Seegefecht vor dem Nordkap
Das Seegefecht vor dem Nordkap war das Ergebnis der als Unternehmen Ostfront bekannten Operation der deutschen Kriegsmarine vom 25. bis zum 26. Dezember 1943 im Seekrieg des Zweiten Weltkriegs. Ziel der Unternehmung war das Abfangen des britischen Nordmeergeleitzuges JW 55B, der auf dem Weg nach Murmansk in der Sowjetunion war. Die Aktion endete mit der Versenkung des deutschen Schlachtschiffs Scharnhorst am 26. Dezember 1943 im Nordmeer vor der Küste von Norwegen.
Vorgeschichte
Am 12. Dezember 1943 lief aus Loch Ewe der Konvoi JW.55 A aus, der aus 19 Schiffen mit einer Nahsicherung von zwei Zerstörern und drei Korvetten bestand und über eine Escort Group von acht Zerstörern verfügte. Als weitere Deckungsgruppe hielt sich die Force 1 mit den Kreuzern HMS Belfast, HMS Sheffield und HMS Norfolk unter Vizeadmiral Robert Burnett in der Nähe des Konvois auf. Eine weitere Sicherungsgruppe, die Force 2 unter dem Oberbefehlshaber der Home Fleet Admiral Bruce Fraser, bestehend aus dem Schlachtschiff HMS Duke of York, dem Kreuzer HMS Jamaica und den Zerstörern HMS Saumarez, HMS Savage, HMS Scorpion und HNoMS Stord, war bereits am 16. Dezember im Kola-Fjord eingetroffen.
Die U-Boote U 638, U 387 und U 354 meldeten in der Nacht vom 16. zum 17. Dezember Begegnungen mit Geleitfahrzeugen, ohne an den vermuteten Geleitzug heranzukommen. Bei einer Lagebesprechung im Führerhauptquartier am 19. und 20. Dezember erreichte daraufhin Großadmiral Karl Dönitz von Adolf Hitler die Genehmigung zum Einsatz der im Altafjord liegenden Kampfgruppe mit der Scharnhorst und den Zerstörern Z 29, Z 30, Z 33, Z 34 und Z 38 gegen den nächsten Geleitzug, sofern sich Erfolgsaussichten böten.
Am 20. Dezember lief Konvoi JW.55 A, begleitet von der Force 1, im Kola-Fjord ein. Am gleichen Tag lief aus Loch Ewe der Konvoi JW.55 B aus. Er bestand aus 19 Schiffen, davon 17 Frachter und zwei Tanker, mit einer Nahsicherung von zwei Korvetten und zwei Minensuchern und einer Fernsicherung von zwei Zerstörern, zwei Korvetten und einem Minensucher. Letztere wurden am Nachmittag des 22. Dezembers von den Richtung Island kommenden acht Flottenzerstörern der Escort Group abgelöst, die schon Konvoi JW.55 A gesichert hatten.
Am 22. Dezember um 10:45 Uhr entdeckte eine deutsche Ju 88 den Konvoi. Bis zum Mittag des 23. Dezembers gingen weitere Meldungen der am Morgen gestarteten Luftaufklärung ein, die aus sechs Fw 200, drei Ju 88 und zwei BV 138 bestand. Dadurch erhielt die deutsche Seite ein relativ genaues Bild von der Größe des Konvois und von dessen Kurs. Die Briten bemerkten die deutschen Aufklärungsflugzeuge und beschossen sie mehrfach mit Flak.
Force 2 war inzwischen am Morgen des 23. Dezembers in Akureyri auf Island zur Beölung eingetroffen, um am nächsten Tag den neuen Konvoi zu decken, während Force 1 hinter dem westgehenden Leerkonvoi RA.55 A herlief. Kurz vor Mitternacht verließ Fraser mit Force 2 den isländischen Fjord und lief mit Höchstfahrt hinter Konvoi JW.55 B hinterher, nachdem ihm von dort deutsche Flugzeuge gemeldet worden waren.
