Stachus
Der Stachus, offiziell Karlsplatz, ist ein Platz im Zentrum Münchens. Er wird halbkreisförmig vom neobarocken Stachus-Rondell umgeben, das 1899–1901 nach Plänen von Gabriel von Seidl errichtet wurde. Der Stachus gehört zu den verkehrsreichsten Plätzen Europas.
Stachus Karlsplatz | |
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Stachus in München (2014) Blick in Richtung Osten | |
Basisdaten | |
Ort | München |
Ortsteil | Altstadt |
Angelegt | 1791/92 |
Neugestaltet | 1970/72 (Errichtung der Fußgängerzone) |
Hist. Namen | Neuhauser-Tor-Platz (1791–1797) |
Einmündende Straßen | Lenbachplatz, Neuhauser Straße, Sonnenstraße, Adolf-Kolping-Straße, Schlosserstraße, Bayerstraße, Schützenstraße, Prielmayerstraße |
Bauwerke | Karlstor, Stachus-Rondell, Justizpalast |
Nutzung | |
Nutzergruppen | Fußverkehr, Radverkehr, Individualverkehr, ÖPNV |
Platzgestaltung | Springbrunnen (Bernhard Winkler, 1972) |
Geschichte
Vorgeschichte
Der Karlsplatz liegt an einer Stelle, über die im Mittelalter die Salzstraße führte, die Herzog Heinrich der Löwe von Föhring nach München verlegt hatte und der die Stadt München ihre Existenz und ihren Wohlstand verdankte. Beim Bau der zweiten Stadtmauer in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts wurde hier ein Stadttor errichtet, das 1302 erstmals urkundlich erwähnt und nach dem nächsten Ort, zu dem die Straße führte, Neuhauser Tor genannt wurde.[1] Im 15. Jahrhundert wurde dieses Tor verstärkt und erhielt ein Vortor mit zwei flankierenden Seitentürmen, das heute noch erhalten ist und den Abschluss des Platzes nach Osten bildet. Ebenfalls im 15. Jahrhundert wurde vor dem Tor ein Vorwerk in Form eines Rondells errichtet, dessen Fundamente beim Bau des Stachusuntergeschosses im Rahmen der Anlage der Stammstrecke der S-Bahn wiederentdeckt wurden.[2] Im 17. Jahrhundert wurde eine Wallbefestigung um München herum angelegt, dabei wurde anstelle des Rondells eine Bastion des Walls auf dem heutigen Karlsplatz errichtet.
Geschichte als Platz
Am 18. März 1791 befahl Kurfürst Karl Theodor, die Bastion vor dem Neuhauser Tor zu schleifen und die Zufahrt zu dem Tor neu zu gestalten. Im August begannen die entsprechenden Arbeiten.[3]
Namensgeschichte
Auf dem Gelände Ecke Sonnenstraße/Bayerstraße, wo heute der Kaufhof steht, stand im 18. Jahrhundert ein Haus, das seit 1710 im Besitz der Familie Föderl war, die dort und in dem dazugehörigen Garten Bier ausschenkte. Seit 1728 ist dort ein Mathias Eustachius Föderl, genannt „Eustach“, als Wirt verzeichnet. Nach ihm erhielt die Gastwirtschaft den Namen „Stachus“, der als Stachus-Wirt und Stachus-Garten auch noch bezeugt ist, nachdem der Betrieb von einer anderen Familie übernommen worden war. Von der Gastwirtschaft wurde der Name „Stachus“ dann auf den Platz übertragen, an dem sie lag.[4] Allerdings war Eustach Föderl offensichtlich im 19. Jahrhundert nicht mehr bekannt, so dass man nach anderen Erklärungen für den Namen suchte. So leitete z. B. Felix Joseph Lipowski 1815 in seinen Urgeschichten von München den Namen Stachusgarten von „der Herren Stachelschüssen“ ab, einer mittelalterlichen Schießstätte für Pfeilschützen vor dem Neuhauser Tor.[4][5]
Nach seiner Anlage 1791 hieß der Platz offiziell nach dem an ihm gelegenen Tor zunächst „Neuhauser-Thor-Platz“, ähnlich wie heute noch der Isartorplatz und der Sendlinger-Tor-Platz. Nachdem das Neuhauser Tor im Juli 1792 zu Ehren des bayerischen Kurfürsten Karl Theodor in Karlstor umbenannt worden war, behielt der Platz zunächst seinen alten Namen, erst im Februar 1793 ist der Name „Karls-Thor-Platz“ belegt. Am 27. April 1797 genehmigte Karl Theodor die Umbenennung des Platzes in Karlsplatz.[4][6] Dass der Pfälzer Kurfürst bei den Münchnern äußerst unbeliebt war, ist vielleicht ein Grund dafür, dass der alte Name „Stachus“ weiter in Gebrauch blieb, er ist in München sogar Bestandteil der elektronischen S-Bahn- und U-Bahn-Ansage.
