Strahlungsheizung
Eine Strahlungsheizung oder Wärmewellenheizung ist eine Heizung, deren überwiegende Wärmeabgabe durch Infrarotstrahler in Form von Wärmestrahlung erfolgt. Sie unterscheidet sich von der Konvektionsheizung, die ihre Wärme überwiegend durch Konvektion abgibt. Man unterscheidet zwei grundsätzlich verschiedene Bauformen der Strahlungsheizung: die Hochtemperaturstrahler und die Niedertemperaturstrahler.
Allgemein
Physik
Jeder Körper, dessen Temperatur über dem absoluten Nullpunkt liegt, gibt Wärmestrahlung an seine Umgebung ab. Die Leistung und Wellenlänge dieser Strahlung hängt gemäß dem Stefan-Boltzmann-Gesetz und dem Wienschen Verschiebungsgesetz von der Temperatur des Strahlers ab:
- die heiße Sonne strahlt mit ihrer wärmenden Sonnenstrahlung (überwiegend) kurzwellig, die Wellenlänge liegt zwischen 0,78 und 1,40 μm, siehe dazu auch Strahlungshaushalt der Erde.
- Objekte strahlen bei Raumtemperatur (20 °C) langwellige Wärmestrahlung ab, die Wellenlänge liegt zwischen 1,4 bis 3,0 μm, siehe dazu auch Einteilung des Spektralbereichs von Infrarotstrahlung)
Das physikalisch korrekt ausgedrückte Wirkprinzip der Strahlungsheizung – bezogen auf den Strahlungsanteil – ist der Strahlungsaustausch des Strahlers mit seiner Umgebung. Bei im Vergleich zur Umgebung sehr kleinflächigen Hochtemperaturstrahlern kann die Rückwirkung der Umgebung auf den Strahler vernachlässigt werden. Gemäß dem Stefan-Boltzmann-Gesetz ist die abgestrahlte Leistung etwa abhängig von der vierten Potenz der Temperatur. Bei höheren Temperaturen (rot bis gelb glühende Heizelemente) ist der Strahlungsanteil groß und lässt sich durch optische Reflektoren richten und bündeln. Somit ist die nutzbare Energie des Systems höher als bei Konvektion oder Wärmeleitung.
Die Wärmestrahlung (als Heizung oder abstrahlend als Kühlung) funktioniert auch bei Abwesenheit von Übertragungsmedien (also auch im Vakuum, so wie bspw. die Wärmestrahlung der Sonne durch das luftleere Weltall).
Abgrenzung zur Konvektionsheizung
Die Abgrenzung zwischen Strahlungsheizung und Konvektionsheizung ist nicht immer einfach:
- Eine Strahlungsheizung hat immer gleichzeitig warme Bauteile, die die umgebende Luft erwärmen und damit Konvektion erzeugen. Sie wird als Strahlungsheizung bezeichnet, wenn der überwiegende Teil ihrer Wärmeabgabe durch Strahlung erfolgt.
- Eine Konvektionsheizung ist warm und gibt damit gleichzeitig Wärmestrahlung ab. Sie wird als Konvektionsheizung bezeichnet, wenn der überwiegende Teil ihrer Wärmeabgabe durch Konvektion erfolgt.
- Eine Heizleiste erzeugt als Konvektionsheizung einen dünnen Wärmeschleier vor einer Wand, erwärmt diese dadurch, die dann wiederum Wärme abstrahlt.
Prinzipien der Anwendung
Bei der Strahlungsheizung wird der überwiegende Teil der Wärmeenergie durch Wärmestrahlung direkt übertragen. Alle Gegenstände und Materialien, die Wärmestrahlung absorbieren, geben wiederum Wärme durch Wärmestrahlung und Wärmeleitung an vorbeistreichende Luft ab. Durch Wärmestrahlung erwärmte Luft gibt Wärme durch Wärmestrahlung und Konvektion ab. Im Gegensatz dazu wird bei einer Konvektionsheizung danach getrachtet, zum überwiegenden Teil die Raumluft zu erwärmen und als Wärmeträger zu nutzen und die Wärme durch Konvektion im Raum verteilt (nachteilig daran ist, dass Luft nur geringe Wärmespeicherkapazität hat). Bei beiden Heizungsarten wird Wärme auch in Wasserdampf als Verdampfungsenthalpie gebunden und durch Konvektion und Lüften abgeführt.
