Schaumburg (Burg)
Die Schaumburg ist eine Höhenburg im Gebiet der Stadt Rinteln im Landkreis Schaumburg in Niedersachsen. Der Burgname, ehemals Schauenburg, beruht vermutlich auf dem weiten Ausblick in das Wesertal. Sie ist namensgebend für das Geschlecht der Grafen von Schauenburg und Holstein[1] und das Schaumburger Land, dessen Wahrzeichen die Burg seit dem 13. Jahrhundert darstellt. Der Landkreis Schaumburg trägt deshalb das Nesselblatt aus dem Stammwappen der Grafen von Schaumburg in seinem Wappen.
Schaumburg | ||
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Die Schaumburg, darunter der gleichnamige Ortsteil von Rinteln | ||
Staat | Deutschland (DE) | |
Ort | Rinteln | |
Burgentyp | Höhenburg | |
Erhaltungszustand | Erhalten oder wesentliche Teile erhalten | |
Geographische Lage | 52° 12′ N, 9° 12′ O | |
Höhenlage | 225 m ü. NHN | |
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Lage
Die Burg steht zwölf Kilometer östlich der Rintelner Kernstadt in einem Waldgebiet auf dem 225 Meter hohen und kegelförmigen Nesselberg im Wesergebirge, oberhalb der Weser im Weserbergland. Unterhalb am Bergfuß liegt der Rintelner Ortsteil „Schaumburg“ (früher: Rosenthal).
Geschichte
Auf dem Nesselberg soll im 12. Jahrhundert ein Jagdhaus gestanden haben, das dem Rodenberger Adolf von Santersleben gehörte. Sein Sohn, Adolf II., erbaute die Burg auf den Resten einer Vorgängeranlage und nannte sich fortan Edler von Schaumburg. In Chroniken ist sie erstmals für das Jahr 1110 bezeugt, ihre erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahr 1119. Seitdem war die Burg der Stammsitz der Grafen von Schaumburg, die im 13. Jahrhundert bei der Binnenkolonisation des Oberwesergebietes, Ostholsteins und Mährens eine bedeutende Rolle spielten. Unter Graf Otto I. wurde die Burg um 1390 durch den Bau der Ringmauer um die untere Burg im Norden und die Errichtung des unteren Torturms ausgebaut. Der Palais in der Oberburg wurde 1521 auf den alten Fundamenten im Renaissancestil neu errichtet. Ab 1517 diente die Burg nur noch als Witwensitz; ihre letzte Bewohnerin war Elisabeth von Schaumburg, die 1646 verstarb. 1637 wurden die ursprünglichen Toröffnungen des Bergfrieds zugemauert und die Zuwegung an ihm vorbei geführt.
Im Jahre 1640 starb mit Graf Otto V. die Hauptlinie der Schaumburger aus. Die Grafschaft wurde zwischen Braunschweig-Lüneburg, den Grafen von Lippe und Hessen-Kassel geteilt. Die Burg kam zu Hessen-Kassel und wurde Sitz des Amtes Schaumburg. Ab 1821 wurde sie von der nahe gelegenen Staatsdomäne Coverden genutzt und verfiel allmählich.
Nachdem die Burg 1866 mit der Annexion von Hessen-Kassel (Kurhessen) durch Preußen in preußischen Besitz übergegangen war, wurde sie 1873 als Gasthaus hergerichtet. Am 16. April 1907 schenkte Kaiser Wilhelm II. die Schaumburg Fürst Georg und Fürstin Marie Anna von Schaumburg-Lippe zur Silberhochzeit, in der Folge wurde die Burg 1908–1912 unter Leitung des Architekten Albrecht Haupt aufwändig restauriert.[2] Dabei wurden die Gebäude der unteren Burg erneuert und der Bergfried auf seine heutige Höhe von 30 Metern aufgemauert.[3] Der Krieg verhinderte weitere Maßnahmen auf der Oberburg. 1945 wurden die Gebäude durch amerikanischen Artilleriebeschuss beschädigt. Das Haus Schaumburg-Lippe besitzt die Burg noch heute.
