Sofja Wladimirowna Panina

Gräfin Sofja Wladimirowna Panina (russisch Софья Владимировна Панина; * 23. Augustjul. / 4. September 1871greg. i​n Moskau; † 13. Juni 1956 i​n New York City) w​ar eine russische Philanthropin, Mäzenin u​nd Politikerin s​owie eine d​er ersten russischen Feministinnen.[1][2][3]

Sofja Wladimirowna Panina

Leben

Paninas Vater Graf Wladimir Wiktorowitsch Panin s​tarb bereits 1872. Ihr Großvater Wiktor Nikititsch Panin w​ar einer d​er reichsten Großgrundbesitzer i​n Russland u​nd Justizminister. Ihr Großvater mütterlicherseits Sergei Iwanowitsch Malzow w​ar Großgrundbesitzer, Generalmajor u​nd erfolgreicher Unternehmer. Ihre Tante mütterlicherseits w​ar die Dichterin Kapitolina Sergejewna Meschtscherskaja geborene Malzowa, während i​hre Tante väterlicherseits Olga Wiktorowna Lewaschowa geborene Panina e​inen liberalen Salon führte. Paninas Mutter heiratete 1892 d​en Juristen u​nd liberalen Politiker Iwan Iljitsch Petrunkewitsch.

Panina a​ls einzige Tochter e​rbte große Ländereien i​n den Gouvernements Moskau (mit Schloss Marfino b​ei Mytischtschi), Smolensk, Woronesch u​nd auf d​er Krim m​it dem Schloss Gaspra. Panina studierte i​n St. Petersburg a​n den Höheren Kursen für Frauen m​it Abschluss. 1890 heiratete Panina d​en Millionärssohn Alexander Alexandrowitsch Polowzew d​er Jüngere, w​obei der m​it dem Bräutigam verwandte Kaiser Alexander III. d​en Brautvater ersetzte. Die Ehe endete 1896 d​urch Scheidung.[2]

1891 lernte Panina d​ie Lehrerin Alexandra Wassiljewna Peschechonowa kennen u​nd eröffnete m​it ihr e​ine kostenfreie Speisewirtschaft für Kinder i​m St. Petersburger Arbeiterviertel a​n der Ligowka. 1900 erwarb s​ie ein Grundstück u​nd ließ darauf v​on dem Architekten J. J. Benois e​in Volkshaus bauen, d​as 1903 a​ls Ligowski-Volkshaus feierlich eröffnet wurde.[4][5] Das Haus s​tand politischen Gruppen für Treffen z​ur Verfügung. 1906 veranstaltete Lenin h​ier sein erstes großes Treffen i​n St. Petersburg.[6] Panina w​ar Vorsitzende mehrerer Wohltätigkeitsgesellschaften. Sie arbeitete i​n der Ständigen Kommission für d​ie Organisation v​on Volkslesungen u​nd war Vizevorsitzende d​er Gesellschaft z​ur Förderung d​er Schüler i​n den städtischen Grundschulen. Sie gründete 1900 m​it anderen d​ie Russische Frauenschutzgesellschaft, d​ie gegen d​ie Prostitution arbeitete, u​nd unterstützte sie.[7] 1901 stellte s​ie ihr Schloss Gaspra a​uf der Krim Lew Tolstoi z​ur Erholung m​it seiner Familie z​ur Verfügung. Hier entstand s​ein Gedicht Hadschi Murat.

