Zoran Zaev
Zoran Zaev (mazedonisch Зоран Заев; * 8. Oktober 1974 in Strumica, SFR Jugoslawien) ist ein nordmazedonischer Politiker (SDSM). Er war vom 31. Mai 2017 bis 3. Januar 2020 und vom 31. August 2020 bis 16. Januar 2022 Ministerpräsident seines Landes[1][2][3]
Leben
Zoran Zaev wuchs zusammen mit seinem jüngeren Bruder in einem traditionell und landwirtschaftlich geprägten Elternhaus auf. Nach seiner Schulzeit studierte er und erwarb 1997 einen ersten Abschluss in Wirtschaftswissenschaft an der Universität Skopje. Danach absolvierte er einen Master-Studiengang in Geldtheorie an derselben Universität. Anschließend begann er im Unternehmen seines Onkels zu arbeiten.
Politische Karriere
Seit 1996 ist Zaev Mitglied der Sozialdemokratischen Liga Mazedoniens (SDSM). In den Jahren 2003 bis 2005 war er Abgeordneter des mazedonischen Parlaments, von 2005 bis 2016 war er Bürgermeister seiner Geburtsstadt Strumica. Im September 2008 wurde er als Nachfolger von Radmila Šekerinska Parteivorsitzender der SDSM. Er galt als Übergangskandidat, dem im Mai 2009 Branko Crvenkovski nachfolgte, als dessen Amtszeit als Präsident Mazedoniens endete. Zaev war seitdem stellvertretender Vorsitzender der SDSM und seit 2013 deren Vorsitzender.
Ministerpräsident
Nachdem die stärkste Partei VMRO-DPMNE nach längeren Verhandlungen mit der erneuten Regierungsbildung gescheitert war, gelang es Zaev, eine Koalition zu schließen zwischen seiner Partei und, der BDI, der PDSH und weiterer ethnisch-albanischer Minderheitenparteien. Am 31. Mai 2017 wählten ihn 62 der 120 Parlamentsabgeordneten zum neuen Ministerpräsidenten.[4]
Seine Arbeit als Regierungschef ist vor allem durch Bemühungen geprägt, das Verhältnis zu den Nachbarländern Bulgarien und Griechenland zu entspannen, um so den Beitritt Mazedoniens zur EU und zur NATO zu beschleunigen.[5] Durch die verbesserte Zusammenarbeit mit den Nachbarn innerhalb Europas und im westlichen Bündnis hofft man, die Probleme im eigenen Land besser lösen können. Mit dem Nachbarland Bulgarien wurde ein Freundschafts- und Nachbarschaftsvertrag unterzeichnet. Der Namensstreit mit dem Nachbarland Griechenland wurde durch das Prespa-Abkommen beigelegt; am 12. Februar 2019 trat die Namensänderung in Kraft. Für seine erfolgreichen diplomatischen Bemühungen um die Beilegung des Namensstreits zwischen den beiden Ländern wurden Zaev und sein griechischer Kollege Alexis Tsipras auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2019 mit dem Ewald-von-Kleist-Preis geehrt.[6] Mit derselben Begründung wurden die beiden Politiker 2020 auch mit dem Internationalen Preis des Westfälischen Friedens ausgezeichnet, der wegen der COVID-19-Pandemie erst im August 2021 verliehen wurde.[7]
Da die EU-Staats- und -Regierungschefs trotz der Beilegung des Namensstreits und die Verbesserten Beziehungen zu Bulgarien wegen des Vetos Frankreichs (zuerst Reformen innerhalb der EU dann Erweiterung) nicht wie zuvor erwartet Verhandlungen über einen EU-Beitritt von Nordmazedonien aufnahmen, geriet Zaevs Regierung innenpolitisch in die Kritik. Im Oktober 2019 kündigte er deshalb seinen Rücktritt sowie Neuwahlen an. Gleichzeitig wurde die Umsetzung des Freundschaftsvertrages mit Bulgarien ausgesetzt um innenpolitisch nicht weitere Angriffsfläche für die Opposition zu bieten. Am 3. Januar 2020 trat Zaev dann zurück und das Parlament wählte noch am gleichen Tag einstimmig eine Übergangsregierung unter Einbeziehung von Oppositionsmitgliedern und geführt vom bisherigen Innenminister Oliver Spasovski.[8] Die Parlamentswahl in Nordmazedonien 2020 fand wegen der COVID-19-Pandemie in Nordmazedonien statt am 12. April 2020 erst am 15. Juli 2020 statt. Die SDSM erhielt 35,89 % der Stimmen und wurde stärkste Kraft vor der VMRO. In der Nacht zum 31. August 2020 wurde Zaev erneut zum Ministerpräsidenten Nordmazedoniens gewählt. Er regierte mit seiner sozialdemokratischen SDSM in einer Koalition mit drei Parteien der albanischen Minderheit sowie weitere kleine Parteien. Im Koalitionsvertrag wurde dazu festgehalten, dass die letzten 100 Tage die Regierung anstatt von Zaev, von einem Albaner angeführt werden sollte.[9]
