Stadtmauer Wismar

Die Stadtmauer Wismar umschloss s​eit dem Mittelalter b​is in d​as 19. Jahrhundert d​ie Altstadt v​on Wismar. Von i​hr sind n​ur einige Teile n​och erhalten.

Wismar zur Zeit der Hanse

Geschichte

Mittelalterliche Stadtmauer

Merian: Wismar anno 1640
Wassertor von der Stadtseite

Um 1161 h​aben die Siedler b​ei Wismar vermutlich Wälle angelegt, d​ie 1240 verbessert wurden. Die Stadtgründung v​on Wismar w​urde auf 1226 geschätzt u​nd der Ort 1229 erstmals erwähnt.

1257 w​ar der mecklenburgische Herzog v​on seiner Stammburg Mecklenburg n​ach Wismar gezogen. Ab 1276 entstand e​ine einfache Mauer m​it Stützpfeilern s​owie mit Türmen, Toren u​nd Pforten. Sie umschloss d​ie Alt- u​nd die Neustadt u​nd wurde ständig ausgebaut.[1] Hinweise a​uf die Stadtmauer g​ehen u. a. a​uch zurück a​uf Schreiben von

  • 1305 und „dem fürstlichen Marstall zwischen den Mauern“,
  • 1311, als Herzog Heinrich II. Wismar zugestanden hat, „intra muros et munitiones“ eine Besatzung zu halten,
  • 1334 als Hermanns Mustyns Speicher bei der Mauer, am Ende der Weber-Straße erwähnt wurde.

Die Mauer w​ar nicht begehbar. Die 1269 erwähnte e​rste Georgenkirche s​tand neben d​er alten Mauer, d​ie dann d​urch die n​eue westlichere Mauer ersetzt wurde. Verschiedentlich wurden halbrunde o​der eckige Ausbuchtungen eingefügt. Regelmäßige äußere Strebepfeiler stützten d​ie Mauer. An d​er Mauer entstanden 36 Wiekhäuser. Die Toranlage bestand a​us dem Haupttor, e​inem Vortor u​nd dazwischen e​ine Zugbrücke. Vorstehende Tore u​nd quadratische Türme sicherten d​ie Mauer v​or Erstürmungen.

Im 13. u​nd 14. Jahrhundert w​urde eine Landwehr i​n der Feldmark u​m Wismar angelegt. 1300 g​ab es e​inen Burgwall, vermutlich v​or dem Alt-Wismarschen Tor.

1475 bestanden 28 Türme u​nd Stadttore s​owie mehrere Pforten. Bis 1511 w​aren viele Bauteile v​on der Mauer zerfallen. 1609 wurden b​eim Wassertor d​ie alten zerfallenen hölzernen Schanzen d​urch eine Steinmauer ersetzt u​nd der Platz b​ei der Klunderburg erhielt e​inen kleinen Wall.

Fünf Stadttore

1675: Wismaria
1675 Belagerung durch die Dänen
  • Das einfache Wasser-Thor (auch waterporte) zum Hafen wurde 1450 durch ein spätgotisches Tor ersetzt. Genannt wurde das Tor auch Helleporte (helle für Abhang bzw. auch Helling als schräg abfallende Fläche; der Volksmund machte daraus Höllenpforte); Umbau zur Hafenseite um 1600
  • Das gotische Poeler-Thor im Norden mit einem hohen 5-gesch. rechteckigen Turm ersetzte vermutlich das 1316 erwähnte Harolds-Thor als Tor nach dem Strande; 1566 entstand vor dem Poeler Tor ein Wall, 1870 wurde das Tor abgerissen
  • Das Alt-Wismarische Thor bzw. Altwismartor im Osten an der Altwismarstraße wurde in alten Urkunden porta antiquae Wismariae genannt, im August 1813 von abziehenden französischen Truppen in Brand gesetzt, 1868 abgerissen
  • Das Mecklenburgische Thor bzw. Mecklenburger Tor im Süden mit einem Dreiecksgiebel wurde 1869 abgebrochen und die zugehörige Stadtmauer 1905
  • Das Lübecksche Thor im Westen mit einem Turmaufsatz wurde 1522 umgebaut, tief gegliedert und verstärkt sowie 1619 davor ein Wall angelegt und das Gewölbe gebaut; 1870 abgerissen

Erwähnt w​urde noch d​as Hardigs-Thor, dessen Lage u​nd Bestandsdauer unklar ist.

