Versteigerung der UMTS-Lizenzen in Deutschland
Versteigerungen von UMTS-Lizenzen in Deutschland fanden 2000 und 2010 statt. Die Bundesnetzagentur bzw. deren Vorgänger RegTP versteigerte dabei Lizenzen von Frequenzblöcken für eine Nutzung durch das Universal Mobile Telecommunications System an zugelassene Mobilfunkanbieter.
Versteigerung 2000
Die erste Versteigerung fand zwischen dem 31. Juli und dem 18. August 2000 in den Räumen der damaligen Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP; heute: Bundesnetzagentur) in Mainz statt. Versteigert wurden Lizenzen von Frequenzblöcken für eine Nutzung durch das Universal Mobile Telecommunications System. Erlöst wurden insgesamt etwa 50,8 Milliarden Euro, womit die Erlöse in Deutschland absolut höher ausfielen als bei vergleichbaren Auktionen in anderen Staaten.
Teilnehmer
Zur Versteigerung wurden am 31. Mai 2000 elf Teilnehmer zugelassen:
- DeTeMobil (heute: Telekom Deutschland)
- Mannesmann Mobilfunk (heute: Vodafone)
- E-Plus (heute eig. O2; 2016 Fusion von E-plus und O2, Umstellung von E-Plus und BASE Verträgen auf O2-Verträge im Februar 2016)
- Viag Interkom (heute: O2)
- debitel
- France Télécom/Mobilcom
- Group 3G
- Auditorium Investments (Hutchison)
- MCI WorldCom
- Vivendi
- Talkline
Bis zum Beginn der tatsächlichen Versteigerung reduzierte sich die Zahl allerdings noch. Folgende Teilnehmer stiegen bereits im Juni komplett aus dem Verfahren aus.
- Vivendi
- Talkline
- MCI WorldCom
- Auditorium Investments (Hutchison)
E-Plus und Hutchison gründeten im Juli ein neues Konsortium zur gemeinsamen Auktionsteilnahme, bestehend aus der damaligen E-Plus-Konzernmutter KPN, der japanischen NTT Docomo und Hutchison Whampoa.
Somit traten sieben Teilnehmer an, um eine der insgesamt maximal sechs Lizenzen zu ersteigern.
- Telekom Deutschland
- Vodafone
- E-Plus-Hutchison
- Viag Interkom
- France Telecom/Mobilcom
- debitel
- Group 3G (spanische Telefónica und finnische Sonera)
E-Plus-Hutchison und Viag Interkom wurden später umfirmiert in E-plus 3G Luxemburg bzw. O2.
Ablauf der Versteigerung
Versteigert wurden insgesamt zwölf Frequenzblöcke, wobei für die Lizenzerteilung ein erfolgreiches Gebot in mindestens zwei Blöcken erforderlich war. Maximal konnten einem Bieter drei Blöcke zugeteilt werden. Es waren also vier bis sechs Lizenzen möglich. Am 12. August 2000 stieg der Bieter debitel aus der Versteigerung aus. Die Höchstgebote lagen zu diesem Zeitpunkt bei knapp unter 63 Milliarden DM (32,2 Milliarden EUR). Die verbleibenden sechs Bieter hätten zu diesem Preis letztlich auch das Endresultat bekommen können. Gleichwohl boten verschiedene Firmen in den folgenden Tagen auf drei Frequenzblöcke, um damit die Zahl der späteren Lizenzinhaber von sechs auf fünf bzw. vier zu reduzieren. Erst am 18. August beschränkten sich alle Auktionsteilnehmer auf Gebote auf jeweils zwei Frequenzblöcke, wodurch die Versteigerung beendet wurde.
