Zerstörer-für-Stützpunkte-Abkommen
Das als „Destroyer Deal“ bekannte Destroyers for Bases Agreement (deutsch: „Zerstörer-für-Stützpunkte-Abkommen“) vom 2. September 1940 war ein Abkommen im Zweiten Weltkrieg zwischen den Vereinigten Staaten und dem Vereinigten Königreich. Für die Überlassung von Stützpunkten für den Zeitraum von 99 Jahren auf den Bahamas, Bermudas, Jamaika, St. Lucia, Trinidad, Antigua sowie auf Neufundland und in Britisch-Guyana übergaben die USA der Royal Navy Großbritanniens 43 und der Royal Canadian Navy sieben Schiffe aus der Zeit des Ersten Weltkrieges.
Geschichte
Die isolationistische Einstellung der US-amerikanischen Öffentlichkeit gegenüber der Beteiligung an einem Krieg in Europa fand ihren Ausdruck im Neutrality Act, der die Waffenlieferung an einen kriegführenden Staat nur gegen sofortige Bezahlung erlaubte. Hinzu kam, dass Präsident Roosevelt im Hinblick auf die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen 1940 darauf bedacht war, an dieser Regelung, die die weitergehende Hilfe für das bedrängte Großbritannien behinderte, keine Kritik zu üben.
Im späten Mai 1940 benötigte die Royal Navy nach der Evakuierung der alliierten Truppen aus Dünkirchen dringend Schiffe, auch um die durch deutsche U-Boote bedrohten kriegswichtigen Warenlieferungen über den Atlantik zu schützen. Die Anfrage der USA über die Pacht von Luftwaffenstützpunkten in Trinidad, Bermuda und Neufundland ohne weitere Gegenleistung lehnte der britische Premierminister Winston Churchill am 27. Mai ab. Churchills Bitte Ende Juli bezüglich der dringenden Überlassung von Schiffen für die Konvoisicherung lehnte wiederum Roosevelt ab.
Im Sommer 1940 stand Großbritannien nach der Niederlage Frankreichs Hitlerdeutschland alleine gegenüber. Am 13. August schlug daher Roosevelt die Überlassung von Zerstörern gegen Territorium vor. Der Abschluss des sogenannten „Destroyer Deal“ wurde am 30. August verkündet. Am 2. September 1940 wurde das Abkommen schließlich unterzeichnet.[1]
Die USA erhielten daraufhin kostenlos für 99 Jahre mehrere Landstücke für Stützpunkte. Die Royal Navy erhielt im Gegenzug 50 Zerstörer verschiedener Klassen, allesamt Entwürfe aus der Zeit des Ersten Weltkrieges.
Rechtliche Einordnung
Nach Artikel 8 der Haager Konventionen von 1907 war dieser Vorgang nicht mit dem Status der USA als neutraler Staat vereinbar. Dies hätte die deutsche Seite durchaus als casus belli zur Kriegserklärung nutzen können.[1]
Stützpunkte auf den überlassenen Territorien
- Antigua
- Naval Air Station bei Crabbs Peninsular
- Army Air Force Base bei Coolidge (Coolidge AFB), heute Flughafen VC Bird International
- Britisch Guayana
- Army Air Force Base Atkinson Aerodrome (heute Cheddi Jagan International Airport) und eine Wasserflugzeug-Basis nahe Suddie.
- Jamaika
- Army Air Force Base (Vernam AFB)
- Naval Air Station (Little Goat Island)
- Naval facility bei Port Royal
- St. Lucia
- Army Air Force Base (Beane AFB)
- Naval Air Station (Gros Islet Bay)
- Bermuda
- Fort Bell Army Airfield bekannt als Kindley Field (L.F. Wade International Airport)
- Neufundland
- Army Air Force Bases (Pepperrell AFB, Goose Bay AFB, Stephenville AFB)
- Naval Station Argentia
- weitere Anlagen zur Unterstützung der anderen Basen
- Trinidad
- Waller AFB, Carlsen AFB
Übergebene Zerstörer
Die übergebenen Schiffe wurden als Town-Klasse zusammengefasst. Sie trugen als Zeichen der Verbundenheit der englischsprachigen Nationen alle Ortsnamen, die sowohl in den USA als auch in Großbritannien oder Kanada zu finden sind.
Die erste Gruppe von Fahrzeugen war am 28. September 1940 in Kanada zusammengeführt worden. Die Zerstörer wurden vollständig ausgerüstet und im einsatzbereiten Zustand übergeben. Trotz ihren hohen Alters sollen sie sich in einem guten Zustand befunden haben, was auch vorher skeptische britische Mannschaften überraschte. Auf Grund der relativ kurzen Dienstzeit bei der US Navy waren diese Schiffe aber auch wenig abgefahren. Der größte Mangel aus Sicht der britischen Matrosen zeigte sich gleich in der ersten Nacht, als viele Mannschaften schlaflos in ihren Kojen lagen und sich fragten, warum die US-Navy die Hängematten abgeschafft hatte.[2]
Die Royal Navy übernahm 43 Zerstörer. Davon wurde 1940 die Manfield an Norwegen übergeben, 1941 folgten Bath, Newport und St. Albans. Die Sowjetunion erhielt 1944 neun Zerstörer als zeitweiligen Ersatz für die der Sowjetunion als Kriegsbeute zustehenden italienischen Schiffe.
Die Royal Canadian Navy erhielt sieben Zerstörer.
Weblinks
- Destroyers for Bases Agreement, 2 September 1940 (full text) (Memento vom 11. Januar 2015 im Internet Archive)
- List of Destroyers transferred to Great Britain under this agreement (Memento vom 15. Oktober 2014 im Internet Archive)
Siehe auch
- Leih- und Pachtgesetz, ein Nachfolgeabkommen
- Atlantikschlacht
Einzelnachweise
- Harald Fock: Z-vor! Internationale Entwicklung und Kriegseinsätze von Zerstörern und Torpedobooten. Bd. 2. Im Zweiten Weltkrieg: 1940–1945. Koehlers Verlagsgesellschaft mbH, Hamburg 2001, ISBN 3-7822-0762-9, S. 301.
- Harald Fock: Z-vor! Internationale Entwicklung und Kriegseinsätze von Zerstörern und Torpedobooten. Bd. 2. Im Zweiten Weltkrieg: 1940–1945. Koehlers Verlagsgesellschaft mbH, Hamburg 2001, ISBN 3-7822-0762-9, S. 129.