Rumänisch-Orthodoxe Kirche
Die Rumänisch-Orthodoxe Kirche – Patriarchat von Rumänien, rumänisch Biserica Ortodoxă Română (BOR), ist mit ungefähr 17 Millionen Mitgliedern nach der Russischen Orthodoxen Kirche – Patriarchat Moskau die zahlenmäßig zweitgrößte orthodoxe autokephale Kirche in der Welt. Ihr gehören etwa 87 Prozent der rumänischen Bevölkerung an. Der Heilige Synod umfasst 42 Bischöfe. Seit der Revolution 1989 und dem Sturz von Nicolae Ceaușescu erlebt die Kirche einen Aufschwung. Mittlerweile gibt es 15 theologische Fakultäten und über 500 Klöster mit mehr als 8000 Mönchen und Nonnen.
Seit 1949 werden die 300.000 im europäischen Ausland lebenden Rumänen durch einen Metropoliten in Paris vertreten. Inzwischen gibt es mehrere Auslandsbistümer, so eine Metropolie für Frankreich und den Mittelmeerraum und seit 1993 auch eine Rumänische Orthodoxe Metropolie für Deutschland, Zentral- und Nordeuropa (Nürnberg).
Die Rumänisch-Orthodoxe Kirche untersteht dem Patriarchen Daniel Ciobotea in Bukarest, der seit 2007 als der sechste Patriarch im Amt ist.
Geschichte
Die ersten sogenannten Metropolien auf dem heutigen Gebiet Rumäniens wurden Anfang des 15. Jahrhunderts gebildet:
- Ungarowalachei (Argeș 1359)
- Fürstentum Moldau (Suceava 1401) (Siehe auch den Artikel Moldauklöster)
- Siebenbürgen (im 14.–15. Jahrhundert Bălgrad, später Alba Iulia genannt, Erzdiözese Vad, Feleacu, Geoagiu und Hunedoara)
Der orthodoxe Kult der Rumänen in Siebenbürgen wurde gemeinsam mit dem Ökumenischen Patriarchat im Jahr 1781 durch das Toleranzedikt von Kaiser Joseph II. anerkannt. Die Rumänisch-Orthodoxe Kirche wurde im Jahre 1885 zur autokephalen Kirche und 1925 zum Patriarchat erklärt. Seit 1961 ist die Rumänisch-Orthodoxe Kirche Mitglied des Weltkirchenrates.
Der erste Patriarch ab 1925 war Miron Cristea, welcher im Jahr 1938 für ein Jahr bis zu seinem Tod während der Errichtung der Königsdiktatur von Karl II. dessen Premierminister wurde und damit die Beseitigung des Verfassungsstaates legitimierte.
Jedem Machthaber des 20sten Jahrhunderts hatte sich die Kirche angedient, sagt Oliver Jens Schmitt; zuerst von 1938 bis 1940 dem König, dann der Armee, schließlich ab 1944 den Kommunisten. Unter den Kommunisten eignete sich die Orthodoxe Kirche die Kirchengüter der Unierten Kirche in Siebenbürgen an, welche noch heute einen erheblichen Teil des Reichtums der Orthodoxen Kirche ausmachen. Gleichzeitig waren damit die Bande nach Westen – auf Geheiß Stalins – abgebrochen. Die Kirche wurde zu einem Machtinstrument des Regimes. Die Rumänisch-Orthodoxe Kirche hielt im Gegensatz zu katholischen und protestantischen Kirchen in Rumänien dem Ceausescu-Regime bis zu dessen Ende die Treue; deren Patriarch Teoctist hatte noch in den letzten Tagen der Diktatur dem Regime eine Loyalitätserklärung abgegeben, trat deswegen zurück und war nach 4 Monaten dennoch wieder an der Seite der Postkommunisten anzutreffen. Die Kirche rückte wieder in den Mittelpunkt des politischen Geschehens. In den 2010er-Jahren stand ihr die „postkommunistische Oligarchenpartei“ (Schmitt) PSD am nächsten. Mit ihrer konservativen Ausrichtung schürt die Kirche antiwestliche und autoritäre Ressentiments.