Wärmestrahlen erreichen und erwärmen
- die oberste Schicht der Raumwände und der Möbel und Einrichtungsgegenstände,
- die Bewohner der Räume
- zu einem geringen Anteil die "Treibhausgase" (CO2 und Wasserdampf) der Raumluft (siehe dazu Treibhauseffekt).
Die Hauptbestandteile der Atmosphäre, Stickstoff und Sauerstoff, haben als zweiatomige Moleküle weder ein statisches Dipolmoment noch ein Übergangsdipolmoment, sie werden durch Strahlung des infraroten Lichts nicht angeregt.
Fensterglas ist für langwellige Wärmestrahlung praktisch undurchlässig[1], langwellige Wärmestrahlung wird dabei entweder (entsprechend dem Wärmedurchgangskoeffizienten respektive Wärmedurchlasskoeffizienten der Glassorte) absorbiert oder zurück in den Raum reflektiert[2]. Die Reflexion ist vom Einfallswinkel abhängig (siehe dazu Reflexionsgrad, Reflexionsfaktor und Totalreflexion). Dagegen ist Fensterglas für eintretende kurzwellige Wärmestrahlung der Sonne (zwischen 0,2 und 2,5 μm) beinahe zu 100 % durchlässig (siehe Energiedurchlassgrad), dieser mögliche Wärmeeinfall und die Undurchlässigkeit für Raumwärme wird deshalb auch bei Solarthermiekollektoren und Glashäusern genutzt.
Um den Effekt der Zurückstrahlung von Wärmeenergie zu nutzen sowie Wärmeableitung ins Gemäuer und Kondensation der Raumluftfeuchte an und in der Wand zu vermeiden, sollten die bestrahlten Raumwände, also die "Hüllflächen" des Wohnraums, schlecht wärmeleitend und gut wärmespeichernd sein. Eine Tapete oder vorgesetzte Gipskartonplatte ist dafür besser geeignet als beispielsweise Sichtbeton.[3]
Vorteile
Vorteile der Strahlungsheizung im Wohnbereich sind die geringere Raumlufttemperatur (bei gleichem subjektiven Wärmeempfinden der Bewohner) und die verminderte Luftumwälzung und Luftschichtung, was in der Regel zu einem angenehmeren Raumklima und besserer thermischer Behaglichkeit (weniger trockene Luft und geringere Staubbelastung) führt. Bei ungünstigen Luftströmungsverhältnissen (frequentierte Durchgangsbereiche, hohe Räume) ist die Strahlungsheizung alleine aus anwendungstechnischen Gründen die Heizung der Wahl. Weitere Vorteile entstehen durch die nach dem Einschalten fast unmittelbar zur Verfügung stehende Wärme. Somit können Räume, die selten oder nur kurz benutzt werden, wenig oder gar nicht beheizt bleiben und beim Betreten trotzdem mit einigem Komfort benutzt werden.
Alle Wärmestrahler geben aber Wärme auch durch Konvektion ab. Bei Deckenstrahlern bildet sich dabei ein Wärmepolster, der wegen des Auftriebs der warmen Luft an der Decke hängen bleibt. Das Wärmepolster (österreichisch der Wärmepolster) nimmt allmählich die Temperatur der Strahlungsoberfläche an und weil dann keine Temperaturdifferenz mehr vorliegt kann auch keine Wärme durch Konvektion in die Grenzschicht des Luftpolsters abgegeben werden,[4] vor durch Wärmestrahlung erwärmten Wänden bildet sich ein "Wärmevorhang", der durch Konvektion Wärme verteilt, aber auch kältere Wandteile oder die Zimmerdecke erwärmen kann, die dann wieder Wärme abstrahlen oder Wärme ableiten (genauer erklärt bei Heizleiste).
Durch die Reduzierung des Energietransports mit Hilfe von erwärmter Luft reduzieren sich auch die dadurch resultierenden Energieverluste (Lüften, Undichtigkeiten). Undichte Fenster helfen dann die notwendigen Luftwechselraten zu erreichen um menschgemachte Feuchte (Schwitzen, Atmung, Kochen) ohne extra zu Lüften aus der Raumluft zu entfernen.