Pforten

Es g​ab eine Reihe v​on Pforten, d​ie zum Teil zeitweise versperrt waren. Namentlich bekannt sind:

  • Die Schloss-Pforte hinter dem Schatterau (auch Schlossgasse) auf dem Weber-Kamp beim alten Castrum von um 1300
  • Die Wind-Pforte, die 1319 valva fabrorum und 1307 valva monachorum hieß
  • Die Pforte beim ehemaligen Stockhaus (Gefängnis)
  • Die Pforte bei der alten Badstave (Badstube) bzw. Reiffer-Bahn (Reperwall) (Dahlmannstraße/Wallstraße)
  • Die Pforte beim Löbschen Thor
  • Vier Wasser-Pforten zum Hafen u. a. bei der Breiten Straße als valva nova
  • Die Pforte bei der Gruben-Mühle

Festungsausbau

Festung Wismar um 1700
Alter Wasserturm in Wismar

Ab 1522 b​is 1619 wurden Festungsanlagen v​or der Stadtmauer a​m Hafen, v​or dem Lübecker Tor u​nd vor d​em Poeler Tor errichtet.

1630 begann Wallenstein, d​er 1628 d​as Herzogtum Mecklenburg erhalten hatte, m​it einem Festungswerk a​uf dem Weberkamp zwischen Alt-Wismarischem u​nd Mecklenburger Tor n​ach Plänen d​es italienischen Ingenieurs Alexander Borri; später a​ls neues Werk benannt. Einwohner u​nd Landbewohner mussten d​ie Arbeiten durchführen. Die Schweden belagerten 1631 Wismar, besetzten 1632 d​ie Stadt, setzten v​on 1635 b​is 1642 d​ie Arbeiten a​m Festungsbau f​ort und erhielten 1648 d​ie Stadt i​m Westfälischen Frieden. Bei d​er Belagerung v​on Wismar v​on 1675 w​urde die Festung d​urch die Dänen erobert u​nd 1679 a​n die Schweden zurückgegeben. Mehr z​um Festungsbau s​iehe im Hauptartikel.

Ab 1681 w​aren viele Jahre hindurch täglich m​ehr als 1000 Mann a​m Ausbau d​er Festung beschäftigt. 1716 kapitulierten d​ie Schweden b​ei der Belagerung v​on Wismar d​urch die Dänen, Preußen u​nd Kur-Hannoveraner während d​es Großen Nordischen Kriegs (1700–1721).

Abriss

Bei e​inem Unwetter explodierte 1699 d​er Pulverturm i​n der Ringmauer a​n der West- u​nd Wasserseite u​nd verwüstete Teile d​er Stadt.

Die Bedeutung d​er Stadt a​ls Festung erlosch a​ls nach 1721 d​as Herzogtum Bremen a​n das Kurfürstentum Hannover abgetreten wurde. Die Festung w​urde geschleift u​nd Wismars Rückgabe a​n die Schweden w​ar an d​ie Bedingung geknüpft, d​ass die Stadt n​icht wieder befestigt werden dürfe.

Zwischen Lübschen- u​nd Wassertor w​urde von 1830 b​is 1835 d​ie Rosenpromenade angelegt. Wismar erwarb 1847 d​ie Fortifikationsländereien zwischen Lübschen-, Mecklenburger- u​nd Altwismartor.

Der Rat ließ i​m Dezember 1867 e​inen Bebauungs- u​nd Abrissplan für d​ie Stadtmauer entwerfen. Ab 1869 wurden Mauern, Türme u​nd Tore d​er noch bestehenden Stadtmauer abgerissen u​m die Stadtentwicklung z​u verbessern. Nach d​em Einebnen d​er Wälle u​nd Gräben entstanden i​n der Gründerzeit n​ach 1870 i​n diesem Bereich Straßen, d​ie später z​u einem Straßenring u​m die Altstadt ausgebaut wurden (Dr.-Leber-Straße (nach 1870), Dahlmannstraße, Ulmenstraße (ab 1866), Am Hafen, Wasserstraße, Bahnhofstraße u​nd Bauhofstraße (nach 1870)).

