Alstonit
Alstonit ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Carbonate und Nitrate“. Es kristallisiert im triklinen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung BaCa[CO3]2[2], ist also ein Barium-Calcium-Carbonat.
Alstonit | |
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Allgemeines und Klassifikation | |
Andere Namen |
Bariumaragonit[1] |
Chemische Formel | BaCa[CO3]2[2] |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Carbonate und Nitrate (ehemals Carbonate, Nitrate und Borate) |
System-Nr. nach Strunz und nach Dana |
5.AB.35 (8. Auflage: V/B.04) 14.02.05.01 |
Ähnliche Minerale | Aragonit, Witherit |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | triklin |
Kristallklasse; Symbol | triklin-pedial 1 oder -pinakoidal 1 |
Raumgruppe (Nr.) | C1 oder C1[2] (Nr. 1 oder 2) |
Gitterparameter | a = 30,14 Å; b = 17,40 Å; c = 6,12 Å α = 90°; β = 90°; γ = 90°[2] |
Formeleinheiten | Z = 24[2] |
Zwillingsbildung | nach {110} und {310}[3] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 4 bis 4,5 |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 3,707; berechnet: 3,69[3] |
Spaltbarkeit | unvollkommen nach {110} |
Bruch; Tenazität | muschelig bis uneben |
Farbe | farblos, weiß, grau, cremefarben, hellrosa |
Strichfarbe | weiß |
Transparenz | durchsichtig bis durchscheinend |
Glanz | Glasglanz |
Kristalloptik | |
Brechungsindizes | nα = 1,526 nβ = 1,671 nγ = 1,672[4] |
Doppelbrechung | δ = 0,146[4] |
Optischer Charakter | zweiachsig negativ |
Achsenwinkel | 2V = gemessen: 6°; berechnet: 8°[4] |
Weitere Eigenschaften | |
Besondere Merkmale | gelbe Fluoreszenz |
Alstonit kommt überwiegend in Form pseudo-orthorhombischer und pseudohexagonaler, dipyramidaler Kristallzwillinge vor. Erkennbar sind diese meist durch gestreifte Kristallflächen rechtwinklig der pseudohexagonalen c-Achse aufgrund der Bildung von medialen Wiederholungszwillingen in dieser Richtung. In reiner Form ist Alstonit farblos und durchsichtig mit glasähnlichem Glasglanz auf den Kristallflächen. Durch vielfache Lichtbrechung aufgrund von Gitterbaufehlern oder polykristalliner Ausbildung kann er aber auch weiß erscheinen und durch Fremdbeimengungen eine graue, beige (cremefarben) oder hellrosa Farbe annehmen, wobei die Transparenz entsprechend abnimmt.
Mit einer Mohshärte von 4 bis 4,5 entspricht Alstonit in etwa dem Referenzmineral Fluorit, lässt sich allerdings nicht ganz so leicht mit dem Taschenmesser ritzen.
Etymologie und Geschichte
Erstmals entdeckt wurde Alstonit in der „Brownley Hill Mine“ bei Nenthead (Kreis Alston Moor) in der Grafschaft Cumbria sowie in der „Fallowfield Mine“ bei Acomb in der Grafschaft Northumberland im Landesteil England des Vereinigten Königreichs (UK). Beschrieben wurde das Mineral 1841 durch August Breithaupt, der es nach seiner ersten Typlokalität Alston Moor benannte.
Alstonit war bereits vor der Gründung der International Mineralogical Association (IMA) überwiegend als eigenständiges Mineral anerkannt, was ohne Prüfung durch deren Kommission CNMNC übernommen wurde (G = grandfathered).[5] Aufgrund seiner chemischen Zusammensetzung wird Alstonit je nach Quelle jedoch gelegentlich auch als Mischkristall zwischen Aragonit (Ca[CO3]) und Witherit (Ba[CO3])[6] oder als Aragonit-Varietät (Bariumaragonit mit bis zu 50 % BaCO3)[1]
Typmaterial des Minerals wird unter anderem in der Bergakademie Freiberg in Sachsen, Deutschland aufbewahrt (Register-Nr. 15818).[3]
Klassifikation
In der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Alstonit zur gemeinsamen Mineralklasse der „Carbonate, Nitrate und Borate“ und dort zur Abteilung der „Wasserfreien Carbonate [CO3]2− ohne fremde Anionen“, wo er zusammen mit Aragonit, Barytocalcit, Cerussit, Olekminskit, Paralstonit, Strontianit und Witherit die „Aragonit-Gruppe“ mit der System-Nr. V/B.04 bildete.