Ab 1999 fand für einige Jahre jeweils im September ein Mittelaltermarkt statt, der mittlerweile eingestellt wurde.[4] 2017 schloss die Burggastätte, der Pächter beklagte unter anderem einen hohen Investitionsstau in der Gaststätte.[5] 2020 war eine Nachnutzung noch unklar, im selben Jahr hatte die Fürstliche Hofkammer des Hauses Schaumburg-Lippe alle ihre gastronomischen Betriebe geschlossen.[6] Im März 2022 wurde bekannt, dass das Ehepaar Vanessa Sayn-Wittgenstein und Pieter Haitsma Mulier die Schaumburg erworben hat. Sie soll einer mehrjährigen Sanierung unterzogen werden und der Öffentlichkeit erhalten bleiben.[7]
Baubeschreibung
Die Burg gliedert sich in eine tiefer gelegene Vorburg und eine höher gelegene Hauptburg. Die älteste Burg lag auf dem oberen Plateau im Süden und umfasste ein Oval von 100 × 60 m Größe. Sie war durch eine 1,30 m starke Ringmauer und einen zum Teil in den Felsen gehauenen Graben mit nach außen vorgelagertem Wall befestigt. Nach den Ausgrabungsbefunden lehnten sich an die in opus-spicatum-Technik ausgeführte Ringmauer mehrere Gebäude an. Im Osten besteht heute noch ein „Kühner Henke“ oder „Glockenturm“ genannter Eckturm. Der Bergfried deckte ursprünglich als Torturm den Aufgang zur Hauptburg. Zur mittelalterlichen Burg zählen auch die Keller des in seiner heutigen Form 1559 im Renaissancestil errichteten Palas. Das zweistöckige Gebäude nördlich des Palas könnte ebenfalls noch aus dem Mittelalter stammen. Unter dem 1963 errichteten, östlichen Anbau an den Palas wurden Teile eines unterkellerten Gebäudes entdeckt. Der Standort der hochmittelalterlichen Kapelle ist unbekannt, von ihr zeugen wahrscheinlich zwei bei Bauarbeiten gefundene Kapitellfragmente aus dem letzten Viertel des 12. Jahrhunderts. Aus der Zeit der ersten Burgerweiterung nach Norden stammt wahrscheinlich ein langrechteckiges Gebäude. Die Südwestecke der Burgerweiterung wurde früher durch den Rundturm „Wittschrieber“ gedeckt, der heute abgerissen ist. Im Süden stammt der Burggraben noch aus dem Mittelalter.
Von der mittelalterlichen Anlage stehen noch drei der ursprünglich vier Türme, darunter der mächtige aus dem 14. Jahrhundert stammende Bergfried, der heute als Aussichtsturm bestiegen werden kann.[8] Im ehemaligen Herren- und früheren Amtshaus, das auch als Schloss Schaumburg bezeichnet wird, war von 1873 bis 2017 eine Gaststätte eingerichtet. Vom ehemaligen kleinen Burgmuseum sind noch Waffen und Rüstungsteile erhalten. Der überwiegende Teil der Sammlung befindet sich heute im Schloss Bückeburg.
- Darstellung der Schaumburg mit Weser um 1520 während der Hildesheimer Stiftsfehde, Zeichnung von Johannes Krabbe von 1591
- Merian-Stich um 1654
- Karte des Burggeländes, 1736
- Ansicht mit vollständig erhaltener Ringmauer um 1800
- Torturm und Torhaus, von innen von der Hauptburg aus gesehen
- Bergfried im Innenhof der Hauptburg
- Herrenhaus im Burginnenhof
Blutlinde
Außerhalb der Schaumburg auf dem Zugangsplatz zur Vorburg steht eine etwa 600 Jahre alte Linde, die sogenannte „Blutlinde“. Auf sie bezieht sich folgende Sage: „So wahr dieses Lindenreis, das ich hier pflanze, grünen und blühen wird, bin ich unschuldig!“, soll eine junge Frau gesagt haben, die hier um 1400 in einem Hexenprozess zum Tode verurteilt wurde.[8]
Historische Kulturlandschaft
Burg Schaumburg und Umgebung ist eine 2,5 km² große historische Kulturlandschaft von landesweiter Bedeutung innerhalb des Kulturlandschaftschaftsraums Zentrales Weserbergland. Darin befinden sich die Burg Schaumburg, die Paschenburg, die Domäne sowie die Ortsteile Schaumburg und Rosenthal, die ein Ensemble mit funktionalem und kulturhistorischem Zusammenhang bilden. Die Zuordnung zu den Kulturlandschaften in Niedersachsen hat der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) 2018 getroffen. Ein besonderer, rechtlich verbindlicher Schutzstatus ist mit der Klassifizierung nicht verbunden.[9]
Windradkontroverse
Seit 2005 plant ein Investor, im Wesertal unterhalb der Schaumburg drei bis zu 150 m hohe Windräder zu errichten, die in der Sichtachse der Burg liegen und die freie Aussicht beeinträchtigen würden. Dagegen gab es Widerstand aus der Bevölkerung und Politik sowie mehrere Gerichtsverfahren. Aufgrund eines in der Nähe brütenden und später vergifteten[10] Rotmilanpärchens ist die Nutzungsdauer vom Landkreis Schaumburg eingeschränkt worden. Der Baubeginn war für September 2020 vorgesehen.[11]
Literatur
- Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologische Kommission für Niedersachsen (Hrsg.), Hans-Wilhelm Heine: Schaumburger Land, Burgenland. (= Wegweiser zur Vor- und Frühgeschichte Niedersachsens, Band 29.) Oldenburg 2010, ISBN 978-3-89995-673-3.
