Thermoölanlage
Eine Thermoölanlage, die auch als Thermalölanlage oder Wärmeträgerölanlage bezeichnet wird, ist eine Wärmeträgeranlage zur indirekten Temperierung von Produktionsprozessen mit Thermoöl als Wärmeträger.
Technik
Mithilfe von Thermoöl, das neben Wasser oder Salzschmelzen als Wärmeübertragungsmedium eingesetzt werden kann, ist es möglich, Gegenstände und Stoffe während eines Produktionsprozesses zu erhitzen oder abzukühlen. Im Vergleich zu Wasser besitzen gängige Thermoöle eine deutlich geringere spezifische Wärmekapazität, die bei sonst gleichem Volumenstrom durch den Verbraucher (Maschine, Reaktor etc.) und gleicher Wärmeübertragungsleistung zu einer höheren Temperaturdifferenz führen. Vorteile sind jedoch u. a.: Niederdruck-Anlagenbetrieb bis zu einer Temperatur von ca. 350 °C (400 °C lassen sich mit einem geringen Druck von ca. 12 bar realisieren), keine Korrosion, keine Gefahr des Einfrierens bei Außenaufstellung, keine Wasseraufbereitung erforderlich.
Maßgeblich für die Auslegung und den Bau von Wärmeträgeranlagen ist die DIN 4754, für den Betrieb und die Wartung ist dies die Richtlinie VDI 3033. Ergänzend hierzu sind die Druckgeräterichtlinie 2014/68 EU, die Maschinenrichtlinie 2006/42 EG sowie die AD-Merkblätter zu beachten.
Anwendungsgebiete
Thermoölanlagen kommen mittlerweile in vielen produzierenden Branchen zum Einsatz. Nachfolgend einige Beispiele zu industriellen Prozessen bzw. Anwendungen:
Chemische und petrochemische Industrie
In der chemischen Industrie spielt die Verfügbarkeit von Prozesswärme im hohen Temperaturbereich eine wichtige Rolle. Thermoölsysteme werden hier eingesetzt zur Beheizung von Polymerisationsanlagen, Polykondensationsanlagen, zur Spinnkopf-Beheizung und zur Polyesterfaser-Herstellung aber auch im Bereich der Kunststoff-Extrusion, der Temperierung von Knetern, Trocknern, Nutschen und Reaktoren. Ein weiteres Feld ist die Beheizung von Tanklagern für Rohöl.
Druck-/Papierindustrie
Im Bereich Druck und Papier gibt es für Thermoölanlagen zumeist zwei wichtige Einsatzbereiche: Zum einen werden Thermoölsysteme mit elektrischen oder befeuerten Erhitzern zur Beheizung von Flexodruck-Maschinen eingesetzt, zum anderen wird bei der thermischen oder regenerativen Nachverbrennung von Produktionsabluft mittels Abhitzesystemen Wärmeenergie aus dem Abgas zurückgewonnen und Beiheizungs-Prozessen wieder zugeführt.
Holz-/Möbelindustrie
Thermoölsysteme – zumeist zentral beheizt und über mehrere Sekundärkreise mit den Verbrauchern verbunden – werden in der Holzwerkstoff- und Möbelindustrie zumeist eingesetzt zur Beheizung von Pressen und Beschichtungsanlagen, Wachsschmelzkesseln oder Kaschieranlagen.
Lebensmittelindustrie
In der Lebensmittelindustrie speisen elektrische oder befeuerte Erhitzer mit anschließenden Primär- und Sekundärverbraucherkreisen die zentralen Produktionsprozesse wie Back-, Brat-, Brüh- oder Homogenisationsprozesse mit Wärmeenergie. Einsatzbereiche sind Großküchen, Industrie-Backöfen, Anlagen zur Milchpulver-Herstellung oder die Herstellung von Convenience Food.
Erneuerbare Energien/Solarenergie
In der Energiewirtschaft gibt es mehrere Einsatzfelder für Thermoölanlagen. Einsatzbereiche sind insbesondere die Gasaufbereitung in Biogasanlagen und konventionellen Gaskraftwerken, die Abwärmenutzung in ORC-Anlagen oder die Stromerzeugung solarthermischen und Hybrid-Kraftwerken (CSP-Technologie).
Kunststoff-/Textilindustrie
Überall in der Kunststoffbe- oder verarbeitung wird Prozesswärme benötigt. Thermoölsysteme mit Erhitzern sowie Sekundärkreisen zur Verteilung der Wärmeenergie werden beispielsweise eingesetzt bei der Temperierung von Flachfolien-Kalandern und Beschichtungsanlagen, zur Temperierung von Spritzguss-Werkzeugen oder der Beheizung von Kernausschmelz-Bädern (core melting technology).
Marine
In der Schifffahrtsindustrie finden Thermoölanlagen bei der Beheizung von Bitumen- und Schweröltanks und bei der Wärmerückgewinnung hinter den Hauptmotoren und Gasturbinen Anwendung.
Literatur
- VDI Gesellschaft (Hrsg.): VDI Heat Atlas. VDI-Verlag/Springer Verlag, Düsseldorf 1993, ISBN 978-3-540-77876-9.