Am 24. Dezember starteten um 9 Uhr vier Fw 200 und zwei Ju 88, die im Laufe des Tages mehrere Sichtungen des Konvois meldeten. Die Sicherungsgruppen Force 1 und Force 2 wurden jedoch ebenso wenig entdeckt wie der westwärts laufende Konvoi RA.55 A. Die aus acht U-Booten bestehende Aufklärungsgruppe Eisenbart postierte sich so zwischen Bäreninsel und Nordkap, dass sie bei Dämmerungsbeginn am 25. Dezember vom Konvoi erreicht werden musste.
Da Admiral Fraser aufgrund der gesichteten deutschen Aufklärungsflugzeuge mit einem Angriff rechnen musste, brach er um 13:25 Uhr die Funkstille und befahl dem Konvoi, für drei Stunden kehrtzumachen, um den Abstand zu seiner hinterherlaufenden Force 2 zu verringern. Obwohl dieser Funkspruch von vier deutschen Peilstellen eingepeilt wurde, erfolgte keine entsprechende Luftaufklärung.
Am 25. Dezember um 9:01 Uhr meldete U 601 aus der Gruppe Eisenbart seine erste Sichtung des Konvois. Obwohl das U-Boot vom Zerstörer HMS Whitehall eingepeilt wurde, konnte es trotz mehrerer Angriffe von Zerstörern bis 14:10 Uhr Fühlungshaltersignale absetzen und danach noch bis zum späten Nachmittag Horchpeilungen melden. Auch eine von drei BV 138 gab seit 10:08 Uhr wiederholt trotz Flakbeschuss Sichtmeldungen durch.
Um 14:33 Uhr gab die Gruppe Nord/Flotte das vorbereitete Stichwort Ostfront 25. September heraus, das mit dem Zusatz 17:00 Uhr um 16:37 Uhr bei der Kampfgruppe eintraf. Bei einer Sitzung der Seekriegsleitung mit Admiral Dönitz um 15:00 Uhr kam man zu dem Ergebnis, dass ein Einsatz der Kampfgruppe einschließlich der Scharnhorst gegen den Konvoi sinnvoll sei. Um 19:25 Uhr erließ Dönitz mit einem Funkspruch einen entsprechenden Operationsbefehl, der um 20:09 Uhr der Gruppe Nord/Flotte vorlag.
Um 19:01 Uhr, als Admiral Erich Bey eingetroffen war, der den in Urlaub befindlichen Oskar Kummetz vertrat, wurde der Anker gelichtet, obwohl sich das Wetter verschlechterte und eine Flugaufklärung für den nächsten Tag unwahrscheinlich erschien. Zudem hatte die Scharnhorst als weiteres Handicap etwa 80 erst vor kurzem zugeteilte Seekadetten und 100 unausgebildete Rekruten an Bord.[1]
Die Aktion
Um 21:16 Uhr, wegen Übermittlungsschwierigkeiten erneut um 22:15 Uhr und nochmal gegen Mitternacht gab Admiral Bey Funksprüche an die Gruppe Nord/Flotte ab, in denen er auf das schwere Wetter und die dadurch begrenzten Einsatzmöglichkeiten der Zerstörer hinwies. Möglicherweise hoffte er auf den Befehl zum Abbruch des Unternehmens, doch seine Funksprüche erreichten wegen der komplizierten Übermittlung erst um 2:19 Uhr die Gruppe Nord/Flotte und erst um 3:56 Uhr die Seekriegsleitung. Auf Z 38 gab es bei der Sturmfahrt durch Seegang mehrere Verletzte.
Um 23:04 Uhr erreichte der nordwestlich laufende deutsche Verband, die fünf Zerstörer der 4. Zerstörerflottille unter Kapitän zur See Rolf Johannesson fächerförmig vor der Scharnhorst gruppiert, bei schwerer See und Schneetreiben den „Punkt Lucie“ vor dem Söröja-Sund. Bey schwenkte nun auf 10° in Richtung des vorausberechneten Treffpunkts mit dem Konvoi.
