Acela
Die Acela [əˈsɛlə] (bis 2019 Acela Express) sind Hochgeschwindigkeitszüge der US-amerikanischen Bahngesellschaft Amtrak, die seit 1999 auf der Strecke Washington, D.C.–New York City–Boston verkehren.
Acela Express | |
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Eine Garnitur des Acela in Boston | |
Anzahl: | 20 |
Hersteller: | Bombardier Transportation, Alstom |
Baujahr(e): | 1996–2000 |
Achsformel: | Bo’Bo’+2’2’+2’2’+2’2+2’2’+2’2’+2’2’+Bo’Bo’ |
Spurweite: | 1435 mm |
Länge: | 203 000 mm |
Breite: | 3180 mm (Triebkopf) 3160 mm |
Leermasse: | 566 t |
Höchstgeschwindigkeit: | 265 km/h (240 km/h im Regelbetrieb) |
Dauerleistung: | 9200 kW |
Anfahrzugkraft: | 225 kN |
Treibraddurchmesser: | 1000 mm |
Laufraddurchmesser: | 910 mm |
Stromsystem: | 11,5 kV, 25 Hz ~ 12,5 kV, 60 Hz ~ 25 kV, 60 Hz ~ |
Anzahl der Fahrmotoren: | 8 |
Sitzplätze: | 44 First Class 260 Business Class |
Der Name Acela ist ein englisches Kofferwort aus acceleration (deutsch Beschleunigung) und excellence (deutsch Güte).
Geschichte
Nach dem Erfolg von Hochgeschwindigkeitszügen in anderen Ländern begann die Federal Railroad Administration des Verkehrsministeriums mit der Untersuchung der Einführung in den USA. Am 18. Dezember 1992 wurden im Rahmen des Intermodal Surface Transportation Efficiency Act of 1991 (ISTEA) fünf Verkehrskorridore für den Hochgeschwindigkeitsverkehr benannt, darunter der Northeast Corridor.[1] Im Oktober 1992 wurden fünf weitere Korridore benannt und 1993 überlegte die US-Regierung, die Entwicklung mit einem milliardenschweren Förderprogramm zu stützen.
In dieser Zeit begann Amtrak, Hochgeschwindigkeitszüge für den Einsatz im Northeast Corridor zu untersuchen. Ein schwedischer Triebzug vom Typ X2 wurde an US-amerikanische Verhältnisse angepasst und von Oktober 1992 bis Januar 1993 einem Testprogramm unterzogen. Anschließend wurde die Einheit von Februar bis Mai und August bis September 1993 im Nordost-Korridor eingesetzt. Siemens organisierte die ICE Train North America Tour, in deren Rahmen ein deutscher ICE-Triebzug im Juli und August 1993 im Nordost-Korridor fuhr. Beide Züge stellten während der Demonstrationsfahrten amerikanische Geschwindigkeitsrekorde auf. Auch eine Zuggarnitur von Talgo wurde im Betrieb in den USA gezeigt.
Basierend auf den Testfahrten wurde ein Anforderungskatalog erstellt und im Oktober 1994 wurden schließlich 26 Hochgeschwindigkeitszüge für den Einsatz im Nordost-Korridor ausgeschrieben. Den Bieterwettbewerb gewann der kanadische Anbieter Bombardier Transportation zusammen mit Alstom im März 1996. Das vorgeschlagene Konzept basierte auf den Bombardier LRC-Zügen (für Light, Rapid, Comfortable „leicht, schnell, bequem“) die bei VIA Rail Canada betrieben wurden und in einer Konfiguration schon für 200 km/h zugelassen waren.
Im Herbst 1999 wurden Verzögerungen bei der Inbetriebnahme bekannt. Nach Testfahrten gestand das Lieferkonsortium ein, zur geplanten Betriebsaufnahme nicht genügend funktionsfähige Zugeinheiten liefern zu können. Die ersten Fahrzeuge sollten demnach im Frühjahr 2000 zur Verfügung stehen. Die kurzfristige Absage führte dazu, dass eine Werbekampagne zur Produkteinführung in Höhe von sieben Millionen US-Dollar nicht mehr gestoppt werden konnte.[2]
Der Acela-Express nahm schließlich am 16. Oktober 2000 den Betrieb zwischen Boston und Washington, D.C., auf.[3] Die Züge hatten anfänglich technische Probleme mit dem Bremssystem und der Befestigung der Schlingerdämpfer, die zeitweise zu einer Außerbetriebnahme der Züge führten. Der Zugbetrieb wuchs jedoch stetig und erreichte bis 2005 einen Anteil von 40 % am kombinierten Flug-/Zugverkehr zwischen New York und Boston von vorher 18 %.[4] Infolge der Popularität wurde der Betrieb der Vorgängerzüge Metroliner 2006 eingestellt und durch weitere beschaffte Acela-Triebzüge ersetzt.
