Schönblick (Woltersdorf)
Schönblick ist ein 1903 als Landhaus- und Gartensiedlung angelegter Ortsteil der Gemeinde Woltersdorf an der Schleuse.
Schönblick Gemeinde Woltersdorf | ||
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Postleitzahl: | 15569 | |
Vorwahl: | 03362 | |
Lage von Schönblick in Brandenburg | ||
Namensherkunft
Der Name Schönblick soll auf den märkischen Poeten Alexis Claude zurückgehen. 1907 verfasste er folgendes Festgedicht:
„Das neue Heim, so frisch und traut,
Im immergrünen Rahmen,
Braucht gleich der jugendschönen Braut,
Auch einen neuen Namen.
Und darum, weil der Blick so schön,
Auf Wald und Feld und ferne Höh’n,
Hat sich’s von selbst verstanden,
Daß ‚Schönblick‘ wir es nannten.“[1]
Lage und Gliederung
Die Bezeichnung „Schönblick“ bezeichnet den Ortsteil der 1903 im Westen des Dorfes auf dem Großen Feld entstand. Aufgrund des bis heute anhaltenden Wachstums der Gemeinde Woltersdorf ist der früher klar definierte Begriff etwas verschwommen. Heute kann „Schönblick“ im weitesten Sinne alles westlich der Vogelsdorfer Straße und südlich der Karl-Holzfäller-Straße bedeuten.
Gliederung
Schon bei der Gründung war Schönblick geteilt, da nicht alle Bauern ihre Äcker zur Parzellierung hergaben. „Schönblick-Ost“ und „Schönblick-West“ wurden seit der Anfangszeit zur genaueren Ortsbestimmung verwendet. Zahlreiche Unternehmen verwendeten diese Ortsangaben.[2]
Bis 1912/13 befand sich im Viereck zwischen Eichberg-, Mittel-, Herthastraße und Am Forst die Baumschule und Gärtnerei von Julius Kaschub. Es dauerte einige Jahrzehnte, bis die Gegend Am Eichberg vollständig parzelliert und bebaut wurde.
Die beiden im Ortsteil befindlichen Pfuhle bilden zwei ebenfalls historisch eigenständige Gebiete. Die Gegend um den Paddenpfuhl wurde erst 1924 erschlossen und besiedelt. Die hiesigen Straßennamen bilden ein einheitliches Ensemble. Um Ahés Pfuhl kam es erst in den 1930er Jahren zu einer flächendeckenden Besiedlung. Bis dahin bestand eine Siedlungslücke zwischen dem alten Dorf, dass östlich erst östlich der Vogelsdorfer Straße begann und dem ursprünglichen Schönblick, dass erst westlich der Eichbergstraße anfing.
Einen weiteren Sonderfall bildet die Demos-Siedlung. Sie wurde seit 1994 auf den letzten Ackerfeldern des Großen Feldes errichtet. Obwohl sie mitten in Schönblick liegt, unterscheidet sie sich durch ihre Straßenführung, Grundstücksgröße und Architektur und Wohnkonzepte sehr stark von den umliegenden Schönblicker Nachbarschaften.[3]
Straßen
Schönblick wird von Ost nach West von dem historischen Weg nach Schöneiche durchquert. Am heutigen Berliner Platz geht von dieser noch der Weg nach Schönebeck in Richtung Nordwesten ab. Entlang der heutigen Berliner Straße sollten ursprünglich 12 Querstraßen in gleichmäßigem Abstand angelegt werden. Als südliche Parallelstraße zur Berliner Straße verläuft in Schönblick-Ost die Mittelstraße und in Schönblick-West die Heinrich-Heine-Straße. Nördlich der Berliner Straße verläuft die Baltzerstraße in Schönblick-Ost parallel. Nördlich begrenzt die Straße An den Fuchsbergen das historische Schönblick und südlich der Köpenicker Forst. Im äußersten Westen ist die Ahornallee die 13. Querstraße. Sie bildet zusammen mit der Fontane- und Lessingstraße ein Dreieck, in welchem noch einige Straßen liegen. Nördlich der Straße An den Fuchsbergen liegen noch einige Straßen, welche durch das unebene Gelände gezogen wurden.
