Stoßtrupp Adolf Hitler
Der Stoßtrupp Adolf Hitler (auch: Stoßtrupp Hitler) entstand im Mai 1923 in München und war ursprünglich eine Gruppe von Leibwächtern Adolf Hitlers. Der Stoßtrupp spielte eine Rolle beim Hitlerputsch und wurde wie die NSDAP kurz danach verboten. Als Nachfolgeorganisation des Stoßtrupps entstand im April 1925 die SS. Auf Befehl Hitlers leiteten 40 ehemalige Mitglieder am 9. November die Novemberpogrome 1938 ein, indem sie am späten Abend von einem „Kameradschaftsabend“ aus im Alten Rathaus in München aufbrachen, um als „Speerspitze bei den antijüdischen Ausschreitungen“ in München zu wirken, wobei sie unter anderem die Synagoge Ohel Jakob in Brand setzten.[1]
Der Stoßtrupp
Auf den Versammlungen der NSDAP kam es nicht selten zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Als besondere Eliteeinheit der SA, die bereits seit November 1920 bestand, wurde dafür im März 1923 ein „Saalschutz“ mit der Bezeichnung Stabswache gegründet. Es war eine kleine Gruppe mit nur wenigen Männern, die graue Jacken, Mützen mit dem Totenkopfsymbol und schwarz umrandete Hakenkreuzbinden am Arm trugen.[1] Im Mai 1923 wurde die Stabswache in den mobilen Stoßtrupp Hitler überführt, der Teil des SA-Regiments München war. Zu Beginn bestand er aus etwa 20 Mann, er wuchs später auf 100 Mann an;[1] viele Mitglieder entstammten den Freikorps. Er war nicht nur Leibwache, sondern auch auf politische Gegner angesetzte Schlägertruppe. Die Truppe war flexibel, jederzeit mobilisierbar und handelte mit unbedingtem Gehorsam ausschließlich auf Befehl Adolf Hitlers.
8. und 9. November 1923 (Hitlerputsch)
Am 8. November 1923 verkündete Hitler bei einer Versammlung im Bürgerbräukeller seine Putschpläne. Der mit Maschinengewehr bewaffnete Stoßtrupp hatte auf Hitlers Befehl den Saal abgeriegelt. Anschließend drang die Truppe in die Redaktion der sozialdemokratischen Münchener Post ein, zerstörte die Geschäftsräume und entführte den Schriftleiter sowie den Redakteur und Münchner Stadtrat Erhard Auer als Geiseln. Am nächsten Vormittag entführten die Stoßtruppmänner außerdem weitere Stadträte und den Bürgermeister aus dem Rathaus. Die Geiseln sollten dann auf dem Marsch zur Feldherrnhalle am Odeonsplatz mitgeführt werden, um mit ihrer Erschießung drohen zu können, falls Reichswehr und Landespolizei das Feuer auf die Putschisten eröffnen sollten.[2] Gegen Mittag wurde der Marsch dann von der Landespolizei gestoppt.
1924: Verbot des Stoßtrupps
Nach dem gescheiterten Putsch kam es 1924 im Strafprozess zum offiziellen Verbot des Stoßtrupps. Gleichzeitig wurden 38 Angehörige zur Festungshaft in Landsberg verurteilt. Nicht alle traten die Strafe an, sechzehn entzogen sich durch Flucht. Im Jahr 1925 waren alle Stoßtrupp-Männer wieder auf freiem Fuß. Unter anderem die äußerst milde gemeinsam verbrachte Festungshaft hatte ihre Bindung vertieft.
Die Ehemaligen des Stoßtrupps trafen sich als „Alte Kämpfer“ auf sogenannten Kameradschaftsabenden. Nach der Entmachtung der SA im Jahr 1934 betreute das „Amt für den 8./9. November 1923“ unter Friedrich Geißelbrecht diese Treffen. Ab 1935 veranstaltete man regelmäßig in der Hauptstadt der Bewegung feierliche Aufmärsche an der Feldherrnhalle und am Königsplatz. Der Marschblock der angereisten „Alte Kämpfer“ wurde von den vor Ort lebenden Mitgliedern des Stoßtrupps begrüßt, die auch Ausweise, Eintrittsscheine und Freikarten für die Verkehrsmittel verteilten.