Die Rumänisch-Orthodoxe Kirche ist einer der größten Grundeigentümer in Rumänien und übt damit und mit ihren Unternehmen große wirtschaftliche Macht aus, ohne Steuern zu zahlen.[1]
Ein autonomer Teil der Rumänisch-Orthodoxen Kirche ist die Orthodoxe Kirche Bessarabiens mit Sitz in der St.-Teodora-de-la-Sihla-Kathedrale in Chișinău. Ihr gehören circa 20 % der orthodoxen Gemeinden in der Republik Moldau an.
Patriarchen
- Miron Cristea (1925–1939)
- Nicodim Munteanu (1939–1948)
- Iustinian Marina (1948–1977)
- Iustin Moisescu (1977–1986)
- Teoctist Arăpașu (1986–2007)
- Daniel Ciobotea (2007–)
Siehe auch Liste der Metropoliten der Ungarisch-Walachei und Patriarchen von Rumänien
Gliederung
- Metropolie für die Walachei und die Dobrudscha: Erzdiözese Bukarest, Erzdiözese Tomis, Erzdiözese Târgoviște, Erzdiözese Buzău und Vrancea, Erzdiözese Argeș und Muscel, Erzdiözese Untere Donau, Diözese Slobozia und Călărași, Diözese Alexandria und Teleorman, Diözese Giurgiu, Diözese Tulcea
- Metropolie für die Moldau und die Bukowina: Erzdiözese Iași, Erzdiözese Suceava und Rădăuți, Erzdiözese Roman und Bacău, Diözese Huși
- Metropolie für Siebenbürgen: Erzdiözese Hermannstadt, Erzdiözese Alba Iulia, Diözese Covasna und Harghita, Diözese Oradea, Diözese Deva und Hunedoara
- Metropolie für Cluj, Maramureș und Sălaj: Erzdiözese Vad, Feleacu und Cluj, Diözese Maramureș und Satu Mare, Diözese Sălaj
- Metropolie für die Kleine Walachei: Erzdiözese Craiova, Erzdiözese Râmnicu, Diözese Severin und Strehaia, Diözese Slatina
- Metropolie für das Banat: Erzdiözese Timișoara, Erzdiözese Arad, Diözese Caransebeș, Diözese Dacia Felix (Serbien), Diözese für Ungarn
- Metropolie für Bessarabien (Republik Moldau): Erzdiözese Chișinău, Diözese Bălți, Diözese Südbessarabien, Diözese Dubăsari und Transnistrien
- Rumänisch-Orthodoxe Metropolie für West- und Südeuropa: Erzdiözese für Westeuropa, Diözese für Italien, Diözese für Spanien und Portugal
- Rumänische Orthodoxe Metropolie für Deutschland, Zentral- und Nordeuropa
- Erzdiözese für Amerika
- Diözese für Australien und Neuseeland
- Ukrainisch-Orthodoxes Vikariat
- Patriarchenpalast in Bukarest
- Typisch für den Norden und Westen Siebenbürgens: Orthodoxe Holzkirche im gotischen Baustil
- Kathedrale von Timișoara
- Grundmauern der ältesten bekannten rumänischen Kirche orthodoxen Ritus in Turnu Severin
Siehe auch
Literatur
- Jürgen Henkel: Einführung in Geschichte und kirchliches Leben in der Rumänischen Orthodoxen Kirche. LIT Verlag, Münster 2007. ISBN 978-3-8258-9453-5.
- Daniel Munteanu, Björn Röhrer-Ertl: Die Rumänische Orthodoxe Kirche. In: Thomas Bremer, Hacik Rafi Gazer, Christian Lange (Hrsg.): Die orthodoxen Kirchen der byzantinischen Tradition. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2013, ISBN 978-3-534-23816-3, S. 53–60.
Weblinks
Einzelnachweise
- Oliver Jens Schmitt: Rumäniens orthodoxe Kirche war stets eine Dienerin der Macht, NZZ, 21. September 2018