Steffan Hermsdorf
Steffan Hermsdorf (* um 1480, † nach 1544), auch unter den Vornamen Stephan oder Stefan, den Familiennamen Hermsdorff, Hermßdorff, Hermsdörfer oder Hermensdorfer sowie als Meister des Podelwitzer Altars bekannt, war ein sächsischer Bildschnitzer und Bildhauer.
Leben und Wirken
Erstmalig erwähnt wird Hermsdorf 1516, am 1. Oktober des Jahres erhielt er das Bürgerrecht der Stadt Leipzig.[1] Er wohnte zu Beginn seiner Leipziger Zeit im Haus des Kaufmanns Merten (Martin) Leubel[1][2], ab 1520 besaß er ein eigenes Haus. Vier Jahre später wird er als Obermeister der örtlichen Malerinnung genannt, um 1524 verließ er vermutlich die Stadt.[3] Es ist anzunehmen, dass er zumindest eine Zeit lang danach eine Werkstatt in Freiberg betrieb, 1543 ist Hermsdorf mit dem Namenszusatz von Freiberg in Zwickau nachgewiesen. 1544 wird er als Meister Steffan in Torgau erwähnt, hier entstanden auch seine letzten nachgewiesenen Werke.
Hermsdorf gestaltete von etwa 1520 bis 1544 Bildschnitzer- und Bildhauerwerke zunächst im spätgotischen, ab etwa 1530 im Renaissance-Stil. Hervorzuheben sind vor allem die von ihm geschaffenen Altarretabel in mitteldeutschen Kirchen. Als sein Hauptwerk gilt der 1520 gestaltete Altar in der Kirche Podelwitz, bis in das erste Drittel des 20. Jahrhunderts war die Identität des bis dahin als Meister des Podelwitzer Altars bezeichneten Künstlers unbekannt. Mehrere in der Vergangenheit Hermsdorf zugeordnete Werke (z. B. zwei kleine Flügelaltäre im Merseburger Dom oder ein Altar in der Eutritzscher Christuskirche) werden mittlerweile nicht mehr seinem Schaffen angerechnet.
Werke (chronologische Auswahl)
- 1520: Schnitzplastiken am Flügelretabel des Altars in der Kirche Podelwitz
- um 1520: Schnitzplastiken am Flügelretabel des Altars in der Pfarrkirche Treben
- 1524/1526: Grabplatten von Georg († 1524) und Apollonia von Wiedebach (1470–1526) in der Leipziger Thomaskirche[4]
- um 1525: Hochaltar in der Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt in Chomutov
- um 1525: zwei Holzreliefs (Geburt Christi, Anbetung der Heiligen drei Könige) im städtischen Museum Chomutov
- um 1525: zwei Holzfiguren (Trauernde Maria, Johannes) im Grassi Museum für Angewandte Kunst
- um 1525: Schnitzplastiken am Flügelretabel des Altars in der Doppelkapelle St. Crucis in Landsberg
- um 1537: Grabplatten für Heinrich († 1541) und Katharina († 1537) von Beschwitz in der Dorfkirche Rödern
- um 1544: Bauplastik am Schönen Erker im Schloss Hartenfels in Torgau
- um 1544: Sandsteinrelief mit Gnadenstuhl-Motiv in der Torgauer Marienkirche
- 1544: Altar in der Torgauer Schlosskapelle
Literatur
- Eduard Flechsig: Die Sammlung des Königl. Sächsischen Altertumsvereins zu Dresden in ihren Hauptwerken. 100 Blatt in Lichtdruck. Hrsg. von Otto Wankel. Sächsischer Altertumsverein, Dresden 1900, S. 27b–29a, Bl. 81–83. (digital.slub-dresden.de).
- Walter Hentschel: Hermsdorf (Hermsdörfer), Stephan. In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Band 16: Hansen–Heubach. E. A. Seemann, Leipzig 1923, S. 515.
- Walter Hentschel: Sächsische Plastik um 1500 (= Alte Kunst in Sachsen. 1). Limpert, Dresden 1926, DNB 580157156, S. 45, Tafeln 56, 57.
- Wilhelm Rüdiger: Leipziger Plastik der Spätgotik. (Versuch einer Scheidung nach Stammescharakteren). Noske, Borna 1940, DNB 575922389, S. 24–33.
- Meister des Podelwitzer Altars. In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Band 37: Meister mit Notnamen und Monogrammisten. E. A. Seemann, Leipzig 1950, S. 273.
- Georg Dehio (Begr.): Sachsen. Die Bezirke Dresden, Karl-Marx-Stadt, Leipzig (= Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler.) Neubearbeitung, Nachdruck der Ausgabe 1965. Deutscher Kunstverlag, München / Berlin 1990, ISBN 3-422-03016-6, S. 59, 228, 333, 356, 359, 405.
- Georg Dehio (Begr.): Sachsen-Anhalt II. Der Bezirk Halle (= Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler.) Neubearbeitung, Nachdruck der Ausgabe 1976. Deutscher Kunstverlag, München / Berlin 1990, ISBN 3-422-03017-4, S. 63, 244.
- Heike Thormann: Stefan Hermsdorf – ein sächsischer Bildhauer der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Diss., Universität Leipzig, 1995, DNB 947487697.
- Georg Dehio (Begr.): Sachsen II. Die Regierungsbezirke Leipzig und Chemnitz (= Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler). Neubearbeitung. Deutscher Kunstverlag, München / Berlin 1998, ISBN 3-422-03048-4, S. 806, 820, 868, 953, 960, 963 f.
- Heike Thormann: Hermsdorff (Hermensdorfer), Steffan (Stephan). In: Günter Meißner (Hrsg.): Allgemeines Künstlerlexikon. Die Bildenden Künstler aller Zeiten und Völker. Band 72: Henning – Heuler. De Gruyter, Berlin und Boston 2012, ISBN 978-3-11-023177-9, S. 247 f.
Einzelnachweise
- Ernst Müller: Leipziger Neubürgerliste 1502–1556. A–M. bearb. von Annelore Franke, hrsg. vom Stadtarchiv Leipzig. Leipzig 1981, DNB 209027703, S. 58.
- Ernst Müller: Leipziger Neubürgerliste 1471–1501 (= Quellen und Forschungen zur sächsischen Geschichte. 6). Dresden 1969, DNB 720236053, S. 41.
- Friedrich Schulze: Die frühesten nachweisbaren Meister der Leipziger Malerinnung. In: Schriften des Vereins für die Geschichte Leipzigs. 16, 1933, DNB 012706310, S. 87–94, hier S. 92.
- Heinrich Magirius u. a. (Bearb.): Stadt Leipzig. Die Sakralbauten. Mit einem Überblick über die städtebauliche Entwicklung von den Anfängen bis 1989 (= Die Bau- und Kunstdenkmäler von Sachsen). Hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege Sachsen. Deutscher Kunstverlag, München / Berlin 1995, ISBN 3-422-00568-4, S. 299.