9. November 1938 (Pogromnacht)
Beim traditionellen Kameradentreffen am 9. November 1938, im Anschluss an Gedenkmarsch und Versammlung im Alten Rathaus hielt Goebbels auf Anweisung Hitlers eine antijüdische Hetzrede und forderte „zu Ausschreitungen gegen jüdische Gotteshäuser und Geschäfte“ auf.[3] Anschließend zogen die Stoßtruppmänner in Uniform und weitere Teilnehmer der Gedenkveranstaltung gegen 22:30 Uhr randalierend durch die Stadt. Im Stadtzentrum, in der Nähe des Alten Rathauses, wurden jüdische Geschäfte zerstört sowie die Alte Synagoge Ohel Jakob in Brand gesetzt.[3]
In der älteren Geschichtsforschung war man davon ausgegangen, dass „SA-Leute in Zivil“ die Synagoge in Brand gesetzt hätten. Seit den Forschungen von Angelika Hermann, die in den Vierteljahrsheften für Zeitgeschichte 2008 veröffentlicht wurden, gilt jedoch als erwiesen, dass der Stoßtrupp Hitler diese Ausschreitungen auf Hitlers persönliche Anweisung ausgeführt hatte.
Bekannte Mitglieder
Zum Stoßtrupp Adolf Hitler gehörten etwa 100 Männer. Bekannte Mitglieder waren:
- Walter Baldenius
- Joseph Berchtold
- Wilhelm Briemann[4][5]
- Hanns Bunge
- Emil Danneberg
- Emil Dietl
- Wilhelm Dirr
- Julius v. Engelbrechten
- Josef Feichtmayr[6]
- Otto Feichtmayr[7]
- Berthold Fischer
- Fritz Fischer
- Karl Fiehler
- Werner Fiehler
- Josef Fleischmann
- Hermann Fobke
- Franz Fröschl
- Johann Frosch
- Wilhelm Fuchs
- Josef Gerum
- Friedrich Geißelbrecht
- Jakob Grimminger
- Emil Hamm
- Karl Hauenstein
- Johann Haug (Fahrer Hitlers)
- Erhard Heiden
- Walter Hewel
- Paul Hirschberg
- Gerhard Friedrich Hoff
- Karl Hutter
- Wilhelm Kaiser
- Florian Kastner
- Hans Kallenbach
- Philipp Kitzinger
- Heinrich von Knobloch
- Wilhelm Knörlein[8]
- Hans Eduard Krüger
- Karl Laforce
- Wilhelm Laforce
- Albert Lindner
- Konrad Linder
- Johann Mahr
- Hansjörg Maurer
- Emil Maurice
- Heinz Pernet
- Otto Wolfgang Reichart
- Alois Rosenwink
- Julius Schaub
- Ludwig Schmied
- Edmund Schneider
- Johann Schön
- Julius Schreck
- Hans Schultes
- Fritz Schwerdtel
- Michael Steinbinder
- Adalbert Stollwerk[9]
- Heinrich Strauss
- Christian Weber
- Johann Wegelin[10]
Siehe auch
- Stoßtrupp 1917, NS-Propagandafilm aus dem Jahr 1934; Der Film zeigt den Alltag der deutschen Soldaten des Ersten Weltkriegs in den Gräben an der Westfront.
Literatur
- Angela Hermann: Hitler und sein Stoßtrupp in der "Reichskristallnacht", Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 56. (2008) H. 4, S. 603–630 online abrufbar (PDF)
- Heinz Höhne: Der Orden unter dem Totenkopf. Die Geschichte der SS, München 2002.
Einzelnachweise
- Paul Hoser, Stoßtrupp Hitler, 1923, Onlinetext publiziert am 25. Juli 2007 im Historischen Lexikon Bayerns, abgerufen am 7. Januar 2020
- Urteil des Volksgerichtes für den Landgerichtsbezirk München I gegen „Berchtold Josef und 39 Genossen“ vom 23. April 1924.
- Angela Hermann: Hitler und sein Stoßtrupp in der "Reichskristallnacht", Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 56. (2008) H. 4, S. 603–617 online abrufbar (PDF)
- (* 3. März 1899 in München) war Sohn des Wilhelm Briemann senior. Er trat 1920 in die NSDAP und die SA ein. In den folgenden Jahren beteiligte er sich u. a. an der Hofbräuhaussaalschlacht und am Deutschen Tag in Coburg. Seit 1923 war Mitglied des Stoßtrupps Hitler. 1924 war er einige Monate in Landsberg inhaftiert. Am 17. Juni 1925 trat er erneut der NSDAP (Mitgliedsnummer 10.025) und am 5. August 1932 der SA bei. (PK B 75, Bilder 505-538).
