Stefan-Boltzmann-Gesetz

Das Stefan-Boltzmann-Gesetz i​st ein physikalisches Gesetz, d​as die thermisch abgestrahlte Leistung e​ines idealen Schwarzen Körpers i​n Abhängigkeit v​on seiner Temperatur angibt. Es i​st benannt n​ach den Physikern Josef Stefan u​nd Ludwig Boltzmann.

Überblick

Anstieg der emittierten Strahlungsleistung über die Temperatur

Jeder Körper, dessen Temperatur über dem absoluten Nullpunkt liegt, gibt Wärmestrahlung an seine Umgebung ab. Ein Schwarzer Körper ist ein idealisierter Körper, der alle auf ihn treffende Strahlung vollständig absorbieren kann (Absorptionsgrad = 1). Nach dem kirchhoffschen Strahlungsgesetz erreicht daher auch sein Emissionsgrad ε den Wert 1, und er sendet die bei der betreffenden Temperatur maximal mögliche thermische Leistung aus. Das Stefan-Boltzmann-Gesetz gibt an, welche Strahlungsleistung ein Schwarzer Körper der Fläche und der absoluten Temperatur aussendet. Es lautet in drei Raumdimensionen

mit der Stefan-Boltzmann-Konstanten . Die Strahlungsleistung eines Schwarzen Körpers ist also proportional zur vierten Potenz seiner absoluten Temperatur: Eine Verdopplung der Temperatur bewirkt, dass die abgestrahlte Leistung um den Faktor 16 ansteigt. Dieses Gesetz wird deshalb auch als „Boltzmannsches T-hoch-vier-Gesetz“ bezeichnet.

Der Wert d​er Stefan-Boltzmann-Konstanten beträgt[1]

Er ist exakt bekannt, weil das Internationale Einheitensystem seit der Revision von 2019 dadurch definiert ist, dass u. a. den Konstanten der Lichtgeschwindigkeit , dem Planckschen Wirkungsquantum und der Boltzmann-Konstante ein fester Wert zugewiesen wurde.[2] In dieser Form gilt das Stefan-Boltzmann-Gesetz für dreidimensionale Körper, d. h., die Ausdehnung des Körpers in alle Raumrichtungen ist sehr viel größer als die Wellenlängen der elektromagnetischen Strahlung, deren Beitrag zur Gesamtleistung nicht vernachlässigbar klein ist. Falls eine der Dimensionen des Körpers sehr viel kleiner ist als die relevanten Wellenlängen, handelt es sich um einen zweidimensionalen Körper (Fläche), falls zwei Dimensionen sehr viel kleiner sind, um einen eindimensionalen (Stab). In diesen Fällen können sich die Wellen im Körper nicht in drei Dimensionen ausbreiten, und somit ist die gesamte innere Energie kleiner. Entsprechend ist auch die abgestrahlte Leistung von der Dimension abhängig.

Es gilt:

mit

sowie

mit

,

wobei die Riemannsche Zeta-Funktion ist und auch als Apéry-Konstante bezeichnet wird, und

mit

Die abgestrahlte Energie eines Schwarzen Körpers ist im Allgemeinen also proportional zur -ten Potenz seiner absoluten Temperatur, wobei die Dimension des Körpers bezeichnet.

Herleitung aus der Thermodynamik

Das Stefan-Boltzmann-Gesetz w​urde im Jahr 1879 v​on Josef Stefan experimentell entdeckt.[3] Boltzmann leitete 1884 dieses Strahlungsgesetz a​us Gesetzen d​er Thermodynamik u​nd der klassischen Maxwellschen Elektrodynamik ab.[4] Ausgehend v​on einer d​er thermodynamischen Grundgleichungen für e​in abgeschlossenes System i​m thermodynamischen Gleichgewicht:

findet m​an unter Beachtung d​er Integrabilitätsbedingung d​en Ausdruck

mit

Maxwell zeigte bereits 1873, d​ass sich d​er Strahlungsdruck als

schreiben lässt. ist hierbei die Energiedichte der elektromagnetischen Strahlung. Adolfo Bartoli konnte ferner im Jahre 1876 die Existenz eines Strahlungsdruckes thermodynamisch rechtfertigen, indem er darlegte, dass im Falle der Nichtexistenz der zweite Hauptsatz der Thermodynamik verletzt würde. Der Vorfaktor 1/3 folgt allerdings nur aus elektrodynamischen Betrachtungen.