Laut dem Architekten und Fachbuchautor Konrad Fischer wären bei Strahlungsheizungen (und Sockelleistenheizungen) die "Gebäudehüllflächen" durch Wärmestrahlungsaufnahme stets wärmer als die Luft, die Luft würde dort niemals unter den Taupunkt abgekühlt, der Innenputz könne nicht vernässen und es wüchse kein Schimmel; bei Konvektionsheizungen hingegen wäre die Luft stets wärmer als eine Wand, wodurch an einer Wand der Taupunkt unterschritten werden könnte.[5] Fischer übernahm dabei[6] im Wesentlichen die Thesen des Architekten Claus Meier[7][8], es »kann bei einer strahlungsintensiveren Heizung die Raumlufttemperatur gegenüber den konvektionsoptimierten Heizungen wesentlich gesenkt werden – die Energieeinsparung ist demzufolge eine gewaltige«[7]. Weil die Luftfeuchtigkeit der Innenraumluft (Quelle: Atmung, Verdunstung, Trocknung, Pflanzen etc.) durch Luftaustausch aus Wohnräumen entfernt werden soll, ginge mit dem Luftaustausch bei Konvektionsheizung (bei der die Raumluft erwärmt wird) mehr Energie verloren als bei Körper- oder Wanderwärmung durch Wärmestrahler. Somit wären (nach Fischer) Heizsysteme auf Basis von Wärmestrahlung selbst mit undichten Fenstern effizienter als solche mit Konvektionsheizung samt Wärmedämmung. Unterlassene Luftwechsel der angenehm warmen Luft würden häufig zur Kondensation von Feuchte in Innenräumen und in Folge in Verbindung mit organischen Nährstoffen (aus Bindemitteln, Farbanstrichen, Tapetenklebern, Papiertapeten) zu gravierenden Schwarzschimmelbelastungen führen (Feuchte in Wärmedämmverbundsystemen außen entsteht hingegen durch kapillar oder in Fugen eindringende Kondensfeuchtigkeit oder sonstige Niederschläge; siehe dazu ausführlicher Feuchtigkeit#Feuchte in Gebäudebauteilen).
Niedertemperaturstrahler
Niedertemperaturstrahler sind in der Regel Heizkörper, über die anderweitig erzeugte oder gespeicherte Wärmeenergie emittiert wird. Wirkmedien sind entweder Warmwasser (über Heizschlangen, Heizkörper oder Heizleisten) oder in Folien eingebettete flächige elektrische Heizmatten (aus Graphit oder Ruß). Gängige Bauformen dabei sind Fußbodenheizung, Wandheizung oder Deckenheizungssysteme, es gibt aber auch Sonderbauformen (z. B. Bauteilheizung) für spezielle Anforderungen.
Strahlungsheizkörper im Niedertemperaturbereich benötigen auf Grund ihres Funktionsprinzips eine wesentlich größere raumseitige Abstrahlfläche als ein Konvektorheizkörper. Sie können in raumbegrenzende Bauteile integriert sein (Vorteil: kein eigener Platzbedarf – Nachteil: schlechte Wartbarkeit) oder als flache Bauelemente auf Wand oder Decke appliziert sein (Vorteil: leichte Wartbarkeit – Nachteil: bei Wänden: evtl. Wegfall von Stellplatz).
Hochtemperaturstrahler
Bei den Hochtemperaturstrahlern wird die Heizenergie am oder im Abstrahlbauteil erzeugt und mit hoher Temperatur abgestrahlt. Diese Heizungsform wird verwendet, um über einen größeren Abstand oder in größerem Umfang Heizenergie abzugeben. Beispiele dafür sind
- elektrische Heizstrahler, z. B. Badzusatzheizung und Wickeltischwärmer, sowie
- Gasheizstrahler, z. B. der katalytische Bauheizer, Terrassenstrahler (in der Alltagssprache auch Heizpilz genannt, was auch als Marke eingetragen ist[9], und in Österreich Heizschwammerl genannt) und die industrielle Hallenarbeitsplatzheizung.
Durch die hohe Temperatur besteht zumindest Verbrennungsgefahr, in der Regel sogar Brandgefahr, der durch entsprechende Vorsichtsmaßnahmen (Abschirmung, Anbringung außerhalb des Arbeitsbereichs, Abstände zu anderen Gegenständen) begegnet werden muss.