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Alstonit in die neu definierte Klasse der „Carbonate und Nitrate“ und dort ebenfalls in die Abteilung der „Carbonate ohne zusätzliche Anionen; ohne H2O“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der Zugehörigkeit der Kationen zu bestimmten Elementfamilien, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Erdalkali- (und andere M2+) Carbonate“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 5.AB.35 bildet.
Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Alstonit wie die veraltete, Strunz’sche Systematik in die gemeinsame Klasse der „Carbonate, Nitrate und Borate“ und dort in die Abteilung der „Wasserfreie Carbonate“ ein. Hier ist er als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 14.02.05 innerhalb der Unterabteilung „Wasserfreie Carbonate mit der Formel A+B2+(CO3)2“ zu finden.
Kristallstruktur
Alstonit kristallisiert triklin in der Raumgruppe C1 (Raumgruppen-Nr. 1, Stellung 2)[7] oder C1 (Nr. 2, Stellung 3)[7] mit den Gitterparametern a = 30,14 Å; b = 17,40 Å; c = 6,12 Å; α = 90°; β = 90° und γ = 90° sowie 24 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[2]
Eigenschaften
Unter UV-Licht zeigen manche Alstonite eine gelbe Fluoreszenz[3], ähnlich der von neonfarbenen Textmarkern.
Modifikationen und Varietäten
Die Verbindung BaCa[CO3]2 ist trimorph und kommt in der Natur neben dem triklin kristallisierenden Alstonit noch als monoklin kristallisierender Barytocalcit und als trigonal kristallisierender Paralstonit vor.[3]
Bildung und Fundorte
Alstonit bildet sich hydrothermal bei eher niedrigen Temperaturen in Blei-Zink-Lagerstätten, selten auch in Karbonatiten. Als Begleitminerale können unter anderem Ankerit, Baryt, Benstonit, Calcit, Galenit, Pyrit, Quarz, Siderit und Sphalerit auftreten.
Als seltene Mineralbildung konnte Alstonit nur an wenigen Fundorten nachgewiesen werden, wobei bisher (Stand 2013) rund 20 Fundorte als bekannt gelten.[8] Neben seinen Typlokalitäten „Brownley Hill Mine“ im Kreis Alston Moor (Cumbria) und „Fallowfield Mine“ bei Acomb (Durham) trat das Mineral im Vereinigten Königreich noch in der Zeche „New Brancepeth“ im Deerness-Tal in der englischen Grafschaft County Durham sowie im Steinbruch „Dolyhir“ bei Wethel im Gebiet Powys und bei Llantrisant im Gebiet Rhondda Cynon Taf in Wales auf.
In Deutschland kennt man Alstonit bisher nur aus dem Bergbaugebiet Neubulach (Schwarzwald) in Baden-Württemberg und der bisher einzige bekannte Fundort in Österreich ist Arzberg in der Steiermark.
Weitere bekannte Fundorte sind unter anderem[9]
- die Erzlagerstätte Rosebery auf der australischen Insel Tasmanien
- der Phosphat-Steinbruch bei Anitápolis im brasilianischen Bundesstaat Santa Catarina
- das Bergbaugebiet Bayan Kuang (Bayan Obo) in der Autonomen Region Innere Mongolei der Volksrepublik China
- der Karbonatit-Komplex „Qaqqaarsuk“ (Qaqarssuk) nahe der Ortschaft Maniitsoq in West-Grönland
- die Zink-Blei-Silber-Lagerstätte nahe der Bergbaustadt Rosh Pinah in Namibia
- die Chibinen und das Vuorijärvi-Massiv (Vuoriyarvi) auf der russischen Halbinsel Kola
- die Gemeinde Cave-in-Rock im Hardin County (Illinois) und die Green-River-Formation im Sweetwater County (Wyoming) in den Vereinigten Staaten (USA)
Siehe auch
Literatur
- J. F. A. Breithaupt: Holoëdrites syntheticus oder Alstonit. In: Vollständige Charakteristik des Mineral-Systems. 2. Auflage, Arnoldische Buchhandlung, Dresden und Leipzig 1841, S. 255–256 (PDF 145,2 kB)
Weblinks
Einzelnachweise
- Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 706.
- Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 289.
- Alstonite, In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF 65,3 kB)
- Mindat - Alstonite
- IMA/CNMNC List of Mineral Names; August 2013 (PDF 1,3 MB)
- Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 575 (Erstausgabe: 1891).
- Die Nummerierung dieser Achsenstellung entspricht nicht der Reihenfolge der International Tables for Crystallography, da diese dort nicht aufgeführt wird.
- Mindat - Anzahl der Fundorte für Alstonite
- Fundortliste für Alstonit beim Mineralienatlas und bei Mindat