Ergebnisse der Versteigerung 2000
Die in Deutschland verfügbaren sechs FDD-Frequenzbänder wurden 2000 wie folgt vergeben:
Betreiber | Uplink | Downlink | Preis |
---|---|---|---|
Vodafone | 1920,3–1930,2 MHz | 2110,3–2120,2 MHz | 16,47 Mrd. DM (8,42 Mrd. €) |
unbelegt | 1930,2–1940,1 MHz | 2120,2–2130,1 MHz | (16,45 Mrd. DM an Group 3G/Quam; später zurückgegeben) |
E-Plus | 1940,1–1950,0 MHz | 2130,1–2140,0 MHz | 16,42 Mrd. DM (8,39 Mrd. €) |
unbelegt | 1950,0–1959,9 MHz | 2140,0–2149,9 MHz | (16,37 Mrd. DM an Mobilcom; später zurückgegeben) |
O2 | 1959,9–1969,8 MHz | 2149,9–2159,8 MHz | 16,52 Mrd. DM (8,45 Mrd. €) |
T-Mobile | 1969,8–1979,7 MHz | 2159,8–2169,7 MHz | 16,58 Mrd. DM (8,48 Mrd. €) |
Das durch die Regulierungsbehörde für die Auktion festgesetzte Mindestgebot für die gesamten FDD-Bänder lag bei 600 Millionen DM (50 Millionen DM pro Fünf-Megahertz-Paket).[1]
Alle Lizenzen waren bzw. sind bis zum 31. Dezember 2020 befristet. Die Lizenznehmer mussten bis zum 31. Dezember 2003 mindestens 25 % und bis zum 31. Dezember 2005 mindestens 50 % der Bevölkerung mit UMTS-Diensten versorgen. Diese Kriterien wurden von Mobilcom und Group 3G nicht erfüllt.
Auswirkungen der Versteigerung
Die Einnahmen flossen in den Staatshaushalt. Die Mobilfunkbetreiber konnten die erworbenen Lizenzen in den Folgejahren abschreiben und somit Gewinn und Steuerlast verringern. Zusätzlich sind für den Ausbau der Netze Kosten in zweistelliger Milliardenhöhe angefallen.[2]
Infolge der hohen Investitionssummen mussten die teilnehmenden Unternehmen Fremdkapital aufnehmen und Zinsen zahlen. T-Mobile hat im Jahr 2004 als erstes Unternehmen das UMTS-Netz eröffnet. Die hohen Kosten haben Gewinn, Aktienkurs und Rating der Mobilfunkunternehmen, in der Zeit zwischen Versteigerung und Öffnung der Netze, unter Druck gesetzt.
Zu den Gewinnern der Auktion gehören insbesondere Zulieferer wie Nokia und Blackberry, da sie neue Endgeräte vertreiben konnten.[3]
Debatte um Umsatzsteuer
Mobilfunkfirmen aus zahlreichen europäischen Ländern stellten sich im Anschluss an die Versteigerung auf den Standpunkt, dass es sich bei der Versteigerung dieser Lizenzen um einen der Umsatzsteuer unterliegenden Umsatz gehandelt habe. Daher verlangten sie die Ausstellung einer Rechnung mit Umsatzsteuerausweis und den ihnen daraus zustehenden Vorsteuerabzug. Dies hätte alleine im Falle Deutschlands zu einer Vorsteuererstattung von 13,79 %[4] (also ca. 7 Milliarden Euro) an die Bieter geführt. Die Konsequenzen für die Staatskassen zahlreicher europäischer Länder wären in einem solchen Falle schwerwiegend gewesen.
Der Europäische Gerichtshof entschied jedoch in zwei Musterverfahren, dass die Übertragung der Lizenzen nicht dem Umsatzsteuerrecht unterlegen habe:
Andere europäische Länder
Im Vorfeld der deutschen UMTS-Versteigerung waren im Frühjahr 2000 bereits die britischen Lizenzen versteigert worden. Dabei wurde ein Erlös von 22,477 Milliarden Britischen Pfund, etwa 38 Milliarden Euro, erzielt. Relativ pro erreichbarem Einwohner gesehen liegt dieser Betrag sogar noch über dem Ergebnis der deutschen Versteigerung.
In Frankreich wurden die Lizenzen Ende 2000 mittels eines „Schönheitswettbewerbes“ unter Berücksichtigung der von den Anbietern zugesagten Qualitätsmerkmale (Netzabdeckung, Geschwindigkeit des Ausbaus) vergeben. Dabei sollte zunächst ein Festpreis von knapp 5 Milliarden EUR pro Lizenz verlangt werden. Nachdem allerdings sich zu diesem Preis keine drei Interessenten fanden, senkte die Regierung in Paris die geforderte Summe auf 619 Mio. EUR. Das Verfahren zog sich dabei bis ins Jahr 2002, einen Bewerber für die ursprünglich geplante vierte Lizenz gab es später nicht mehr.
Versteigerungen in den Niederlanden, Italien und Österreich erzielten pro erreichbarem Einwohner geringere Erlöse.
