A-68
A-68 (auch A68) war ein Eisberg, der sich im Zeitraum zwischen dem 10. und 12. Juli 2017 vom Bereich C des Larsen-Schelfeises an der Ostküste der Antarktischen Halbinsel gelöst hatte. In der Folgezeit trieb er bis vor Südgeorgien. Am 16. April 2021 war er bis auf sehr kleine Reste geschmolzen.
Entstehung
Schon im Jahr 2014 fiel den Forschern ein Riss in der großen Eisfläche auf, der über Jahre hinweg wuchs. Zum Schluss hielt eine 20 Kilometer lange Brücke die Fläche zusammen, die dann aber ebenfalls brach. Ab Januar 2017 rechnete man aufgrund der Instabilität damit, dass sich die Fläche lösen wird.[1] Zwischen dem 10. und 12. Juli 2017 löste sich der Eisberg schließlich vom Larsen-Schelfeis im Bereich C.[2][3] Der Eisberg A-68 ist in den letzten drei Jahrzehnten einer der größten seiner Art[2][3] und der drittgrößte bisher per Satellit beobachtete Eisberg[4].
Entwicklung
Der Eisberg trieb im Sommer 2017 mit einer Länge von 175 Kilometern, einer Breite von 50 Kilometern und einer geschätzten Dicke von 200 Metern sowie einer geschätzten Masse von etwa einer Billion Tonnen im Meer vor der Westantarktis.[2][5] Forscher erwarteten, dass der 5800 km² große Eisberg (entspricht knapp der Fläche des Kantons Bern oder der doppelten Fläche des Saarlands) Kurs in Richtung Nordosten bis zur Inselgruppe Südgeorgien aufnehmen und dann schmelzen werde; diese Inselgruppe liegt etwa 1400 Kilometer östlich von der argentinischen Küste entfernt.[2]
Bis Anfang August 2017 hatte sich der Eisberg noch nicht weit bewegt und lag noch in derselben Bucht. Noch hielt der Druck von Meereis den Eisberg auf der Stelle. Lediglich der Abstand zum Schelfeis hatte sich an der Südseite leicht verändert und betrug dort bis zu 5 Kilometer. Es wurde erwartet, dass eine Fortbewegung erst ein halbes Jahr später im antarktischen Sommer stattfinden würde.[4][6]
Satellitenaufnahmen wenige Tage nach seiner Entstehung deuteten bereits ein Auseinanderbrechen des Eisbergs an.[2][3][7] Anfang August 2017 wurde festgestellt, dass bereits kleinere Eisberge von A-68 abgebrochen sind.[6] Am 16. September 2017 zeigten Satellitenbilder der Europäischen Weltraumorganisation (ESA), dass zwischen dem Eisberg und dem Larsen-C-Schelfeis eine Lücke entstanden ist. An der Stelle der größten Entfernung, an der Südseite der Bruchstelle, betrug sie 18 Kilometer.[8]
Bis Anfang Juli 2018 hatte sich der Eisberg etwa 50 Kilometer von der Bruchstelle entfernt.[9] In den darauf folgenden zwei Monaten vollzog er eine Drehung und ragte Anfang September senkrecht zur Schelfeiskante ins Weddelmeer.[10]
Anfang Februar 2020 bewegte sich der Eisberg A-68 etwa in nördlicher Richtung in die offene See des Südlichen Ozeans[11] und konnte auf Satellitenbildern geortet werden[12].
Am 23. April 2020 brach ein Teil des Eisbergs ab. Der Teil-Eisberg trägt die Bezeichnung A-68C. Er hat eine Fläche von 175 km².[13]
Im November 2020 hatte der Eisberg A-68 (auch A-68a genannt) noch eine Größe von 3500 km² und trieb weiterhin Richtung Südgeorgien. Der Eisberg war noch 350 Kilometer von der Insel entfernt und könnte, falls er dort auf Grund laufen würde, eine Gefahr für die dortige Tierwelt darstellen, indem er sie durch seine Größe bei der Nahrungssuche behindert.[14]
Mitte Dezember 2020 erreichte der Eisberg den Schelf von Südgeorgien etwa 80 km südwestlich der Insel bei teilweise nur 76 m Wassertiefe.[15]
Im Januar 2021 trieben die Eisberge A-68 und A-68d an Südgeorgien vorbei. Ende Januar 2021 zeigten sich auf Bildern der ESA, dass der Eisberg A-68 Risse erhielt.[16]
Im Februar 2021 brach der Eisberg A-68 erneut auseinander. Er befand sich südlicher als zuvor, 225 Kilometer von Südgeorgien entfernt. Der Eisberg A-68 hatte eine Länge von 60 Kilometern, was zwei Drittel der Ursprungsgröße entspricht.[16] Der Eisberg A-68G hatte eine Länge von 50 Kilometern und eine Breite von 18 Kilometern. Die Eisberge A-68H und A-68I waren deutlich kleiner. Eine Gefahr für die Pflanzen- und Tierwelt Südgeorgiens wurde nicht mehr angenommen.[16]
Am 16. April 2021 zeigte sich auf Satellitenbildern der NASA, dass der Eisberg schmolz. Der Grund waren Wellen, warmes Wetter und die höheren Temperaturen an der Grenze zum Atlantik. Das größte Stück A-68 war nur noch knapp 6 Kilometer lang und 4 Kilometer breit. Es bekam den Status Eisberg aberkannt mangels Größe. Es wurde erwartet, dass das Überbleibsel zügig schmelze.[17] Bis Mai 2021 sollte ein Forschungsroboter die letzten Stücke untersuchen.[17]
