Telefunkenwerk Zehlendorf
Das Telefunkenwerk Zehlendorf ist ein Gebäudeensemble im Berliner Bezirk Steglitz-Zehlendorf. Die Gebäude beherbergten seit 1939 die Telefunken Gesellschaft für drahtlose Telegraphie m.b.H. Nach dem Zweiten Weltkrieg 1945 nutzten die Streitkräfte der Vereinigten Staaten die Gebäude als Hauptquartier und 1949 bis 1994 als Kaserne McNair-Barracks. Die Gebäude wurden nach 2000 zum Großteil zu Wohnungen umgestaltet.
Architektur
Die viergeschossigen Hauptgebäude sind in Stahlskelettbauweise errichtet und mit Flachdach versehen. Die Hauptgebäude gruppieren sich um offene Höfe. Daneben befinden sich ein- bis zweigeschossige Nebengebäude. Die Fassaden sind verputzt und kaum verziert. Ein markanter neungeschossiger quadratischer Uhrturm, ebenfalls mit Flachdach, befindet sich an der nordöstlichen Ecke der Anlage.[1] Der Turm schließt sich an den ursprünglichen Verwaltungstrakt an. An dessen Stirnseite befindet sich ein figürliches Relief mit einer Allegorie über die Nutzung der Elektrotechnik durch die Menschheit.[2]
Bei der Renovierung um 2010 wurde in den Hauptgebäuden eine Geschossaufstockung vorgenommen. Es entstand ein Staffelgeschoss mit Dachterrasse.[3] Auch wurde teilweise eine Außendämmung angebracht (in der Regel genehmigen Denkmalbehörden nur Innendämmung) und die alten Fassaden nachgebildet.[4]
Geschichte
Den Bebauungsplan des Gebäudekomplexes legte 1937 der Architekt Hans Hertlein vor. Das Areal wurde 1938 angekauft, 1939 konnten die ersten Teile bezogen werden und 1940 wurden auch die kleineren Nebengebäude fertiggestellt.[1] Auf dem Areal wurden Entwicklungs- und Produktionsstätten sowie der Sitz angesiedelt.[5] Entwickelt und produziert wurden hauptsächlich Elektronenröhren und Funkanlagen.[1] Während des Krieges wurden Teile des Unternehmens zum Schutz ausgelagert.[6] Etwa 10 % des Werkes wurde durch Kampfhandlungen zerstört.[7] Das beschädigte aber funktionsfähige Werk wurde vollständig demontiert.[8] Der zerstörte Mitteltrakt wurde vereinfacht wieder aufgebaut.[2]
Von 1945 bis 1949 beherbergte der Gebäudekomplex zunächst das US-Hauptquartier in Berlin.[9] Danach wurde er als McNair-Barracks, neben den Andrews Barracks und den Roosevelt Barracks, zur dritten großen Kaserne der Berlin Brigade ausgebaut. Benannt wurde die Kaserne nach US-amerikanischen General Lesley J. McNair. Neben den Unterkünften der Soldaten waren am Standort Ausbildungseinrichtungen, Offizierskasinos bzw. Mannschaftsheime, Turnhallen, Bäckerei, Bibliothek, mehrere Läden sowie ein Kino untergebracht.[1] Zeitweise waren bis 2300 Soldaten in der Kaserne stationiert.[10] Nach der deutschen Wiedervereinigung 1990 und dem darauf folgenden Abzug der US-Streitkräfte wurde das Gelände 1994 der Stadt Berlin übergeben.[1]
Seit 1993 befand sich auf dem Gelände das McNair Museum. Es dokumentierte die vielfältige Geschichte der zivilen Angestellten, die bei den drei westlichen Alliierten beschäftigt waren.[11] 1995 wurde das 60.000 Quadratmeter große Gebäudeensemble unter Denkmalschutz gestellt. Nach dem Flughafen Tempelhof ist es das zweitgrößte Denkmal Berlins.[12]
Die einzelne Gebäude wurden an verschiedene Investoren verkauft[1] und sind zu Loftwohnungen, Penthäusern und Maisonetten umfunktioniert worden. Auch Einrichtungen wie die Phorms-Schule zogen in renovierte Gebäude ein.[13] Die verschiedenen Bauabschnitte für Wohnraum waren Lesley-Lofts, Loftland und Monroe-Park.[14] Die Lesley-Lofts sind nach Lesley J. McNair, dem Namensgeber der früheren Kaserne, benannt. Monroe-Park erinnert hingegen an die US-amerikanische Schauspielerin Marilyn Monroe und spielt damit auf die Mittelpromenade der ehemaligen Kaserne an, die nach dem Regisseur Billy Wilder benannt ist.[12] Der Monroe Park wurde vom Architekt Sergei Tchoban geplant[13] und konnte erst mit einer vierjährigen Verspätung ausgeführt werden, da der Investor Lehman Brothers 2008 Insolvenz anmelden musste.[4]
Weblinks
- Eintrag in der Denkmaldatenbank der Stadt Berlin
- Bilder des Werkes aus den 1930er Jahren auf mcnair-barracks.berlin-brigade.com
- McNair Museum
- Fotos bei Geograph (Projekt)
- Schreiben des Bezirksbürgermeisters von Steglitz-Zehlendorf
Literatur
- Erdmann Thiele (Hrsg.): Telefunken nach 100 Jahren: das Erbe einer deutschen Weltmarke, Nicolai Verlag, 2003, ISBN 978-3-87584-961-5.
Einzelnachweise
- Senatsverwaltung für Kultur und Europa: McNair Barracks – Hauptquartier der Berlin Brigade — (Memento des Originals vom 27. Dezember 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Matthias Donath: Architektur in Berlin 1933–1945: ein Stadtführer, Lukas Verlag, 2004, ISBN 978-3-936872-26-2, S. 167
- Bis 2012 entsteht der Monroe-Park in Lichterfelde. In: Berliner Morgenpost, 29. April 2009
- Ralf Schönball: Steglitz Verspäteter Baustart für Monroe-Park. In: Der Tagesspiegel, 30. September 2010,
- Thiele: Telefunken nach 100 Jahren, 2003, S. 31
- Günter Schlusche: Stadtentwicklung im doppelten Berlin: Zeitgenossenschaften und Erinnerungsorte, Ch. Links Verlag, 2014, ISBN 978-3-86153-810-3, S. 256
- Festschrift zum 50-jährigen Jubiläum der Telefunken Gesellschaft für Drahtlose Telegraphie m.b.H., gleichzeitig als 100. Ausgabe der Telefunken-Zeitung, Telefunken G.m.b.H., 1953, S. 211–212
- Thiele: Telefunken nach 100 Jahren, 2003, S. 40
- Senatsverwaltung für Kultur und Europa: Hauptquartier der US-Militärregierung (Memento des Originals vom 22. Dezember 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Simon Duke, Stockholm International Peace Research Institute: United States Military Forces and Installations in Europe, Oxford University Press, 1989, ISBN 978-0-19-829132-9, S. 100,
- Claudia Fuchs: Aus der Kaserne der Amerikaner werden Wohnungen. In: Berliner Zeitung, 19. September 2007
- Senatsverwaltung für Kultur und Europa: Tag des offenen Denkmals 2009: Ehem. Telefunken-Werke
- Christian Hunziker: Die Lücken füllen sich. In: Der Tagesspiegel, 21. April 2012