Unterstadtkirche (Kleve)
Die Unterstadtkirche St. Mariä Empfängnis,[1] auch Minoritenkirche, früher auch Annexkirche, in der Altstadt von Kleve ist eine Filialkirche der katholischen Pfarrei St. Mariä Himmelfahrt. Bis 1802 war sie Klosterkirche der Klever Minoriten (Franziskaner).
Geschichte
Kloster
Das Minoritenkloster Kleve gilt als Stiftung Graf Dietrichs († 1305) aus dem Jahr 1285. Er stellte den Minderbrüdern Grundstück und Wohnhaus und eine wohl schon vorhandene bescheidene Kirche zur Verfügung. Urkundlich nachgewiesen ist das Kloster seit 1300.[2]
In den Jahren 1425 bis 1445 wurde der gesamte Klosterkomplex mit der heutigen schlichten gotischen Klosterkirche neu gebaut. Die Kirche bildete die Südflanke der rechteckigen Klosteranlage mit Konventsgebäuden und Kreuzgang.[3] Das Chorgestühl schnitzte Arnt von Kalkar 1474.[4] Die Reformationszeit im Herzogtum Kleve überstand das Kloster. 1698 erhielt die Kirche eine Barockkanzel von Nikolaus Albers.[5] Unter französischer Verwaltung wurde das Kloster 1802 aufgehoben.[6] Kirche, Konvents- und Wirtschaftsgebäude wurden in Privathand verkauft.[7]
Säkularisation
In den Konventsgebäuden entstand ab 1843 das St.-Antonius-Hospital.[8] Das machte verschiedene Um- und Neubauten erforderlich, die, zusammen mit den Folgen des Zweiten Weltkriegs, von den ursprünglichen Gebäuden nur geringe Reste übrig ließen.
1952 zog das Hospital in einen Neubau an anderer Stelle um. Über dem einstigen Ostflügel der Klosteranlage – nach Norden verlängert – entstand das neue Klever Rathaus.[3]
Katholische Gemeindekirche
Die Kirche wurde nach profaner Nutzung in napoleonischer Zeit als Pfarrkirche der Unterstadt wieder in gottesdienstlichen Gebrauch genommen.
Im Zweiten Weltkrieg wurde die Unterstadtkirche mit großen Teilen Kleves bei Bombenangriffen fast vollständig vernichtet.[9] In den Nachkriegsjahren erfolgte ein an der Originalgestalt orientierter Wiederaufbau. Die bedeutendsten Ausstattungsstücke waren ausgelagert und blieben erhalten.
Von 1974 bis 2003 war Friedrich Leinung Pfarrer an der Unterstadtkirche. In dieser Zeit wurde sie zu einem überregional beachteten Zentrum der Nachkriegs-Versöhnungsarbeit.[10] Außerdem entstand bei der Kirche das karitative Zentrum Klosterpforte.[11]
Reliquien des heiligen Adalbert
Seit 1992 befindet sich ein Stück der Reliquie von Adalbert von Prag aus Gnesen im neuen Altar der Kirche. Die Reliquie in Gnesen wurde im 2. Weltkrieg von Urban Thelen gerettet.[12]
Architektur und Ausstattung
Die Unterstadtkirche ist eine typische schlichte, turmlose Bettelordenskirche. Sie ist eine Hallenkirche mit nur einem (rechten) Seitenschiff. Das Langhaus umfasst fünf Joche. Das Hauptschiff setzt der dreieinhalbjochige, polygonal schließende Chor fort. Auch das Seitenschiff schließt mit einer polygonalen Apsis. Die Schiffe sind mit zwei getrennten Satteldächern gedeckt. Langhaus und Chor überspannen Kreuzgratgewölbe.[13]
Als bedeutendstes Ausstattungsstück gilt das Chorgestühl von 1474, das Arnt von Kalkar (Arnt Beeldsnider – „Arnt der Bildschnitzer“) zugeschrieben wird. Das reiche Figurenwerk kontrastiert Heiligendarstellungen mit drastischen Grotesken.[14]
Bemerkenswert sind auch die barocke Kanzel von Nikolaus Albers (1698) und die Kreuzigungsgruppe im Chorbogen.
Literatur
- Peter van de Locht: Die Geschichte der Unterstadtkirche und des Minoritenklosters in Kleve. Kleve 1923
- docplayer.org; Mönche, Nonnen und Beamte. Das ehemalige Minoritenkloster und heutige Rathaus.pdf
Weblinks
Einzelnachweise
- Netzpräsenz der Pfarrei (Memento vom 25. März 2014 im Internet Archive)
- kavariner.de
- rp-online.de, 29. September 2008
- Arnt Beeldsnider (rheinische-geschichte.lvr.de)
- kleve.de
- dnb
- Wolfgang Schieder: Säkularisation und Mediatisierung in den vier rheinischen Departements 1803–1813, Teil V/2, S. 912
- kkikk.de
- vgl. Friedrich Leinung: Ray Hamley und die Anrufe von oben. Kleve 2004
- Belege im Artikel Friedrich Leinung
- klosterpforte-kleve.de
- https://rp-online.de/nrw/staedte/kleve/reliquien-vor-zerstoerung-gerettet_aid-21829445
- Innenaufnahme
- Pferdehund in Mönchskutte, der.westen.de, 23. Dezember 2012