Die fehlende Umsetzung des Freundschaftsvertrages seitens Nordmazedoniens führten im November 2020 dazu, dass sich die bulgarische Regierung unter Bojko Borissow gegen die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen aussprach. Der Versuch Zaev, mit Kompromissvorschlägen und Tabubrüche die Beziehungen zu Bulgarien zu verbessern und die bulgarische Blockade dennoch zu überwinden, scheiterte. Dabei sprach er noch als Erster Politiker Nordmazedoniens im Einklang mit dem Freundschaftsvertrag, über eine gemeinsame Geschichte mit Bulgarien, sich für den Abbau des Feindbildes Bulgariens in den nordmazedonischen Schulbüchern aus, bezeichnete die bulgarische „Besatzung“ im Zweiten Weltkrieg als Administration und verwendete dabei nicht den seit dem Kommunismus etablierten Begriff faschistische Okkupation der Bulgaren. Weiter sprach Zaev als erster Regierungsvertreter des Staates von in Nordmazedonien lebenden Bulgaren.[10] Seine Aussagen wurden in Nordmazedonien als Angriff auf die nordmazedonische Identität und Sprache gewertet und führten zu einem politischen Beben, antibulgarischen Äußerungen von Politikern aller Parteien und antibulgarischen Proteste, welche von der oppositionellen VMRO-DPMNE organisiert wurden.[11] Auch seine Position innerhalb der SDSM wurde geschwächt: Die „alte Garde“ (SDSM ist die Nachfolgepartei des Bundes der Kommunisten Mazedoniens) und führende Politiker wie Branko Crvenkovski stellten sich öffentlich gegen ihn und positionierten sich gegen eine Annäherung an Bulgarien (nach dem Zweiten Weltkrieg verfolgten die Kommunisten Jugoslawiens eine gezielte De-Bulgariesierungspolitik innerhalb der Sozialistischen Jugoslawischen Republik Mazedonien in allen Bereichen, siehe z. B. Gesetz zum Schutz der mazedonischen nationalen Ehre).[12] Eine Unterstützung und somit die Aufhebung der Blockade machte jedoch die bulgarische Regierung, im Einklang mit der Erklärung vom März 2020 des Europäischen Rates, von dem Erzielen greifbarer Ergebnissen bei der Umsetzung des Freundschafts- und Nachbarschaftsvertrages abhängig. Auch der Vorschlag Zaev Mitte 2021, die nordmazedonischen Schulbücher und die Denkmäler aus der Zeit des Kommunismus im Bezug auf Bulgarien zu reformieren, stieß auf größere parteiinterne Kritik. Er wurde daraufhin in vielen Medien für alle seine Positionen gegenüber Bulgarien scharf attackiert und am Ende wurde der Vorschlag nicht umgesetzt.[13]
Als nach der Ersten Runde bei den Kommunalwahlen 2021 sich erheblichen Verlusten seiner sozialdemokratischen Partei SDSM abzeichneten, kündigte Zaev im Falle einer Niederlage bei der Stichwahl in der Hauptstadt Skopje seinen Rücktritt an. Als sich dennoch bei den Stichwahlen am 31. Oktober die schlechten Ergebnisse der Vorrunde bestätigten und die Wahl in Skopje durch die unabhängige Danela Arsovska gewonnen wurde, kündigte Zaev am Abend von seine Ämtern als Ministerpräsident und Parteivorsitzender zurückzutreten. Der Rücktritt muss formell noch vom Parlament bestätigt werden, dieses kann jedoch erst nach der formellen Einbringung des Antrages seitens Zaevs erfolgen.[14][15][16] Da Zaev sein Rücktritt bis zum 8. November nicht ins Parlament einbrachte, brach die größte oppositionelle Partei, die VMRO-DPMNE ein Misstrauensvotum ein.[17] Am Tag darauf entschied die Parteiführung der SDSM, die Rücktritte Zaevs als Ministerpräsident und Parteivorsitzender zu verschieben um somit die Mehrheit der Partei im Parlament nicht zu gefährden.[18][19]
Privates
Zoran Zaev ist verheiratet. Mit seiner Frau Zorica Zaeva hat er zwei Kinder.
