Wust (Wust-Fischbeck)
Wust ist ein Ortsteil der Gemeinde Wust-Fischbeck im Landkreis Stendal in Sachsen-Anhalt, (Deutschland).
Wust Gemeinde Wust-Fischbeck | ||
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Höhe: | 31 m ü. NHN | |
Fläche: | 47,52 km² | |
Einwohner: | 411 (31. Dez. 2021)[1] | |
Bevölkerungsdichte: | 9 Einwohner/km² | |
Eingemeindung: | 1. Januar 2010 | |
Postleitzahl: | 39524 | |
Vorwahl: | 039323 | |
Lage von Wust in Sachsen-Anhalt | ||
Geographie
Wust liegt in einem von zahlreichen Gräben und Bächen durchzogenen sandigen und vornehmlich von Kiefern bestandenen Flachland im sogenannten Kattewinkel zwischen der Elbe, dem Land Schollene und dem Jerichower Land, dem Namensgeber des südlich angrenzenden gleichnamigen Landkreises. Die Städte Stendal und Rathenow sind rund 18 Kilometer von Wust entfernt.
Geschichte
Die slawische Vorbesiedlung der Gegend von Wust belegt ein slawischer Burgwall, der sich etwa zwei Kilometer nordwestlich der Ortschaft befindet und vermutlich aus dem 9./10. Jahrhundert stammt. Seine Konturen sind auch heute noch in der Landschaft gut sichtbar. Der Durchmesser der Anlage beträgt etwa 90 Meter und der Wall ist vier bis fünf Meter hoch.
Heinrich Katt, der von 1380 bis 1392 in Urkunden erscheint,[2] war bereits Gutsherr auf Wust, ferner auf Zollchow und Redekin. Seither gehörte Wust bis zur Enteignung 1945 Mitgliedern der Katteschen Familie.
Hans Hermann Katt, heutzutage bekannt unter dem Namen Hans Hermann v. Katte, der Sohn des damaligen Eigentümers von Wust, Hans Heinrich Katt, hatte 1730 Kenntnis von der geplanten Flucht des preußischen Kronprinzen und späteren Königs Friedrich II., mittels welcher dieser vor der väterlichen Tyrannei fliehen wollte. Die Flucht misslang dem Kronprinzen und im Nachgang wurde bekannt, dass Hans Herrmann Katt diesen Fluchtplan gedeckt hatte. Hans Herrmann wurde durch das Militärgericht zu lebenslanger Kerkerhaft verurteilt. Der König, Friedrich Wilhelm I., schärfte jedoch dieses Urteil und verfügte die Hinrichtung. So wurde Hans Herrmann am 6. November 1730 vor den Augen des Kronprinzen in Küstrin hingerichtet. Die Gebeine Hans Herrmanns ruhen in der 1706/07 auf Geheiß seines Vaters Hans Heinrich Katt errichteten Kattegruft, die sich unmittelbar der romanischen Dorfkirche anschließt. Theodor Fontane besuchte Wust ob dieser lokalen Besonderheit und beschrieb es in seinen Wanderungen durch die Mark Brandenburg.
Eingemeindungen
Am 30. September 1928 wurde der Gutsbezirk Wust mit der Landgemeinde Wust vereinigt.[3]
Am 20. Juli 1950 wurde die bis dahin eigenständige Gemeinde Melkow nach Wust eingemeindet.[4]
Am 25. Juli 1952 kam die Gemeinde Wust nach der Auflösung des Landkreises Genthin in den neugebildeten Landkreis Havelberg. Außerdem wurde am 15. Februar 1974 die Gemeinde Sydow mit deren Ortsteil Briest nach Wust eingemeindet.[5]
Bis zum 31. Dezember 2009 war Wust eine selbstständige Gemeinde mit den zugehörigen Ortsteilen Briest, Melkow und Sydow sowie den Wohnplätzen Wust Siedlung (ehemalige Schäferei) und Wuster Damm.
Durch einen Gebietsänderungsvertrag beschlossen die Gemeinderäte der Gemeinden Fischbeck (am 4. Juni 2009) und Wust (am 17. Februar 2009), dass ihre Gemeinden aufgelöst und zu einer neuen Gemeinde mit dem Namen Wust-Fischbeck vereinigt werden. Dieser Vertrag wurde vom Landkreis als unterer Kommunalaufsichtsbehörde genehmigt und trat am 1. Januar 2010 in Kraft.[6]
Politik
Bürgermeister
Der letzte Bürgermeister der Gemeinde war Gerhard Faller-Walzer.
Wappen
Das vom Magdeburger Diplom-Designer Ernst Albrecht Fiedler gestaltete Wappen wurde am 17. September 2007 durch den Landkreis Stendal genehmigt.
Blasonierung: „In Gold ein roter Sparren, belegt mit fünf sechsstrahligen goldenen Sternen, im Winkel des Sparrens eine sitzende schwarze Katze mit aufgerichtetem Schwanz.“[7]
Die Farben der ehemaligen Gemeinde sind abgeleitet von der Farbe des Hauptmotivs und der Tinktur des Schildes: Rot - Gold (Gelb).
