Windmessmast

Ein Windmessmast (kurz Windmast, seltener auch Anemometermast, je nach Bauart statt -mast seltener auch -turm genannt) ist ein Messmast, der primär der Beobachtung des Windes dient. Hierfür trägt der Mast insbesondere Geräte zur Messung von Windgeschwindigkeit (Anemometer) und -richtung (Anemoskope).

Windmessmast in Rohrbauweise mit fünf Messebenen

Einsatzgebiete

Klassisches Einsatzfeld ist die meteorologische Grundlagenforschung. Zu diesem Zweck werden Windmessmasten oft als Teil einer Wetterstation in Kombination mit anderen Messinstrumenten eingesetzt.

Ein anderer üblicher Einsatzzweck ist der in der Flugsicherung in der Nähe von Start- und Landeplätzen für Luft- und Raumfahrzeuge zur Erkennung potentiell gefährlicher Windverhältnisse (Scherwinde o. ä.).

In neuerer Zeit werden Windmessmasten häufig zur Erstellung von Windgutachten zur Erkundung möglicher Standorte für Windkraftanlagen und Windparks (On- und Offshore) eingesetzt.[1][2] Die Datenerfassung und -auswertung über einen längeren Zeitraum (mindestens 1 Jahr) erlaubt eine genauere Vorhersage der zukünftigen Stromerträge und somit eine gesichertere Basis für eine Investitionsentscheidung.[3] Bestimmt werden die mittlere Leistungsdichte und die Weibull-Parameter der statistischen Verteilung.[4]

Bauweise

Messtechnik

Messebene mit Anordnung der Anemometer auf Auslegern
Windmessmast in Gitterbauweise auf der Forschungs-Plattform FINO 1 am Offshore-Windpark alpha ventus

Normalerweise trägt ein solcher Mast die Geräte in mehreren Ebenen, so dass das Profil, also die Verteilung der Geschwindigkeit in verschiedenen Höhen, aufgenommen werden kann. Die Geräte sind auf Auslegern montiert; üblicherweise pro Ebene bis zu drei rund um den Mast, so dass immer mindestens ein Gerät dem Wind zugewandt ist und somit das Ergebnis nicht durch die Strömungsverwirbelungen im Windschatten des Mastes verfälscht wird. Neben Windrichtung- und Geschwindigkeit wird meist auch die Temperatur (eventuell in verschiedenen Ebenen zur Erfassung der Schichtung), und Daten zum Eisansatz (Luftfeuchte, …) gemessen. Bei Offshore-Standorten werden meist auch Daten zu Wellenhöhe, Wasserstand (bei Gezeiten) u. ä. erhoben.

Die Daten werden üblicherweise computergestützt gesammelt und ausgewertet; die Ergebnisse können meist per Funk- oder Satellitenverbindung abgerufen werden.

Mast

Ausgeführt sind die Masten meist in Leichtbauweise als Rohr- oder Gittermast. Strukturen mit breiterem Querschnitt sind ungeeignet, da der Widerstand des Turmes dann die Strömung zu stark beeinflusst. An Land werden die Masten zum Abfangen von Querkräften seitlich abgespannt, bei Standorten auf Offshore-Plattformen scheidet diese Möglichkeit aus, so dass der Mast entsprechend steifer ausgeführt werden muss.

Die Höhe der Messmasten wächst in neuerer Zeit aufgrund der immer höheren Nabenhöhen und Rotordurchmesser von Windkraftanlagen mit an. Während früher Höhen üblicherweise 40 bis 60 Meter betrugen, sind heute immer häufiger Höhen von 80 Metern bis etwa 140 Metern anzutreffen. Die höchsten Masten auf dem Festland erreichen heute bis zu 200 m (siehe Liste unten). Technisch sind auch wesentlich größere Höhen möglich, die Technik wird von Sendemasten übernommen (hier existieren diverse Beispiele für Masten mit mehr als 500 m Höhe). Für die Forschung werden Sende- und Messmasten oft kombiniert, um Kosten zu sparen; für die Windenergienutzung sind die Daten von Sendemasten meist nur bedingt verwendbar, da die Standorte von Sendemasten nicht mit Blick auf hohe Windausbeute gewählt werden. Sendemasten, auf denen in größeren Umfang Windmessungen vorgenommen werden, sind der Sendemast Gartow und der UKW- und Fernsehsendemast Hamburg-Billwerder. Auch Sendetürme mit einer Aussichtsplattform für Besucher wie der Stuttgarter Fernsehturm verfügen häufig über eine meteorologische Station mit Windmessgerät.