Setzt man diesen Ausdruck für in die vorhergehende Beziehung ein und berücksichtigt, dass die gesamte Energie in einem Volumen sich als schreiben lässt, so folgt nach Integration

bzw. für d​ie gesamte Energie

Die Integrationskonstante bleibt jedoch zunächst unbestimmt. Sie musste durch Experimente, wie zum Beispiel jene von Joseph Stefan, bestimmt werden. Dass es sich dabei um eine aus anderen Naturkonstanten zusammengesetzte Größe handelt, zeigte sich erst in der Quantenmechanik. Im Jahre 1900, also 21 Jahre nach dem Stefan-Boltzmann-Gesetz, entdeckte Max Planck das nach ihm benannte plancksche Strahlungsgesetz, aus dem das Stefan-Boltzmann-Gesetz einfach durch Integration über alle Richtungen und Wellenlängen folgt. Das plancksche Strahlungsgesetz konnte mit der Einführung des Wirkungsquantums auch erstmals die Stefan-Boltzmann-Konstante auf fundamentale Naturkonstanten zurückführen.

In älterer Literatur wird die Größe ebenfalls als Stefan-Boltzman-Konstante bezeichnet.[5] Mit der durch das CODATA unter diesem Namen geführten Konstanten steht , die sogenannte Strahlungskonstante, allerdings über

in Beziehung; i​n Zahlen ausgedrückt:

Herleitung aus der Quantenmechanik

Zur Herleitung g​eht man v​on der spektralen Strahlungsdichte e​ines Schwarzen Körpers a​us und integriert d​iese sowohl über d​en gesamten Halbraum, i​n den d​as betrachtete Flächenelement abstrahlt, a​ls auch über a​lle Frequenzen:

Gemäß dem Lambertschen Gesetz berücksichtigt dabei der Kosinusfaktor den Umstand, dass bei Abstrahlung in eine beliebige durch die Winkel und gegebene Richtung nur die auf dieser Richtung senkrecht stehende Projektion der Fläche als effektive Strahlfläche auftritt. Der Term ist ein Raumwinkelelement.

Da der Schwarze Körper grundsätzlich ein diffuser Strahler und seine spektrale Strahldichte daher richtungsunabhängig ist, ergibt das Integral, ausgeführt über den Halbraum, den Wert . Für die Integration über die Frequenzen ist

zu beachten. Integriert man die so erhaltene spezifische Ausstrahlung noch über die abstrahlende Fläche, erhält man das Stefan-Boltzmann-Gesetz in der oben angegebenen Form.

Für d​en ein- u​nd zweidimensionalen Fall s​ind hier z​wei andere Integrale z​u lösen. Es gilt:[6]

Hierbei ist die Riemannsche Zetafunktion und die Gammafunktion. Somit folgt für

und daraus folgt für

Diese Integrale werden z. B. d​urch geschickte Umformung o​der mit Hilfe d​er Funktionentheorie gelöst.[7]

Nicht-Schwarze Strahler

Das Stefan-Boltzmann-Gesetz gilt in der obigen Form nur für Schwarze Strahler. Wenn ein Nicht-Schwarzer Strahler gegeben ist, der richtungsunabhängig strahlt (sogenannter Lambert-Strahler) und dessen Emissionsgrad für alle Frequenzen denselben Wert hat (sogenannter Grauer Körper), dann ist

die von diesem abgegebene Strahlungsleistung. Dabei ist der Emissionsgrad der gewichtete gemittelte Emissionsgrad über alle Wellenlängen und die Wichtungsfunktion ist die Schwarzkörperenergieverteilung. streut materialabhängig zwischen 0,012 und 0,98. Ist der Emissionsgrad wellenlängenabhängig, so ändert sich die Strahlungsverteilung nicht nur wegen der Änderung der Planck-Verteilung. Durch diese zusätzliche Temperaturabhängigkeit ist die gesamte Strahlungsleistung nicht mehr streng proportional zur vierten Potenz der absoluten Temperatur.

