Winkelschleifer
Ein Winkelschleifer (auch Trennhexe, Schleifhexe, Feuerradl oder Flex genannt) ist eine zumeist elektrisch angetriebene Handmaschine mit einer schnell rotierenden runden Schleifscheibe, Schruppscheibe oder Trennscheibe. Als Werkzeuge für den Handbetrieb werden Scheiben mit bis zu 230 mm Durchmesser verwendet, die leicht auswechselbar sind, da sie beim Gebrauch verschleißen. Winkelschleifer werden über ein Winkelgetriebe angetrieben, welches dem Gerät seinen Namen gibt. Ein Winkelschleifer kann zum Schruppen und Abschleifen (flächigen Abtragen) sowie zum Durchtrennen bzw. Zerteilen harter, insbesondere metallischer Werkstoffe benutzt werden. 1954 wurde das Elektrowerkzeug von Ackermann & Schmitt (seit 1996 Flex-Elektrowerkzeuge) eingeführt; ihr Markenname Flex wird im Deutschen als Gattungsname verwendet.
- Elektrischer Einhand-Winkelschleifer
- Trennscheibe für Metall, Ø 125 mm, für M14 Anschluss
- Schruppscheibe mit Stützteller (auf Seite A bedruckt, auf Seite B als schwarzes Innenteil sichtbar), Ø 125 mm, M14
- Schnellspannmutter (M14) für kleine Winkelschleifer vom Benutzer aus gesehen (A) und von der Seite der Scheibe gesehen (B)
- Spannmutter (M14, links) und Stirnlochschlüssel für kleine Winkelschleifer
- Benzinmotorbetriebener Trennschleifer
- Straßenbauarbeiten mit Trennschleifer auf Führungswagen
Geräte mit Scheibendurchmesser von 180 bis ca. 400 mm werden auch als Trennschleifer (Trennjäger oder Trennschneider) bezeichnet. Aufgrund von Gewicht und Größe werden sie in der Regel mit beiden Händen bedient. Bei Geräten mit Benzinmotor wird die Trennscheibe konstruktionsbedingt über einen Keilriemen angetrieben.
Das Haupteinsatzgebiet der elektrisch betriebenen Geräte ist der Metallbau. Die größeren benzingetriebenen Trennschneider werden im Bauwesen zum Schneiden von Beton- und Asphaltflächen, im Gleisbau zum Trennen von Schienen und bei Feuerwehr und THW zusätzlich zur Twinsäge in Hilfseinsätzen verwendet.
Prinzip
Das scheibenförmige Werkzeug rotiert mit einer Drehzahl von bis zu 13.300 Umdrehungen pro Minute bei 115 mm Scheibendurchmesser, bei 125 mm bis zu 12.200 Umdrehungen pro Minute und ist daher hohen Fliehkräften ausgesetzt. Die theoretische Schnittgeschwindigkeit der Scheiben am Umfang liegt üblicherweise bei ca. 80 m/s, die Leerlaufdrehzahlen für unterschiedliche Scheibendurchmesser unterscheiden sich entsprechend.
Ausstattung
Typische Ausstattungsmerkmale von Winkelschleifern sind:
- Bremse, die nach dem Ausschalten die Zeit bis zum Stillstand der rotierende Scheibe verkürzt
- Verstellbare Schutzhaube für die rotierende Scheibe, um den Funkenflug zu lenken und beim Bersten der Scheibe deren Teile einzufangen
- Wiederanlaufsperre, damit nach einer Stromunterbrechung die Maschine stehen bleibt, selbst wenn der Betriebsschalter mechanisch eingerastet ist
- Drehzahlstabilisierung, welche die Drehzahl der Scheibe auch bei wechselnder Belastung ungefähr konstant hält.[1]
- Variable Drehzahleinstellung, um die Geschwindigkeit der Scheibe auf Werkstück und Scheibe anzupassen
- Autobalancer reduzieren die Vibrationen, indem sie die Unwucht der rotierenden Scheibe ausgleichen
- Griffe mit erhöhter Vibrationsdämpfung
- Betrieb mit Akku (siehe Akkuwerkzeug) oder am Netzanschluss, jeweils abhängig von der Leistungsklasse
- M14 oder X-Lock-Anschluss
Als Zubehör werden zwei Arten von Hauben für die Staubabsaugung angeboten: Hauben für das Trennen und Hauben für das Schruppen.
Abgrenzung zu Handkreissägen
Die Abgrenzung zu Handkreissägen ist nicht immer eindeutig. Meist unterscheiden sich die beiden Maschinentypen durch folgende Merkmale:
- Unterschiedliche Werkzeuge:
- Kreissägeblätter sind nur für Trennen, nicht für Schruppen geeignet.