- Thorsten Albrecht: Die Schaumburg, in: Burgenbau im späten Mittelalter (Forschungen zu Burgen und Schlössern 2), München/Berlin 1996, S. 127–142.
- Franz Engel: Zur Geschichte der Schaumburg. Der älteste Plan der Burg von 1736 und seine Ausdeutung. In: Schaumburger Heimatblätter (1953), S. 63–66.
- Franz Engel: Ausgrabungen auf der Schaumburg. In: Schaumburger Heimatblätter (1954), S. 36–38.
- Friedrich Kölling/Edmund Sindermann: Die Schaumburg im Weserbergland. Wahrzeichen und Sinnbild einer Landschaft, Rinteln 1987².
- Louis Daniel Nebelsick: Schloß Schaumburg. In: Hameln, Deister, Rinteln, Minden (Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern 4), Mainz 1966, S. 120–124.
- Katrin Barthmann: Die Schaumburg. In: Gabriele Zipf (Hrsg.): An Weser und Leine. Ausflüge zwischen Hannover, Hildesheim, Schaumburg und Hameln (Ausflüge zu Archäologie, Geschichte und Kultur in Deutschland 59), S. 149 f.
Weblinks
- Eintrag von Stefan Eismann zu Schaumburg in der wissenschaftlichen Datenbank „EBIDAT“ des Europäischen Burgeninstituts
- Burg Schaumburg
- Rekonstruktionsversuch als Zeichnung im mittelalterlichen Zustand von Wolfgang Braun
- Beschreibung von Wappen am Bergfried, am äußeren Tor (Innensicht), am äußeren Tor (Außensicht), am Palas und Amtshaus links, am Palas und Amtshaus rechts und am äußeren Tor sowie ältere Wappensteine
- Abbildung von Schaumburg und Paschenburg von 1750
Einzelnachweise
- Schaumburg im Mittelalter - Entwicklung grundlegender Strukturen bei Historische Arbeitsgemeinschaft für Schaumburg
- Erwähnung im Datensatz zu Albrecht Haupt in der Datenbank Architekten und Künstler mit direktem Bezug zu Conrad Wilhelm Hase (1818–1902), abgerufen am 19. September 2020
- Eintrag von Stefan Eismann zu Schaumburg in der wissenschaftlichen Datenbank „EBIDAT“ des Europäischen Burgeninstituts, abgerufen am 5. Dezember 2018 (siehe Bauentwicklung).
- Mittelalterlicher Markt zu Schaumburg
- Hans Weimann: Burg-Gaststätte in Schaumburg schließt in Schaumburger Zeitung vom 18. Dezember 2017
- Bückeburg: Fürst stellt Gastronomiegeschäft ein bei ndr.de vom 1. Mai 2020
- Burg Schaumburg wurde verkauft: Neue Besitzer planen langfristige Sanierung. In: SHG-Aktuell.de. 3. März 2022, abgerufen am 3. März 2022.
- Burg Schaumburg: Weitblick ins Wesertal auf ndr.de
- Christian Wiegang: HK52 Burg Schaumburg und Umgebung in: Kulturlandschaftsräume und historische Kulturlandschaften landesweiter Bedeutung in Niedersachsen. Landesweite Erfassung, Darstellung und Bewertung, Hannover, 2019, S. 264–265
- Brütendes Rotmilan-Weibchen in Deckbergen wurde vergiftet in Schaumburger Zeitung vom 7. Juni 2019
- Westendorfer Windkraftanlage wird trotz Rotmilan gebaut in Schaumburger Zeitung vom 10. April 2020