Anastasia Biefang
Anastasia Biefang (* 13. Juni 1974 in Krefeld) ist ein Oberstleutnant der Luftwaffe der Bundeswehr. 2017 wurde sie die erste offen transgeschlechtliche Bataillonskommandeurin der deutschen Streitkräfte.
Bundeswehr
Biefang wurde am 4. Juli 1994 zum Grundwehrdienst in die Bundeswehr eingezogen.[1] Sie unterlag der damaligen allgemeinen Wehrpflicht für Männer. Ihre Grundausbildung absolvierte sie in der 10. Kompanie des Luftwaffenausbildungsregiment 2 in der Nassau-Dietz-Kaserne in Budel in den Niederlanden. Anschließend wurde sie im Luftwaffenunterstützungsregiment in der Luftwaffenkaserne in Köln verwendet. Nach bestandener Offizierbewerberprüfung wechselte Biefang im Oktober 1995 die Laufbahn, wurde Soldatin auf Zeit und Offizieranwärterin. Sie absolvierte die Offizierausbildung im 74. Offizierlehrgang der Offiziere des Truppendienstes der Luftwaffe in der 2. Inspektion der Offizierschule der Luftwaffe in Fürstenfeldbruck. Im Juli 1996 führte sie, als Angehörige des Dienstbereichs des Fernmeldedienstes der Luftwaffe, ihr Truppenpraktikum im Fernmeldesektor 125 des Fernmelderegiments 12 der Luftwaffe in der General-Fahnert-Kaserne in Karlsruhe durch.
Ab Oktober 1996 studierte Biefang an der Universität der Bundeswehr München das Studienfach Pädagogik, was sie 2000 als Diplom-Pädagoge (univ.) abschloss. Anschließend folgte ab Juni 2000 die Ausbildung zum IT-Offizier der Luftwaffe. Danach war sie als Zugführerin im Fernmeldesektor 124 des Fernmelderegiments 12 in der Ulrich-Kaserne in Kleinaitingen bei Lechfeld eingesetzt. Ab Juli 2002 war Biefang im Deutschen Luftwaffenkommando USA/Kanada in El Paso (Texas) in den Vereinigten Staaten als IT-Offizier tätig. Im August 2003 folgte der Wechsel zum Fliegerischen Ausbildungszentrum der Luftwaffe auf der Holloman Air Force Base in den Vereinigten Staaten als Leiterin IT-Servicecenter. Anschließend folgte im Januar 2006 die Rückkehr nach Deutschland als Sachgebietsleiterin Systemmanagement Flugsicherungsinformationssystem der Bundeswehr im Amt für Flugsicherung der Bundeswehr in Frankfurt am Main. Im September 2007 wurde Biefang Sektorchefin des Fernmeldesektors 112 des Fernmeldebataillons 384 in der Luftwaffenkaserne in Münster. An der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg absolvierte Biefang von 2008 bis 2010 den 5. Lehrgang Generalstabs-/Admiralstabsdienst National Streitkräfte (LGAN SK), wo sie zum Offizier im Generalstabsdienst ausgebildet wurde.
Ab Oktober 2010 war Biefang als Major i. G. im Zentrum für Transformation der Bundeswehr in der Abteilung III als Dezernentin für Operations Research im Dezernat 311 in Ottobrunn eingesetzt. In dieser Zeit absolvierte sie den ersten Auslandseinsatz in Afghanistan als Einsatzauswerte- und Operations-Research-Stabsoffizier im Regionalkommando Nord der International Security Assistance Force.
Im Oktober 2012 erfolgte die Versetzung nach Berlin zum Kommando Luftwaffe, wo sie als Referent Führungsunterstützung im Bereich 1 I b tätig war. Bereits im April 2013 folgte eine Verwendung als Referent im Referat III 3 der Abteilung Streitkräfte und Einsatz im Bundesministerium der Verteidigung im Bendlerblock in Berlin. In dieser Zeit kam es auch zu ihrem Coming-out. Im September 2015 schloss sich die zweite Ministerialverwendung im Referat II 2 (Europa, Eurasien und Arktis) der gleichen Abteilung an. Dort war Biefang Referentin für Militärpolitik für die Regionen Nord- und Nordwest-Europa und Arktis sowie Einsatzführung NATO-Unterstützung Ägäis und Maritime Sicherheits-Operation Sea Guardian.
