S-Bahn-Surfen
Als S-Bahn-Surfen bezeichnet man das Festklammern an der Außenwand eines fahrenden Schienenverkehrsmittels, zumeist durch Jugendliche.
Ausführung
Der S-Bahn-Surfer klettert dabei nach der Abfahrt über die Tür oder ein Fenster aus dem fahrenden Zug und hält sich mit den Händen außen an der Dachkante fest, während er sich mit den Füßen auf dem geöffneten Fenster abzustützen versucht. Der größte Teil des Surfers befindet sich demnach bei der Aktion außerhalb des Fahrzeugs.[1] Auch praktiziert wird das Aufspringen auf einen anfahrenden Zug, sowohl von der Seite als auch von hinten, wobei man zwischen Zug und Bahnsteigkante oder unter den Zug geraten kann.[2] Der Surfer kann sich dann auch auf die Puffer oder Tritte stellen, die an den Fahrzeugen angebracht sind.
Das Herauslehnen aus weit geöffneten Fenstern unter Abstützung mit den Füßen auf innerhalb des Fahrzeugs befindlichen Tritten oder Bänken gilt hingegen nicht als S-Bahn-Surfen, wenngleich sich auch hierbei der Großteil des Körpers außerhalb des Fahrzeugs befinden kann und dementsprechend den unten stehenden Gefahren ausgesetzt ist.
Zu unterscheiden ist das S-Bahn-Surfen von der (illegalen) Mitfahrt auf Trittbrettern, Puffern, Kupplungen usw., wie es in früherer Zeit auf Hamsterfahrten der Nachkriegszeit bei überfüllten Zügen vorkam bzw. in Entwicklungsländern mit unzureichender Verkehrsinfrastruktur auch heute noch vertreten ist. Hier handelt es sich um eine aus der Not heraus entstandene Verhaltensweise, während beim S-Bahn-Surfen der "Kick" wie es ein Hasardeur empfindet bzw. die Provokation durch Regelverstoß das Motiv ist.
Gefahren
Die Surfer gelangen durch ihren Aufenthalt außerhalb des Fahrzeuges aus dem Lichtraumprofil, was sehr häufig zum Aufprall auf ein festes Hindernis oder einen entgegenkommenden Zug führt. Aufgrund der hohen Geschwindigkeit und durch Luftverwirbelung eines Gegenzuges kommt es sehr oft vor, dass ein Surfer den Halt verliert, gegen Hindernisse wie Oberleitungsmasten, Schilder oder Bäume prallt[5] oder nach Kontakt mit der Oberleitung oder anderen elektrischen Leitungen einen elektrischen Schlag erleidet.
Es besteht zudem die Gefahr, auszurutschen, ins Gleisbett oder auf die Schienen zu fallen und von den Rädern der Fahrzeuge überrollt zu werden.[6][7]
Der sogenannte „Roofride“, wobei Zugsurfer auch auf das Dach des Fahrzeugs klettern, ist die gefährlichste Art des Surfens. Neben der Gefahr durch Hindernisse kann auf elektrifizierten Strecken ein Lichtbogen von der Oberleitung, auf der je nach Netz eine Spannung von bis zu 25.000 Volt liegt, auch ohne direkten Kontakt zum Surfer überspringen und zu schweren Verbrennungen oder zum Tod führen.[8][9][10]
Todesfälle
Zwischen 1989 und 1995 gab es in Berlin 41 Unfälle im Zusammenhang mit S-Bahn-Surfen. 18 dieser 41 Unfälle führten zum Tod der Person, die Altersgruppe war zwischen 13 und 25 Jahren.[11] Im Jahr 2008 sind alleine in Deutschland 40 Jugendliche beim S-Bahn-Surfen umgekommen.[12] Der erste Todesfall ereignete sich 1988, bei dem ein fünfzehnjähriger kurz vor Hamburg verunglückte.[13]
Vorbeugung
Zum Verhindern des S-Bahn-Surfens wurde in vielen Baureihen eine Sperre eingebaut, die das Öffnen der Türen während der Fahrt verhindert.[5] Bei den neueren Triebfahrzeugen der Deutschen Bahn wird auf feststehende Trittstufen verzichtet, stattdessen verwendet man bewegliche Trittbretter, die nur beim Halt ausgefahren werden. Fenster sind bis auf ein Oberlicht nicht zu öffnen.
Rechtliche Situation
S-Bahn-Surfen kann eine Ordnungswidrigkeit im Sinne von § 28 Abs. 1 Nr. 9 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG) darstellen und mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro geahndet werden.
Des Weiteren kann S-Bahn-Surfen auch eine Straftat im Sinne des § 315 StGB, Gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr darstellen, was mit bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe bestraft werden kann.
Weblinks
- Beschreibung des S-Bahn-Surfens bei Learn-Line NRW (Memento vom 12. März 2007 im Internet Archive)
Einzelnachweise
- Kriminologie – Eine praxisorientierte Einführung mit Beispielen; Autor: Hans-Dieter Schwind, S. 276: § 13 Freizeit und Kriminalität
- 19-Jähriger will auf Zug aufspringen und stirbt
- S-Bahn-Surfer stürzte in den Tod in Berliner Zeitung vom 24. August 1995
- Schüler verunglückte beim S-Bahn-Surfen in Berliner Zeitung vom 24. Juni 2000
- Sturz aus Zug Tod des 13-Jährigen bleibt rätselhaft – Ein Jugendlicher hatte die Tür in der U-Bahn geöffnet und war beim Hinauslehnen gegen eine Eisenstange geprallt. Denkbar ist, dass es eine Mutprobe sein sollte. in: Tagesspiegel, 8. Juli 2009
- Alle S-Bahn-Surfer ermittelt
- tz.de: Wahnsinn: Jugendliche fahren auf Zug mit, vom 9. April 2009
- Rheinische Post: Viersen: S-Bahn-Surfer im Koma in Rheinische Post vom 9. April 2009
- Grauenvoller Unfall: Bahnsurfen – Der gefährliche Irrsinn in Express vom 10. April 2010
- S-Bahnsurfer:Ärzte befürchten Schlimmstes in Stuttgarter Nachrichten vom 19. Mai 2010
- H. Strauch, I. Wirth, I. Geserick: Fatal accidents due to train surfing in Berlin. In: Forensic Science International. 94, Nr. 1–2, 8. Juni 1998, ISSN 0379-0738, S. 119–127. doi:10.1016/S0379-0738(98)00064-4. PMID 9670490.
- 40 Jugendliche starben 2008 beim S-Bahn-Surfen
- erstes Todesopfer: https://www.spiegel.de/politik/koenig-der-linie-a-1225d9d2-0002-0001-0000-000013527547