Gegen Mitternacht traf der um 19:25 Uhr von Dönitz abgegebene Funkspruch auf der Scharnhorst ein. Um 01:37 Uhr lief ein weiterer Funkspruch ein: „Wenn Zerstörer See nicht halten können, kommt Durchführung Aufgabe nach Art Kreuzerkrieg mit Scharnhorst allein. Entscheidung durch Befehlshaber.“ Dieser Funkspruch wurde vermutlich irrtümlich als Antwort auf die abgegebenen eigenen Funksprüche verstanden.
Um 03:19 Uhr erhielt Admiral Fraser auf der Duke of York von der Admiralität die unzweideutige Nachricht vom Auslaufen der Scharnhorst. Die britische Funkaufklärung hatte die Funksprüche der Deutschen erfasst, zudem meldete ein britischer Agent aus Norwegen das Ablegen des Schlachtschiffes.
Fraser ließ daraufhin um 04:01 Uhr den westwärts laufenden Konvoi RA.55 A nach Norden schwenken und vier von dessen Geleitzerstörern zur Verstärkung des ostwärts laufenden Konvois JW.55 B abziehen. Diesem gab er den Befehl, für drei Stunden auf Gegenkurs zu gehen, und Force 1 sollte mit Höchstgeschwindigkeit zum Konvoi stoßen, der nun auf Nordostkurs ging. Dieser Funkspruch wurde von deutscher Seite nicht eingepeilt.
Um etwa 7:00 Uhr hätte der Konvoi vor den deutschen Schiffen auftauchen müssen, weshalb Admiral Bey um diese Zeit seine Zerstörer einen weit auseinander gezogenen Aufklärungsstreifen bilden ließ. Zwischen 8:20 Uhr und 9:30 Uhr passierten sich die deutschen Zerstörer und der Konvoi in der Dunkelheit bei Sturm und Schneefall unerkannt auf relativ kurze Entfernung. Die deutschen Funkmessgeräte waren abgeschaltet, weil man fürchtete, der Gegner könne durch die ausgesendeten Radarwellen das Schiff einpeilen. Der Operationsbefehl von Bey lautete deshalb: „Funkmeß- und Funkmeßbeobachtungsgerät erst auf Befehl.“[2]
Das erste Gefecht
Inzwischen kam von Südosten die Force 1 der Scharnhorst immer näher. Um 8:40 Uhr erfassten ihre Radargeräte auf 33 Kilometer das deutsche Schlachtschiff, um 9:21 Uhr wurde es von der Sheffield aus gesichtet. Es lief auf Gegenkurs, woraus geschlossen wird, dass das Funkmessgerät der Scharnhorst vorher eingeschaltet und entsprechend reagiert worden war.[3]
Von 9:24 Uhr bis 9:29 Uhr schossen Sheffield und Norfolk Leuchtgranaten. Dann eröffnete die Norfolk trotz schlechter Sicht mit Feuerleitradar das Feuer. Die Scharnhorst drehte nach Westen ab und erwiderte das Feuer nur mit dem achteren Turm. Die beiden anderen britischen Kreuzer konnten nicht eingreifen.
Eine Granate der Norfolk schlug, ohne zu detonieren, in das Batteriedeck Abteilung IX, die andere aber zerstörte das Funkmessgerät auf dem Vormars und tötete das Funkpersonal. Dies bedeutete, dass nun in einem vorlichen Sektor von 70° keine Funkmessung mehr möglich war. Außerdem betrug die Reichweite des verbliebenen, achteren Funkmessgerätes nur 6 sm gegenüber den 10 sm des vorderen.
Um 9:40 Uhr stellte die Norfolk das Feuer ein. Um 9:46 Uhr berichtete Bey in einem Funkspruch an Dönitz über sein Gefecht mit einem Kreuzer. Er war in der Zwischenzeit mit der Scharnhorst nach Süden herum auf Ostkurs gegangen und schwenkte um 9:55 Uhr auf Nordost- und bald darauf mit 30 Knoten auf Nordkurs in Richtung des Konvois. An der äußersten Reichweite des britischen Radars wurde dieser Kurswechsel noch erkannt.