Folgen
Mit dem Abbruch des mehr als 100 Meter dicken Eisbergs ist die Fläche des Bereichs C des Schelfeises um ein Zehntel geschrumpft. Die ursprüngliche Fläche betrug etwa 50.000 km2.[2] Es wird befürchtet, dass sich der Bereich C des Larsen-Schelfeises destabilisieren wird.[6] Anfang August 2017 waren bereits weitere kleinere Eisberge abgebrochen.[6] Würden alle Gletscher abschmelzen, die bisher von Larsen C am Abfließen ins Meer gehindert werden, würde der Meeresspiegel etwa 10 cm ansteigen.[18]
Der Meeresspiegel hat sich auf Grund des geschmolzenen Eisbergs nicht direkt erhöht. Denn ein Eisberg schwimmt auf dem Wasser. Und nach dem Schmelzen ergibt er genau die Wassermasse, die er zuvor verdrängt hat. Der Meeresspiegel könnte allerdings geringfügig ansteigen, weil nun Schmelzwasser von an Land liegenden Gletschern schneller ins Meer gelangen kann.[19]
Für die Schifffahrt stellt er keine Gefahr dar, da er aufgrund seiner Größe und Masse mittels Radar frühzeitig entdeckt werden konnte. Nur kleine abgebrochene Teile könnten noch gefährlich sein.[2][3] Seit April 2021 wurden diese Bruchteile nicht mehr getrackt.[17]
Rezeption
Der Eisberg A-68 erfuhr ein großes Medienecho. Seine Entwicklung wurde weltweit von den Medien mit Wissenschaftsartikeln begleitet. Weltweit und über mehrere Jahre hinweg teilten Menschen in den Sozialen Medien Satellitenfotos des Eisbergs. Die BBC urteilte rückblickend: "A-68 wird vielleicht am besten in Erinnerung bleiben als der der erste Eisberg, der ein Star in den Social Media wurde." Dies wurde auch möglich, weil der Eisberg auf Satellitenbilder regelmäßig dokumentiert wurde. Außerdem war der Eisberg A-68 ein Forschungsobjekt. Es war nur möglich den Eisberg derart zu erforschen, weil umfassendes Tracking im vorangehenden Jahrzehnt möglich wurde.[17]
Siehe auch
Weblinks
- Tracking Iceberg A68 2017-present (Brigham Young University) Abgerufen am 26. Dezember 2020 (englisch)
Einzelnachweise
- Was den Riesen-Eisberg A68 so unheimlich macht. In: n-tv, 13. Juli 2017, abgerufen am 13. Juli 2017.
- Gigantischer Eisberg treibt Richtung Nordosten. In: Norddeutscher Rundfunk, 12. Juli 2017, abgerufen am 13. Juli 2017.
- Gigantischer Eisberg in der Antarktis abgebrochen. In: Westdeutscher Rundfunk, 12. Juli 2017, abgerufen am 13. Juli 2017.
- Drittgrößter je per Satellit beobachteter Eisberg steckt am Schelfeis fest. In: Der Standard Onlineausgabe, 10. August 2017, 09:41, abgerufen am 10. August 2017.
- What happened next to the giant Larsen C iceberg?, Nicola Davis, The Guardian, 2. August 2017
- Rieseneisberg von kilometerlangen „Zwergen“ begleitet In: Der Standard Onlineausgabe, 2. August 2017, 12:17, abgerufen am 10. August 2017.
- Bryan Kahn: The Larsen C Iceberg Is Already Cracking Up.. In: Climate Central, 19. Juli 2017, abgerufen am 22. Juli 2017.
- Eisiger Gigant A68 treibt im Meer. In: Mitteldeutscher Rundfunk Onlineausgabe MDR Wissen, 21. September 2017, 10:00, abgerufen am 21. September 2017.
- "Die Gletscher haben sich zurückgezogen", in: Süddeutsche Zeitung, Interview mit Daniela Jansen, Onlineausgabe v. 10. Juli 2018, 07:53 Uhr, abgerufen am 18. Juli 2018, um 13:56 Uhr UTC+01:00.
- Adrian Luckman: Iceberg A68 escapes into the Weddell Gyre. Animation in „Adrian’s glacier gallery“, abgerufen am 6. September 2018 (englisch)
- World's biggest iceberg makes a run for it. BBC News Online, 5. Februar 2020, abgerufen am 23. Juni 2020.
- A-68, größter Eisberg der Welt treibt ins offene Meer. EuroNews Online, 12. Februar 2020, abgerufen am 23. Juni 2020.
- Is the world's biggest iceberg about to break up? BBC News Online, 23. April 2020, abgerufen am 23. Juni 2020.
- Björn Widmann: Vor der Antarktis: Gigantischer Eisberg bedroht Millionen Pinguine und Robben. SWR3, 11. November 2020, abgerufen am 12. November 2020.
- Kathryn Hansen: Iceberg Closes In on South Georgia. NASA earthobservatory, 14. Dezember 2020, abgerufen am 16. Dezember 2020.
- Eisberg-Gigant A-68A zerbricht und könnte Südgeorgien verschonen. In: Der Standard. 4. Februar 2021, abgerufen am 18. April 2021.
- Jonathan Amos: A68: Iceberg that became a social media star melts away. In: BBC Online. 18. April 2021, abgerufen am 18. April 2021.
- Riesiger Eisberg hat sich von der Antarktis gelöst. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12. Juli 2017, abgerufen am 14. Juli 2017.
- Gigantischer Eisberg treibt in der Antarktis. In: welt.de. 12. Juli 2017, abgerufen am 14. Juli 2017.