13. | 12. | 11. | 10. | 9. | 8. | 7. | 6. | 5. | 4. | 3. | 2. | 1. | |
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Vorschlag des
Grundbesitzervereins[4] |
- | Eichen-Damm | Iduna-Straße | Lerchen-Straße | Lenz-Straße | Sonntag-Straße | - | - | - | Fasanen-Straße | Hertha-Straße | Baumschulen-Straße | Eichberg-Straße |
1906 genehmigt von
der Gemeindevertretung[1] |
- | - | Bismarck-Straße | - | - | Kirch-Straße | Wilhelmi-Straße | - | Staab-Allee | - | - | - | - |
später geändert[4] | Rotdorn-Allee | - | 1945 in
Robert-Koch-Straße |
- | - | 1945 in
Etkar-André-Straße |
1994
Fläming-Straße |
1928 in
Fidus-Allee |
1945 in
Puschkin-Allee |
- | - | - | - |
heutiger Name | Ahorn-Allee | Eichen-Damm | Robert-Koch-Straße | Lerchen-Straße | Lenz-Straße | Etkar-André-Straße | Fläming-Straße | Fidus-Allee | Puschkin-Allee | Fasanen-Straße | Hertha-Straße | Baumschulen-Straße | Eichberg-Straße |
Geschichte
Aus Bauernland wird Bauland
1902 wurden die meisten Ackerflächen auf dem großen Feld vom Lebensreformer Bruno Wilhelmi gekauft. Dieser hatte bereits an der Gründung der Obstbausiedlung „Eden“ in Oranienburg mitgewirkt. Wilhelmi wollte eine Gartenstadtsiedlung in Woltersdorf anlegen. Er parzellierte die erworbenen Ackerflächen in Grundstücke von rund 1000 m2, damit jedes Grundstücken über einen Garten verfügte, der groß genug zur Selbstversorgung sei.[5] Verkauft wurden die Grundstücke in der Anfangszeit fast ausschließlich durch Bruno Wilhelmi, in Schönblick-West wurden einige Grundstücke auch vom Kaufmann Heinrich Polte vermittelt. Am 4. Mai 1903 wurde erstmals der Begriff „Schönblick“ in der Gemeindevertretung verwendet. Die Gemeindevertretung forderte zur Gründung des Villenterrains Schönblick: „[...] daß die Straße vom Dorfe nach dem zu erschließenden Terrain, sowie die auf diesem befindlichen zur Bebauung vorgesehenen Straßen vorerst provisorisch mit Kalksteingrus und Chausseesteinschütte vorschriftsmäßig befestigt werden, [...]“[6] Am 4. April 1904 gründeten 28 Parzellenbesitzer den „Grundbesitzerverein Schönblick e.V.“. Dieser Verein vertrat die Siedlungsgemeinschaft in der Gemeinde und prägte den Ortsteil. So wurde die Pflasterung oder zumindest Regulierung aller Straßen im Ortsteil organisiert und die Gemeinde davon überzeugt, Baugenehmigungen nicht erst nach dem Ausbau der Straße zu erteilen, sondern die Grundstücke ohne befestigte Straße mit einer Pflaster-Hypothek im Grundbuch zu belegen. Außerdem wurde die Pflanzung von Straßenbäumen in nahezu allen Straßen angeregt. Auch setzte sich der Verein seit seiner ersten Sitzung für die Schaffung eines Wasserwerks in Woltersdorf ein, wodurch es ab 1909 im alten Dorf und in Schönblick fließend Wasser gab. Außerdem gab es eine „ästhetische Baukontrolle“, die Besitzer wurden in Fragen der Gartenarbeit beraten und es gab große Feste. Ein besonderes Anliegen des Grundbesitzervereins war die Verbesserung der Anbindung nach Berlin. Bis zur Gründung Schönblick führten alle Wege zum Bahnhof Erkner. Aufgrund der Lage Schönblicks, kam jedoch der Bahnhof Wilhelmshagen eher als Anbindungspunkt infrage. So wurden ein Fußgängerweg durch den Köpenicker Forst und ein Tunnel zum Bahnsteig angelegt, für die der Grundbesitzerverein die Kosten übernahm. Der Tunnel wurde am 1. Juni, der Fußweg am 5. Juli 1908 fertiggestellt.[7]
Von der Straßenbahn zur Expansion
