Urban Thelen
Urban Thelen (* 22. April 1915 in Winden, Gemeinde Kreuzau; † Mai 2008 in Drove; begraben am 22. Juni 2008 in Winden) war ein Küster, Organist und Chorleiter in seinem Heimatort.
Thelen ist nicht nur in Winden, sondern auch in Polen sehr bekannt. Dort gilt er als Nationalheld, weil er während des Zweiten Weltkrieges die Reliquien des Heiligen Adalbert von Gnesen, dem dortigen Nationalheiligtum, vor der Zerstörung durch die Nationalsozialisten rettete.
Leben und Wirken
Nach dem Besuch der Handelsschule wurde Thelen zum Arbeitsdienst berufen und kam anschließend zur Wehrmacht, wo er in Wehrdienstämtern arbeitete. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde er zum Leiter des Büros für Aufklärung und militärische Unterstützung in Inowrocław ernannt. Er befreundete sich mit Paul Mattausch, der die polnische Bevölkerung seelsorgerlich versorgte.[1]
Feldwebel Thelen erhielt als Soldat im Zweiten Weltkrieg seinen wohl gefährlichsten Auftrag: Der Breslauer Kardinal Adolf Bertram hatte die Nachricht von der geplanten Zerstörung der Kathedrale zu Gnesen erhalten. Es drohten die Zerstörung der Reliquien des heiligen Adalbert und die Entweihung des Allerheiligsten Sakraments.[2] Der Gnesener Generalvikar Eduard van Bleriq nahm Kontakt mit Pater Mattausch in Inowrocław auf, wo Thelen stationiert war. Der setzte „seinen Soldat“ in Marsch. Im Juli 1941 fuhr Urban Thelen in seiner Wehrmachtsuniform mit dem Zug nach Gnesen und trat mit dem in Packpapier eingeschlagenen kleinen Reliquien-Schrein wieder die Heimfahrt an. Im Abteil, so hat er es erzählt, hätte sich niemand neben ihn zu setzen gewagt. „Es war wohl die Aura des Heiligen“.[3] In Inowrocław wurde die Reliquie Mattausch übergeben und überstand die Kriegswirren eingemauert im Sakristeiboden der in der St.-Nikolaus-Kirche.[4] 1992 brachte er ein Stück der Reliquie von Gnesen zum neuen Altar in St. Mariä Empfängnis in Kleve.
Erst nach dem Krieg konnte Thelen seinen Wunsch, die Musikschule zu besuchen, umsetzen. Er wurde anschließend Organist in der Marienkirche in Düren und leitete den Kirchenchor.[4]
Die Geschichte der Rettung der Reliquie verschwieg Thelen Jahrzehnte und erzählte sie erst 1980 seinen Freunden. Die Medien wurden 1997 informiert. Thelen wurde daraufhin vom Erzbischof Henryk Muszyński nach Gnesen eingeladen und erhielt den Titel „Verdienter des Erzbistums Gniezno“.[1] Er starb im Alter von 93 Jahren in Drove.
Rezeption
Die heutige Badewannenfabrik Hoesch Design GmbH,[5] die einer der größten Badewannenhersteller Europas ist, gehört zu einer polnischen Unternehmensgruppe mit Sitz in Gnesen. Wieslaw Podraza, der das Kreuzauer Unternehmen 2005 aus der Insolvenz rettete und die Gedenktafel stiftete, würdigte Urban Thelen als einen Menschen, den eine besondere Haltung auszeichnete und der nicht in Vergessenheit geraten dürfe.
Am 17. März 2016 fand in Polen die Uraufführung des Dokumentarfilms „Der Kurier des Kardinals“ von Andrzej Machnowski statt, in dem die Geschichte von Urban Thelen dargestellt wird.
Ehrungen
- Bundesverdienstkreuz, verliehen durch den damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog
- Gedenkstein in Winden, enthüllt am 6. September 2019, an der Lehrer-Mainz-Straße, sozusagen im Schatten des Geburtshauses von Urban Thelen
- Verleihung des Titels Verdienter des Erzbistums Gniezno
Weblinks
- RP online: Urban Thelen ist tot. Er war oft in Kleve und mit Klevern in Polen
- kreis-dueren.de: Landrat würdigt historische Persönlichkeit aus Winden
- Dorothée Schenk: Wie ein Feldwebel brachte den Hl. Adalbert in Sicherheit
Einzelnachweise
- Barbara Cöllen: O Niemcu, który uratował relikwie najstarszego patrona Polski (polnisch) auf dw.com, abgerufen am 16. September 2019.
- Ein polnischer Nationalheld aus Winden. In: Aachener Zeitung vom 11. Dezember 2018, abgerufen am 16. September 2019.
- Dorothée Schenk: Wie ein Feldwebel brachte den Hl. Adalbert in Sicherheit auf poloniaviva.eu, abgerufen am 16. September 2019.
- Barbara Cöllen: Urban Thelen uratował dla Polaków relikwie św.Wojciecha (polnisch) auf dw.com, abgerufen am 16. September 2019.
- Geschichte Hoesch, abgerufen am 16. September 2019.