So steuerte auch Burnett nach Nordwesten, um den dortigen Konvoi zu schützen. Kurz nach 10 Uhr traf eine Meldung von U 277, das zufällig den auf Nordkurs fahrenden Konvoi entdeckt hatte, auf der Scharnhorst ein. Um 10:27 Uhr gab Bey den weit auseinander auf südwestlichen Kursen marschierenden Zerstörern den Befehl, auf Gegenkurs zu gehen, worauf diese jeder für sich kehrtmachten, doch auch diese Vorstöße gingen ins Leere.
Um 10:30 Uhr verlor Burnett den Radarkontakt zur Scharnhorst, um 10:50 Uhr stießen, vom Konvoi RA.55 A kommend, die vier Zerstörer HMS Musketeer, HMS Matchless, HMS Opportune und HMS Virago der 36. Zerstörerdivision zu seinem Verband. Um 11:00 Uhr ortete er den seit 10:30 Uhr nach Nordosten steuernden Geleitzug, um 11:25 Uhr ging er auf Nordostkurs, um den Konvoi gegen die im Osten vermutete Scharnhorst zu schützen.
Um 10 Uhr wurde von einem deutschen Aufklärungsflugzeug im Westen Frasers Verband entdeckt. Dennoch drehte die Scharnhorst kurz nach 12:00 Uhr nach Südwesten, um weiter nach dem Konvoi zu suchen. Dieser ging fast gleichzeitig auf Südostkurs, während Force 1 nach Osten steuerte, um die Scharnhorst abzufangen.
Das zweite Gefecht
Bei nach wie vor schlechter Sicht und starkem Seegang entdeckte das Radar der Belfast die Scharnhorst um 12:05 Uhr in 27,9 km Entfernung. Um 12:23 Uhr sichtete die Sheffield auf 10,1 km den Gegner optisch, worauf Burnett auf Nordkurs ging, um Breitseiten anzubringen. Auf der anderen Seite erkannte auch das noch intakte Funkmessgerät der Scharnhorst den gegnerischen Verband.[4]
Um 12:24 Uhr eröffneten beide Seiten das Feuer. Um 12:27 Uhr erhielt die Norfolk einen Treffer in der Barbette des Turmes C, der ausfiel. Ein Blindgänger mittschiffs ließ die Radargeräte ausfallen. Die Sheffield erhielt Nahtreffer, die Splitterschäden zur Folge hatten. Die Berichte über Schäden an der Scharnhorst in diesem Abschnitt gehen weit auseinander.[5]
Um 12:28 Uhr drehte die Scharnhorst, mit dem achteren Turm feuernd, nach Südosten ab. Ein Torpedoangriff der Zerstörer kam nicht zustande. Um 12:41 Uhr mussten die in der schweren See langsameren Kreuzer das Feuer einstellen. Sie folgten mit Höchstfahrt, und die Belfast funkte die noch immer von ihrem Radar erfassten Standorte der Scharnhorst an Frasers Force 2, ohne dass diese die Funkstille brechen musste.
Um 13:42 Uhr ging bei der deutschen Zerstörerflottille der Befehl des Admirals zum Abbrechen ihrer Suche nach dem Konvoi ein, und gegen 14:00 Uhr gab Bey den Zerstörern den Befehl zum Einlaufen. Auf der Scharnhorst wurde zur gleichen Zeit Gefechtspause befohlen. Um 14:50 Uhr informierte Bey die Besatzung über den im Westen gemeldeten Flottenverband und hielt zu erhöhter Aufmerksamkeit an. Um 15:00 Uhr wurde das Mittagessen eingenommen.
Endkampf
Um 16:17 Uhr erfasste das Radar der von Südwesten herankommenden Duke of York die Scharnhorst in einer Entfernung von 41,6 km. Um 16:32 Uhr fasste das Feuerleitfunkmessgerät das Ziel auf eine Entfernung von 27,2 km auf. Um 16:42 Uhr drehte die Scharnhorst etwas nach Südwesten ab, als ihr noch intaktes achteres Funkmessgerät den Gegner erfasste. Um 16:47 Uhr schoss die Belfast Leuchtgranaten, um 16:48 Uhr eröffnete die Duke of York auf 11 km das Feuer mit ihren zehn 35,6-cm-Geschützen. Unmittelbar danach folgte die Jamaica.