Nach rasch steigender Beliebtheit existieren wegen der hohen Kohlendioxidemissionen in vielen größeren Städten und deutschen Bundesländern Verbote für den Einsatz von gasbetriebenen Terrassenstrahlern in öffentlichen Betrieben wie Gaststätten. Ein Verbot für die gelegentliche private Nutzung existiert nicht.[10][11]
Elektrischer Betrieb
Bei einer Strahlungsheizung erhitzt sich eine von elektrischem Strom durchflossene Heizwendel oder ein Heizstab und strahlt dadurch Wärme in Form von Infrarotstrahlen ab. Hinter dem Glühkörper befindet sich ein Spiegel, der die Infrarotstrahlen in eine Richtung lenkt. Da der Glühkörper mehrere hundert Grad Celsius heiß wird, ist stets ein Berührungsschutz angebracht. Der Glühkörper ist vom Aufbau her eine um einen Keramikkern zur Isolation gegen Kurzschluss gewickelte Heizspirale. Die Heizspirale des Glühkörpers wird auch Glühwendel genannt.
Heute werden elektrische Infrarotheizstrahler in vielen Bereichen eingesetzt, z. B. in der Gastronomie und im privaten Bereich als Außen-Heizung, Zusatzheizungen in Badezimmern und überall dort, wo kurzfristig Wärme benötigt wird. Spezielle Wickeltisch-Heizstrahler sind für den Wickelplatz von Babys konzipiert, meist sind diese mit 600 W Heizleistung und mit Splitterschutz (wegen Quarz-Heizstab) ausgelegt. Neuere Geräte besitzen eine Abschalt-Automatik (meist nach 10 oder 20 Minuten Heizbetrieb).
Eine Sonderform des elektrischen Heizstrahlers ist die Rotlichtlampe, bei der die über den Glühfaden erzeugte Wärmeenergie hoch genug ist, um aus kleinerem Abstand medizinisch wirken zu können. Aber auch hier ist eine Brandgefahr nicht auszuschließen (unbemerkter Stoffkontakt während der Bestrahlung).
Eine bedeutsame Sonderform des elektrischen Heizstrahlers ist die Glühlampe. Bei dieser Bauform wird zwar auch der größte Teil der eingesetzten Energie in Wärmestrahlung umgesetzt. Ein gemessen an anderen Bauformen hoher, gleichwohl insgesamt immer noch geringer Teil der Strahlung (ca. 5 % der eingesetzten Energie) wird jedoch im sichtbaren Bereich des Spektrums emittiert. Dies gelingt, indem der Glühkörper in ein Schutzgas eingeschlossen wird, was höhere Temperaturen des Glühkörpers ermöglicht.
Literatur
- A. Kollmar und W. Liese: Die Strahlungsheizung. 4. Auflage. R. Oldenbourg, München 1957.
- Bernd Glück: Strahlungsheizung – Theorie und Praxis. Verlag für Bauwesen, Berlin / C. F. Müller-Verlag, Karlsruhe 1982, ISBN 3-7880-7157-5. Auszüge online
Einzelnachweise
- Claus Meier: Bauphysik des historischen Fensters, Informationsschriften der Deutschen Burgenvereinigung e.V., Beirat für Restaurierung, PDF-Datei
- F.Frieß: Wechselwirkung von Strahlung mit Glas und Glasbeschichtungen PDF-Datei
- Konrad Fischer: Die Temperierung der Gebäude-Hüllflächen
- Hermann Rietschel: H. Rietschels Lehrbuch der Heiz- und Lüftungstechnik. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-662-25438-7, S. 75 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Prof. Meiers kontroverse Beiträge zum Energiesparen 5
- Konrad Fischer: Die Temperierung der Gebäude-Hüllflächen 21
- Meier, C.: Praxis-Ratgeber zur Denkmalpflege Nr. 7, Altbau und Wärmeschutz - 13 Fragen und Antworten. Informationsschriften der Deutschen Burgenvereinigung e.V., Marksburg, Braubach,1999; zitiert bei Die Temperierung der Gebäude-Hüllflächen 21.
- Prof. Dr.-Ing. habil. Claus Meier: Dämmen wir uns in die Sackgasse? Wärmeschutz und Energieeinsparverordnung. Widersprüchliches und Absurdes, Vortrag anlässlich der Backsteintage 2001, 30./31.01.2001 in Hildesheim/Westerstede, (PDF-Datei)
- So gefährlich ist der Heizpilz wirklich. In: welt.de. 30. Januar 2008, abgerufen am 19. April 2016.
- Heizpilze müssen im Winter aus bleiben. In: Süddeutsche Zeitung. 13. Dezember 2017, abgerufen am 21. Dezember 2018.
- Städte verbieten Heizpilze – Keine "Killerpilze" im Café. In: taz. 11. November 2007, abgerufen am 21. Dezember 2018.