Bereits in den ersten Jahren nach der Gründung kamen in Woltersdorf Überlegungen auf, eine Straßenbahn im Ort zu schaffen. Viele in Schönblick setzten sich für eine Streckenführung zum Bahnhof Rahnsdorf ein, da somit auch der neue Ortsteil gut an die neue Strecke angeschlossen wäre. Der Kaufmann Heinrich Polte warb besonders vehement. Es gab zahlreiche Überlegungen, die Strecke auch weiter nach Norden ausschlagen zu lassen, um so noch die Schöneicher Ortsteile Grätzwalde und Fichtenau anzubinden. Die anfangs unsichere Finanzierung wurde durch den Schönblicker Gustav Janke gesichert, der durch die Hinterlegung von 60.000 Reichsmark mehr als die Hälfte des Gemeindeanteils an der Straßenbahn-Finanzierung sicherte. Er sprach sich auch für die Streckenführung mit dem kürzesten Weg aus. Am 17. Mai 1913 nahm die Woltersdorfer Straßenbahn ihren Betrieb von Woltersdorf-Schleuse zum Bahnhof Rahnsdorf auf. In Schönblick befanden sich zum damaligen Zeitpunkt zwei Haltestellen. Eine an der Fasanenstraße, eine an der Lerchenstraße.[8]
Durch den Ersten Weltkrieg und die anschließende Rezession kam es auch in Schönblick zu zahlreichen Veränderungen. Auch einige Schönblicker waren gefallen. Durch die Hyperinflation von 1923 konnten die Pflaster-Hypotheken keinen Straßenbau mehr finanzieren.
1926 wurden zwei neue Gebiete um Schönblick erschlossen. Das erste lag westlich des Eichendamms. Dieses Gebiet war ursprünglich bewaldet, aber 1860/62 abgeholzt und in Ackerland verwandelt worden. 1904 erwarb Albert Mörner dieses dreieckige Gebiet. Die Straßenbahn führte bereits durch das Gelände und 1924 wurde mit der Parzellierung begonnen und 1926 genehmigte die Gemeinde einen Bebauungsplan. Es wurde eine weitere Querstraße mit dem Namen Rotdornallee angelegt, die restlichen Straßen verliefen um oder auf den Paddenpfuhl zu. Diese wurden 1932 nach deutschen Dichtern benannt.[1] Um das in den nächsten zwei Jahren gebaute 16-Familienhaus in der Berliner Straße gab es einen Korruptionsskandal.[9] Das zweite Gebiet waren die nördlich von Schönblick gelegenen Fuchsberge. Sie waren das letzte große Waldgebiet in Woltersdorf und wurden 1922 vom damaligen Besitzer, einer Tochterfirma der Disconto-Gesellschaft, abgeholzt. Wilhelmi hatte bereits 1909 und 1920 Bebauungspläne vorgeschlagen, die jedoch abgelehnt wurden. 1926 genehmigte die Gemeinde schließlich eine Bebauung. 1932 wurden die Straßen nach schweizerischen Motiven benannt, von denen aber nur wenige noch heute so heißen. Am 12. Dezember 1926 wurde die „Siedlungs-Interessen-Gemeinschaft Schönblick und Umgegend, e.V.“ gegründet.
Nach der Wahl zur Gemeindevertretung am 17. November 1929 wohnten vier der 15 Abgeordneten aus Schönblick.[10]
Ein Ortsteil im „Dritten Reich“ und im „Realsozialismus“
Die Gründung der Sektion Woltersdorf der NSDAP fand am 8. Mai 1939 im Restaurant Seidler in Schönblick statt und vier der sieben Gründungsmitglieder stammten aus Schönblick. 1939 wurde die Ortsgruppe Woltersdorf in die Ortsgruppen Woltersdorf-Schleuse und Woltersdorf-Schönblick geteilt.[11] Im „Woltersdorfer Kommunistenprozess“ im Mai 1933 stammten 3 der 22 Angeklagten aus Schönblick.[12]
In der DDR wuchs der 1923 gegründete Handwerksbetrieb für Elektroinstallation von Johann Smolinsky zur Werkstatt für Elektromotorenreparatur und Ankerwickelei, kurz WEA. Diese wurde 1958 mit dem Elektrobetrieb Graf und anderen zu einer PGH zusammengeschlossen und 1972 in einen VEB umgewandelt. Dieser Betrieb im Süden von Ost-Schönblick, der zwischen Fasanenstraße und Puschkinallee lag, hatte bis zu 250 Beschäftigte.[13]
Heutige Situation
Die Abgrenzung von Schönblick ist heute relativ schwierig, da die Siedlungsgebiete zusammengewachsen sind. Der Begriff taucht heute hauptsächlich in Form eines Restaurants im Westteil auf.[14]
Einwohner
Einwohnerzahl
Es sind nur aus der Anfangszeit von Schönblick Einwohnerzahlen zu finden, da 1945 die separate Einwohnerzählung der einzelnen Ortsteile aufhört.