- Bei der Kreissäge ist das Sägeblatt verzahnt und zum Teil mit Schneiden besetzt, beim Winkelschleifer sind die Trennscheiben glatt.
- Anschlussmaße des inneren Lochs sind bei Trennscheiben entweder vom X-Lock-Typ oder haben einen Durchmesser von 22,2 mm, bei Kreissägen ist der Durchmesser meist 30 mm.
- Motorlage: Beim Winkelschleifer über ein Kegelradgetriebe (Winkelgetriebe), bei der Kreissäge wird das Blatt von der verlängerten Motorwelle direkt angetrieben.
- Drehzahl: Meist beim Winkelschleifer höher als bei der vom Motor direkt angetriebenen Kreissäge.
- Haltung: Handkreissägen haben meist Anschläge um sie entlang von Führungen zu bewegen, Winkelschleifer sind für exakte Schnitte auf die ruhige Hand des Bedieners angewiesen.
- Arbeitssicherheit: Handschuhe sollten an der Kreissäge nicht getragen werden.
In der Praxis sind diese Merkmale nicht durchgängig. So sind für Winkelschleifer gezahnte Scheiben erhältlich und manche Hersteller vertreiben Handkreissägen mit einem Winkeltrieb.
Werkzeuge
Als Werkzeug-Aufnahme der handgeführten Geräte sind folgende Aufnahmen marktüblich:
- Scheibe mit einem konzentrischen Loch mit einem Durchmesser von 22,2 mm. Zur Befestigung der Scheibe dient
- entweder eine Spannmutter M14 × 2.0 für Stirnlochschlüssel,
- oder eine Schnellspannmutter für werkzeuglosen Wechsel
- Mit Spannmuttern wird eine reibschlüssige Verbindung zur Maschine hergestellt, die Maschine besitzt dazu einen Bolzen mit M14-Gewinde.
- Neuere Maschinen werden von unterschiedlichen Herstellern auch mit dem X-Lock-System[2] angeboten. Dabei entfällt die Spannmutter und die Scheibe wird formschlüssig an der Maschine fixiert. Darüber hinaus kann die Scheibe nicht verkehrt herum montiert werden – wichtig, wenn Laufrichtung eingehalten werden muss.
Die Scheiben des X-Lock-Systems lassen sich auch auf M14-Maschinen befestigen, aber wegen der fehlenden Unterstützung für den Formschluss können Scheiben mit konzentrischem Loch nicht auf X-Lock-Maschinen verwendet werden[3].
Anwendungsbereich
Je nach Material des Werkstücks und Zweck kommen angepasste Werkzeuge (Scheiben) zur Anwendung:
- Trennscheiben aus Edelkorund dienen zum Trennen von Metall, solche aus Siliziumcarbid zum Trennen von Stein. Scheiben zum Trennschleifen von NiRo-Stahl sind frei von Eisen, Schwefel und Chlor (jeweils < 0,1 %) hergestellt, um die Rostfreiheit zu erhalten. Das Korn von Scheiben für Aluminium wird durch weiche Metalle nicht zugesetzt.
- Diamant-Trennscheiben zum Trennen von Naturstein, Beton und Keramik (z. B. Pflastersteine und Fliesen).
- Schruppscheiben aus Edelkorund zum Bearbeiten von Metall und Stein (z. B. Schweißnähte säubern, Kanten brechen).
- Fächerscheiben zum Abschleifen (Flächen- und Kantenschliff) oder Polieren
- Schleifteller mit fest aufgebrachtem Schleifkorn oder aufgelegtem Schleifmittel (Fiberscheibe, ähnlich wie Schleifpapier) mit Klemmung bzw. Klettbefestigung z. B. zum groben Entrosten von Metall, Entfernen dicker alter Lackschichten, Glätten von grobem Holz usw.
- Drahtbürsten in Topf- oder Scheibenform, auch in gezopfter Ausführung aus HSS-Draht, dienen zum Entrosten und Säubern sowie zur Schweiß- und Lötvorbereitung.
- Fellscheiben zum Polieren (mit reduzierter Drehzahl).
- Hobel- und Schnitzscheiben zur Holzbearbeitung.
Scheibentypen
Die gängigsten Scheiben haben einen Außendurchmesser 115, 125, 150, 180 oder 230 mm, kleine 12V-Akku-Winkelschleifer werden auch mit 76 mm angeboten[4]. Grundsätzlich ist zwischen zwei Typen von Scheiben zu unterscheiden:
- Trennscheiben werden mit ihrer Kante benutzt, die Führung durch das Werkstück ist ähnlich wie bei einer Kreissäge.