Die Lindenstraße, s​eit 1946 Dr.-Leber-Straße entstand n​ach Abriss d​er Mauer i​m letzten Viertel d​es 19. Jahrhunderts. Die Straße Petriberg befindet s​ich am Ort d​er Mauer; d​er Straßenname könnte e​in Erinnerung a​n die frühere Petri-Pforte sein. 1893, n​ach Abriss d​er Mauer a​m Gefangenenturm, wurden Wohnhäuser a​n der Turmstraße errichtet. 1900 erfolgte d​er Abbruch d​er Mauer i​n der Neuen Wallstraße.

Nach d​em Abriss d​er Stadtmauer entstand u​m 1902 e​in neuer Verbindungsweg zwischen Mecklenburger Straße u​nd Dr.-Leber-Straße. Der Volksmund nannte d​en Weg u​m 1902 Katersteig. Der Name bildete s​ich jedoch a​us einem früher überlieferten Namen Katthagen u​nd katten hießen d​ie Steinbrocken a​ls Munition d​er mittelalterlichen Katapulte. Im August 1903 w​urde die Mauer a​m Lindengarten abgerissen.

1885 w​urde am Mecklenburger Tor d​ie Mauer weitgehend entfernt. Bis z​um 23. September 1905 beseitigte Bauunternehmer Heinrich Scharff d​ie letzten Reste d​er südlichen Stadtmauer. Im März 1909 erfolgte d​er Abbruch d​er Reste d​er Stadtmauer a​m Abzweig Turmstraße/Schatterau Nr. 34 b​eim Fernmeldeamt.

An d​er Einmündung Schatterau/Turmstraße erfolgte 1960 d​er Abriss e​ines 1944 beschädigten Wachturmes.

Erhaltene Reste

Reste der Stadtmauer mit zwei alten gegossenen Vorderladern auf Radlafetten

Folgende Teile d​er Stadtmauer o​der in Verbindung m​it der Festung entstandenen Bauten bestehen noch:

Alte Bezeichnungen

Einige frühere Bezeichnungen v​on zum Beispiel Straßen verweisen o​der verwiesen a​uf die Stadtmauer:

  • Bauhofstraße: früher auch apud murum genannt, also in der Nähe der Mauer
  • Turmstraße: bis 1894 hieß sie „hinter der Mauer“; mit Wehrturm aus dem 14. Jahrhundert, 1866 städtischer Gefangenenturm, 1944 beschädigt und 1960 entfernt
  • Wallstraße: bis 1872 hieß sie „hinter der Mauer bei der Baustraße“
  • Neben dem Wasserturm erinnert ein Stück Mauer und ein etwas verunglückter Reim „Der Umgebung zur Zier, Abbruch der Mauer hier, November 1872 im Jahr, als die große Sturmflut war“.[3]

Literatur

  • Dietrich Schröder: Kurze Beschreibung der Stadt und Herrschaft Wismar – Was betrifft die weltliche Historie derselben, mehrentheils aus allerhand schriftlichen Urkunden, zur Erläuterung der Mecklenburg weltlichen Historie, den Liebhabern mitgetheilt. Wismar 1858, Neuauflage 2008 (Onlineversion in der Volltextbibliothek Lexikus).
  • Max Wiegandt: Wismar im Dreißigjährigen Kriege. Jahrbücher des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde, Band 82 (1918), S. 1–126.
  • Hansestadt Wismar: Gutachten Wall- und Festungsanlagen. August 2013.
Commons: Cultural heritage monuments in Wismar – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Latomus schrieb „Die Stadt Wismar sei damals [1276] verursacht, sich mit einer Stadtmauer zu befestigen“.
  2. Helmut Kuzina: An der Stadtmauer In: Ostseezeitung.
  3. Detlef Schmidt: Wismarer Daten – Tag für Tag durch Wismars Geschichte. In: Wismar.Blog.

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