Beschreibung
Der Stachus entwickelte sich in der Zeit des Wirtschaftswunders zum autoverkehrsreichsten Platz Europas,[7] bis sein Ostteil mit der Neuhauser Straße, die am Karlstor beginnt und am Färbergraben endet, in eine Fußgängerzone umgewandelt wurde. Dies wird durch die Münchner Redewendung „Da geht’s ja zu wie am Stachus“ belegt. Die Umwandlung in eine Fußgängerzone erfolgte im Vorfeld der XX. Olympischen Spiele in München.
Die den Platz begrenzenden Rondellbauten wurden in den Jahren 1796 bis 1802 erbaut. 1899 bis 1902 wurden sie durch Gabriel von Seidl aufgestockt und zu einem Ensemble mit Stuckfassaden, Steinfiguren, Säulen und schmiedeeisernen Balkonbrüstungen[8] umgebaut. Dabei wurden die inneren Abschlussbauten, die vor den Seitentürmen des Karlstors lagen, abgerissen, so dass das Karlstor vom Platz aus frei sichtbar wurde. Auf den beiden Ecktürmen am Karlstor befanden sich ursprünglich zwei Kuppelaufsätze, die im Zweiten Weltkrieg zerstört und bis heute nicht rekonstruiert wurden.
In direkter Sichtachse an der Sonnenstraße gegenüber dem Karlstor befinden sich das Hotel Königshof und das Pini-Haus. Auf der nordwestlichen Seite wurde der Platz zunächst durch den Alten Botanischen Garten begrenzt. An dieser Stelle wurde im Jahr 1891 der Justizpalast errichtet. An der Südwestseite, wo sich früher der Stachusgarten befand, steht heute der von dem Architekten Theo Pabst entworfene Kaufhof.
Der Brunnen wurde 1970 im Zuge des Baus der Münchner S-Bahn eingerichtet; in dieser Zeit entstanden auch das unter dem Platz liegende Einkaufszentrum – das Stachusbauwerk, das größte Untergrundbauwerk Europas,[9] und der unterirdische U- und S-Bahnhof Karlsplatz (Stachus). Der Entwurf des Springbrunnens stammt von Bernhard Winkler (1972). Nachts wird der Brunnen von 28 Leuchten angestrahlt.
Im Jahr 1970 wurden auch die unterirdischen baulichen Anlagen, das eigentliche Stachusbauwerk, eröffnet. Die vier Untergeschosse umfassen rund 500.000 Kubikmeter unter 25.000 m² überbauter Fläche. Geplant wurde das für die damalige Zeit zukunftsweisende Projekt vom Ingenieurbüro Obermeyer, heute die OBERMEYER Planen+Beraten GmbH. Besonderheit war die Deckelbauweise, welche von "oben nach unten" erfolgte.
2005 wurde das Stachusbauwerk (ausgenommen die Bahnanlagen) von der Landeshauptstadt München an die Stadtwerke München verkauft. Diese fand mit der LBBW einen Investor, der diese Anlagen bis zum Jahr 2009 für insgesamt 30 Millionen Euro renovieren wollte.
Seit Februar 2007 wird das Einkaufszentrum unter dem Namen „Stachus Passagen“ von der LBBW Immobilien GmbH betrieben. Diese führte im gleichen Jahr einen Architekturwettbewerb zur Modernisierung und zum Umbau durch, aus dem das Münchner Architekturbüro Allmann Sattler Wappner als Sieger hervorging.[10] Im Frühsommer 2011 wurden die Bauarbeiten abgeschlossen.[11]
Für das Stachusbauwerk hat die Stadtverwaltung bereits 1971 die Stachusbauwerk-Satzung erlassen, nach der dort (zum Beispiel) weder genächtigt, Alkohol konsumiert, gebettelt, musiziert oder gesessen werden darf.