- Schruppscheiben werden mit ihrer Seite benutzt, die Führung auf dem Werkstück ist ähnlich wie bei einem Exzenterschleifer
Übliche Trenn- und Schruppscheiben werden durch Gewebeeinlagen verstärkt und besitzen durch eine elastische Kunstharzbindung eine gewisse Flexibilität im Vergleich zu starren Schleifscheiben (Schleifstein). Diese Flexibilität ermöglicht manuelles, freihändiges Schneiden von Metall, Stein und anderen Werkstoffen, ohne dass die Schleifscheibe bei leichter Verkantung bricht.
Unbedingt zu vermeiden ist das Schruppschleifen mit Trennscheiben – hier besteht erhöhte Berstgefahr, da bei diesen Scheiben das stabilisierende Glasfasergewebe nur außen aufgebracht ist und beim Schruppschleifen als erstes durchgeschliffen würde. Das Schleifmittel hat dann den starken Axialkräften nichts mehr entgegenzusetzen. Für das Schruppschleifen gibt es entweder Fächerscheiben oder dickere Schruppscheiben, bei denen auch im Schleifmittel noch stabilisierende Gewebelagen eingebettet sind.[5]
Verwendungszeitraum
Alle Scheiben besitzen ein Haltbarkeitsdatum, das vom Hersteller auf der Scheibe angegeben ist. Speziell bei Scheiben mit Kunstharzbindung des Schleifmittels gibt es folgende Einschränkungen[6]:
- Die Bindung altert, so dass hier höchstens drei Jahre zulässig sind
- Sonneneinstrahlung kann den Alterungsvorgang beschleunigen, Magnesit in Bindungen wird durch Feuchtigkeit angegriffen
- Beschädigungen (Fallen, Anstoßen) können Ursache für erste Anrisse werden
- Scheiben mit keramischer Bindung können durch eine Klangprobe mit Holz- oder Gummihammer (kein Hammerkopf aus Metall) auf rissfreien Zustand geprüft werden
Die Einschränkungen und Risiken sind auch bei Lagerung und Transport zu berücksichtigen.
Scheiben bis 200 mm Durchmesser und Kunstharzbindung sind für Umfangsgeschwindigkeiten bis 50 m/s geeignet, bei faserverstärkter Kunstharzbindung können sie bis 80 m/s eingesetzt werden. Eine Kennzeichnung mit Farbstreifen ist zulässig, dabei steht blau für ≤50 m/s gelb für ≤ 63 m/s und rot für ≤ 80 m/s[6].
Arbeitssicherheit
Bei der Arbeit sollen Winkelschleifer immer mit beiden Händen gehalten werden[7].
Schutzausrüstung
Die Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM) empfiehlt[8] als persönliche Schutzausstattung beim Arbeiten mit Winkelschleifern:
- Schwer entflammbare Bekleidung (schleiffunkenbeständig)
- Sicherheitsschuhe
- Schutzhandschuhe (Schutz gegen Funkenflug)
- Gehörschutz
- Eine allseits anliegende Schutzbrille (Korbbrille oder ähnlich)
Arbeiten mit dem Winkelschleifer
Für die Arbeit und Arbeitsumgebung gibt die BGHM folgende Empfehlungen[8]:
- Beim bearbeiten von Leichtmetallen, wie Aluminium oder Magnesium, besteht Brand und Explosionsgefahr. Eine dafür geeignete Absaugung wird empfohlen.
- Werkstücke sind einzuspannen. Den Anteil der Unfälle, bei denen das Werkstück mit einer Hand gehalten wird, beziffert die BGHM auf 40 %.
- Gebundene Schleifscheiben sollten mit einer beidseitig abdeckenden Schutzhaube verwendet werden.
- Winkelschleifer sollten mit Autobalancer und Anti-Vibrationshandgriff ausgestattet sein. Die Arbeit sollte keinesfalls ohne Schutzhaube begonnen werden, denn diese ist nicht nur im Falle des Zerplatzens der Scheibe ein wichtiges Teil, sondern verhindert auch ein Berühren der Scheibe aus Richtung der Griffe und Bedienungselemente der Maschine
Bei gewerblich eingesetzten Winkelschleifern ist eine regelmäßige Sicherheitsüberprüfung nach Betriebssicherheitsverordnung auf Basis der VDE-Vorschriften vorgeschrieben. Der Arbeitgeber hat nach dem Arbeitsschutzgesetz und dem Betriebssicherheitsverordnung für die sichere Verwendung von Arbeitsmitteln Sorge zu tragen. Beim Trockenbearbeiten von Stein und Beton ist aufgrund der starken Staubentwicklung eine geeignete Absaugung sinnvoll. Eine Alternative dazu ist das Nasstrennen, der Winkelschleifer muss jedoch von seiner Schutzart her dafür geeignet sein.