Die Scharnhorst, deren Geschütztürme noch nicht geschwenkt waren, drehte sofort nach Norden und holte dann nach Osten aus. Force 1 folgte im Norden, Force 2 im Süden. Das deutsche Schiff erhielt mehrere Treffer. Trotzdem mussten Belfast und Norfolk nach 25 Minuten das Feuer einstellen, während die Sheffield schon vorher wegen eines Wasserschadens zurückgeblieben war. Ein Treffer in die Munitionskammer von Turm A setzte diesen außer Gefecht, etwas später fiel durch die Rauchentwicklung vorübergehend auch Turm B aus. Die Duke of York, die selbst einige Treffer erhielt, stellte um 18:24 Uhr das Feuer ein, als die Entfernung auf 20 km angestiegen war.
Um 18:30 Uhr erreichte die Scharnhorst, deren Geschwindigkeit infolge eines Treffers vorübergehend auf acht Knoten gesunken war, wieder 26 Knoten.
Gegen 18:40 Uhr kamen an Backbord die 30 Knoten laufenden Zerstörer Savage und Saumarez auf 9,1 km heran, wurden aber abgewehrt. Dagegen gelang es auf der Steuerbordseite den Zerstörern Scorpion und Stord, im Schutze der Dunkelheit bis auf 1,9 bzw. 1,6 km heranzukommen und je acht Torpedos abzuschießen.
Die Scharnhorst ging mit Hartruder auf Südkurs, so dass nur ein Torpedo der Scorpion traf. Durch dieses Manöver brachte sie aber um 18:50 Uhr die Savage und Saumarez in gute Schussposition. Die Savage schoss auf 3,2 km acht Torpedos ab, von denen drei trafen. Saumarez gab trotz starkem Beschuss auf 1,5 km vier Torpedos ab, von denen einer traf. Die Saumarez wurde getroffen, ihr Feuerleitgerät fiel aus, und ihre Geschwindigkeit betrug nur noch zehn Knoten.
Die Scharnhorst lief trotz der Torpedotreffer noch immer etwa 20 Knoten. Um 19:01 Uhr konnte jedoch die wieder herangekommene Duke of York mit ihrer schweren Artillerie das Feuer auf 9,7 km erneut eröffnen. Innerhalb von 28 Minuten erhielt die Scharnhorst mindestens zehn schwere Treffer. Die Scharnhorst konnte um 19:11 Uhr nur noch zehn Knoten laufen, das Schiff brannte, und etwas später war der Munitionsvorrat der schweren Artillerie verschossen.
Da sich das äußerst zähe Schiff noch immer mit der Mittelartillerie wehrte, ließ Admiral Fraser weitere Torpedoangriffe durchführen. Gegen 19:30 Uhr schossen auf 3,5 km die Kreuzer Belfast drei und Jamaica sechs Torpedos, von denen drei trafen. Von 19:31 Uhr bis 19:34 Uhr schossen die Zerstörer Opportune und Virago an der Steuerbordseite der Scharnhorst acht und sieben Torpedos aus 2,0 und 2,6 km auf das noch etwa 5 Knoten laufende Schiff und erzielten fünf Treffer. Von der Backbordseite kamen nun Musketeer und Matchless. Erstere schoss um 19:33 Uhr vier Torpedos auf 9 km, von denen zwei trafen, während die Matchless wegen eines Defektes nicht zum Schuss kam.
An Bord der Scharnhorst wurden indessen die Geräte zerstört und die Schwimmwesten angelegt. Um 19:45 kenterte sie langsam nach Steuerbord und drehte sich um sich selbst, bevor sie im Licht der feindlichen Leuchtgranaten versank.[6]
Um 19:48 Uhr kam die Belfast zu einem neuen Torpedoangriff heran, aber die Scharnhorst war schon gesunken. Die Untergangsstelle liegt bei 72° 16′ nördlicher Breite und 28° 41′ östlicher Länge. Bis 20:40 Uhr suchten Belfast, Norfolk und die meisten Zerstörer nach Überlebenden. Die Scorpion konnte 30 und die Matchless sechs Überlebende bergen. Die Scorpion entdeckte auch Admiral Bey im Wasser. Er ergriff eine Rettungsleine, ging aber unter, bevor er an Bord geholt werden konnte.[7] Insgesamt erhielt die Scharnhorst mindestens dreizehn 35,6 cm-Treffer, 14 bis 15 Torpedotreffer und zahlreiche Treffer mittleren Kalibers, bevor sie mit 1932 Mann sank.