Land | Preis je Einwohner | Monat der Lizenzvergabe |
---|---|---|
Großbritannien | 630 € | April 2000 |
Deutschland | 620 € | August 2000 |
Italien | 200 € | Oktober 2000 |
Niederlande | 160 € | Juli 2000 |
Österreich | 100 € | November 2000 |
Versteigerungen in Deutschland 2010
siehe auch: Frequenzversteigerung 2010
Nach einer Ankündigung der Bundesnetzagentur Anfang Februar 2007 sollten die zurückgegebenen sowie weitere UMTS-Frequenzblöcke 2008 versteigert werden.[7] Zwischen 12. April 2010[8] und 20. Mai 2010 fand die digitale Versteigerung in 224 Runden statt. Vor Beginn der Auktion hatte das Unternehmen Airdata gemeinsam mit E-Plus und Telefónica O2 vor dem Kölner Verwaltungsgericht gegen das Vergabeverfahren der Bundesnetzagentur geklagt, was vom Bundesverwaltungsgericht in einem Eilantrag am 7. April 2010 abgewiesen wurde.[9]
Zur Auktion gelangten ungenutzte Funkstrecken des Militärs, nicht mehr benötigte Rundfunkfrequenzen, die von Quam nach Einstellung der Geschäftstätigkeit eingezogene Lizenz sowie die von Mobilcom freiwillig zurückgegebene Lizenz. Unter den Mobilfunkbetreibern besonders begehrt war die sogenannte „Digitale Dividende“, also Frequenzen, die durch die Umstellung auf Digitalen Rundfunk nicht mehr genutzt wurden. Für diese Frequenzblöcke im Bereich von 800 Megahertz wurden bis zuletzt die höchsten Gebote abgegeben. Dabei ging jedoch E-Plus leer aus.
Die Unternehmen Telekom Deutschland, Vodafone D2, E-Plus und Telefónica Germany boten für Frequenzpakete von 360 Megahertz insgesamt 4,38 Mrd. Euro.[10]
Die Unternehmen boten im Einzelnen:
- Vodafone D2 1,43 Mrd. Euro
- Telefónica O2 1,38 Mrd. Euro
- Telekom Deutschland 1,3 Mrd. Euro
- E-Plus 0,283 Mrd. Euro
Das Auktionsergebnis lag noch unter den vorsichtigen Prognosen, die zwischen 5 Mrd. und 8 Mrd. Euro lagen.
Die ursprünglich von Quam und Mobilcom ersteigerten Lizenzen wurden halbiert (jeweils 4,95 MHz in Uplink und Downlink), und runden nun die im Frequenzband darunter bzw. darüber liegenden Bänder der anderen Anbieter ab: Die Quam-Lizenz wurde aufgeteilt zwischen Vodafone und E-Plus, die Mobilcom-Lizenz wurde aufgeteilt zwischen E-Plus und O2.
Literatur
- Mario Martini: Der Markt als Instrument hoheitlicher Verteilungslenkung – Möglichkeiten und Grenzen einer marktgesteuerten staatlichen »Verwaltung des Mangels«. Mohr Siebeck, 2008, ISBN 978-3-16-149332-4
Einzelnachweise
- Thomas Struk, dpa: Hintergrund: Telekomriesen feilschen um UMTS-Lizenzen. In: heise.de/newsticker. 30. Juli 2000, abgerufen am 12. Dezember 2018.
- Spiegel Online - 10 Jahre UMTS
- Profiteure des UMTS-Mobilfunkstandards vom 10. Dezember 2013 (Memento vom 10. Dezember 2013 im Internet Archive)
- bei Herausrechnen der Umsatzsteuer zum Steuersatz von damals 16 % aus dem Bruttobetrag, also 16/116 desselben
- Ersuchen, Schlussanträge und Urteil in der Rechtssache C-284/04 „T-Mobile Austria et al.“ (Österreich)
- Rechtssache C-369/04 "Hutchison 3G et al." (Großbritannien")
- Meldung auf tagesschau.de vom 6. Februar 2007 (Memento vom 1. März 2009 im Internet Archive)
- Bundesnetzagentur (Memento vom 11. April 2010 im Internet Archive)
- focus.de: Versteigerung von Mobilfunkfrequenzen wie geplant (abgerufen am 20. Mai 2010)
- Neue Frequenzen Mobilfunk-Auktion bringt dem Staat nur 4,4 Mrd. Euro. (Memento vom 22. Mai 2010 im Internet Archive) Financial Times Deutschland; abgerufen am 20. Mai 2010.