Für den Einsatz in einem Unternehmen sind geeignete Werkzeuge, in diesem Fall mit Wiederanlaufschutz, zu verwenden.[9] Da Hersteller in der Bundesrepublik Deutschland verpflichtet sind, bei Elektrogeräten die Übereinstimmung mit EU-Recht mittels CE-Kennzeichnung zu bestätigen und dies nach der Maschinenrichtlinie (MRL) oder der Niederspannungsrichtlinie erfolgen kann, sind jedoch auch Winkelschleifer ohne den geforderten Wiederanlaufschutz im Umlauf und unter Verwendung.
Beim Arbeiten mit Winkelschleifern entsteht, wie bei allen Schleifvorgängen, Abrieb. Durch die hohe Drehzahl des Werkzeuges wird an der Bearbeitungsstelle sehr viel Wärme frei. In der Metallbearbeitung, vor allem beim Schleifen von Stahl und Guss, werden die Späne daher glühend mit hoher Geschwindigkeit weggeschleudert (Funkenflug). Wenn diese glühenden Partikel in größerer Menge konzentriert auf brennbares Material auftreffen (dazu gehört auch ungeeignete Kleidung des Bedieners), besteht akute Brandgefahr, beim Auftreffen auf Glas- oder Keramikflächen (z. B. Fliesen) Einbrandgefahr. Ebenso können Schleiffunken in Spalten oder Hohlräume eindringen und dort zu versteckten Glimmbränden führen, die eventuell erst nach Stunden Flammen zeigen.
Besonderheiten bei Einsatzorganisationen
Trennschleifer bei der Feuerwehr und beim THW unterscheiden sich oft von herkömmlichen Trennschleifern durch die verwendeten Trennscheiben, die eine größere Bandbreite an Materialien schneiden können. Während bei herkömmlichen Trennschleifern zwischen Stein-, Stahl- und Betonscheiben unterschieden wird, sind Rettungsscheiben in der Lage, unterschiedliche Materialien zu trennen. Als Grundgeräte werden wie bei Rettungssägen handelsübliche Maschinen eingesetzt, die mit der Rettungsscheibe entsprechend aufgerüstet werden. Auch Trennschleifer mit herkömmlichen Stein- oder Stahlscheiben werden eingesetzt, bei denen je nach dem zu trennenden Material die passende Trennscheibe benutzt werden muss.
Literatur
- Ralf Förster; Anna Förster: Einführung in die Fertigungstechnik. Springer Vieweg, Berlin 2018, ISBN 978-3-662-54701-4, Abschnitt 6.4.1 Trennschleifmaschine (Flex).
Weblinks
Einzelnachweise
- Praxistest BWS-905 Winkelschleifer mit Drehzahlregulierung. 23. Februar 2018, abgerufen am 28. Dezember 2019.
- Markenauskunft zur Wortmarke X-LOCK. Deutsches Patent- und Markenamt, abgerufen am 1. Januar 2022. und Markenauskunft zur Bildmarke X-LOCK. Deutsches Patent- und Markenamt, abgerufen am 1. Januar 2022., Markeninhaber ist jeweils die Robert Bosch GmbH
- Bosch Produktinformation: X-LOCK SYSTEM - Häufig gestellte Fragen. Bosch Power Tools GmbH, abgerufen am 2. Januar 2022.
- GWS 12V-76 Professional. Bosch Power Tools GmbH, abgerufen am 2. Januar 2022.
- In: Selbst ist der Mann, Nr. 12/2009, S. 72.
- Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (Hrsg.): Schleifen (= DGUV Information. Band 209-002). Februar 2017.
- Berufsgenossenschaft Holz und Metall (Hrsg.): Ratgeber für Jugendliche in Holz- und Metallberufen (= BGHM-Information. Band 105). Oktober 2018.
- Berufsgenossenschaft Holz und Metall (Hrsg.): Winkelschleifer (= Arbeitsschutz Kompakt. Band 74). Januar 2018.
- Unbeabsichtigtes Ingangsetzen von Winkelschleifern. elektrofachkraft.de – Das Magazin, abgerufen am 6. Januar 2020.