Die McDonald’s-Filiale im südlichen Rondellbau ist eine der umsatzstärksten weltweit; in der ersten Jahreshälfte 2006 war sie die umsatzstärkste aller Filialen.[12]
Seit 2018 gibt es an der Decke der Stachuspassagen den Sky of Fame mit Münchner Persönlichkeiten.[13]
Bilder
- Blick von Westen auf Springbrunnen und Karlstor
- Justizpalast am Westrand des Karlsplatzes
- Südhälfte des Karlsplatzrondells
- Kaufhof an der Westseite
- Karlstor
- Bei Abenddämmerung
Literatur
- Hans Lehmbruch: Ein neues München. Stadtplanung und Stadtentwicklung um 1800. Forschungen und Dokumente. Buchendorfer Verlag, Buchendorf 1987, ohne ISBN.
- Mathias Irlinger: München. Infrastrukturen im urbanen Raum im 19. und 20. Jahrhundert. In: Antje Matern (Hrsg.): Urbane Infrastrukturlandschaften in Transformation. Städte – Orte – Räume. Transcript, Bielefeld 2016, ISBN 978-3-8376-3088-6, S. 43–64. (eingeschränkte Vorschau auf Google Bücher)
- Helmuth Stahleder: Haus- und Straßennamen der Münchner Altstadt. Hugendubel, München 1992, ISBN 3-88034-640-2, S. 171, 605 ff.
- Helmuth Stahleder, Richard Bauer (Hrsg.): Chronik der Stadt München.
- Band 1: Herzogs- und Bürgerstadt. Die Jahre 1157–1505. Dölling und Galitz, Ebenhausen / Hamburg 2005, ISBN 3-937904-10-7.
- Band 3: Erzwungener Glanz. Die Jahre 1706–1818. Dölling und Galitz, Ebenhausen / Hamburg 2005, ISBN 3-937904-12-3.
- Karl Stankiewitz: Der Stachus. Wo München modern wurde. MünchenVerlag, München 2006, ISBN 3-937090-14-2.
Diverses
In der Stadt Germering am westlichen Stadtrand von München gibt es eine große Kreuzung, an der fünf – ursprünglich sogar sechs – Straßen zusammenlaufen und in deren Mitte ein Springbrunnen liegt. Angesichts der Ähnlichkeit zum Münchner Stachus wird diese Kreuzung im Volksmund „Kleiner Stachus“ genannt. Zwar ist diese Bezeichnung nur als Bushaltestelle offiziell,[14] sie ist aber auch in der Lokalpresse und im Stadtrat gebräuchlich.[15]
Weblinks
Einzelnachweise
- Stahleder: Chronik, Bd. 1, S. 67
- Michael Weithmann: Burgen in München. Stiebner Verlag, München 2006, ISBN 3-8307-1036-4, S. 135.
- Stahleder, Chronik, Bd. 3, S. 407, 410
- Stahleder: Haus- und Straßennamen, S. 171
- Felix Joseph Lipowski: Urgeschichten von München. II. Theil, München, 1815, S. 466, 470 (online)
- Stahleder:Chronik, Bd. 3, S. 453
- Ein Bild von einer Stadt. In: sueddeutsche.de. 24. August 2015, ISSN 0174-4917 (sueddeutsche.de [abgerufen am 5. Juni 2019]).
- Stachus Rondell | Bayerische Hausbau. Abgerufen am 4. November 2020.
- muenchen.de: Das Stachusbauwerk
- Archivierte Kopie (Memento vom 28. Mai 2012 im Internet Archive)
- Archivierte Kopie (Memento vom 16. Juli 2011 im Internet Archive)
- McDonald’s steigert seinen Umsatz (Memento des Originals vom 17. Januar 2010 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- https://www.muenchen.tv/mediathek/video/muenchner-stars-am-sky-of-fame-im-stachus
- Haltestelle Kleiner Stachus, Germering - Fahrplan, Abfahrt & Ankunft. Abgerufen am 30. Oktober 2019.
- "Kleiner Stachus" - Stadt Germering. Abgerufen am 30. Oktober 2019.