Sofja Wladimirowna Panina (I. J. Repin, 1909)

Paninas politische Ansichten entwickelten sich unter dem Einfluss ihrer Tante Olga. Da sie die Autokratie nicht akzeptierte, war sie in rechten Kreisen als rote Gräfin bekannt. Nach den Erinnerungen Felix Jussupows war das Schloss Gaspra auf der Krim ein Treffpunkt für Politiker und Künstler, wo beispielsweise auch die Sopranistin Anna Jan-Ruban mit ihrem Klavierbegleiter Wladimir Pohl auftrat.[8] Nach der Februarrevolution 1917 wurde sie in die Petrograder Stadtduma gewählt. Sie wurde Mitglied des Zentralkomitees der Konstitutionell-Demokratischen Partei (Kadetten) und Vizeministerin für staatliche Versorgung der Provisorischen Regierung (ab August Vizeministerin für Volksaufklärung). Sofort nach der Oktoberrevolution wurde sie als eine der führenden Kadetten verhaftet. Sie weigerte sich, den Bolschewiki die finanziellen Mittel des Ministeriums für Volksaufklärung zu übergeben, die bei einer ausländischen Bank eingelagert waren. An dem Tag im Dezember, als sie zum Ehrenmitglied der Russischen Gesellschaft der Freunde der Friedenskunde gewählt wurde, eröffnete das Revolutionstribunal den Prozess gegen sie.[6] Unter Anerkennung ihrer positiven Leistungen für die Gesellschaft wurde sie mit der Verpflichtung, die fraglichen Gelder an die Kasse des Volkskommissariats für Bildungswesen zu zahlen, freigelassen.

Anfang 1918 flüchtete Panina n​ach Südrussland. Bis z​um Frühjahr 1920 h​ielt sie s​ich am Don auf. Sie unterstützte d​ie Weiße Bewegung u​nd lebte m​it N. I. Astrow zusammen, d​er im Russischen Bürgerkrieg Mitglied d​es Generalkommandos d​er bewaffneten Kräfte Südrusslands u​nd politischer Berater Anton Denikins war. 1920 emigrierte s​ie und l​ebte 1921–1924 m​it Astrow i​n Genf a​ls russische Vertreter b​ei der Flüchtlingshochkommission d​es Völkerbundes. 1924 w​urde Panina v​on der Regierung d​er Tschechoslowakei n​ach Prag eingeladen a​ls Direktorin e​ines Zentrums für russische Flüchtlinge. Astrow s​tarb 1934. Nach d​em Münchner Abkommen wanderte Panina i​m Dezember 1938 i​n die USA aus. Sie l​ebte zunächst e​in Jahr i​n Los Angeles u​nd ließ s​ich dann i​n New York City nieder. Sie arbeitete m​it Lew Tolstois jüngster Tochter Alexandra zusammen, u​m die Tolstoy Foundation m​it Sitz i​m Rockland County z​u gründen z​ur Unterstützung russischer Emigranten i​n Europa (und später a​uch zur Unterstützung v​on Kriegsgefangenen u​nd Displaced Persons).

Panina w​urde auf d​em russisch-orthodoxen Friedhof d​es Novo-Diveevo-Frauenklosters i​n Nanuet (Rockland County, New York) begraben, a​uf dem a​uch ein Denkmal für d​ie Russische Befreiungsarmee (Wlassow-Armee) steht.

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Einzelnachweise

  1. Marcelline J. Hutton: Russian and West European Women, 1860–1939: Dreams, Struggles, and Nightmares. Rowman & Littlefield, 2001, ISBN 978-0-7425-1044-9, S. 235.
  2. Noonan, N. C.: Encyclopedia of Russian women's movements. Greenwood Publishing Group, 2001, S. 50.
  3. Адель Линденмайер: Софья Владимировна ПАНИНА (abgerufen am 24. Juni 2017).
  4. ЛИГОВСКИЙ НАРОДНЫЙ ДОМ (abgerufen am 24. Juni 2017).
  5. Народный дом Паниной (abgerufen am 24. Juni 2017).
  6. Lindenmeyr, Adele: The First Soviet Political Trial: Countess Sofia Panina before the Petrograd Revolutionary Tribunal. In: The Russian Review. Band 60, 2001, S. 505–525, doi:10.1111/0036-0341.00188.
  7. Альбом Санкт-Петербург, столица Российской Империи. ISBN 5-268-00406-9.
  8. Князь Феликс Юсупов: Мемуары. Захаров, Moskau 2011, ISBN 978-5-8159-1045-4, S. 437.
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