Die fünf deutschen Zerstörer unter Johannesson liefen am Morgen des 27. Dezembers in den Altafjord ein und ankerten gegen 7:00 Uhr im Kåfjord. Am 29. Dezember lief der Konvoi ohne Verluste in Murmansk ein. Zwei Tage später ging er als RA.55 B nach Westen in See und traf ohne Ausfälle am 8. Januar 1944 in Loch Ewe ein.
Seekriegsbedeutung des Gefechts
Das Seegefecht vor dem Nordkap mit dem Verlust der Scharnhorst zeigte auch auf dem europäischen Kriegsschauplatz die entscheidende Bedeutung vom Radar im modernen Seekrieg. Großadmiral Karl Dönitz stellte schon kurz nach der Schlacht fest, dass Kriegsschiffe zur wirksamen Bekämpfung feindlicher Schiffe über Radaranlagen verfügen müssten. Im Pazifik war die US Navy zu dieser Erkenntnis schon 1942 gekommen.[8]
Literatur
- Thaddeus v. Tuleja: Deutsche Schlachtschiffe und schwere Kreuzer 1939–1945. (verkürzter Nachdruck des 1958 erschienenen Buches Die einsamen Schiffe) Podzun-Pallas-Verlag, Friedberg, ISBN 3-7909-0167-9.
- Helmut Pemsel: Seeherrschaft. Band 2: 1850 bis heute. Bernard & Graefe Verlag, Koblenz 1985, ISBN 3-7637-5420-2.
- Heinrich Bredemeier: Schlachtschiff Scharnhorst. Koehlers Verlagsgesellschaft, Herford 1962, 4. Aufl. 1994, ISBN 3-7822-0592-8.
- Elmar B. Potter, Chester W. Nimitz: Seemacht. Eine Seekriegsgeschichte von der Antike bis zur Gegenwart (Amerikanische Originalausgabe: Sea Power. A Naval History, 1960), Manfred Pawlak Verlagsgesellschaft mbH, Herrsching, 1986, ISBN 3-88199-082-8.
- Hans H. Hildebrand, Albert Röhr, Hans-Otto Steinmetz: Die deutschen Kriegsschiffe. Band 5, ISBN 3-88385-028-4.
Anmerkungen
- Thaddeus v. Tuleja: Deutsche Schlachtschiffe und Schwere Kreuzer 1939–1945. S. 127.
- Heinrich Bredemeier: Schlachtschiff Scharnhorst. S. 238.
- Potter, Nimitz: Seemacht, S. 628 und Heinrich Bredemeier: Schlachtschiff Scharnhorst. S. 238.
- Bredemeier: Schlachtschiff Scharnhorst, S. 241.
- Tuleja berichtet, die Scharnhorst sei von einigen 15,2- und 20,3-cm-Granaten und einigen leichten Granaten des Zerstörers Musketeer getroffen worden, Helmut Pemsel berichtet von zwei Treffern, während Potter & Nimitz sowie Bredemeier und ebenso Hildebrand, Röhr und Steinmetz auf Grund von Zeugenaussagen einräumen, die Briten hätten gar keine Treffer erzielt.
- Diese Schilderung des Untergangs von Überlebenden bei Bredemeier steht im Gegensatz zur Schilderung bei Tuleja, der schreibt, nach der Explosion der Munitionskammern habe sich das Heck emporgehoben, und das Schiff sei danach dem Grunde des Meeres zugeschossen.
- Heinrich Bredemeier: Schlachtschiff Scharnhorst. S. 258.
- Claasen, Adam R. A.: Hitler’s Northern War: The Luftwaffe’s Ill-Fated Campaign, 1940–1945. Lawrence (University Press of Kansas), Kansas 2001, S. 228–233.