Aufgrund von Kapazitätsengpässen ab 2008 wurden weitere Einheiten bestellt, die ab 2012 ausgeliefert wurden. Außerdem wurde 2010 begonnen, neue Streckenführungen für Züge bis 350 km/h im Nordost-Korridor zu prüfen – im südlichen Teil (Washington, D.C. – New York) parallel zur Altbaustrecke, die fast durchgängig zu 100 % auch mit Regional- und Güterzügen ausgelastet ist, im nördlichen Teil (New York – Boston) mit neuer Trassierung zur Halbierung der Reisezeit.[5] Im Rahmen des Ausbauprogramms im Nordost-Korridor (NEC-UP) will Amtrak 40 neue Triebzüge kaufen, um einen Stundentakt über die Ausbaustrecken von Washington bis Boston zu realisieren.[6]
Ab 2021 sollen die Züge durch 28 von Alstom gebaute Züge vom Typ Avelia Liberty abgelöst werden. Die Ablösung der bisherigen Acela-Express-Einheiten ist für Ende 2022 geplant.[7]
Konstruktion
Mechanischer Teil
Der mechanische Teil (Wagenkästen, Drehgestelle und Bremsen) von Bombardier erinnert äußerlich an den TGV, basiert aber auf den in den 1980er Jahren von Bombardier für Kanada gebauten LRC-Zügen. Eine Acela-Einheit besteht jeweils aus zwei Triebköpfen und sechs Mittelwagen. Im Gegensatz zu den TGV-Zügen laufen die Mittelwagen nicht auf Jakobsdrehgestellen. Durch die Verwendung von Drehgestellen mit Neigetechnik und der geforderten höheren Festigkeit sind die Wagen verglichen mit denjenigen eines TGV 55 % schwerer.
Die Züge bieten mit speziellen Knautschzonen eine passive Sicherheit, wie sie in den europäischen Hochgeschwindigkeitszügen Ende der neunziger Jahre noch nicht üblich war.
Neigetechnik
Die Neigetechnik wurde von den in den achtziger Jahren gebauten LRC-Zügen übernommen. Die Wagenkasten der Zwischenwagen könnten sich im Bogen rechnergesteuert um vier Grad neigen. Aufgrund von ungenügender Abstimmung zwischen Fahrzeugen und Infrastruktur kann die Neigetechnik derzeit nicht genutzt werden – die Fahrzeuge würden im geneigten Zustand das Lichtraumprofil um 10 Zentimeter überschreiten.
Elektrischer Teil
Die elektrische Ausrüstung von Alstom basiert weitgehend auf derjenigen der TGV. Die beiden Triebköpfe haben eine Antriebsleistung von insgesamt 9200 kW, damit können die Zugeinheiten eine Höchstgeschwindigkeit von 265 km/h erreichen. Im Normalbetrieb liegt die zulässige Geschwindigkeit bei 240 km/h. Die Einheiten sind mehrsystemfähig und können damit unter allen auf dem Nordostkorridor benutzten Spannungen verkehren: 11,5 kV bei 25 Hz sowie 12,5 kV und 25 kV bei 60 Hz.
Fahrgastraum
Die Einteilung in Wagenklassen wurde nach dem Vorbild der Luftfahrt vorgenommen. Die zwei Sitzplatzkategorien heißen Business Class und First Class. Normalerweise bestehen Züge der Amtrak aus einer Business- und einer einfacheren Coach Class, die First Class des Acela ist somit ein gehobenes Angebot, das sonst nur noch in Schlafwagen der Gesellschaft existiert. Es sind Gepäckablagen vorhanden und in den Taschen an der Rückenlehne des Vordersitzes stecken Karten mit Sicherheitsinstruktionen. Die sechs Zwischenwagen bieten 304 Reisenden Platz. Ähnlich wie bei den deutschen ICE gibt es ein Konferenzabteil und ein Bistro.
Betrieb
Route und Stationen
Die Acela verkehren auf der Route beziehungsweise mit möglichen Halten in Washington, D.C. (Union Station)–Flughafen Baltimore–Baltimore (Penn Station)–Wilmington–Philadelphia–Trenton–Woodbridge Township (Metropark Station)–Newark (Penn Station)–New York City (Penn Station)–Stamford–New Haven–New London–Providence–Boston (Back Bay Station)–Boston (South Station) und zurück.[8] Teilweise werden jedoch nur Teilstrecken dieser Route bedient oder Halte ausgelassen.