Auch in Betrieb oder außer Betrieb befindliche Freileitungsmasten können als Windmessmasten dienen. Allerdings ist deren Höhe in der Regel niedriger als die moderner Windenergieanlagen.

In Offshore-Bereich sind Höhen von bis zu 90 m über dem Meeresspiegel üblich, wobei der eigentliche Mast auf einer Plattform aufgestellt ist, die sich je nach Wassertiefe am Standort nochmals bis zu 60 m über dem Meeresgrund erhebt, so dass die Gesamthöhe bis zu 160 m über Grund beträgt.

Kleinere, mobile Masten sind zur leichteren Montage oft als Teleskopmast ausgeführt.

Zum Schutz der Messtechnik müssen Messmasten über einen Blitzfänger verfügen, der oben auf den eigentlichen Messmast aufgesetzt wird. Aufgrund der Höhe und der exponierten Lage ist weiterhin normalerweise eine Flugsicherheitsbefeuerung erforderlich.

Mast aus Holz

Im südlichen Schwarzwald bei Furtwangen wurde im Mai 2013 der erste Windmessmast aus Holz mit einer Höhe von 99,5 m in Betrieb genommen. Entwickelt und errichtet wurde der Windmessmast Linacher Höhe von der Bürgerinitiative SIVENTIS-Windprojekte. Er besteht aus elf Fachwerkelementen (Länge 1,4 m, Breite 1,4 m, Höhe 9,0 m), die mit speziellen Stahlteilen verbunden sind. Durch ein integriertes Leitersystem ist er innen besteigbar.[5]

Beispiele

Die folgende Liste enthält einige Beispiele, mit Schwerpunkt im europäischen und insbesondere deutschsprachigen Raum, ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Zu beachten ist, dass viele Windmessmasten nur temporär existieren und nach erfolgreicher Messung wieder abgebaut werden.[6][7]

LandOn-/OffshoreStandortHöhe *)Mess-
ebenen
BaujahrBesonderheiten
Niederlande NiederlandeOnshoreCabauw, Provinz Utrecht209 m1972höchster Windmessmast der Welt?
Deutschland DeutschlandOnshoreRödeser Berg, Hessen200 m2011höchster Windmessmast in Deutschland (in Februar 2022 demontiert)
Deutschland DeutschlandOnshoreBeratzhausen, Oberpfalz140 m62010bis 2011 höchster Windmessmast in Deutschland[8]
Deutschland DeutschlandOnshoreEbersberger Forst, Bayern140 m2013[9]
Deutschland DeutschlandOnshoreHessenreuther Berg bei Erbendorf, Oberpfalz140 m2012seit 2012 höchstes Bauwerk in der nördlichen Oberpfalz / höchstgelegener Messturm auf Mittelgebirgsebene in Deutschland[10]
Deutschland DeutschlandOnshoreUnsleben, Bayern140 m2012[11]
Deutschland DeutschlandOnshoreVogelthal, Bayern140 m62012[12]
Deutschland DeutschlandOnshorebei Weilburg, Hessen140 m2013[13]
Deutschland DeutschlandOnshoreJade-Windpark, nahe Wilhelmshaven130 m5vor 1996[14]
Griechenland GriechenlandOnshorebei Sidirokastro105 m[15]
Vereinigtes Konigreich Vereinigtes KönigreichOffshoreNordsee, Hornsea-Zone103 m2011[16]
Deutschland DeutschlandOnshorebei Bremerhaven102 m
Deutschland DeutschlandOnshoreStuttgart-Feuerbach, Baden-Württemberg100 m2013[17]
Schweiz SchweizOnshoreEssertines-sur-Rolle, Kanton Waadt99 m32011höchster Windmessmast der Schweiz
Deutschland DeutschlandOffshoreNordsee, Forschungsplattform FINO 1, am Windpark alpha ventus, nördlich Borkum84 m2003
Deutschland DeutschlandOffshoreOstsee, Forschungsplattform FINO 2, am Windpark EnBW Baltic 2, nördlich von Rügen90 m2005
Deutschland DeutschlandOffshoreNordsee, Forschungsplattform FINO 3, am Windpark DanTysk, nordwestlich von Sylt85 m2009
Deutschland DeutschlandOffshoreNordsee, neben Windpark Amrumbank West, westlich von Amrum90 m2005
Deutschland DeutschlandOffshoreOstsee, am Windpark Arkona-Becken Südost, nordöstlich von Rügen120 m2006
Deutschland Deutschland
Niederlande Niederlande
OffshoreNordsee, Windpark Nordsee Ost
Nordsee, Windpark Tromp Binnen
90 m72011Name: "Aeolus"[18]
Deutschland DeutschlandOnshoreLinacher Höhe bei Furtwangen, Baden-Württemberg, Südschwarzwald99 m32013höchster und höchstgelegener Windmessmast aus Holz