Der Sparren steht für den Zusammenschluss, das „gemeinsame Dach“, der fünf Ortsteile – Briest, Melkow, Sydow, Wusterdamm und Wust Siedlung – die durch die Sterne symbolisiert werden. Gleichzeitig erinnert er an die Landschaft des „Kattewinkel“. Die sitzende schwarze Katze, ein „redendes“ Symbol, erinnert an das vormals gebräuchliche (inoffizielle) Wuster Wappen am Schulgebäude; weiterführend auch an das Geschlecht derer von Katte, deren Grablege sich in der Wuster Kirche befindet.
Historisches Wappenbild
Wust führte im ehemaligen Gemeindesiegel schon einmal ein wappenähnliches Siegelbild. Dieses wurde im Zeitraum nach dem Zweiten Weltkrieg ungefähr bis zur Einführung der Bezirke und Kreise in der DDR (1945–1952) benutzt. Eine weitere Quelle ist das Kreisheimatmuseum in Genthin.
Flagge
Die Flagge ist Rot - Gelb (1:1) gestreift (Querformat: Streifen waagerecht verlaufend, Längsformat: Streifen senkrecht verlaufend) und mittig mit dem Gemeindewappen belegt.
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Bauwerke
Nachdem der Vorgängerbau im Dreißigjährigen Krieg zerstört worden war, ließ Hans Heinrich Katt – heute bekannt unter dem Namen Hans Heinrich v. Katte – 1726/27 das Herrenhaus als neuen Sitz der Katteschen Familie erbauen. Der schlichte zweigeschossige Barockbau mit zwei Seitenflügeln bildet zur Kirche hin eine Art Ehrenhof, in dem Beutekanonen aus der Schlacht von Ramillies aufgestellt waren. Nach der 1945 erfolgten Enteignung wurde das Herrenhaus ab 1948 als Schule genutzt. Es beherbergte die Grundschule der Gemeinde Wust bis Sommer 2018 und wird derzeit im Sommer für die die Summerschool Wust[8] genutzt.
- Links verdeckt die Kirche, rechts das ehemalige Herrenhaus
- Herrenhaus derer von Katte
- Rittergut Wust um 1860, Sammlung Alexander Duncker
- Romanische Dorfkirche in Wust
Gegenüber liegt die um 1200 einschiffig erbaute romanische Dorfkirche Wust – Anlaufpunkt an der Straße der Romanik. Sie gehörte mit ihrer Mutterkirche Melkow zum Kloster Jerichow, bis 1726 die Familie von Katte das Patronatsrecht erwarb. Nachdem der romanische Westbau im Dreißigjährigen Krieg zerstört worden war, wurde im 18. Jahrhundert der barocke Fachwerkturm mit geschweifter Haube aufgesetzt. Die Innenausstattung stammt von 1665. Dazu zählt die in flämischer Ölmalerei auf Holz ausgeführte Kassettendecke und die Emporen mit Engelsportraits sowie der Altar.
Östlich an die Chorapsis grenzt eine backsteinerne Gruft (mit quadratischer Grundfläche), in der die Gebeine mehrerer Kattes ruhen. Sie wurde 1706/07 erbaut, als die erste Frau Hans Heinrich Katt Dorothea Sophie Reichsgräfin v. Wartensleben (1684–1707) plötzlich starb und die Turmgruft bereits überfüllt war. Ihr Sarg ist einer von insgesamt zehn, darunter auch der Marmorsarg Hans Heinrichs und der Holzsarg des närrischen Stiefelkatte. Insbesondere wurde dort 1730 Hans Hermann Katt in einem schlichten Holzsarg beigesetzt, der 1730 in Küstrin vor den Augen des Kronprinzen und späteren Königs Friedrichs II. hingerichtet wurde.
Auf der Rückseite der Schule, dem Park zugelegen, liegt das 1850 bis 1867 errichtete, viergeschossige Backsteingebäude des Kornspeichers. Dieser bietet insbesondere im Sommer Kunstausstellungen, bildnerischen Workshops und Konzerten Raum. Der schon zuvor bestehende Park wurde 1755 unter Ludolf August Katt (1709–1776) auf 25 Hektar erweitert und zu einem Barock- und Landschaftspark ausgestaltet. 1945 war der Park verwahrlost und die Statuen überwiegend umgestürzt und zerbrochen. Die erhaltenen Statuen (Mars, Diana, Flora und eine Nymphe) wurden 1951 in den Park von Mosigkau gebracht.
Kirche und Gruft können besichtigt werden einschließlich einer qualifizierten Führung durch Mitglieder des GuM Geschichtskreis und Marionettenbühne[9].
Theater
Die Marionettenbühne in Briest wurde 1981 als Projekt der Konfirmanden des Kirchsprengels Wulkow/Wust und ihrer Katechetin gegründet. Zunächst wurde im Keller des Pfarrhauses in Großwulkow geprobt, und für die Auftritte in Kirchen entstand nach überlieferten Vorlagen eine portable Bühne. 1985 übergab der Gemeindekirchenrat Briest die dortige Dorfkirche der Marionettenbühne zur Erhaltung und Nutzung, woraufhin eine stationäre Bühne eingebaut wurde.