Weblinks
Einzelnachweise
- Ministerpräsident ist zurückgetreten
- faz.net vom 31. August 2020
- Die Regierung von Kovacevski wurde mit 62 Stimmen gewählt. In: mkd.mk. 16. Januar 2022, abgerufen am 17. Januar 2022 (mazedonisch).
- landbote.ch: Mazedoniens Parlament bestimmt Zoran Zaev zum neuen Regierungschef. Abgerufen am 1. Juni 2017.
- reuters.com: Macedonia's PM hopes for quick solution to name dispute with Greece. Abgerufen am 26. Dezember 2018.
- Ewald von Kleist-Preis an Alexis Tsipras und Zoran Zaev verliehen. Münchener Sicherheitskonferenz, 17. Februar 2019, abgerufen am 22. Februar 2019.
- Preis des Westfälischen Friedens an Tsipras und Zaev. In: Zeit online. 28. August 2021, abgerufen am 28. August 2021.
- zeit.de
- Nordmazedonien: Zoran Zaev abermals zum Ministerpräsidenten gewählt. In: FAZ.NET. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 31. August 2020]).
- Заев: Договорът ще бъде закон, ще преследвам омразата, “Дълбоката държава” е в опозицията. bgnesagency.com, 20. November 2020, abgerufen am 3. Dezember 2020 (bulgarisch, Der Nachbarschaftsvertrag wird zum Gesetzt, ich werde den Hass [gegenüber Bulgarien] verfolgen, der "Tiefe Staat" ist in die Oposition, Zoran Zaev im Interview).
- Konstatin Konstadinov: Македонија (Видео) Костадинов: Мицкоски да излезе и да се извини на македонскиот народ за лагите и хистеријата. makfax.com.mk, 10. Dezember 2020, abgerufen am 10. Dezember 2020 (mazedonisch).
- Crvenkovski: Zaevs skandalöses Interview wird schwerwiegende Folgen haben, ich fordere eine dringende Sitzung des Zentralkomitees, ich friere die Mitgliedschaft ein. Stellungnahme des Ehemaligen Präsidenten und Vorstand der SDSM Branko Crvenkovski. In: mkd.mk. 26. November 2020, abgerufen am 8. November 2021 (mazedonisch).
- Angel Petrow: Bulgarien, Europa oder der Nordmazedonischer Salat - wer und was hat Zaev besiegt. Interview mit Vlado Bučkovski. Dnevnik.bg, 5. November 2021, abgerufen am 8. November 2021 (bulgarisch): „Im vergangenen Jahr drängten Zaevs offene Äußerungen über die Nähe zwischen Nordmazedonien und Bulgarien de-facto Crvenkovski dazu, seine Mitgliedschaft in der SDSM einzufrieren. Zaev wurde in vielen Medien wegen all seiner Positionen, die er zu den nordmazedonisch-bulgarischen Beziehungen äußerte, ständig angegriffen.“
- Duell der zwei großen Parteien bei Kommunalwahlen in Nordmazedonien. In: kurier.at. 18. Oktober 2021, abgerufen am 1. November 2021.
- Nordmazedoniens Ministerpräsident tritt zurück. In: faz.net. 1. November 2021, abgerufen am 1. November 2021.
- Zeljko Trkanjec: North Macedonia’s Zaev says he will resign following local election result. euractiv.com, abgerufen am 1. November 2021 (englisch).
- Zaev brachte sein Rücktritt im Parlament nicht ein, VMRO-DPMNE legte ein Antrag auf ein Mastraumvotum gegen die Regierung vor, Xhaferi soll spätestens am Donnerstag eine Sitzung hierfür ansetzen. In: zoom.mk. 8. November 2021, abgerufen am 8. November 2021 (mazedonisch).
- North Macedonia’s Prime Minister Zaev: I will Stay to Keep the Democratic Majority. In: novinite.com. Sofia News Agency, 10. November 2021, abgerufen am 10. November 2021 (englisch).
- Nordmazedonien: Zaev verschiebt Rücktritt. In: ORF.at. 10. November 2021, abgerufen am 10. November 2021.