Rummelpottlaufen
Rummelpottlaufen (niederdeutsch Rummelpottlopen) ist ein in Norddeutschland und in Nordschleswig (Süd-Dänemark) verbreiteter Heischebrauch, bei dem am frühen Silvesterabend Kinder geschminkt und verkleidet in Gruppen mit einem Rummelpott (auch Brummtopf, dänisch rummelpot oder rumlepot) von Haustür zu Haustür gehen und charakteristische Rummelpottlieder singen oder Reime aufsagen.
Beschreibung
Der Rummelpott oder andere Gefäße werden benutzt, um auf sich aufmerksam zu machen und die gesungenen Lieder rhythmisch zu begleiten. Als Dank erhalten sie dafür von den Bewohnern Äpfel, süße Backwaren wie Pförtchen (Futjes) und andere Süßigkeiten. Sind Nachbarn nicht bereit, den Kindern etwas zu spenden, wird stattdessen ein Spottlied wie Witten Tweern gesungen. Die Verkleidung soll verhindern, dass die Rummelpottläufer erkannt werden.
Der Name stammt von dem auch als Brummtopf bekannten Rummelpott, der ein polterndes Geräusch (niederdeutsch rummeln „poltern“) erzeugt. Mit Hilfe des Polterns sollten in früheren Zeiten in den sogenannten Rauhnächten um die Jahreswende wahrscheinlich Wintergeister vertrieben werden. Im Volksglauben stand in den rauen Nächten die Welt der Geister offen. Auch Odins Wilde Jagd spielte sich am Silvesterabend ab. Die heute verbreitete Variante des Rummelpottlaufens geht wahrscheinlich auf das 16. Jahrhundert zurück.[1] Statt des inzwischen sehr selten anzutreffenden Rummelpotts werden heute auch oft andere Gefäße oder Instrumente verwendet, mit denen sich ebenso wie mit einem Rummelpott entsprechende Geräusche erzeugen lassen. Gerade kleinere Kinder singen meist nur noch, ohne Begleitung.
Heute ist das Rummelpottlaufen noch in weiten Teilen Schleswig-Holsteins, Hamburgs, Niedersachsens und Sønderjyllands bekannt.[2] Auf der nordfriesischen Insel Amrum ist eine ähnliche Form als Hulken bekannt. Auf der Nachbarinsel Föhr ist der Brauch als Kenknen (im Föhrer Friesisch Ütj tu kenknin) bekannt, die Rummelpottläufer werden entsprechend als Kenkner bezeichnet. Auch Erwachsene laufen in einigen Regionen Rummelpott. Diese erhalten jedoch anstatt Süßem meist ein Gläschen Schnaps, teils tragen sie ein leeres Schnapsglas um den Hals, das dann an jedem Haus gefüllt wird. Daher ist der Rummelpott dort auch als Rumpott bekannt.
Lieder
Ein wesentlicher Bestandteil des Rummelpottlaufens ist das gemeinsame Singen. Das klassische Rummelpottlied ist Fru, maak de Dör op, das hier jeweils in seiner niederdeutschen, hochdeutschen und dänischen Version (Sønderjysk) wiedergegeben wird.
Fru, maak de Dör op! (niederdeutsch) |
Frau, öffne die Türe! (hochdeutsch) |
Fru, fru, lok e døe op! (sønderjysk) |
Regional sind noch weitere Varianten und Lieder verbreitet, die auch oft auf die an diesem Tag gebackenen und erbettelten Pförtchen (norddeutsch Futjes) anspielen.
Rummel rummel rusch, |
Rummel, rummel, ruttje, |
Bekannt ist auch das Lied Ich bin ein kleiner König, das als zweigeteiltes Lied in hoch- und niederdeutscher Sprache gesungen werden kann. Wie oftmals ist auch dieses Rummelpottlied in unzählige Variationen abgewandelt worden.
Ich bin ein kleiner König, |
Ick bin een armen König, |
Weitere regional verbreitete Lieder sind Rummel, rummel rögen (Südschleswig), Rummel, rummel, rum, de Rummelpott geiht um, Ik bin en lütten König (Bremen) und selten auch Rummel, rummel, Fledermuus. Haben die Rummelpottläufer eine Gabe bekommen, werden traditionell Lieder wie Hau de Katt de Schwanz aff oder Ik seh de Schosteen roken gesungen. Wurde nichts gespendet, wird stattdessen das Spottlied Witten Tweern, swatten Tweern, giezig Lüüd, de geevt nich geern gesungen. Die Lieder werden je nach Region in niederdeutscher, friesischer oder dänischer Sprache gesungen.
Rummelpott in Kunst und Kultur
Der Maler und Grafiker Willem Grimm hat den Brauch des Rummelpottlaufen als immer wiederkehrendes Motiv in vielen seiner Holzschnitte festgehalten.[4] Auch die aus Hamburg stammende Kinderbuchautorin Kirsten Boie thematisiert das Rummelpottlaufen in dem 2008 erschienenen Kinderbuch Ein neues Jahr im Möwenweg. Der Künstler Gerhard Brandes hat 1992 mit einer Skulptur drei Kinder beim Rummelpottlaufen dargestellt, diese ist in Hamburg-Bramfeld am Haidlandsring vor der Hausnummer 22 aufgestellt.
Ähnliche Bräuche
Auch in anderen Regionen gibt es um die Jahreswende (Rauhnächte) vergleichbare Bräuche. Zwischen dem 4. Dezember und dem 6. Januar sind im Alpenraum zum Beispiel die Perchten unterwegs. In Teilen der Schweiz ist das Chlauschlöpfen verbreitet. In Österreich und in Teilen Bayerns gibt es am 28. Dezember den Tag der unschuldigen Kinder, bei dem die Kinder zwar unverkleidet, aber unter Aufsagen verschiedener Sprüche Gaben einsammelnd von Haus zu Haus gehen. Auch in den Niederlanden findet Silvesterabend Rummelpott statt. Vergleichbare Heischebräuche gibt es mit dem Martinisingen (auch Matten Matten Mären oder ähnlich) auch in Verbindung mit dem Laternelaufen am Martinstag am 11. November.
Eine große Konkurrenz für das Rummelpottlaufen und andere einheimische Bräuche ist das aus den USA bekannte Halloween (Abend vor Allerheiligen, 31. Oktober) mit seinem Trick or Treat („Süßes oder Saures“), das sich mittlerweile auch bei Kindern in Mitteleuropa großer Beliebtheit erfreut.
Literatur
- Joachim Stave: Rummelpottlaufen – Kindergeschichten aus Blankenese. Deutsches Lesewerk, 1954
Weblinks
Einzelnachweise
- Hanswerner Röhr: Rummel, rummel, ruttje, krieg ik noch een Futtje? (PDF-Datei; 1,03 MB)
- Julia Buchmüller, Anette Schnoor: Fru maak de Dör op! Silvesterbräuche im Grenzland. Schleswiger Nachrichten, 29. Dezember 2012, abgerufen am 30. Dezember 2012.
- Rummelpottlaufen - Kindergeschichten aus Blankenese, von Joachim Stave, Deutsches Lesewerk (1. Januar 1954)
- Silvester für immer in der taz vom 30. Dezember 2008