Am 18. Oktober 2017 übernahm Biefang das Kommando über das Informationstechnikbataillon 381 (ITBtl 381) in der Kurmark-Kaserne in Storkow von ihrem Vorgänger Oberstleutnant Thorsten Niemann.[2] Von August 2018 bis März 2019 nahm Biefang an ihrem zweiten Auslandseinsatz in Afghanistan teil, wo sie bei Resolute Support im Hauptquartier Train Advise Assist Command Nord als Leiterin CJ 6 eingesetzt war. Sie führte das Informationstechnikbataillon 381 bis zum 27. Oktober 2020 und wurde anschließend Referatsleiterin für Einsatz- und Übungsplanung im Kommando Cyber- und Informationsraum in Bonn.[1][3]
Vereine
Biefang ist Mitglied von QueerBw. Dort nimmt sie die Funktionen der stellvertretenden Vorsitzenden[1] sowie der Ansprechpartnerin für trans*- und inter*-Personen wahr.[4] Zudem engagiert sie sich im Verein „Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität“.[5]
Privates
Biefangs Vater war Offizier der Luftwaffe und Waffensystemoffizier, ihre Mutter Kauffrau.[6] Biefangs Eltern gaben ihr den Vornamen Marc. Sie wuchs in einem Dorf in Nordrhein-Westfalen auf und lebte in ihrer Jugend fünf Jahre in den Vereinigten Staaten. In einem Interview mit Bettina Rust vom 31. Januar 2021 beschrieb sich Biefang in der Jugend als „introvertiert“ und „not very outgoing“, dabei jedoch „nicht unglücklich“. Besonders glücklich sei sie gewesen, wenn sie „Zeit für [s]ich alleine“ hatte. In ihrer Zeit in den USA seien „ihre Träumereien nicht mehr anstößig“ gewesen. Vor ihrer Transition war sie verheiratet, die Ehe zerbrach unter anderem aufgrund ihrer Transsexualität. Biefang hatte im Jahr 2015 ihr Coming-out und danach geschlechtsangleichende Maßnahmen. Sie ist seit 2018 wieder verheiratet.[3][7]
Weiteres
Der Berliner Fotograf und Dokumentarfilmer Thomas Ladenburger drehte über Biefang den Dokumentarfilm Ich bin Anastasia, der 2019 in die Kinos kam.
Weblinks
- Offizielle Vita. In: bundeswehr.de. Abgerufen am 8. Februar 2021.
- Anastasia: Oberstleutnant, Kommandeurin, Transgender (Menschen hautnah). (Nicht mehr online verfügbar.) In: ardmediathek.de. Westdeutscher Rundfunk Köln, 5. Mai 2019 ehemals im Original . (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)
- (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven: Kinofilm über transsexuelle Soldatin: „Ich bin Anastasia“)
- Der Tagesspiegel: Anastasia Biefang - Als Transfrau in der Bundeswehr auf YouTube, 7. Dezember 2017.
- Interview Transgender in der Bundeswehr - Anastasia Biefang (rbb Abendshow). (Nicht mehr online verfügbar.) In: rbb-online.de. 4. April 2019, archiviert vom Original am 20. Oktober 2019; abgerufen am 3. März 2021.
- Ahlefeld, Sebastian; Knuth, Christian: Frau Oberstleutnant Anastasia Biefang: Kommandeurin, Offizier und Trans*. In: blu.fm. 23. Januar 2019 .
- Website Dokumentarfilm „Ich bin Anastasia“
- Johannes Kram: Wie das Transsexuellengesetz Bundeswehr-Kommandeurin Anastasia Biefang zum „fremdbestimmtesten Gang“ ihres Lebens zwang. (Podcast) In: Queerkram. queer.de, 29. März 2020, abgerufen am 12. März 2021.
- Bettina Rust: Anastasia Biefang in der Hörbar Rust. (Podcast) In: Hörbar Rust. radioeins.de, 31. Januar 2021, abgerufen am 26. Februar 2021.
Einzelnachweise
- Vorstand. In: AHsAB. Abgerufen am 20. Oktober 2019.
- Bundeswehr – Neue Kommandeurin übernimmt Bataillon. In: moz.de. 18. Oktober 2017, abgerufen am 20. Oktober 2019.
- Jeanette Bederke: Anastasia Biefang: Die erste trans Bundeswehr-Kommandeurin: Ein Abschied, der schwer fällt. In: queer.de. 23. Oktober 2020, abgerufen am 27. Oktober 2020.
- Ansprechpartner. In: AHsAB. Abgerufen am 20. Oktober 2019.
- Endlich ich: Trans-Menschen und ihre Geschichten WDR
- Bayerischer Rundfunk (Capriccio): Kinofilm über transsexuelle Soldatin: „Ich bin Anastasia“ (ab 0:03:52) auf YouTube, 8. Mai 2019, abgerufen am 22. Oktober 2019.
- Ahlefeld, Sebastian; Knuth, Christian: Frau Oberstleutnant Anastasia Biefang: Kommandeurin, Offizier und Trans*. In: blu.fm. 23. Januar 2019, abgerufen am 20. Oktober 2019.