Larsen-Schelfeis
Das Larsen-Schelfeis ist ein langgezogenes Eisschelf im westlichen Teil des Weddell-Meeres, das sich an der Ostküste der Antarktischen Halbinsel von der Jason-Halbinsel bis zur Smith-Halbinsel zieht. Benannt ist es nach dem norwegischen Kapitän Carl Anton Larsen, der im Dezember 1893 mit der Jason an dem Schelfeis entlang segelte.
Das Larsen-Schelfeis ist in vier Abschnitte unterteilt, wovon drei verschiedenen großen Buchten zuzuordnen sind. Diese Abschnitte sind (von Nord nach Süd) als Larsen A, Larsen B, Larsen C und Larsen D benannt.
Larsen A ist der kleinsten und nördlichsten der großen Buchten zugeordnet, Larsen B der angrenzenden Mittleren und Larsen C ist der wiederum angrenzenden größten und südlichsten dieser Buchten zugeordnet. Larsen D ist dem Südpol am nächsten und keiner einzelnen Bucht zugeordnet, sondern stellt einen länglichen Abschnitt mit vielen kleinen aneinandergereihten und immer südlicheren Buchten dar.
Zerfall infolge der globalen Erwärmung
Bis in die späten 1980er Jahre reichte das Larsen-Schelfeis vom Prinz-Gustav-Kanal bis zum Kap Fiske über mehr als zehn Breitengrade und hatte dabei eine Größe von 103.400 km².[1] Larsen A löste sich im Januar 1995 und Larsen B im Februar 2002 auf. Larsen-C droht nach der Abspaltung eines großen Eisberges im Juli 2017 ebenfalls zu zerbrechen.[2][3]
Im Januar 2005 betrug die Fläche des Eisschelfs noch 78.515 km².[1] Der Zerfall ist insofern ungewöhnlich, als Eisschelfe im Normalfall dadurch kleiner werden, dass sie Eisberge „kalben“ oder an ihrer Oberfläche abschmelzen. Die Auflösung war eine Folge der globalen Erwärmung; im Bereich des Larsen-Schelfeises ist seit den 1940er Jahren, dem Beginn der regelmäßigen Messungen, ein Temperaturanstieg von etwa 0,5 °C pro Jahrzehnt beobachtet worden.
Larsen B
Das Larsen-B-Schelfeis erstreckte sich von der Robertson-Insel im Norden bis zur Jason-Halbinsel im Süden. Seine Auflösung wurde zwischen dem 31. Januar und dem 7. März 2002 festgestellt, an dem es mit einer Eisplatte von 3.250 Quadratkilometern Fläche abbrach. Bis zu diesem Zeitpunkt war das Eisschelf während des gesamten Holozän seit über 10.000 Jahren stabil gewesen. Demgegenüber bestand das Larsen-A-Schelfeis erst seit 4.000 Jahren. Der Zusammenbruch von Larsen-B führte zu einem beschleunigten Abfluss der dahinter befindlichen Eisströme ins Meer. Nach dem Zusammenbruch wurden bis zu achtfach höhere Fließgeschwindigkeiten gemessen.[4][5]
Durch die Ablösung des Eisschelfs wurde ein sich vom Sediment des Meeres ernährendes, chemotrophes Ökosystem zugänglich, das vor allem aus einer Matte von Bakterien und Muscheln besteht.[6]
Larsen C
Am 12. Juli 2017 brach ein etwa 5.800 km² großes Stück des Larsen-C-Schelfs ab und verkleinerte dessen Fläche um etwa 12 %; das Bruchstück mit einer Masse von rund einer Billion Tonnen erhielt die Bezeichnung A-68.[7] Es zählt zu den größten bisher beobachteten Eisbergen. Nach dem Abbruch droht durch die Destabilisierung die Auflösung von Larsen C.[3]
Der Abbruch von Eisbergen gilt als Zeichen für die zunehmende Destabilisierung des antarktischen Eises und den damit einhergehenden Meeresspiegelanstieg. Zwar trägt Larsen C als Schelfeis, das auf dem Meer schwimmt, selbst nicht zum Meeresspiegelanstieg bei, aber die Auflösung der Eisschelfe beschleunigt das Abfließen von landbasierten Gletschern. Derzeit wirken die verschiedenen antarktischen Eisschelfe wie Larsen C noch als eine Art Sperrmauer, die das Abfließen antarktischer Gletscher ins Meer stark bremst.[8] Das komplette Abschmelzen der Antarktischen Halbinsel, auf der sich Larsen C befindet, hätte theoretisch einen globalen Meeresspiegelanstieg von bis zu 20 Zentimetern zur Folge. In den gesamten antarktischen Gletschern ist Wasser für einen theoretischen globalen Meeresspiegelanstieg von rund 58 Metern gespeichert.[9]
Sonstiges
Das Abbrechen des Larsen-Schelfeises wird auch im Endzeit-Film The Day After Tomorrow erwähnt.
Weblinks
Einzelnachweise
- Hernán de Angelis: Larsen Ice Shelf. In: Beau Riffenburgh (Hrsg.): Encyclopedia of the Antarctic, Routledge, New York und London 2007, S. 585–587, ISBN 0-415-97024-5 (englisch)
- In der Antarktis droht riesige Eisplatte zu zerbrechen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 3. Dezember 2016.
- Riesiger Eisberg hat sich von der Antarktis gelöst. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 12. Juli 2017, abgerufen am 12. Juli 2017.
- E. Rignot, G. Casassa, P. Gogineni, W. Krabill, A. Rivera, R. Thomas: Accelerated ice discharge from the Antarctic Peninsula following the collapse of Larsen B ice shelf. (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) In: Geophysical Research Letters 31, 2004, L18401, doi:10.1029/2004GL020697 (PDF; 447 kB).
- E. Rignot, G. Casassa, P. Gogineni, W. Krabill, A. Rivera, and R. Thomas: Accelerated ice discharge from the Antarctic Peninsula following the collapse of Larsen B ice shelf. ResearchGate, 22. September 2004, abgerufen am 14. Juni 2019 (englisch, beinhaltet auch PDF).
- Eugene Domack, Scott Ishman, Amy Leventer, Sean Sylva, Veronica Willmott, Bruce Huber: A chemotrophic ecosystem found beneath Antarctic Ice Shelf. In: EOS, Transactions American Geophysical Union. 86 (29), 2005, S. 269+271–272, doi:10.1029/2005EO290001 (PDF).
- Martin O'Leary, Adrian Luckman and Project MIDAS: Larsen C calves trillion ton iceberg. 12. Juli 2017, abgerufen am 12. Juli 2017 (englisch).
- Paul Voosen: Delaware-sized iceberg splits from Antarctica. In: Science. 12. Juni 2017 (englisch, sciencemag.org).
- P. Fretwell et al.: Bedmap2: improved ice bed, surface and thickness datasets for Antarctica. In: The Cryosphere. Nr. 7, 2013, S. 375–393, doi:10.5194/tc-7-375-2013 (englisch).