*) Höhe über Erdboden / über Plattformdeck

Commons: Windmessmasten – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. British Wind Energy Association (Hrsg.): Best Practice Guidelines for Wind Energy Development. London, ISBN 1-870064-21-6 (englisch, bwea.com [PDF]). bwea.com (Memento vom 18. Juli 2012 im Internet Archive)
  2. Standortwahl und Windparkplanung. (Nicht mehr online verfügbar.) World Wind Energy Association, archiviert vom Original am 23. September 2010; abgerufen am 20. Dezember 2011.
  3. Helmut Rundshagen: Windparkfonds als alternative Sachwertinvestition. In: Gert Moritz (Hrsg.): Handbuch Finanz- und Vermögensberatung. Gabler, 2004, ISBN 3-409-12469-1, S. 361.
  4. Siegfried Heier: Windkraftanlagen: Systemauslegung, Netzintegration und Regelung. 5. Auflage. Vieweg + Teubner, 2009, ISBN 3-8351-0142-0, S. 396 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. Badische Zeitung: Ein Windmessturm aus Holz, 16. Mai 2013.
  6. Windenergie-Agentur Bremerhaven/Bremen (Hrsg.): Offshore Windenergie. 2009 (offshore-windport.de [PDF]).
  7. Messplattformen – Projekte im Detail. (Nicht mehr online verfügbar.) www.offshore-wind.de, archiviert vom Original am 28. Dezember 2012; abgerufen am 20. Dezember 2011.
  8. Turbulenzen über den Wäldern. Daten für die Windkraftindustrie: Höchster Windmessmast Deutschlands steht bei Beratzhausen. (Nicht mehr online verfügbar.) Oberpfalznetz, 1. September 2009, ehemals im Original; abgerufen am 19. Dezember 2011.@1@2Vorlage:Toter Link/www.oberpfalznetz.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  9. Green City Energy errichtet Windmessmast im Ebersberger Forst. www.greencity-energy.de, abgerufen am 26. Oktober 2013.
  10. oberpfalznetz.de
  11. Windmessmast: Ein Schritt hin zum Windpark. In: Mainpost, 2. Dezember 2012, abgerufen am 26. Oktober 2013.
  12. Mess-Station bei Vogelthal. In: Donaukurier, 9. Oktober 2012, abgerufen am 26. Oktober 2013.
  13. Mast misst Wind in Windrad-Höhe (Memento vom 29. Oktober 2013 im Internet Archive). In: Mittelhessen.de, 3. Juni 2013, abgerufen am 26. Oktober 2013.
  14. Martin Strack, Axel Albers: Analyse und Extrapolation des Windprofils am 130 Meter-Meßmast des DEWI. In: Deutsches Windenergie Institut [DEWI] (Hrsg.): DEWI-Magazin. Nr. 8, Februar 1996 (dewi.de [PDF]).
  15. Unigea errichtet höchsten Windmessmast Griechenlands. Abgerufen am 26. Oktober 2013.
  16. SMart Wind Installs First Meteorological Mast in Hornsea Zone (UK). offshoreWIND.biz, abgerufen am 19. Dezember 2011 (englisch).
  17. Planung von Windkraftanlagen auf der Gemarkung Stuttgart (Memento vom 23. Oktober 2013 im Internet Archive). Stadtwerke Stuttgart, abgerufen am 26. Oktober 2013.
  18. AEOLUS. (Nicht mehr online verfügbar.) Van Oord, ehemals im Original; abgerufen am 10. Dezember 2011.@1@2Vorlage:Toter Link/www.vanoord.com (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. The authors of the article are listed here. Additional terms may apply for the media files, click on images to show image meta data.