- Wilhelm Briemann senior (* 22. Juni 1873 in Eutenhausen) nahm von April 1917 bis August 1918 als Landsturmmann am Ersten Weltkrieg teil. Seit 17. August 1920 NSDAP-Mitglied (1.815), wurde er von Oskar Körner mit Hitler bekannt gemacht. Von 1921 bis 1923 fungierte er als Schriftführer der NSDAP und wurde so ein früher Vertrauensmann Hitlers, der auch in seinem Haus verkehrte. Nach Aufhebung der ersten NSDAP-Geschäftsstelle in der Corneliusstraße diente Briemanns Wohnung in der Thalkirnhernstraße 7/4 als Ausweichstelle der NSDAP-Geschäftsführung, seine Ehefrau übernahm Kurierdienste. 1921 wurde Briemann Vorsitzender des Weihnachtsausschusses der NSDAP. Er gehörte der 8. SA-Kompanie an und wurde u. a. Leiter des Saalschutzes. Während des Hitler-Putsches fungierte er als persönliche Ordonnanz Görings und war mit Waffenbeschaffung beauftragt. Briemann war mit Berta (* 17. Februar 1883) verheiratet, mit der er die Tochter Martha (* 16. August 1903) und den Sohn Wilhelm hatte. Während des NSDAP-Verbots 1925 gehörte er dem Frontkämpferbund an und trat am 17. Juni 1925 wieder der NSDAP (Mitgliedsnummer 10.024) und am 5. August 1932 der SA bei. In den 1930er Jahren erhielt er den Blutorden (Nr. 128) und das Coburger Ehrenzeichen. (PK B 75, Bilder 465-504)
- (* 12. November 1901) gehörte 1919 zum Freikorps Epp, mit dem er an der Niederschlagung der Bayerischen Räterepublik teilnahm. 1920 ging er zur Reichsmarine. Nach seiner Entlassung am 28. April 1923 kehrte er nach München zurück, wo er Mitglied der NSDAP und der 4. SA-Hunderschaft wurde. Ende August 1923 gehörte Feichtmayr zum Stoßtrupp Adolf Hitler, mit dem er am Hitler-Putsch teilnahm. Am 8. Dezember 1923 kam er für mehrere Wochen in Untersuchungshaft. Im nachgeordneten Hitler-Putsch-Prozess wurde er Ende April 1924 zu fünfzehn Monaten Haft verurteilt, der er sich gemeinsam mit Julius Schaub und seinem Bruder Otto Feichtmayr durch Flucht nach Klagenfurt entzog. Er betätigte sich in der Klagenfurter NSDAP und verlor deshalb im September 1924 seine Aufenthaltsgenehmigung. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland wurde er kurzzeitig inhaftiert und auf Bewährung aus der Festungshaft entlassen. Am 21. März 1925 trat Feichtmayr erneut der NSDAP bei (Mitgliedsnummer 104). Ende der 1920er Jahre wirkte er am Zugspitzenbahnbau mit. 1930 siedelte er nach Immenreuth in der Oberpfalz über (PK C 147, 2771-2810)
- Otto Feichtmayr (* 23. Juli 1905) trat 1930 erneut der NSDAP bei (Mitgliedsnummer 248.158). In den 1930er Jahren war Feichtmayr bei der Reichsgeschäftsstelle der NSDAP angestellt (PK C 147, 2821-2828).
- (* 1896) erlitt beim Hitlerputsch am 9. November 1923 einen Bauchschuss. 1924 war er sechs Monate auf der Festung Landsberg inhaftiert. In den 1930er und 1940er Jahren arbeitete er als Verkaufsleiter in einer Metallwarenfabrik. (PK G 68, 1573-1582).
- 1933 trat Stollwerk erneut der NSDAP bei (Mitgliedsnummer 3.503.962). (PK M 40, Bilder 1331-1336).
- (* 21. Juli 1900) Zum 1. Februar 1931 trat Wegelin erneut der NSDAP bei (Mitgliedsnummer 436.714). (PK N 60 1757–1766).