarchiv Baden-Württemberg
  9. Stefanie Walther: Die Beziehung des Herzogs zu Maria Elisabeth von Kospoth – eine bigamistische Eskapade. In: Die (Un-)Ordnung der Ehe. Normen und Praxis ernestinischer Fürstenehen in der Frühen Neuzeit. München 2011, S. 92–100
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