Alte Bibliothek (Berlin)
Die Alte Bibliothek (ehemals: Königliche Bibliothek, umgangssprachlich: Kommode) ist ein Baudenkmal am Bebelplatz 2 im Berliner Ortsteil Mitte. Sie wurde im Auftrag Friedrichs II. als Teil des Forum Fridericianum 1774 von Georg Christian Unger geplant und 1775–1780 von Georg Friedrich Boumann im Stil des Barock ausgeführt. Als Grundlage für den ersten selbstständigen Bibliotheksbau Berlins dienten frühere Pläne von Joseph Emanuel Fischer von Erlach für den Michaelertrakt der Wiener Hofburg. Im Zweiten Weltkrieg ausgebrannt, wurde die Alte Bibliothek 1963–1969 von Werner Kötteritzsch außen historisch und innen modern wiederaufgebaut. Seitdem beheimatet sie die Juristische Fakultät der Humboldt-Universität.
Geschichte
Friedrich der Große, König von Preußen, erteilte den Auftrag für den Bau als Teil seines Forum Fridericianum. Der König wollte die Literatur der Königlichen Bibliothek, die zuvor nur dem Adel, Ministern, Wissenschaftlern und höheren Staatsbeamten vorbehalten war, dem Bürgertum zugänglich machen. So steht nach seinem Willen über dem Portal der lateinische Spruch: „nutrimentum spiritus“ (deutsch: ‚der geistigen Nahrung‘). Von den Berlinern soll das wie folgt frei übersetzt worden sein: „Spiritus is ooch ’n Nahrungsmittel“.[1]
Die Alte Bibliothek ähnelt stark dem Michaelertrakt der Wiener Hofburg, da Friedrich der Große seinen Baumeister Unger angewiesen hatte, die damals bereits 50 Jahre alten, aber nicht realisierten Entwürfe des österreichischen Baumeisters Joseph Emanuel Fischer von Erlach für die Hofburg zu verwenden, die als Kupferstiche publiziert waren. So entstand ein Gebäude, das sich in seiner Formensprache von allen anderen Bauten Friedrichs II. am Platz, der Königlichen Hofoper, dem Palais des Prinzen Heinrich und der Hedwigskirche, deutlich unterschied. In Wien wurde der Plan – weil man ein Hoftheater nicht abreißen wollte – allerdings erst zwischen 1889 und 1893 in etwas veränderter Form realisiert. Somit wurde als Kuriosität der Geschichte die Berliner Kopie mehr als hundert Jahre früher fertiggestellt als das Wiener Original.
Die Anpassung war jedoch schwierig. Der Wiener Entwurf war für eine völlig andere städtebauliche Umgebung gezeichnet worden, der Bau wirkte in der Berliner Situation als Fremdkörper. Mit seiner geschwungenen Fassade – die Berliner sprachen etwas belustigt von der „Kommode“ – ließ er sich schließlich doch nicht auf dem neuerworbenen Grundstück unterbringen. Deswegen musste die Fluchtlinie um einige Meter vorverlegt, der freie Platz also etwas kleiner werden; gleichzeitig fiel die Krümmung der Fassade nach innen deutlich flacher aus als bei dem österreichischen Vorbild.
Einen dringenden Bedarf für die neue Bibliothek gab es nicht. Die königliche Büchersammlung war im Apothekenflügel des Berliner Stadtschlosses untergebracht, wuchs nur langsam und fand dort leidlich Platz. Der zunächst für seinen Zweck viel zu große Neubau der Bibliothek kann also auch als Demonstration landesväterlicher Vorsorge gesehen werden, als durchaus zeitgemäßer Schritt zur Pflege bürgerlicher Kultur und Bildung. Im Jahr 1784 konnten die 150.000 Bände der Königlichen Bibliothek zu Berlin, 1661 von Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg 1661 als Churfürstliche Bibliothek zu Cölln an der Spree gegründet, in den Neubau verlagert werden. Der jährliche Ankaufsetat wurde auf 8000 Reichstaler kräftig erhöht, mit zusätzlichen Mitteln sollten die Bestände ganzer Bibliotheken übernommen werden. Die Königliche Bibliothek sammelte die wichtigsten Werke der Aufklärung, so zum Beispiel Schriften von Kant, Leibniz, Diderot, Rousseau und Voltaire. Die Einrichtung entwickelte sich Anfang des 19. Jahrhunderts zur – nach Bestand und Benutzung – größten und leistungsfähigsten Bibliothek des deutschen Sprachraums.
Im Herbst 1895 zählte auch Lenin zu den Nutzern der Bibliothek; zur Erinnerung daran hatte die DDR den entsprechenden Raum Lenin-Lesesaal genannt (siehe Bild).
Die stetig wachsende Anzahl an Büchern und Zeitschriften umfasste 1905 etwa 1,2 Millionen Bände und machte daher nach 120 Jahren einen weiteren Neubau erforderlich. So zog die Bibliothek 1914 in das nach Plänen von Ernst von Ihne errichtete Gebäude Unter den Linden 8 und trug ab 1918 den Namen Preußische Staatsbibliothek. Nach dem Auszug der Bibliothek 1910 umgebaut, beherbergte das Gebäude Hörsäle sowie die mit dem Monumentalgemälde Arthur Kampfs Fichtes Rede An die deutsche Nation geschmückte Aula der Friedrich-Wilhelms-Universität. Standbilder Fichtes und Savignys von Hugo Lederer flankierten das Portal. Im Zweiten Weltkrieg beschädigten Bomben den südlichen Eckrisalit schwer und 1945 brannte das Haus bis auf die Umfassungsmauern aus.
Unter der Leitung von Werner Kötteritzsch wurde zwischen 1963 und 1969 die Platzfassade rekonstruiert, wobei die noch vorhandenen Hoheitszeichen der Monarchie – Adler und Kronen – abgenommen und, wie auch Lederers Rektorenstandbilder, magaziniert wurden. Das Innere entstand mit nachgearbeiteten Figuren und Wandschmuck neu.[1] Die alte Bibliothek dient seit ihrer Fertigstellung als Sitz der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität. Seit 1990 gehören sämtliche Werke der Bibliothek zur Nachfolgeeinrichtung, der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz (mit zehn Millionen Bänden die größte Universalbibliothek Deutschlands). Zur besseren Unterscheidung wird das zuerst errichtete Gebäude seitdem Alte Bibliothek genannt.
- Die Aula am Reichsgründungstag im Januar 1933
- Ansicht nach dem Wiederaufbau, 1979
- Der Lenin-Lesesaal, 1970
Literatur
- Elke Richter: Die Königliche Hofbibliothek in Berlin 1774–1970: Ein Bauwerk zwischen Tradition und Transformation, Gebr. Mann Verlag, Berlin 2020, ISBN 978-3-7861-2847-2.
Weblinks
- Eintrag in der Berliner Landesdenkmalliste
- Alte Bibliothek. Berlin.de
- Alte Bibliothek. Anderes-Berlin.de