Sonstiges
Nahe der Kirche in Wust steht auf einem hohen Pfahl ein Storchennest, dessen Besucherzahl jährlich auf einer kleinen Tafel dokumentiert wird.
Wirtschaft und Infrastruktur
Verkehrsanbindung
Wust liegt an der Bundesstraße 188 von Stendal nach Rathenow. Von der B 188 zweigt in Wust die Landstraße nach Jerichow ab. Im Nachbarort Schönhausen (Elbe) besteht Bahnanschluss nach Stendal, Rathenow und Berlin. Es verkehren Linienbusse und Rufbusse der Regionalverkehrsbetriebe Westsachsen (RVW) unter dem Markennamen stendalbus.
Bildung
Sommerschule Wust
Seit 1991 findet in Wust jährlich in der Ferienzeit eine Sommerschule für englische Sprache, Literatur, Theater und Musik statt. Studierende und Dozenten aus Großbritannien, Irland und den USA unterrichten in zwei je zweiwöchigen Durchgängen Teilnehmer aller Alter ab zehn Jahren im Gebäude der Grundschule – bei schönem Wetter auch auf dem Schulhof, dem Innenhof des Katteschen Gutshauses. Die Kurse sind entsprechend den Vorkenntnissen der englischen Sprache gestaffelt.
Neben dem Unterricht und den Workshops für britische und US-amerikanische Geschichte, Literatur, Kunst, Film und Musik sowie den Kunst-, Musik- und Keramikkursen finden zahlreiche Kulturveranstaltungen statt: Dichterlesungen, Chorsingen, Konzerte, Radtouren und als Abschluss eine zweisprachige Theateraufführung. Außer der Schule, die sich im ehemaligen Herrenhaus befindet, werden insbesondere die zur Tonhalle umfunktionierte Turnhalle, der alte Kornspeicher und die Baracke des Sportplatzes als Veranstaltungsorte genutzt. Einige Veranstaltungen finden auch in den Orten der Umgebung statt. Die Teilnehmer der Kurse zelten vor allem auf dem Sportplatz der Gemeinde, haben aber auch die Möglichkeit, bei Familien im Ort unterzukommen. Die Sommerschule wurde 1991 auf Initiative von Maria von Katte, Harriett Watts und anderen ins Leben gerufen. Langjähriger Schirmherr war Wolfgang Thierse, derzeit ist es Bernhard Schlink. Die Sommerschule ist im Kattewinkel und darüber hinaus zu einer feststehenden saisonalen Institution geworden. Zu den prominenten Gästen gehörten unter anderem Wolfgang Leonhard und Juli Zeh.
Persönlichkeiten
- Hans Heinrich von Katte (1681–1741), preußischer Generalfeldmarschall
- Wilhelm Herrmann (1846–1922), in Melkow geborener evangelischer Theologe und Hochschullehrer
Literatur
- Jochen Reinecke, Maria v. Katte: WUST. In: Schlösser und Gärten in Sachsen-Anhalt. 1. Auflage. Heft 15, Berlin 1997, DNB 979985021. (2010, ISBN 978-3-941675-20-6)
- GuM – Geschichtskreis und Marionettenbühne im Kirchspiel Wulkow/Wust (Hrsg.): Sechs Backsteindorfkirchen im Elb-Havel-Winkel und ihre Besonderheiten. 5. Auflage. Großwulkow 2008, OCLC 254938426.
Weblinks
Einzelnachweise
- Ingo Freihorst: Klietz und Kamern legen 2021 zu. In: Havelberger Volksstimme, Elb-Havel-Echo. 19. Februar 2022, DNB 1047268663, S. 18.
- Genealogisches Handbuch des Adels, Adelslexikon. Band VI, Band 91 der Gesamtreihe, S. 141–142.
- Regierungsbezirk Magdeburg (Hrsg.): Amtsblatt der Regierung zu Magdeburg. 1928, ZDB-ID 3766-7, S. 225.
- Zweite Verordnung zum Gesetz zur Änderung der Kreis- und Gemeindegrenzen zum 27. April 1950 (GuABl. S. 161). In: Landesregierung Sachsen-Anhalt (Hrsg.): Gesetz- und Amtsblatt des Landes Sachsen-Anhalt. Nr. 18, 5. August 1950, ZDB-ID 511105-5, S. 279 (PDF).
- Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Gemeinden 1994 und ihre Veränderungen seit 01.01.1948 in den neuen Ländern. Metzler-Poeschel, Stuttgart 1995, ISBN 3-8246-0321-7, S. 345–346.
- Amtsblatt des Landkreises Nr. 16/2009, S. 172–174. (PDF; 4,5 MB)
- Amtsblatt des Landkreises Nr. 20/2007, S. 110. (PDF; 492 kB)
- Sommerschule Wust: Sommerschule Wust. Abgerufen am 1. November 2021.
- GuM Geschichtskreis und Marionettenbühne: Kirchenführungen in Wust, Melkow, Sydow, Briest. Abgerufen am 1. November 2021.