1905[4] | 1908[4] | 1926[1] | 1930[1] | |
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Schönblick | 29 | 137 | 683 | 1085 |
um Schönblick | - | - | - | 485 |
Rest von Woltersdorf | 2084 | 2303 | 2707 | 2846 |
Gesamtgemeinde | 2113 | 2440 | 3390 | 4416 |
Berühmte Bewohner
Zu Beginn der Besiedlung wohnten zahlreiche Künstler und Musiker, vor allem in Ostschönblick. Der Künstler Hugo Höppner-Fidus wohnte bis zu seinem Tod in der Köpenicker Straße 46. Im gleichen Haus wohnt auch Gertrud Prellwitz. Direkt daneben in der Nummer 45 wohnte der Komponist Arno Rentsch. In der Fasanenstraße 42 wohnte der Berliner Musikdirektor Otto Hutschenreuter.[1]
Während der Nazizeit wohnte in der Staaballee 27 für einige Monate der Widerstandskämpfer Cornelius Hubers, der Mitglied in der Widerstandsgruppe um Alfred Oswalt war. Außerdem lebte der Druckerei-Besitzer Theodor Görner für einige Jahre in der Ahornallee 24. Er versteckte Juden in seiner Firma oder bei Vertrauten. 19 von ihnen konnten so den Holocaust überleben, weshalb er heute in der „Allee der Gerechten unter den Völkern“ von Yad Vashem mit einem Baum geehrt wird.[15]
Seit den 1960er Jahren wohnt der Berliner Cellist Hans-Joachim Scheitzbach in Schönblick.[3]
Politik
Von den heutigen acht Wahlbezirken der Gemeinde Woltersdorf befinden sich drei vollständig im "Großraum" Schönblick. Zu drei weiteren gehören einige Schönblicker Straßen. Die drei Schönblicker Wahlbezirke haben zumeist die höchste Wahlbeteiligung im Ort.[16]
Literatur
- Max Haselberger: Woltersdorf : Die 700jährige Geschichte eines märkischen Dorfes. Hrsg.: Max Haselberger. Woltersdorf an der Schleuse 1931, S. 101–104.
- Liebermann 2003, S. 32–33
- Marianne Liebermann: Woltersdorf : Am Ende der Welt? Hrsg.: Woltersdorfer Verschönerungsverein „Kranichsberg“ e.V. Individuell, 2001, ISBN 3-935552-02-5.
- Marianne Liebermann: Aus Bauernland wird Bauland. Hrsg.: Woltersdorfer Verschönerungsverein „Kranichsberg“ e.V. 2. Auflage. Band 1 – Woltersdorfer Hefte. Kopieladen Frank Borchardt, Neuenhagen August 2003.
- Liebermann 2003, S. 3–8.
- Protokoll der Gemeindevertretung Woltersdorf am 4. Mai 1903.
- Haselberger 1931, S. 101–102.
- Düben, P.: Die Woltersdorfer Straßenbahn In: Woltersdorf : Die 700jährige Geschichte eines märkischen Dorfes. Hrsg.: Max Haselberger. Woltersdorf an der Schleuse 1931, S. 154–160.
- Ramm 2016, S. 68–69.
- Ramm 2016, S. 12–13.
- Ramm 2016, S. 21–27.
- Ramm 2016, S. 38–39.
- Marianne Liebermann: Woltersdorf : Ein Ort am Ende der Welt? Hrsg.: Woltersdorfer Verschönerungsverein „Kranichsberg“ e.V. individuell, 2001, ISBN 3-935552-02-5, S. 140–142.
- Michael Gabel: "Prüfer erkennt man erst beim Bezahlen". 8. Oktober 2012, abgerufen am 5. Mai 2020.
- Gerald Ramm: Woltersdorf : Ein Ort im „Dritten Reich“. Hrsg.: Gerald Ramm. Velten 2016, ISBN 978-3-930958-13-9.
- Woltersdorfer Wahlergebnisse 2019. In: Gemeinde-Seite. Abgerufen am 27. April 2020.