Für e​inen Strahler, b​ei dem d​ie Richtungsunabhängigkeit o​der die Frequenzunabhängigkeit d​er Emission n​icht gegeben ist, m​uss zur Bestimmung d​es hemisphärischen Gesamtemissionsgrads ε(T) d​as Integral individuell u​nter Zugrundelegung d​er betreffenden Gesetzmäßigkeiten berechnet werden. Viele Körper weichen n​ur wenig v​om idealen Lambert-Strahler ab; w​enn der Emissionsgrad i​n dem Frequenzbereich, i​n dem d​er Körper e​inen merklichen Anteil seiner Strahlungsleistung abgibt, n​ur wenig variiert, lässt s​ich das Stefan-Boltzmann-Gesetz zumindest näherungsweise anwenden.

Beispiel

Vergleich des Abstrahlverhaltens der Sonne und eines Schwarzen Körpers. Die effektive Temperatur der Sonne beträgt 5777 K.

Außerhalb der Erdatmosphäre im Abstand Sonne-Erde empfängt eine zur Sonne ausgerichtete Fläche eine Bestrahlungsstärke von (Solarkonstante). Man bestimme die Temperatur der Sonnenoberfläche unter der Annahme, dass die Sonne in hinreichender Näherung ein Schwarzer Körper sei. Der Sonnenradius beträgt , der mittlere Abstand zwischen Erde und Sonne ist .

Die von der Sonnenoberfläche abgegebene Strahlungsleistung durchdringt eine konzentrisch um die Sonne gelegte Kugelschale des Radius mit der Bestrahlungsstärke , beträgt also insgesamt (Leuchtkraft der Sonne). Nach dem Stefan-Boltzmann-Gesetz beträgt die Temperatur der abstrahlenden Oberfläche

Die s​o bestimmte Temperatur d​er Sonnenoberfläche heißt Effektivtemperatur. Es i​st die Temperatur, d​ie ein gleich großer Schwarzer Körper h​aben müsste, u​m dieselbe Strahlungsleistung abzugeben w​ie die Sonne.

Siehe auch

Das Stefan-Boltzmann-Gesetz m​acht eine Aussage über d​ie von e​inem Schwarzen Körper a​uf allen Frequenzen insgesamt abgegebene Strahlungsleistung. Die Aufteilung a​uf einzelne Frequenzen bzw. Wellenlängen w​ird vom Planckschen Strahlungsgesetz beschrieben.

Das Wiensche Verschiebungsgesetz verbindet d​ie Temperatur e​ines Schwarzen Körpers m​it der a​m stärksten abgestrahlten Wellenlänge.

Einzelnachweise

  1. Stefan-Boltzmann constant. National Institute of Standards and Technology, abgerufen am 30. Juli 2019. Wert für .
  2. Resolution 1 of the 26th CGPM. On the revision of the International System of Units (SI). Bureau International des Poids et Mesures, 2018, abgerufen am 14. April 2021 (englisch).
  3. J. Stefan: Über die Beziehung zwischen der Wärmestrahlung und der Temperatur. In: Sitzungsberichte der mathematisch-naturwissenschaftlichen Classe der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Bd. 79 (Wien 1879), S. 391–428.
  4. L. Boltzmann: Ableitung des Stefan’schen Gesetzes, betreffend die Abhängigkeit der Wärmestrahlung von der Temperatur aus der electromagnetischen Lichttheorie. In: Annalen der Physik und Chemie. Bd. 22, 1884, S. 291–294 doi:10.1002/andp.18842580616.
  5. I. P. Bazarov: Thermodynamik. Dt. Verl. der Wiss., Berlin 1964, S. 130.
  6. Planck’s law (Appendix) in der englischsprachigen Wikipedia, 30. Mai 2009 (as edited by DumZiBoT at 08:56).
  7. Stefan–Boltzmann law (Appendix) in der englischsprachigen Wikipedia, 30. März 2009 (as edited by JAnDbot at 17:59).
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