Angebot
Von Washington, D.C. nach New York verkehren die Züge von Montag bis Freitag zwischen 5.00 Uhr und 20.00 Uhr im Stundentakt. An Samstagen verkehren nur vier Zugpaare. Sonntags gibt es zwischen 9.00 Uhr und 13.00 Uhr und 15.00 Uhr und 17.00 Uhr einen Stundentakt, sowie einen Zug um 20.00 Uhr (Stand August 2008). Von New York nach Washington, D.C. verkehren die Züge im Stundentakt zwischen 6.00 Uhr und 19.00 Uhr, ein zusätzlicher Zug folgt um 20.15 Uhr. An Samstagen verkehren nur vier Zugpaare. Sonntags fahren zwischen 09.00 Uhr und 12.00 Uhr drei Züge, ab 15.00 Uhr entspricht der Takt demjenigen von Montag bis Freitag (Stand August 2008).
Mit dem Acela dauert die rund 370 Kilometer lange Fahrt von New York nach Washington, D.C. nur noch 2:50 Stunden. Sie ist damit langsamer und gleichzeitig deutlich teurer als vergleichbare europäische Strecken und teilweise nur eine halbe Stunde schneller als wesentlich billigere Züge. Eine einfache Fahrt New York–Washington, D.C. in der Business Class kostet je nach Tageszeit 139 bis 209 US-Dollar. Die First Class kostet 105 Dollar Aufpreis (Stand April 2011). Der Komfort entspricht grob dem der gleichnamigen Flugzeugklassen innerhalb der USA. Die Züge sind vor allem bei Pendlern beliebt und stellen für die Flugverbindungen auf den von diesem Zug bedienten Zielen eine Konkurrenz dar.
Die Marke Acela
Mit der Einführung des Acela Express wurden alle Amtrak-Angebote auf dem Nordost-Korridor unter die Marke Acela gestellt. Es waren zunächst drei verschiedene Angebote vorgesehen:
- Acela Express für die Hochgeschwindigkeitszüge
- Acela Regional für die Interregiozüge
- Acela Commuter für die Regionalzüge zwischen Philadelphia und New York City
Auf Grund von andauernden Verwechslungen von Acela Regional und Acela Commuter mit den Hochgeschwindigkeitszügen wurden diese Angebote 2003 wieder umbenannt:
- aus Acela Regional wurde Regional
- aus Acela Commuter wurde Clocker – der Name, den die Züge bereits vor 1999 getragen hatten. Die Clocker-Züge wurden 2006 abgeschafft und durch Züge der Nahverkehrsbetreiber SEPTA und NJ Transit ersetzt.
2019 wurde das Express aus dem Namen der Hochgeschwindigkeitszüge gestrichen, die seither nur noch Acela heißen.
Lokbespannte Züge
Neben den Acela-Express-Zügen setzt Amtrak weiter lokbespannte Garnituren als Regionalzüge ein. Neben den 46 auf schwedischen Lizenzen basierenden AEM-7 von ASEA und GM EMD von 1979 kamen seit 1999 auch HHP-8-Lokomotiven zum Einsatz. Letztere erinnern in Farbe und Form an die Acela-Express-Triebköpfe, haben aber an beiden Enden Führerstände. Die Bezeichnung HHP-8 stand für „High Horse Power with 8000 HP“. Die 21 Lokomotiven wurden ebenfalls vom Bombardier-Alstom-Konsortium gebaut. Die AEM-7 und HHP-8-Lokomotiven wurden bis 2016 durch neue Amtrak Cities Sprinter des Typs ACS-64 von Siemens ersetzt, die weitgehend auf der Vectron-Plattform dieses Herstellers aufbauen.
Weblinks
- Website des Acela Express (englisch, deutsch)
Einzelnachweise
- Chronology of high-speed rail corridors Federal Railroad Administration, 7. Juli 2009 (archivierte Webseite)
- Meldung „Acela“-Züge später. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 11, Jahrgang 1999, ISSN 1421-2811, S. 497
- Amar Chaker, Jeffrey Falero: Speeding across Spain. In: Civil Engineering. 71, Nr. 6, 2001, ISSN 0885-7024, S. 52–58.
- R. Clifford Black: The Acela Express Archiviert vom Original am 13. Juni 2011. In: Japan Railway & Transport Review. Nr. 40, März 2005. Abgerufen am 16. Juni 2019.
- A Vision for High-Speed Rail in the Northeast Corridor
- Amtrak lays it on the line for the NEC. International Railway Journal. 4. September 2012. Abgerufen am 10. April 2013.
- Amtrak Invests $2.4 Billion for Next-Gen High-Speed Trainsets and Infrastructure Upgrades. In: Amtrak Pressemeldung. 26. August 2016, abgerufen am 22. Oktober 2017.
- deutsch.amtrak.com – Acela Express abgerufen am 9. August 2013